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Das Bruttoinlandsprodukt ist als Maßstab für den Wohlstand einer Gesellschaft unzureichend. Aktuell bemühen sich verschiedene Organisationen, einen Indikator zusammenzustellen, der den Wohlstand besser abbildet. Auf EU-Ebene wurde hierfür ein Indikatorensystem insbesondere auch die „Satisfaction Adjusted Life Expectancy“ (SALY) vorgeschlagen.

In der wirtschaftspolitischen Diskussion nimmt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bzw. dessen Wachstum eine herausragende Rolle ein. Fällt oder sinkt die Wachstumsrate, dann wird daran der Erfolg bzw. Misserfolg der Wirtschaft einschließlich der Wirtschaftspolitik der Regierungen gemessen. Ist dies jedoch nicht eine zu starke einseitige Ausrichtung auf einen einzelnen Indikator? Verzerrt dies nicht die öffentliche Wahrnehmung und die der Wirtschaftspolitiker? Sicherlich stimmen viele der Aussage zu, dass Wirtschaftswachstum um jeden Preis keineswegs wünschenswert ist, aber es fehlt bisher an konkreten alternativen Maßstäben, mit denen eine differenziertere Wertung vorgenommen werden kann. Eurostat hat gemeinsam mit der OECD neben zahlreichen anderen Organisationen ein Konzept für die Wohlstandsmessung entwickelt, das das BIP durch andere Messgrößen ergänzen soll. Um den Einfluss einer solchen alternativen oder doch zumindest ergänzenden Betrachtung der Wirtschaftsentwicklung voranzutreiben, wäre es notwendig, dass diese Indikatoren regelmäßig neben dem BIP von der amtlichen Statistik ermittelt und publiziert werden, so dass sie als Benchmarks für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Öffentlichkeit dienen können. Es sollten deshalb entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen in Deutschland bzw. auf EU-Ebene entwickelt werden, um hierfür die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen.

Wachsende Kritik am BIP als Indikator für die Wohlstandsmessung

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die zentrale Größe, die den Gesamtwert aller Güter (Waren und Dienstleistungen) angibt, die innerhalb eines Zeitraums innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft hergestellt wurden. Das BIP wird dabei nach drei Gesichtspunkten, der Entstehungs-, der Verteilungs- und der Verwendungsseite, ermittelt. Seit seiner Einführung ist das BIP zum vorherrschenden Indikator für die gesamtwirtschaftliche Wohlstandsmessung geworden. Erfolg oder Misserfolg einer Volkswirtschaft werden vorrangig an diesem Indikator gemessen.

Nachdem sich die Wohlstandsmessung anhand des BIP bzw. Bruttonationaleinkommens immer mehr durchgesetzt hat, ist dieser Ansatz vielfach kritisiert worden.1

Aufgrund wachsender wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Probleme wurden zunehmend Zweifel geäußert, dass die einseitige Ausrichtung auf die Steigerung des BIP einer Gesellschaft geeignet ist, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung realistisch abzubilden. Hinzu kommt, dass aufgrund des Konzepts der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) die Messung qualitativen Wirtschaftswachstums insbesondere dort an Grenzen stößt, wo keine effizienten Märkte vorhanden sind. Ohne eine marktmäßige Bewertung fallen gesellschaftliche und soziale Aspekte einer Gesellschaft durch das Raster der VGR.

Im Zuge der empirischen Analyse von Erhebungen zum subjektiven Wohlbefinden von Menschen wurde des Weiteren festgestellt, dass hier ein fortlaufend enger Zusammenhang zum Einkommenszuwachs nicht feststellbar war.2 Das sogenannte Easterlin-Paradox bestreitet einen eindeutig positiven Zusammenhang zwischen der Einkommenshöhe bzw. deren Steigerung und dem subjektiven Wohlbefinden.3 So kommt auch eine aktuelle Studie des SOEP (Sozio-ökonomisches Panel) zu dem Schluss, dass „trotz steigender Wirtschaftsleistung sich die Lebenszufriedenheit in Deutschland seit Beginn der 1990er Jahre nicht erhöht hat, in Westdeutschland ist sie sogar gesunken. Mehr materieller Wohlstand bedeutet also nicht automatisch mehr Wohlstand im Sinne von Lebensglück.“4

Wenn es aber keine permanenten Steigerungen des subjektiven Wohlbefindens durch eine fortwährende Einkommenserhöhung gibt, dann führt eine Wirtschaftspolitik mit dem vorrangigen Ziel, das Wirtschaftswachstum zu steigern, an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei.5 Insbesondere wenn die Lebensqualität durch Umweltzerstörung, zunehmenden Zeitmangel und Stress, Verlust wichtiger sozialer Beziehungen – insbesondere durch steigende Scheidungsraten oder Vereinsamung – gemindert wird, merken die Menschen schnell, dass hohes Einkommen allein keineswegs glücklicher macht, sondern andere Faktoren das subjektive Wohlbefinden wesentlich beeinflussen. In der Soziologie und Psychologie hat sich die empirische Forschung zum subjektiven Wohlbefinden schon lange etabliert – bevor dies in den Wirtschaftswissenschaften der Fall war.

Bhutans Bruttonationalglück

In Bhutan wird diesen Überlegungen folgend seit einiger Zeit statt des BIP als gesamtwirtschaftlichen Indikator ein Bruttonationalglück (Gross National Happiness – GNH)6 berechnet, an dem sich die Politik des Landes orientieren soll.7 Durch die Berücksichtigung der verschiedenen Dimensionen des individuellen und sozialen Lebens wird eine ausgewogenere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung angestrebt. Eine einseitige Ausrichtung auf nur das Ziel, den materiellen Wohlstand zu steigern, wird als kontraproduktiv angesehen.

Inzwischen hat die öffentliche Debatte über das Glück als Lebensziel8 breite Popularität erreicht und droht, als Modeerscheinung nach einiger Zeit wieder aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verschwinden.9 Es wäre daher an der Zeit, ein wissenschaftlich fundiertes Konzept zur Messung von Lebenszufriedenheit zur Verfügung zu stellen.

Sollen Indikatoren zur Lebenszufriedenheit regelmäßig erhoben werden?

Europa engagiert sich – was die politische Ebene angeht – stärker als andere Regionen wie beispielsweise die USA10 dafür, ein statistisches Indikatorensystems zur regelmäßigen Erfassung von Lebenszufriedenheit zu entwickeln. In Europa hat die Debatte um die Schaffung einer statistischen Datenbasis zur Erfassung von Lebenszufriedenheitsindikatoren11 einen entscheidenden Anstoß durch die Konferenz „Beyond GDP“ erhalten.12 Im Anschluss daran wurde im Januar 2008 eine Kommission zur Messung der wirtschaftlichen Entwicklung und des sozialen Fortschritts eingerichtet. Als Vorsitzender wurde der Nobelpreisträger Josef Stiglitz ernannt. Die Kommission legte im September 2009 ihren Bericht13 vor und empfahl darin, die Messung der Lebenszufriedenheit der Bevölkerung stärker zu beachten.

Die Stiglitz-Kommission schlägt die Erhebung sowohl objektiver wie auch subjektiver Indikatoren bezüglich verschiedener Lebensbereiche vor. Diese Informationen sollen aktuell den Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren sollen Indikatoren für Verteilung und Ungleichheit14 erhoben sowie ein European Sustainable Development Scoreboard15 entwickelt und die vorhandenen Gesamtrechnungssysteme hinsichtlich von Umweltproblemen16 und sozialer Belange17 erweitert werden. Im Februar 2010 haben die Sachverständigenräte in Frankreich und Deutschland vom deutsch-französischen Ministerrat den Auftrag erhalten, zum Stiglitz-Report Stellungnahmen auszuarbeiten und diese im Dezember 2010 im Rahmen einer deutsch-französischen Regierungskonferenz vorzutragen.18 Der zu erarbeitende gemeinsame Vorschlag soll in eine umfassendere Wachstumsmessung münden. Ebenfalls wurde bei Eurostat eine hochrangige Arbeitsgruppe („Sponsorship“) gebildet, die bis zum Sommer 2011 eine Prioritätenliste erarbeiten und Vorschläge liefern soll, wie das European Statistical System mittel- bis langfristig weiterentwickelt werden soll.19 Neben objektiven Indikatoren werden auch Indikatoren für die Darstellung subjektiver Stimmungen in der Bevölkerung als wichtige Neuerungen im Stiglitz-Report vorgeschlagen. Dieser Beitrag konzentriert sich auf diesen Teilaspekt.

Die Machbarkeitsstudie von Eurostat

Eurostat hat in Abstimmung mit der OECD20 eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, die sich mit der Konkretisierung des Konzepts von Lebenszufriedenheitsindikatoren im Rahmen der amtlichen Statistik sowie anderer regelmäßig erhobener Datenquellen auseinandersetzt.21 Neben dieser Initiative bestehen zahlreiche weitere auf nationaler Ebene.22 Bei der Festlegung von Indikatoren wird zwischen Zwischenzielindikatoren (intermediate indicators, drivers) und eigentlichen Zielgrößen (outputs) unterschieden. Des Weiteren gibt es Indikatoren für objektive Sachverhalte, z.B. den Gesundheitszustand der Bevölkerung, und subjektive Sachverhalte, wie die Stimmungsindikatoren zu einzelnen Lebensbereichen. Da Lebenszufriedenheit als multidimensionales Konzept behandelt werden soll, müssen unterschiedliche Dimensionen und Lebensbereiche parallel erfasst und durch Indikatoren repräsentiert werden.

Zur Diskussion stehen dabei zwei Ansätze. Der erste basiert auf einem erweiterten Ansatz von Maslow23 entsprechend der von ihm entwickelten Bedürfnispyramide, ergänzt durch den Ansatz von Deci und Ryan24 in Hinblick auf psychologische Bedürfnisse. Der zweite ist der sogenannte nach Sen und Rahman25 benannte Lebenschancenansatz (capability approach) (vgl. Abbildung 1). Während der erste Ansatz auf objektive und subjektive Tatbestände abstellt, erfasst der zweite Entwicklungspotentiale. In der Tabelle 1 sind die unterschiedlichen Dimensionen beider Ansätze einander gegenübergestellt.

Abbildung 1
Lebenschancenansatz (Capability Approach)
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Tabelle 1
Dimensionen bzw. Komponenten der Lebenszufriedenheit
Grundbedürfnisse (Maslow) & psychologische Bedürfnisse (Deci, Ryan) Lebenschancenansatz (Sen, Rahman)
physiologische Bedürfnisse (Ernährung, Gesundheit, Unterkunft und finanzielle Ausstattung) Lebensstandard, Gesundheit und Langlebigkeit, Grundrecht auf Gesundheit und Einkommen
Sicherheit und Geborgenheit (Faktoren zur Garantie physiologischer Bedürfnisse): Vertrauen, Bildung, soziale Sicherheit, Beschäftigungs­sicherheit, (...) Geborgenheit, Ausbildungschancen, Umwelt
Ausübung individueller und beruflicher Aktivitäten (formelles und informelles lebenslanges Lernen) plus Autonomie/Freiheit (einschließlich der Selbstbestimmung bei Zeitaufteilung für diese Aktivitäten) produktive und anerkannte Aktivitäten
Empathie (Zugehörigkeitsgefühl) plus Anteilnahme an sozialen Aktivitäten (einschließlich Verteilung der eigenen Zeit auf diese Aktivitäten, Zeitsouveränität) Qualität der sozialen Beziehungen sowie Grundrechte auf der gesellschaftlichen Ebene (Schutz vor Diskriminierung etc.)
Kompetenz und Selbstwertschätzung

Quellen: DIW, Eurostat.

Eurostat schlägt vor, ein Bündel aus Indikatoren zu erheben, die sowohl objektive wie auch subjektive Sachverhalte entsprechend diesen Dimensionen durch eine Indikatorengruppe erfassen.26 Um die Praktikabilität zu gewährleisten, werden im großen Umfang bereits erhobene Indikatoren hierfür verwendet und durch weitere zusätzliche noch zu erhebende ergänzt. Das Ergebnis der Feasibility-Studie von Eurostat zeigt, dass es durchaus im Trend der bisherigen Arbeit der Statistischen Ämter in der EU liegt, Sozialindikatoren zur Beschreibung der sozialen Lage innerhalb der Mitgliedsländer zu erheben. Dabei werden sowohl Stimmungs- bzw. Wahrnehmungsindikatoren als auch objektive Indikatoren erhoben.

Sicherlich kann ein Indikatorensystem keine isomorphe Abbildung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse gewährleisten. Mithin wird die Wirklichkeit nur imperfekt erfasst. Dies gilt aber auch für das System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Insbesondere muss ein in sich geschlossenes Kontenwerk anhand von Residualgrößen und einem Patchwork von unabhängig erhobenen Einzelstatistiken nachträglich abgestimmt werden. Zwischen theoretischem Anspruch und Realisation klafft auch hier eine empirische Lücke aufgrund problematischer Erhebungsmethoden.

Es verwundert daher, wenn in Deutschland nun wieder ein Grundsatzstreit über ein Indikatorsystem von Lebenszufriedenheitsindikatoren eingesetzt hat, der alle Kritik, die grundsätzlich an Statistiken und ihrer Nutzung27 erhoben werden kann, gegen die zur Zeit diskutierten neuen Sozialindikatoren wendet.28 Für die vielfältigen Probleme der angewandten Wirtschafts- und Gesellschaftsstatistik können keine befriedigenden Lösungen angeboten werden. Die Diskussion trägt allerdings dazu bei, dass die Nutzer sensibilisiert werden, Statistiken mit einer gebotenen Vorsicht zu verwenden, und nicht einer naiven Zahlengläubigkeit zu unterliegen. Auf der Basis des Entwurfs der Eurostat-Studie ist es jetzt möglich, die Stärken und Schwächen anhand konkreter Konzeptionen zu erörtern. Diese Studie ist selbst Ergebnis eines umfangreichen Diskussionsprozesses und stellt einen Kompromiss zwischen unterschiedlichen Interessenlagen und Realisierungsmöglichkeiten dar. Sie behauptet nicht, die perfekten Indikatoren entdeckt zu haben, vielmehr hat sie aus einer pragmatischen Sicht eine Variablenliste ausgewählt, die – sowohl aus methodischer wie auch aus finanzieller Sicht – eine konkrete Realisierungschance hat. Die Feasibility-Studie schlägt die in Tabelle 2 aufgelisteten Variablen für die Erfassung der Lebenszufriedenheit der Bevölkerung innerhalb der EU-Mitgliedsländer vor.

Tabelle 2
Überblick über Variablen für einen EU-weiten Indikatorensatz zur Messung der Lebenszufriedenheit
Komponenten Vorgeschlagene Variable Vorhanden Neu
Physiologische Bedürfnisse
Einkommen und Wohnverhältnisse Median der mittels Äquivalenzskalen angepassten verfügbaren Haushaltseinkommen X  
Gegenwärtiges Empfinden über Haushaltseinkommen: erfasst Bedarfsgerechtigkeit und relative Ungleichheit X  
  Qualität der Wohnverhältnisse: feuchte Wände, undichte Dächer (vgl. hierzu Statistics on Income and Living Conditions – SILC der EU-Mitgliedsländer) oder Erfassung von Überbelegungen X  
  Bedarfsgerechte Wohnverhältnisse: Haushaltszusammensetzung und Anzahl der Wohnräume X  
  Zufriedenheit mit den Wohnverhältnissen X  
Gesundheit Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands X  
  Körpermasseindex (KMI) X  
  Unbehindertheit im alltäglichen Leben durch Behinderungen/Krankenhausaufenthalte/mentale Probleme X  
  Indikator zur psychischen Morbidität (psycho-morbidity indicator)   X
  Vitalität: Lebensenergie X  
  Lärmbelästigung durch Straßenverkehr, im Beruf, im Geschäftsleben etc. (X)  
Grundrecht auf Gesundheit und Einkommen Ungleichheitsmaß: Einkommensquintil X  
Unbefriedigte medizinische insbesondere zahnärztliche Versorgung X  
In welchem Umfang glauben sie, dass das soziale Sicherungssystem sie mit dem notwendigen Sicherheitsnetz versorgen wird, wenn sie dieser Hilfe bedürfen?   X
Sicherheit und Geborgenheit
Physische und politische Sicherheit Wie sicher fühlen sie sich bei Dunkelheit i) in ihrer Nachbarschaft, ii) in ihrem Arbeitsumfeld bzw. -region, iii) der Region, in der sie ihre Freizeit verbringen?   (X)
  Leiden sie unter Belästigungen (physischen und verbalen Angriffen) zu Hause/auf der Arbeit?   X
  Wie oft waren sie Opfer eines Einbruchs oder Angriffs? (X)  
  Vertrauen in i) die Justiz, ii) die Polizei, iii) Politiker und Regierung (X)  
Wirtschaftliche Sicherheit Verschuldungsgrad   (X)
Zufriedenheit mit der Ausbildung (X)  
  Prozentanteil der 15-18-Jährigen, die sich nicht in einer Ausbildung oder Beschäftigung befinden (NEET)   X
  Haben sie im letzten Jahr an einer Aus- oder Fortbildung, an einem Kursus, an einer Vortragsveranstaltung, an einem Seminar oder an sonstigen entsprechenden Aktivitäten teilgenommen, bei denen ihnen neue Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt wurden?   (X)
  Mutmaßliche Wahrscheinlichkeit des Jobverlusts (X)  
Umwelt Globale Informationssysteme (GIS) – Daten auf der Mikroebene über i) Ozonwerte in Bodennähe, ii) Feinstaubbelastung X  
  Allgemeine Schadstoff- und Abfallbelastung: Haben sie Probleme mit Schadstoffbelastungen, Schmutz, Abfall oder andere Umweltbelastungen in ihrem Lebensumfeld (Ja/Nein)? X  
  Ausreichender Zugang zu Grünflächen, sauberen Badegewässern oder anderen Erholungsgebieten   X
  Glauben sie, dass sie und ihre Familie sich gesund ernähren?   X
  Einschätzung zur Umwelt (Natur und Infrastruktur): Was denken Sie über ihren Lebensraum einschließlich Arbeit und Bildung? Haben sie Vertrauen diesbezüglich in ihre zukünftige Lebenszufriedenheit?   (X)
Individuell bewertete Aktivitäten
Autonomie und Freiheit Lebenszufriedenheit mit der Arbeit oder der Hauptbeschäftigung   (X)
  Arbeitslosenquote (X)  
  Anzahl der Arbeitsstunden X  
  Habe selten Zeit Dinge zu tun, die ich wirklich mag. (X)  
  Freiheit zu entscheiden mein eigenes Leben zu führen (X)  
Beziehungsgeflecht und Zugehörigkeit
Soziale Interaktionen Unterstützung durch Beziehungen: – Haben sie jemanden, mit dem sie intime und persönliche Angelegenheiten besprechen können? – Erhalten sie Hilfe von Familienmitgliedern in mindestens drei von vier Angelegenheiten? – Es gibt Menschen in meinem Leben, die sich um mich sorgen. (X)  
  Aktivitäten mit anderen Menschen – Wie oft treffen sie sich mit Freunden, Angehörigen und Arbeitskollegen? – Zufriedenheit mit den eigenen Sozialkontakten (X)  
  Aktivitäten für andere Menschen: Wie oft sind sie in Aktivitäten einbezogen, für freiwillige und soziale Organisationen mitzuwirken? (X)  
  Sozialkapital: – Ich fühle mich aus der Gesellschaft ausgeschlossen – den meisten Menschen kann man vertrauen (X)  
Grundrechte auf sozialer/ gesellschaftlicher Ebene Gehören sie zu einer Gruppe, die diskriminiert wird? (X)  
Kompetenz und Selbstwertschätzung
  Ich fühle, dass das was ich tue mein Leben lebenswert macht (X)  
  Manchmal fühle ich mich, als ob ich ein Versager wäre (X)  

Quelle: Eurostat.

Insgesamt beinhaltet dieser Entwurf 40 Variablen, die die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung in fünf Lebensbereichen abbilden sollen. Davon sind 29 bereits grundsätzlich aus bestehenden Erhebungen vorhanden bzw. könnten modifiziert werden. Neu zu erheben sind hingegen nur elf weitere. Grundsätzliche Probleme der Messbarkeit werden nicht gesehen. Mithin kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass eine systematische und regelmäßige Erhebung der Lebenszufriedenheit innerhalb der EU-Mitgliedsländer machbar ist, wenn dafür die institutionellen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen würden. Da Eurostat einräumt, dass die jetzige Lösung entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen regelmäßig dynamisch angepasst werden sollte, sind Ergänzungen und Korrekturen zu einem späteren Zeitpunkt bereits in der Konzeption vorgesehen. Es ist daher aus seinem Selbstverständnis heraus kein starres Konzept, das strikt eingehalten werden muss. Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass hier erstmals für alle EU-Mitgliedsländer ein verbindlicher Standard geschaffen wird. Vergleiche zwischen einzelnen Mitgliedsländern und Regionen im Sinne eines Benchmarking der Lebenszufriedenheit werden auf einer einheitlichen Grundlage möglich.

SALY: Ein aggregierter Indikator für die glückliche Lebenszeit

Der Ergebnisindikator für die Lebenszufriedenheit der Eurostat-Studie hat das Akronym SALY (Satisfaction Adjusted Life Expectancy – Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung).29 Dieser kann nach einer Methode von Ruut Veenhoven30 mittels folgender Definitionsgleichung berechnet werden:

SALYt = LEXP • LSATt
LEXP – Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt
LSAT – Lebenszufriedenheit zum jeweiligen Zeitpunkt

Der SALY-Indikator wird so skaliert, dass die Werte innerhalb des geschlossenen Intervalls von Null und ein Eins liegen. Mithin ergibt sich beispielsweise bei einer Lebenserwartung von rund 79 Jahren bei der Geburt eines Kindes31 in Deutschland ein Wert für die um die durchschnittliche Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung von knapp 51 Jahren im Jahr 2001. Im Jahr 2007 erreichte der SALY-Indikator seinen Höchstwert von 53 Jahren. 2008 sank dieser erneut auf 51 Jahre. Man könnte daher das Maß von Veenhoven so interpretieren, dass die Lebenserwartung von insgesamt 79 Jahren in 51 bzw. 53 glücklichere Jahre und 28 bis 26 weniger glückliche Jahre zerfällt.

Offensichtlich wirken sich Wirtschaftskrisen wie zuletzt 2008 dahingehend aus, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit für diese Zeit und potentiell aufgrund von Erwartungseffekten deutlich zurückgeht. In diesem Beispiel um etwa zwei Jahre. Dabei liefert diese globale Betrachtung keinen direkten Hinweis auf die möglichen Ursachen. Diese lassen sich nur durch die Hinzuziehung von Kovariaten wie beispielsweise die Arbeitslosenquote als Input-Indikator für allgemeine Lebenszufriedenheit identifizieren. Dabei ist Vorsicht geboten, denn aufgrund von Multikollinearität kann es bei der jeweiligen Auswahl von Bestimmungsfaktoren zu Problemen der subjektiven Verzerrung (selection bias) kommen.

Ein anderer Lösungsansatz wäre ein zusammengesetzter Indikator, der auf Basis von Einzelkomponenten gebildet wird.32 Aus Platzgründen wird hier auf eine detaillierte Darstellung der Diskussion über Probleme hinsichtlich dieser Messmethoden verzichtet.33 Die Eurostat-Studie lässt die relative Bedeutung des SALY-Indikators offen, da es bisher an ausreichend empirischen Erfahrungen über dessen Aussagefähigkeit fehlt. Erst im Zuge der konkreten Anwendung wird sich daher zeigen, ob er geeignet ist, die Erwartungen an eine angemessene Erfassung der Lebenszufriedenheit zu erfüllen.

Um sich einen ersten Eindruck über die zu erwartenden Ergebnisse zu verschaffen, wurden auf der Grundlage der Datenbank zur weltweiten Happiness-Forschung34 der Universität von Rotterdam Berechnungen durchgeführt. Die Daten zur Lebenserwartung in den einzelnen Ländern wurden dem UN-Jahrbuch zur Demographie des Jahres 2008 entnommen. Auf Grundlage der dort veröffentlichten Daten wurde der SALY-Indikator für die einzelnen EU25-Mitgliedsländer sowie die USA, Japan und die Türkei für den Zeitraum 1998 bis 2008 berechnet. Insbesondere die später der EU beigetretenen neuen osteuropäischen Mitgliedsländer haben statistische Erhebungen zur Lebenszufriedenheit erst ab dem Jahr 2001 analog zu den alten EU-Mitgliedsländern erhoben, so dass hier die vorhandenen Zeitreihen entsprechend kürzer sind. Die USA und Japan wurden zusammen mit der Türkei als potentiellem Beitrittsland ebenfalls in die Berechnungen einbezogen, da hierfür entsprechende Daten verfügbar waren.

Um einen Vergleich mit dem VGR-basierten Pro-Kopf-Einkommen zu ermöglichen, wurden die entsprechenden Daten von Eurostat auf Basis von Kaufkraftparitäten verwendet, die auf das Niveau der EU25-Mitgliedsländer normalisiert worden sind: in jedem Jahr wird der relative Abstand zum Pro-Kopf-Einkommen (PKE) der EU25-Mitgliedsländer als Referenzbasis gewählt.

Abbildung 2
SALY1 und PKE2: Ländervergleich3
2007
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1 Um die Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung.
2 Pro-Kopf-Einkommen.
3 EU25 = 100 in KKP in den EU25-Mitgliedsländern plus USA, Japan und Türkei.

In der Abbildung 2 werden die um die Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung und die jeweiligen Pro-Kopf-Einkommen der in der Länderauswahl enthaltenen Länder einander gegenübergestellt. Dabei wurden die Länder entsprechend ihrer jeweiligen SALY-Werte in einer absteigenden Rangfolge geordnet. Im Jahr 2007 ergab sich folgendes Bild: Länder wie Dänemark, die Niederlande und die USA führen die Rangordnung an. Schlusslichter sind Rumänen und Bulgarien. Deutschland belegt den zwölften Rang. Feststellbar ist, dass die Höhe des Pro-Kopf-Einkommens keineswegs vollständig mit der Höhe von SALY korreliert. Beim Pro-Kopf-Einkommen führt Luxemburg vor den USA und Irland. Mithin liefern beide Indikatoren unterschiedliche Rangfolgen.

In der Abbildung 3 wurde ein Streudiagramm gezeichnet, das das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens der Veränderungsrate des SALY-Indikators gegenüber stellt. Verglichen wurden die Jahre 2002 bis 2005, da für andere Jahre teilweise Datenlücken für einzelne Länder existieren. Ein Blick auf das Streudiagramm zeigt, dass kein enger Zusammenhang zwischen dem Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens und der Veränderung der um die Lebenszufriedenheit korrigierten Lebenserwartung feststellbar ist. Nur bei starkem Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens scheint ein statistisch positiver Zusammenhang zum SALY-Indikator zu bestehen. Ansonsten ist die Streuung beider Größen mehr oder weniger zufällig. Dies wäre ein Hinweis auf die empirische Gültigkeit des zuvor genannten Easterlin-Paradox.

Abbildung 3
SALY1 und PKE2: zeitliche Entwicklung3
2002-2005
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1 Um die Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung: Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr.
2 Veränderung des Pro-Kopf-Einkommens gegenüber dem Vorjahr.
3 Über alle Länder (EU25 plus USA, Japan und Türkei).

Um den zeitlichen Verlauf des SALY-Indikators zu illustrieren, wurden die vorliegenden Daten für Deutschland für den Zeitraum 1990 bis 2008 in der Abbildung 4 getrennt nach Ost- und Westdeutschland ausgewiesen. Es wird deutlich, dass die um die Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung in Westdeutschland insgesamt über den ganzen Zeitraum höher als in Ostdeutschland war. Zu beobachten sind auch zyklische Schwankungen im Zeitverlauf, wobei der Zusammenhang zwischen der jeweiligen aktuellen Wirtschaftslage und der Lebenszufriedenheit insbesondere durch Schwankungen der Arbeitslosenquote hergestellt wird.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Ermittlung von SALY nach der Methode von Veenhoven35 bereits jetzt auf Jahresbasis für eine Vielzahl von Ländern machbar ist. Des Weiteren liegt ein großer Teil der Sozialindikatoren zur Lebenszufriedenheit bereits aufgrund bestehender Erhebungen vor. Mithin ist nur ein vergleichsweise geringer Schritt erforderlich, um das vorliegende Konzept vollständig umzusetzen.

Abbildung 4
SALY1 in Deutschland
1990 bis 2008
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1 Um die Lebenszufriedenheit korrigierte Lebenserwartung.

Orientierungshilfe für die Politik?

Es ist wünschenswert, Indikatoren zur Messung des Wohlbefindens regelmäßig in einem institutionellen Rahmen zu erheben, wie dies durch die OECD durch Eurostat bereits seit einigen Jahren durchgeführt wird.36 Diese Größen sollten durch die noch fehlenden Indikatoren ergänzt werden, so dass wirtschafts- und gesellschaftspolitische Entscheidungsträger auf ein Gesamtbild zurückgreifen können.37

Wenn es zwischen den verschiedenen Zielrichtungen, die von einzelnen Indikatoren empirisch gemessen werden, Wahlmöglichkeiten im Sinne eines Trade-off gibt, dann kann die Politik diese Gestaltungsspielräume nutzen und anhand der Indikatoren auch begründen, dass beispielsweise die Akzeptanz eines geringeren BIP-Wachstums eine bessere Lösung ist, wenn andere Ziele besser zu erreichen sind. Damit wird es für die Wirtschaftspolitik leichter, Entscheidungen, die ein geringeres Wirtschaftswachstum implizieren, zu vermitteln.

Derzeit herrscht die Vorstellung vor, dass erst ein möglichst großes BIP geschaffen und danach die Verteilung erfolgen sollte. Letzteres scheitert dann oftmals in der Praxis. Produktion, Verteilung und Verwendung haben als Ziele keine Gleichrangigkeit. Der Vorrang der Produktionssteigerung stellt die funktionelle Verteilung in den Vordergrund. Eine nachträgliche Abstimmung im Sinne einer ausgewogeneren Work-Life-Balance erfordert eine politische Anstrengung. Die postindustrielle Gesellschaft38 entwickelt sich vorrangig in eine Richtung, die immaterielle Bedürfnisse besser als zuvor befriedigt, nachdem für große Teile der Bevölkerung die materiellen Grundbedürfnisse im Sinne von Maslow gut abgedeckt sind.

Dies findet auch im Rahmen von Märkten in der Produktion von Dienstleistungen39 und immateriellen Gütern40 seinen Niederschlag.

In der vorliegenden Form wird der Indikatorensatz zur Lebenszufriedenheit einschließlich SALY das System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nicht ersetzen, sondern ergänzen. Das mag manchen radikalen Systemkritikern nicht weit genug gehen, das mag anderen als ein unsinniger Schritt weg von dem bewährten System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen erscheinen. Beide Extrempositionen dürften jedoch am Ende wenig zielführend sein. Die Indikatoren zur Lebenszufriedenheit sollten dazu dienen, Informationslücken zu beseitigen und den Entscheidungsträgern eine zusätzliche Messgröße an die Hand zu geben, an der sie ihre Politik ausrichten können.

  • 1 Siehe hierzu beispielsweise M. Abramovitz: Economic Growth and Its Discontents, in: Michael Boskin (Hrsg.): Economics and Human Welfare: Essays in Honor of Tibor Scitovsky, New York 1979, S. 3-21; W. Nordhaus, J. Tobin: Is growth obsolete?, in: National Bureau of Economic Research (Hrsg.): Economic Growth: Fiftieth Anniversary Colloquium 5, General Series, 1972, S. 1-80.
  • 2 R. McCarthy: Daniel Kahneman, Nobel Prize Winner: Happiness Can Be Bought For About $60,000 Per Year, in: Huffington Post vom 4.4.2010.
  • 3 R. A. Easterlin: Does Money buy Happiness?, in: The Public Interest, Nr. 30, S. 3-10; ders.: Will Raising the Incomes of All Increase the Happiness of All?, in: Journal of Economic Behavior and Organization, 27. Jg. (1995), Nr. 1, S. 35-48; ders.: Income and Happiness: Towards a Unified Theory, in: Economic Journal, 111. Jg. (2001), Nr. 473, S. 465-484; ders.: Feeding the Illusion of Growth and Happiness: A Reply to Hagerty and Veenhoven, in: Social Indicators Research, 74. Jg. (2005), Nr. 3, S. 429-443. Seit einiger Zeit ist die Debatte über die Gültigkeit des Easterlin-Paradoxs aufgrund eines Beitrags von B. Stevenson, J. Wolfers: Economic Growth and Subjective Well-Being: Reassessing the Easterlin-Paradox, in: Brookings Papers on Economic Acitivity, S. 1-87, neu entbrannt, da die Autoren Easterlin methodische Fehler bei der empirischen Untersuchung der Rohdaten vorwerfen.
  • 4 U. van Suntum: Zur Konstruktion eines Lebenszufriedenheitsindikators („Glücks-BIP“) für Deutschland, in: SOEPpapers 258, DIW Berlin, Januar 2010.
  • 5 R. Layard: Happiness and Public Policy: A Challenge to the Profession, in: The Economic Journal, 116. Jg. (2006), S. C24-C33.
  • 6 Vgl. http://www.grossnationalhappiness.com/.
  • 7 Dabei gehen folgende Indikatoren in die Ermittlung der GNH ein: Zeitverwendung (Time Use), Lebensstandard (Living Standards), Staatsführung (Good Governance), subjektives Wohlbefinden (Psychological Wellbeing), Soziale Vitalität (Community Vitality), Kultur (Culture), Gesundheit (Health), Ausbildung (Education) und Ökologie (Ecology).
  • 8 Vgl. http://www.gluecksforschung.de/tunnel00.htm; und auch B. S. Frey, C. Frey Marti: Glück – Die Sicht der Ökonomie, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 7, S. 458-463,
  • 9 Vgl. hierzu auch den Vortrag von Daniel Kahneman bei TED, http://www.huffingtonpost.com/2010/06/04/daniel-kahneman-nobel-pri_n_601236.html?view=print.
  • 10 In den USA wurde bereits zu Beginn der 1970er Jahre ein Versuch von der US-Regierung unternommen, eine regelmäßige systematische Erhebung zur Lebensqualität einzuführen. Vgl. National Goals Research Staff: Toward Balanced Growth: Quantity with Quality, Washington 1970. Offenbar folgte auf die damalige Initiative kein Aufbau einer langfristigen Statistik.
  • 11 E. Diener: Subjective Well-Being. The Science of Happiness and a Proposal for a National Index, in: American Psychologist, 55. Jg. (2000), Nr. 1, S. 34-43.
  • 12 Im November 2007 veranstalteten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Club of Rome, die OECD und der WWF eine hochrangige Konferenz „Beyond GDP“. Ziel dieser Veranstaltung war es zu klären, welche Indikatoren am besten geeignet wären, um gesellschaftlichen Fortschritt zu erfassen, und, wie diese Größen am besten in den Entscheidungsprozess und die öffentliche Diskussion integriert werden könnten. Vgl. hierzu http://www.beyond-gdp.eu/. Im gleichen Jahr fand bereits eine internationale Konferenz statt, die von der Europäischen Kommission, der OECD, der Organisation der Islamischen Konferenz, den Vereinten Nationen, dem United Nations Development Programme (UNDP) und der Weltbank diesem Thema gewidmet wurde. Diese Organisationen forderten in der Istanbuler Deklaration vom 30. Juni 2007 eine Erarbeitung neuer Indikatoren für die Messung gesellschaftlicher Entwicklung, http://www.oecd.org/document/23/0,3343,en_21571361_31938349_39161687_1_1_1_1,00.html. Dieser Prozess der Entwicklung neuer und der Verbesserung vorhandener Konzepte zur Wohlstandsmessung ist im vergangenen Jahr in Busan (Südkorea) im Jahr 2009 fortgesetzt worden, http://www.oecd.org/document/59/0,3343,en_40033426_40033828_41350843_1_1_1_1,00.html. 2011 ist hierzu eine weitere Konferenz geplant.
  • 13 J. E. Stiglitz, A. Sen, J.-P. Fitoussi: Report of the Commission on the Measurement of Economic Performance and Social Progress, Paris, November 2009.
  • 14 Ungleiche Einkommensverteilung und Arbeitslosigkeit sind als wichtige Faktoren hinsichtlich der subjektiven Lebenszufriedenheit identifiziert worden. Dabei bestehen offenbar kulturelle Unterschiede darin, wie stark Einkommensungleichheit und Arbeitslosigkeit als nachteilig für die Lebenszufriedenheit angesehen werden. Vgl. hierzu auch A. Alesina, R. Di Tella, R. MacCulloch: Inequality and Happiness: Are Europeans and Americans Different?, in: NBER Working Paper Nr. 8198, National Bureaus of Economic Research, Cambridge, MA, April 2001; R. Di Tella, R. J. MacCulloch, A. J. Oswald: Preferences over Inflation and Unemployment: Evidence from Surveys of Happiness, in: The American Economic Review, 91. Jg. (2001), Nr. 1, S. 335-341; A. Clark, A. J. Oswald: Unhappiness and Unemployment, in: Economic Journal, 104. Jg. (1994), Nr. 5, S. 648-659.
  • 15 Siehe hierzu auch Statistisches Bundesamt: Nachhaltige Entwicklung in Deutschland – Indikatorenbericht 2010, Wiesbaden, Mai 2010.
  • 16 Statistisches Bundesamt: Bericht zu den Umweltökonomischen Gesamtrechnungen, Wiesbaden 2009. Statistical Programme Committee: Revised European Strategy for Environmental Accounting at the 68th Meeting of the Statistical Programme Committee, Luxemburg, 13. November 2008.
  • 17 Eurostat: Living conditions in Europe – Data 2003-2006, Pocketbooks, 2008, Hrsg. Eurostat und Europäische Kommission, Luxemburg 2008.
  • 18 H.-J. Haß: Stiglitz, Sen und „GDP and Beyond“ – Herausforderungen für die amtliche Statistik aus einer industriellen Perspektive, in: Wirtschaft und Statistik, 2010, H. 7, S. 694-699.
  • 19 A. Braakman: Zur Wachstum- und Wohlfahrtsmessung – Die Vorschläge der Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission und der Initiative „BIP und mehr“, in: Wirtschaft und Statistik, 2010, H. 7, S. 609-614.
  • 20 E. Giovannini, J. Hall, M. M. d’ Ercole: Measuring Well-Being and Societal Progress, Organisation for Economic Co-Operation and Development, Paris 2008.
  • 21 Eurostat: Feasibility Study for Well-Being Indicators, Task 4: Critical Review, Eurostat, Luxemburg, (ohne Jahresangabe).
  • 22 Ebenda, Kapitel 2; und insbesondere für Deutschland U. van Suntum, P. Alois, N. Uhde: Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden in Deutschland: Studie zur Konstruktion eines Lebenszufriedenheitsindikators, in: SOEPpaper Nr. 259, Berlin 2010; H. Dienfenbacher, R. Zieschank: Wohlfahrtsmessung in Deutschland – Ein Vorschlag für einen neuen Wohlfahrtsindex, Statusbericht zum UBA-Forschungsprojekt FKZ 3707 11 101/01, Heidelberg/Berlin, November 2008.
  • 23 A. H. Maslow: A Theory of Human Motivation, in: Psychological Review, 50. Jg. (1943), Nr. 4, S. 370-396.
  • 24 E. L. Deci: Effects of externally mediated rewards on intrinsic motivation, in: Journal of Personality and Social Psychology, 1971, Nr. 18, S. 105-115; E. L. Deci, R. M. Ryan: Intrinsic motivation and self-determination in human behaviour, New York 1985; E. L. Deci, R. M. Ryan: The general causality orientations scale: Self-determination in personality, in: Journal of Research in Personality, 1985, Nr. 19, S. 109-134.
  • 25 A. K. Sen: Utilitarianism and Welfarism, in: The Journal of Philosophy, LXXVI, 1979, S. 463-548; ders.: Commodities and Capabilities, Oxford 1999; M. A. Rahman: Toward an Alternative Development Paradigm, in: K. L. Johnson (Hrsg.): Grassroots Horizons: Connecting Participatory Development Initiatives East and West, New Delhi 1995, S. 151-182.
  • 26 In der empirischen Wirtschaftsforschung werden bereits seit längeren Stimmungsindikatoren wie das Verbrauchervertrauen der GfK oder der Ifo-Konjunkturklimaindex regelmäßig erhoben und publiziert. In der Konjunkturforschung ergänzen sie ebenfalls die objektiven Indikatoren, die aus der VGR stammen.
  • 27 D. Huschka, G. G. Wagner: Sind Indikatoren zur Lebensqualität und zur Lebenszufriedenheit als politische Zielgrößen sinnvoll?, in: SOEPpapers 275, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, Februar 2010.
  • 28 Zeitgespräch im Wirtschaftsdienst zum Thema „Wie lässt sich Wohlstand messen?“ mit Beiträgen von A. Braakman, R. Zieschank, H. Dienfenbacher, H. W. Brachinger, G. G. Wagner, C. Leggewie, B. Sommer, in: Wirtschaftsdienst, 89. Jg. (2009), H. 12, S. 783-804; P. M. von der Lippe, C. C. Breuer: Wohlstand – keine Alternative zum BIP, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 7, S. 444-451; H. Diefenbacher, R. Zieschank: Der Nationale Wohlfahrtsindex und die Diskussion um einer Ergänzung zum BIP, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 7, 451-453; W. H. Brachinger: Diesseits des BIP: Das Denken in Kartoffeln bringt uns nicht weiter, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 7, S. 454-457.
  • 29 Vergleichbare Indikatoren existieren bereits bei der Erfassung der gesunden Lebensjahre. Siehe hierzu beispielsweise „Gesunde Lebensjahre und Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren“ auf der Eurostat-Website: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/refreshTableAction.do?tab=table&plugin=1&pcode=tsdph220&language=de.
  • 30 R. Veenhoven: Measures of Gross National Happiness, in: OECD: Statistics, Knowledge and Policy. Measuring and fostering the progress of societies, 2007, S. 231-253.
  • 31 Auf eine Trennung nach Geschlechtern wurde hier verzichtet, da bei der Lebenszufriedenheit für die obige Berechnung keine Unterteilung nach Geschlechtern vorlag.
  • 32 Hinsichtlich der Bereitstellung zusammengesetzter Indikatoren für die Lebenszufriedenheit durch die amtliche Statistik werden jedoch bereits Bedenken geäußert, da aufgrund der unvermeidlichen Gewichtungen der einzelnen Komponenten zu einem Gesamtindex dieser werturteilsbehaftet sei. Damit würde einer politischen Bewertung bereits durch die Methode der Gewichtung unangemessen vorgegriffen. Vgl. hier die Stellungnahme des Generaldirektors von Eurostat W. Radermacher: Measuring prosperity and quality of life - Keynote Speech, Vortrag am 8. April 2010 beim österreichischen Bundesfinanzministerium. Methoden zur Berechnung von solchen zusammengesetzten Indikatoren. Vgl. hierzu M. Nardo, M. Saisana, A. Saltelli, S. Tarantola, A. Hoffman, E. Giovannini: Handbook on Constructing Composite Indicators: Methodology and User Guide, OECD Statistics Working Paper, 9.8.2005, OECD, Paris; E. Giovannini, J. Hall, M. M. d’Ercole: Measuring Well-Being and Social Progress, www.beyond-gdp.eu/download/oecd_measuring-progress.pdf; sowie C. Dreger, G. Erber, D. Glocker: Regional Measures of Human Capital in the European Union, in: SOEP-Papers 137, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, Oktober 2008.
  • 33 Vgl. dazu Abschnitt 5 der Eurostat-Studie.
  • 34 Vgl. http://worlddatabaseofhappiness.eur.nl/.
  • 35 R. Veenhoven: Measures of Gross National Happiness, Presentation at OECD conference on measurability and policy relevance of happiness, 2.-3. April 2007, Rom; ders.: Is Life Getting Better? – How long and happy people live in modern society, in: European Psychologist, special section on „Human development and Well-being“, 10. Jg. (2005), S. 330-343; ders.: Happy Life Years: a measure of Gross National Happiness, in: K. Ura, K. Galay (Hrsg.): Gross national happiness and development, Proceedings of the First International Seminar on „Operationalization of Gross National Happiness“, Thimphu, Bhutan, 18.-20. Februar 2004, S. 287-318.
  • 36 Vgl. hierzu OECD: OECD Factbook 2009 – Economic, Environmental and Social Statistics, Paris.
  • 37 Dies könnte durch die entsprechende Anpassung des Rechtsrahmens für Europäische Statistiken geschehen. Vgl. hierzu Eurostat: Rechtsrahmen für Europäische Statistiken – Die EU-Statistikverordnung, Luxemburg 2010.
  • 38 D. Bell: The Coming of Post-Industrial Society, New York 1973; Alain Touraine: La société post-industrielle, Paris 1969.
  • 39 G. Bosch, P. Hennicke, J. Hilbert, K. Kristof, G. Scherhorn (Hrsg.): Die Zukunft der Dienstleistungen – Ihre Auswirkungen auf Arbeit, Umwelt und Lebensqualität, Frankfurt am Main/New York 2002.
  • 40 R. E. Caves, W. F. Murphy II: Firms, Markets, and Intangible Assets, in: Southern Economic Journal, 42. Jg. (1976), Nr. 4, S. 572-586; O. Böhm, H. Siebert: Bewertung von immateriellen Vermögenswerten, in: M. Henke, H. Siebert: Accounting, Auditing und Management: Festschrift für Wolfgang Lück, Berlin 2008, S. 3-20.


DOI: 10.1007/s10273-010-1159-5

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