Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

In ricardianischer Sichtweise ließe sich die Europäische Union in Länder der Peripherie und Kernländer aufteilen, wobei die Peripherie durch geringere Faktorentgelte charakterisiert ist. Die Bodenrente als Residuum der übrigen Faktorentgelte ist im Kern höher als am Rand und im Laufe der EU-Erweiterungsrunden sogar noch gestiegen. Da die Randländer Ressourcen benötigen, um den Staatshaushalt zu sanieren, bietet es sich an, die Bodenrenten in den Kernländern abzuschöpfen und an die Peripherie zu verteilen.

Der Befund ist nicht neu: Die Staaten der Peripherie des Euroraumes befinden sich in der Krise. Die Eurozone ist kein optimaler Währungsraum, und es existiert kein Wechselkursmechanismus, der die Produktivitätsunterschiede zwischen Kern­europa und den sogenannten „GIPS-Staaten“1 abfedern könnte. Die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) verschreibt den Krisenstaaten Austeritätspolitik, um die mit der Krise aufgehäuften Schulden wieder auf ein tragbares Maß zurückzuführen.

Nachfolgend wird diese Politik vor dem Hintergrund eines raumwirtschaftlichen Ansatzes, der sich sowohl auf die klassischen Theorien von Thünens2 als auch auf diejenige Ricardos3 stützt, kritisch beleuchtet. Dreh- und Angelpunkt ist die Bodenrente und das damit einhergehende Steuersubstrat. Ricardo führte die Bodenrente (und den daraus abzuleitenden Bodenwert) auf Ertragsvorteile der jeweiligen Flächen gegenüber dem „Grenzboden“ zurück, der gerade noch kostendeckend zu bewirtschaften ist.4 Heutzutage wird die ökonomische Rente als Überschuss der Faktorentgelte (für Arbeit, Boden oder Kapital) über ihre Opportunitätskosten definiert (also über die Erträge der nächstbesten Verwendung). Der Begriff „Boden“ wird seit Henry George5 von vielen Autoren weit gefasst; er bezieht sich danach im Wesentlichen auf alle Medien, die der Mensch nicht geschaffen hat (wie z.B. Wasser- und Rohstoffquellen, das elektromagnetische Spektrum, Luftwege etc.).6 Neuere Beiträge verweisen zudem auf die Ähnlichkeit von geistigen Eigentumsrechten und Boden (Generierung von ökonomischen Renten, Blockadepotenzial, optionsartiger Charakter bei gleichzeitig geringer Produktions- und Substitutionselastizität etc.).7 Anders als in der neoklassischen Theorie spielten bei den Klassikern die distributiven Aspekte von Marktereignissen und Politikmaßnahmen eine große Rolle, was die Ansätze noch heute interessant macht.

Entwicklung des Euroraumes aus ricardianischer Sicht

Nachfolgend wird vor allem das ricardianische Verteilungsmodell als Erklärungsmuster bemüht:8 Die raumwirtschaftlichen Strukturen sind seit jeher durch zentrale und periphere Lagen geprägt. In den klassischen raumwirtschaftlichen Theorien wurde dies unter anderem mit geografischen Standortvorteilen begründet, die New Economic Geography betont vor allem das Spannungsfeld zwischen konzentrations- und agglomerationsfördernden Skalenerträgen einerseits und Transportkosten, die eher auf eine räumliche Gleichverteilung hinwirken, andererseits.9 In den zentralen Lagen werden die höchsten Einkommen erzielt. Das Zentrum-Peripherie-Schema lässt sich nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit nicht nur auf Europa, sondern auch auf seine Nationen, seine Regionen und sogar auf seine Kommunen anwenden. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich allerdings auf die supranationale Perspektive und thematisiert die Unterschiede zwischen den durchschnittlichen Einkommen auf nationaler Ebene.

Die wirtschaftlich dynamischsten Räume Europas werden durch die sogenannte „Blaue Banane“ bezeichnet, die sich von England über die Rheinschiene (als historisch bedeutsamem Verkehrsweg) entlang bis nach Oberitalien ca. 1300 km von Norden nach Süden (bei einer Ost-West-Ausdehnung von ca. 900 km) erstreckt. Hinzu kommen weitere Agglomerationsräume in Frankreich10 und Spanien. Die (real-)wirtschaftlichen Zentren des Euroraumes liegen dabei in den Kernländern (vor allem Deutschland). Ergänzend wurden auch Nicht-Euroländer (wie etwa Großbritannien) in Abbildung 1 aufgenommen. Die Einkommen sinken vom Kern zur Peripherie hin ab. Die wirtschaftliche Peripherie wird im Wesentlichen durch die GIPS-Länder und die zuletzt beigetretenen Staaten Ost- und Südosteuropas abgebildet. Entsprechend der ricardianischen Sichtweise werden aber die Löhne (für einfache Arbeit) an den Rändern des Wirtschaftsraumes bestimmt (dies ist mit der marginalistischen, neoklassisch geprägten Theorie vereinbar). Demnach müsste sich aufgrund von Wanderungsbewegungen ein Ausgleich der Entgelte für die mobilen Faktoren Arbeit (bei gleicher Qualifikation) und Kapital (bei gleicher länderspezifischer Risikoprämie) einstellen. Abbildung 1 illustriert diesen theoretischen Ausgangspunkt, wobei aus Vereinfachungsgründen die Einkommen aus Arbeit und Kapital zusammengefasst wurden. Die Differenz zwischen dem totalen Einkommen und dem Lohn (zuzüglich Kapitaleinkommen) stellt – als Residualeinkommen – die ökonomische Rente dar. Bedingt durch (die unter anderem sprachlich und kulturell bedingten) Immobilitäten des Faktors Arbeit und die zwischenzeitig eingepreisten länderspezifischen Risikozuschläge bei Kapitalkosten weicht die europäische Realität freilich von diesem Bild ab. Andererseits kompensieren sich z.B. in den Zentren vergleichsweise höhere Löhne und niedrigere Zinsen (vice versa in der Peripherie) wieder bis zu einem gewissen Grad. Der diesbezügliche Nettoeffekt hinsichtlich der ökonomischen Renten ist unerforscht. Abbildung 1 unterstellt daher aus Vereinfachungsgründen eine weitgehende Kompensation.

Abbildung 1
Verfügbares Einkommen pro Kopf, 2010
in Kaufkraftstandards, Euro pro Jahr
32793.png

* Nicht-Euroländer.

Quellen: B. Milusheva, P. Gal: Income per capita varies by 1 to 4 across EU countries – Household income, consumption and investment in the EU, Norway, Switzerland and the US in 2010, in: Eurostat, Statistics in focus, Nr. 35/2012, S. 7, Tabelle 1, http://www.eds-destatis.de/de/downloads/sif/KS-SF-12-035-EN-N.pdf (14.6.2013).

Angleichungstendenzen

Treten nun neue Staaten dem Wirtschaftsraum bei, setzen aus Ricardos Perspektive wie vor dem Hintergrund der modernen Wirtschaftstheorie Angleichungstendenzen für die Entgelte der mobilen Faktoren Kapital und Arbeit ein (Faktorarbitrage).11 Der raumwirtschaftliche Bezug für die mobilen Faktoren erstreckt sich dabei über den Euroraum hinaus. Er umfasst den gesamten europäischen Wirtschaftsraum – jedenfalls so weit, wie sich die betreffenden Faktoren unbeschränkt bewegen können (was z.B. bei rumänischen und bulgarischen Arbeitskräften noch nicht der Fall ist).

Aus dem ricardianischen Ansatz lassen sich diverse Schlussfolgerungen ziehen:

  • Hinsichtlich der Wirkung von Lohnangleichungstendenzen: Werden neue Staaten aus der Peripherie in die EU aufgenommen, entsteht einerseits in den Zentren ein Druck auf den „Grundlohn“ nach unten – insbesondere für unqualifizierte Arbeit. Andererseits ist bei wachsender Wirtschaft mit einem Anzug der Löhne – auch für einfache Tätigkeiten – in der Peripherie zu rechnen. Die Löhne in den Kernstaaten steigen – entsprechende Faktormobilität vorausgesetzt – also langsamer als ohne die Aufnahme der neuen Staaten („at the margin“), die Löhne in der Peripherie schneller. Wie Tabelle 1 demonstriert, stiegen in der Vergangenheit die Lohnstückkosten in den „GIPS-Ländern“ tatsächlich wesentlich stärker als in den Ländern des Zentrums.
  • Bezüglich der Inflationsraten: Die zuvor bezeichnete Entwicklung ist auch nicht ohne Auswirkung auf die Preissteigerungsraten in der Peripherie (Lohndruckinflation), die in den „GIPS-Staaten“ in der Vergangenheit deutlich höher ausfielen als in Kerneuropa.12

Soweit die EU-Staaten noch unterschiedliche Währungen hatten, ließen sich die Disparitäten durch den Wechselkursmechanismus ausgleichen. Dies gilt allerdings nach der Integration in den Euroraum nicht mehr. Nach Einführung der gemeinsamen Währung in den besagten Staaten der Peripherie kam es daher zu deren sukzessivem Wettbewerbsverlust.

Tabelle 1
Lohnstückkosten und Inflationsraten
Ausgewählte Länder, 2000 bis 2005, Anstieg in %
  Lohnstückkosten Inflationsraten
Kern Deutsch­land 0,1 1,6
Belgien 1,7 2,1
Finnland 1,5 1,6
Nieder­lande 2,5 2,7
Über­gang Frank­reich 2,0 2,0
Italien 3,0 2,5
Peri­pherie Irland 4,0 3,8
Spanien 3,0 3,3
Griechen­­land 3,3 3,4
Portu­gal 3,1 3,1

Immobilienpreise

Abgesehen von der Angleichung der Faktorentgelte für Arbeit (und Kapital) und der damit einhergehenden Kostendruck­inflation ergab sich aus ricardianischer Sicht eine zweite bemerkenswerte Entwicklung, und zwar hinsichtlich der Bodenrenten und Bodenwerte. Hier werfen wir nur einen Blick auf die Siedlungsflächen – die land- und forstwirtschaftlichen Flächen werden außer Betracht gelassen. Parallel zur Finanzkrise 2008 kam es bekannterweise in einigen Ländern (darunter vor allem Irland, Spanien, aber auch Frankreich) zu Immobilienblasen – diese zeichneten sich bereits in den ersten Jahren der gemeinsamen Währung ab. Derartige Immobilienblasen ergeben sich jedoch nicht aus plötzlich und regional stark auseinanderlaufenden Preisen für Mörtel, Stahl, Ziegelsteinen und Bauarbeitern. Sie resultieren vielmehr aus einem Anstieg des Bodenwertes. Der Bodenwert wiederum lässt sich in grober Näherung13 aus den mit dem Realzins abdiskontierten Bodenrenten erklären. Daneben sind auch noch institutionelle Faktoren wie das Kreditvergabegebaren der Banken (z.B. Zinsbindungsfristen, Eigenkapitalanforderungen), Einschränkungen der Eigentumsrechte durch das Mietrecht, Steuererleichterungen (wie die Abzugsfähigkeit von Kreditzinsen) etc. von Bedeutung.14

In der ricardianischen Sichtweise handelt es sich bei der Bodenrente um ein Residuum, das verbleibt, wenn die Faktoren Arbeit (Löhne) und Kapital (Zinsen) sowie der Staat (Steuern) entgolten wurden. Als Residuum sind die (Boden-)Renten auch keine absoluten und feststehenden Größen. Abbildung 1 stellt wiederum einen Anhaltspunkt für ihre Höhe und Verteilung in der Eurozone dar: Die (Boden-)Renten sind demnach in den Kernländern deutlich höher als in der Peripherie. Im Zuge der Erweiterung des europäischen Wirtschaftsraumes durch Länder mit schwacher Kapitalausstattung und niedrigen Löhnen dürften sie tendenziell gestiegen sein.

Tiefergehende Untersuchungen über die Wechselwirkungen von Bodenrente und Bodenwerten existieren leider nicht; dies ist nicht zuletzt wohl eine bedauernswerte Folge der Ausklammerung des Produktionsfaktors Boden durch die neoklassische Wirtschaftstheorie. Allerdings lassen sich Indikatoren ableiten: Die städtischen Bodenrenten (nur um diese geht es hier) ergeben sich aus den Variablen Transportkosten, Bevölkerungsdichte sowie der räumlichen Ausdehnung der Siedlungskörper.15 Nimmt man die Transportkosten16 über den europäischen Wirtschaftsraum hinweg als einigermaßen homogen an, verbleiben als relevante Variablen die Bevölkerungsdichte und der Radius der städtischen Besiedlung. In Tabelle 2 wurde (neben der Bevölkerungsdichte) als zusätzlicher Grobindikator für die Höhe der Bodenrente der Urbanisierungsgrad gewählt, da bei geringer Ausprägung (ländliche Strukturen) auch die räumliche Ausdehnung der jeweiligen Siedlungskörper vergleichsweise gering ausfallen dürfte.

Der Realzins ist der dritte wichtige Bestimmungsfaktor des Bodenwertes. In der ersten Phase nach Einführung der gemeinsamen Währung konvergierten zwar die Nominalzinsen (mangels ausdifferenzierter Risikoprämie) der diversen Euroländer. Allerdings besteht im einheitlichen Währungsraum für die EZB keine Möglichkeit, eine räumlich differenzierende Zinspolitik zu betreiben. Wegen der höheren Preissteigerungsraten in den Ländern der Peripherie (vgl. Tabelle 1) lag daher der Realzins hier deutlich niedriger als in Kerneuropa (vgl. Tabelle 2). So gab es in Spanien zeitweise sogar negative Realzinsen für Hypothekenkreditnehmer.17

Tabelle 2
Bestimmungsfaktoren der Immobilienpreisblase
    Bevöl­kerungs­dichte Urbani­sierungs­grad Real­zinsen Durchschnitt­licher jährlicher Immo­bilien­preis­anstieg Durchschnitt­liches Verhältnis Immo­bilien­preis zu Ein­kommen
    2010 2000 bis 2005 2001 bis 2006
    Ein­wohner pro km2 in % in % in %
Kern Deutsch­land 229 74 2,8 -2,6 84
Belgien 323 97 2,4 6,3 113
Finn­land 16 85 2,9 4,5 96
Nieder­lande 393 83 1,7 3,1 135
Über­gang Frank­reich 115 85 2,5 9,8 107
Italien 200 68 2,2 5,9 102
Peri­pherie Irland 61 62 0,7 7,8 132
Spanien 92 77 1,3 11,1 124
Griechen­land 84 61 1,4 6,7 104
Portu­gal 115 61 1,5 -0,9 100

Erläuterung: Der Urbanisierungsgrad gibt den Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an. Die Bevölkerungsdichte errechnet sich als Quotient von Einwohnerzahl und Fläche eines Gebietes.

Quellen: Lexas, 2012, http://www.laenderdaten.de/bevoelkerung/urbanisierung.aspx; OECD: Economic Outlook, 89. Jg. (2011), H. 1, http://dx.doi.org/10.1787/888932443263, http://dx.doi.org/ 10.1787/888932443586, http://stats.oecd.org/Index.aspx?QueryId=40567#, OECD Economic Outlook 92. Jg. (2012), H. 2, Tabellen 59 und 60, http://www.oecd.org/economy/outlook/ economicoutlookannextables.htm, (29.7.2013), eigene Berechnungen.

Tabelle 2 zeigt, dass sowohl in „Kernländern“ als auch in „Übergangsländern“ wie in Ländern der Peripherie Immobilienpreisblasen entstanden. Die Blasen in den Kernländern (Belgien, Niederlande), bei denen die Realzinsen verhältnismäßig hoch waren, sind offenbar eher durch steigende Bodenrenten zu begründen. Die aufgeführten Länder der Peripherie zeichnen sich durch einen geringeren Urbanisierungsgrad und eine geringere Bevölkerungsdichte aus, sind also tendenziell ländlicher strukturiert. Dementsprechend dürften für die hier festgestellten Blasen weniger die (vergleichsweise geringeren) Bodenrenten verantwortlich sein, sondern eher die niedrigen Realzinsen.

Die Daten zeigen, dass sich unter anderem auch in Belgien, den Niederlanden, Italien und Griechenland ansatzweise eine Immobilienpreisblase herausbildete. Das Platzen der Blasen brachte einige Länder in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, die bis heute andauern (Spanien, Niederlande etc.). Auch andere, hier nicht aufgeführte Staaten (die später der Eurozone beitraten) litten unter Immobilienpreisblasen – der letzte Krisenfall ist Slowenien.18 Seit die Euro-Kernländer Deutschland, Österreich und Luxemburg infolge der Finanzkrise von Investoren als sicherer Hafen angesteuert werden, ist aber wegen der historisch niedrigen Zinsen auch hier eine Immobilienblase nicht mehr ausgeschlossen.19

Wer profitiert von den Bodenrenten?

Die Antwort auf die Frage, wem denn die Bodenrenten zugute kommen, führt über das Konzept der Produzentenrente. Schon Alfred Marshall stellte fest: „Producer‘s surplus is a convenient name for the genus of which the rent of land is the leading species“.20 In Abkehr von der neoklassischen Sichtweise kann die Bodenrente sogar als „Kern“ der Produzentenrente verstanden werden.21

Trifft dies zu, müsste unter anderem ein Gleichlauf von Unternehmensgewinnen und Bodenrenten- bzw. Bodenwertentwicklungen zu beobachten sein. Eigene Berechnungen für Großbritannien auf Grundlage des FTSE-100-Index und des House-Price-Index (dessen Bewegung vor allem auf Variationen des Bodenpreises zurückzuführen ist) ergeben für die Jahre 1970 bis 2011 immerhin eine Korrelation (nach Pearson) von 0,83, die auf einem Niveau von 0,01 signifikant ist.22 Entsprechende Berechnungen für andere Länder (außerhalb der EU) bestätigen die getroffenen Aussagen vorläufig.23

Zudem wäre aus ricardianischer Sicht zu erwarten, dass die Produzentenrenten in den Kernländern stärker steigen als in den Ländern der Peripherie. Verwendet man mangels empirischer Studien die Profit Shares (Anteil der Bruttobetriebsüberschüsse an der Bruttowertschöpfung) als einen Grobindikator für die Entwicklung der Produzentenrenten, so lässt sich für die in Tabelle 2 aufgeführten Kernländer von 2001 bis 2006 ein durchschnittlicher Anstieg um 2,6% feststellen. In den Übergangsländern haben sich während derselben Zeitspanne die Profit Shares jedoch um 2,2% vermindert, in den Peripherieländern (mangels Angaben ohne Griechenland) um sogar 2,5%.24

Aus alldem lässt sich aber schließen, dass neben grundbesitzenden Privatleuten auch Unternehmen vor allem in den Kernländern Nutznießer der geschilderten (Boden-)Rentenentwicklung gewesen sind. Die derzeitigen Ertragsteuern konnten das in den Kernstaaten wachsende Steuersubstrat jedoch offenbar nicht angemessen abschöpfen. Vielmehr wurden dort erhebliche stille Reserven gebildet, gleichzeitig ist von einer „Steuerlücke“ und einem unproduktiven Steuerwettbewerb in der EU die Rede.25

Finanzierung öffentlicher Leistungen – das Henry-George-Theorem

Vor dem Hintergrund dieser Befunde stellt sich die Frage, ob die von der Troika aus Europäischer Kommission, EZB und IWF verordnete Spar- und Steuererhöhungspolitik für die Länder der Peripherie wirklich eine angemessene Medizin ist. Zur Beantwortung dieser Frage sei das Henry-George-Theorem in vereinfachter und verallgemeinerter Form herangezogen. Hiernach ist die ökonomische Rente die Steuerquelle der Wahl.

Nach dem Henry-George-Theorem können die öffentlichen Güter und Dienstleistungen unter bestimmten Bedingungen ausschließlich aus den Renten aus „Land“ im weiteren Sinne finanziert werden. Das Henry-George-Theorem kann aber auch umgekehrt gelesen werden: Danach werden die (Boden-)Renten erst durch die öffentlichen Leistungen erzeugt. Eine Scholle im Hindukusch hat mangels Infrastruktur, Agglomeration, öffentlicher Sicherheit etc. eben trotz schönster Aussicht kaum einen Wert – anders als ein Grundstück in München. Schon A. Marshall erkannte den Konnex zwischen Bodenrente und öffentlichen Leistungen und charakterisierte die Bodenerträge als „Public Value“ („the annual public value of the land“).26 Der Staat wird im Rahmen der ricardianisch-georgistischen Interpretation also als „rent creating institution“ gesehen.27 Zwar sind die in Abbildung 1 thematisierten Einkommensunterschiede, welche die Renten hervorbringen, nicht nur auf Standortvor- und -nachteile zurückzuführen – und damit auch nicht nur auf öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Auch andere Faktoren wie z.B. Unterschiede in der Arbeits- und Kapitalproduktivität spielen bei den Einkommensunterschieden eine Rolle. Allerdings schlagen sich letztendlich nach ricardianischer Auffassung solche Unterschiede wiederum in den Bodenrenten nieder, wenn man eine entsprechend hohe Angebotselastizität von Arbeit und Kapital und eine entsprechend geringe Angebotselastizität des Bodens voraussetzt.28 Realiter ist dies allerdings nur begrenzt der Fall,29 was die Gültigkeit des Theorems für Europa einschränkt. Formalisiert wurde das Henry-George-Theorem vor allem durch Arnott/Stiglitz30 und Atkinson/Stiglitz.31 Dies geschah zunächst für lokale Finanzen, allerdings wurde der Geltungsanspruch erweitert und verallgemeinert.32 Wenngleich also die europäische Realität von den Grundannahmen des Theorems an einigen Stellen abweicht, gilt es hinsichtlich der Veränderungen der in den Ursprungsmodellen getroffenen Annahmen als relativ robust.33 Das Henry-George-Theorem ist auch mit der Regel der inversen Elastizitäten kompatibel, wonach primär Steuerquellen mit niedrigen Angebotselastizitäten herangezogen werden sollten („Ramsey-Steuern“). Auch hiernach wären die Renten aus Boden und Ressourcen bevorzugt zur Besteuerung geeignet.

Wird die (Boden-)Rente jedoch privatisiert, kann sie nicht für die Produktion öffentlicher Güter und Dienstleistungen verwendet werden. Die durch das Henry-George-Theorem statuierte sachgesetzliche Verknüpfung zwischen (Boden-)Renten und öffentlichen Leistungen wird aufgelöst. Die öffentlichen Güter und Dienstleistungen müssen dann konsequenterweise entweder heruntergefahren oder durch erhöhte Steuern (bzw. durch Schuldenaufnahme der öffentlichen Hand, mit der Konsequenz einer höheren Besteuerung in der Zukunft) finanziert werden.

Die Konsequenzen einer geringeren Ausstattung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen sind eine verringerte Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft; die Konsequenzen einer höheren Steuerbelastung sind Wohlfahrtsverluste, die durch steuerliche Zusatzlasten hervorgerufen werden. Werden also die (Boden-)Renten privatisiert, externalisiert man gleichsam die den Bodenrenten gegenüberstehenden Kosten (des Verzichts und der Inwertsetzung des „Landes“ im weiteren Sinne) auf die (steuerzahlende) Allgemeinheit.34 Vor dem Hintergrund des Henry-George-Theorems sind daher eine Reihe von Politikmaßnahmen der Troika kritisch zu betrachten:

  • Die den Staaten der Peripherie auferlegte Austeritätspolitik setzt mit der Besteuerung gerade nicht dort an, wo das Abgabensubstrat am reichhaltigsten sprudelt, nämlich in den Kernländern. Genausowenig wurde die Abschöpfung der (Boden-)Rente als besonders geeignete Abgabenquelle nahegelegt. Stattdessen werden im Rahmen der Austeritätsprogramme vor allem solche Steuern in den Ländern der Peripherie erhöht, die Löhne, Kapital und den Verbrauch belasten, und so die Nettoeinkommen in den betroffenen Ländern noch weiter gesenkt. Dies stranguliert die Länder der Peripherie, wie Abbildung 2 skizzenhaft illustriert. Ebenso werden die öffentlichen Leistungen zurückgefahren, was die Basis für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung schwächt.
  • Gleichzeitig wird den Ländern mit der Privatisierung des „öffentlichen Tafelsilbers“ (Infrastruktur etc.) ebenfalls eine Privatisierung der ökonomischen Renten nahe gelegt – mit den absehbaren Folgen geringerer öffentlicher Leistungen und/oder einer höheren Steuerbelastung in der Zukunft.

Auf der anderen Seite wurde lange Zeit in die umgekehrte Richtung übertrieben: So sollte nach dem Henry-George-Theorem die Peripherie zwar angemessen, aber – gemessen an der Bevölkerungsdichte – nicht übertrieben mit öffentlichen Gütern versorgt werden. Ein „zu viel“ an öffentlichen Gütern in der Peripherie kann spekulative Übertreibungen befördern, wie es z.B. in Spanien im Zusammenhang mit dem öffentlich geförderten Bau von mittlerweile insolventen Flughäfen (z.B. Ciudad Real)35 und/oder der Infrastruktur für unbewohnte „Geisterstädte“ (z.B. Sesena) geschah.

Das in Abbildung 2 skizzierte ricardianische Verteilungsmodell illustriert abstrakt das schon in Abbildung 1 dargestellte Einkommensgefälle vom raumwirtschaftlichen Kern hin zur Peripherie. Im „Grenzland“ lassen sich kaum mehr Renten erzielen. Das Einkommen reicht im Wesentlichen aus, um die Kosten des Wirtschaftens zu decken. Wird nun dieses Grenzland (in Europa in Gestalt der GIPS-Staaten) auch noch steuerlich belastet, zieht man gerade diese Staaten unter das Niveau, das zum puren Lebensunterhalt erforderlich ist. Als Folge verschiebt sich das „Grenzland“ nach innen – die Verödung der Peripherie ist abzusehen, nicht ihre Gesundung. Die Folgen einer Besteuerung sind Abwanderungen vor allem der betroffenen jungen Generation. Im raumwirtschaftlichen Kern hingegen würden zusätzliche Steuern lediglich die (Boden-) Renten schmälern (obere gestrichelte Linie in Abbildung 2).

Abbildung 2
Strangulierung der Peripherie
33725.png

Quelle: eigene Darstellung, orientiert an F. Harrison: Ricardo’s Law – House Prices and the Great Tax Clawback Scam, London 2006, S. 33 ff.

Bodenwertabgabe auf EU-Ebene

Verglichen mit einer Finanztransaktionssteuer wäre eine europäische Abgabe auf die (Boden-)Renten ein wesentlich fundamentalerer Einstieg in eine zukunftsweisende europäische Finanzverfassung. Diese könnte als eigenständige, europaweit einheitliche Abgabe konzipiert werden und sollte, am Wert von Grund und Boden orientiert, einen Teil der Bodenrente abschöpfen. Sie könnte unabhängig von den bestehenden nationalen Grundsteuern erhoben werden, die bislang ausnahmslos nur einen äußerst geringen Teil der Bodenrenten abschöpfen (soweit Grundsteuer in nennenswertem Umfang erhoben wird, belastet diese vor allem die Gebäude – also Kapital – , nicht aber die aus dem Grund und Boden resultierenden ökonomischen Renten). Die Gesetzgebungs- wie die Ertragshoheit sollte ebenfalls in der Hand der EU liegen; die nationalen Steuerbehörden könnten im Auftrag der EU die Verwaltung übernehmen. In einigen Ländern müssten freilich noch die administrativen Voraussetzungen geschaffen werden, wobei das deutsche Gutachterausschusswesen durchaus als Vorbild dienen könnte.

Eine solche Abgabe würde das Abgabensubstrat dort abschöpfen, wo es (in Gestalt der ökonomischen Renten) am höchsten ist – ohne die schwächsten Staaten zu strangulieren. Die Belastung der (Boden-)Renten ist allokativ effizient: Es wird den Eigentümern der betreffenden Assets lediglich ein „Windfall Profit“ beschnitten – gleichwohl können diese immer noch ihre (Opportunitäts-)Kosten decken. Das Verhalten der Anbieter wird durch die Abgabe daher nicht beeinflusst; anders als bei anderen Steuern fallen keine Zusatzlasten an.36 Mit der Abschöpfung eines Teils der Bodenrenten ließe sich zudem die Preisdynamik aus den Bodenmärkten nehmen – und damit auch ein erheblicher Teil der Probleme, die vom Platzen von Immobilienpreisblasen ausgehen, entschärfen.

Die Rechtfertigung einer solchen Abgabe ergibt sich vor allem aus dem Äquivalenzprinzip (Henry-George-Theorem). Zwar werden die Rentenpotenziale erst auf der Grundlage privater (Investitions-)Anstrengungen ausgeschöpft; geschaffen werden die Rentenpotenziale jedoch durch Gemeinschaftsanstrengungen (Agglomerationseffekte, Infrastrukturmaßnahmen, die Ausweitung des Wirtschaftsraums etc.). Die Empfänger der ökonomischen Renten geben einen Teil hiervon der Gemeinschaft zurück. Es handelt sich somit um eine gebührenähnliche Abgabe, die bislang externalisierte Inwertsetzungs- und Verzichtskosten den Beziehern der (Boden-)Renten anlastet.37

Bei entsprechend geringer Angebotselastizität des Faktors Boden sowie entsprechend hoher Angebotselastizität der Faktoren Arbeit und Kapital schlägt sich ein erheblicher Teil der durch die Produktivitätssteigerungen von Arbeit und Kapital geschaffenen Einkommen in höheren (Boden-)Renten nieder. Gerade die vier Grundfreiheiten tragen dazu bei, die Angebotselastizitäten von Arbeit und Kapital und damit mittelbar auch die (Boden-)Renten in den Zentren zu erhöhen. Die Abschöpfung eines Teils dieser Renten als gebührenähnliche Abgabe kann daher als logische Ergänzung des Binnenmarktes auf fiskalischem Gebiet betrachtet werden.

Bislang krankt die Europäische Union an der Kompetenzscheidung zwischen den Mitgliedstaaten, die für die Abgaben- und Steuerpolitik zuständig sind und der Gemeinschaft, deren Domäne der Binnenmarkt darstellt. Läge auch die Ertragshoheit für eine solche ergänzende Abgabe bei der EU, könnte sie die Basis für eine tiefere europäische Integration darstellen – zumal von einer Abgabe auf ökonomische Renten selbst dann keine wettbewerbsverzerrenden Effekte ausgehen, wenn verschiedene Länder (in Abhängigkeit von der Höhe der Bodenrente) absolut gesehen unterschiedlich hoch belastet werden. Will man den Weg einer europäischen Fiskalunion weiter beschreiten, so könnte mit einem sukzessiven Bedeutungszuwachs der Abgabenkompetenz der EU (auf dem Abgabensubstrat „Rente“ basierend) eine synchrone Rückführung der Bedeutung traditioneller Steuern einhergehen („tax shift“). So könnte auch der derzeit bestehende unproduktive Wettbewerb bei den direkten Steuern auf Kapital und Arbeit, der derzeit vor allem zu Lasten der größeren Kernländer stattfindet, zumindest entschärft werden.

Wie sieht es aber mit der Mittelverwendung durch die EU aus, und was wären die Auswirkungen für die Struktur- und Regionalpolitik der EU? In den neoklassisch geprägten Theorien strebt die räumliche Allokation wegen der inhärenten Selbstheilungskräfte des Marktes einem Optimum zu. Weil dieses durch staatliche Eingriffe beeinträchtigt werden kann, stehen die Vertreter dieses Ansatzes einer intervenierenden Regionalpolitik eher skeptisch gegenüber. In schroffem Gegensatz hierzu stehen die Polarisationstheorien als Theorien des Marktversagens und deren Vertreter. Empirisch ließen sich – vor Einführung des Euro – für die Regionen der Europäischen Gemeinschaft jedoch weder die neoklassische Ausgleichstheorie noch die Polarisationstheorien eindeutig empirisch belegen. Phasen leicht zunehmender Polarisation lösten Phasen des Ausgleichs ab, wobei sich – wenn überhaupt – eher eine leichte Tendenz zum Ausgleich herausbildete. Die Bereitstellung öffentlicher Güter kann der Staat entsprechend der Theorie des fiskalischen Föderalismus marktkonform und nutzernah leisten, ohne die Allokation direkt zu beeinflussen. Für einen distributiven Ausgleich kann ein personengebundener Finanztransfer (als am ehesten allokationsneutrale Form des staatlichen Eingreifens) eingesetzt werden.38

Wenngleich die Wirtschaftsverfassung von EG/EU seit jeher sich eher an liberalen Mustern orientierte, hatte ihre Regionalpolitik doch dirigistische Züge. Wenn aber die falschen Regionen mit den falschen Maßnahmen in falscher Dosierung gefördert werden, gerät eine solche Politik in alle Probleme, die bereits Hayek mit seinem Wort von der „Anmaßung von Wissen“ beschrieb.39 Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips erscheint es daher zielführend, nach Finanzierung der Kernaufgaben der europäischen Institutionen die Überschüsse an die diversen Staaten nach Zahl der Einwohner zurückzuverteilen. Dies korrespondiert mit dem Konzept des fiskalischen Föderalismus, wonach die konkreten Aufgaben der Regionalförderung (wie die Schaffung einer adäquaten Infrastruktur) vor allem auf lokaler und regionaler Ebene wahrgenommen werden sollten, während die oberen Ebenen für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich sorgen sollten.40 Die hier propagierte Politik einer Teilabschöpfung der Renten und ihrer Rückverteilung auf die Mitgliedstaaten (nach Finanzierung des bislang keineswegs zu üppig ausgestalteten EU-Verwaltungsapparates) könnte somit auch mit einer Reduzierung der Aufgaben der Strukturfonds einhergehen.

Wenngleich insbesondere die Randstaaten des Euroraumes unter der aufgezwungenen Austeritätspolitik aktuell besonders leiden, betreffen die angesprochenen Strukturprobleme den gesamten europäischen Wirtschaftsraum. Allerdings handelt es sich bei den vorgeschlagenen Politikmaßnahmen nicht um ein „Silver Bullet“. Insbesondere die von dem suboptimalen Währungsraum ausgehenden Probleme der fehlenden Abfederung von auseinanderlaufenden wirtschaftlichen Entwicklungen durch Wechselkursanpassungen bedürfen einer separaten Lösung.

Vor dem Hintergrund der augenblicklichen wirtschaftlichen und institutionellen Verfassung Europas mögen die obigen Ausführungen zwar reichlich utopisch erscheinen. Allerdings braucht Europa Visionen – heute dringender als je zuvor.

Fazit

Den Krisenländern der Eurozone werden von der Troika Sparanstrengungen und Steuererhöhungen verordnet. In der ricardianischen Sichtweise stellen die Staaten der Peripherie „Grenzland“, in dem gerade noch kostendeckend gewirtschaftet werden kann, dar. Anders als in den Kernländern ist kaum ein Überschuss (ökonomische Renten) vorhanden – und damit auch nicht das Steuersubstrat, aus dem die geforderten Abgabenerhöhungen schadlos finanziert werden könnten. (Wenn es trotz relativ geringer Bodenrenten in einigen Ländern der Peripherie in der Vergangenheit zu Immobilienpreisblasen kam, so war dies nicht hohen Bodenrenten, sondern vor allem niedrigen Realzinsen geschuldet, die ihrerseits durch den suboptimalen Währungsraum bedingt waren).

Wird nun den Staaten der Peripherie von der Troika die Erhöhung klassischer Steuern (Einkommen-, Körperschaft-, Mehrwertsteuer) oder weitere Sparanstrengungen zugemutet, wird das europäische „Grenzland“ ökonomisch erdrosselt. Andererseits stiegen mit Ausweitung des „Grenzlandes“ durch den Beitritt von neuen, wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten in der Vergangenheit die ohnehin schon relativ hohen Bodenrenten in den Kernländern noch weiter an – und damit deren Abgabensubstrat. Hiervon profitieren derzeit neben (grund-)vermögenden Privatpersonen vor allem Unternehmen in wichtigen Kernstaaten.

Nach dem Henry-George-Theorem ist jedoch die in den Kernstaaten Europas reichlich sprudelnde Bodenrente die Abgabenquelle der Wahl. Deren teilweise Abschöpfung mittels einer auf EU-Ebene verankerten Bodenwertabgabe und ihre solidarische Rückverteilung an die Mitgliedstaaten nach Zahl der Einwohner könnte die Staaten der Peripherie entlasten, ohne die ökonomische Effizienz der übrigen EU-Staaten zu beeinträchtigen. Sie wäre zudem ein Einstieg in eine europäische Finanzverfassung, der wesentlich kompatibler mit den vier Grundfreiheiten wäre als andere finanzpolitische Optionen.

Die Berechnungen können auf Anfrage vom Autor zur Verfügung gestellt werden: d.loehr@umwelt-campus.de.

  • 1 Der Beitrag konzentriert sich auf die Probleme der Peripheriestaaten Portugal, Irland, Griechenland und Spanien. Italien ist ein Sonderfall und steht hier nicht im Fokus.
  • 2 J. H. von Thünen: Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie, Rostock 1842.
  • 3 D. Ricardo: On the Principles of Political Economy and Taxation, Liberty Fund, Allison Pointe Trail, USA 1817/2004.
  • 4 Hinsichtlich der entfernungsabhängigen Transportkosten war von Thünen der eigentliche Vater des Gedankens.
  • 5 H. George: Fortschritt und Armut, Halle a.d. Saale ca. 1885.
  • 6 M. Gaffney: The Hidden Taxable Capacity of Land: Enough and to Spare, in: International Journal of Social Economics, 36. Jg. (2009), H. 4, S. 328-411, hier S. 359 f.
  • 7 Vgl. D. Löhr: Equity and the hidden factor land: A hypothesis, in: Society and Business Review, 8. Jg. (2013), H. 2.
  • 8 F. Harrison: Ricardo’s Law – House Prices and the Great Tax Clawback Scam, London 2006.
  • 9 Vgl. P. Krugman: Geography and Trade, Cambridge MA 1991; ders.: Increasing Returns and Economic Geography, in: Journal of Political Economy, 99 Jg. (1991), H. 3, S. 183-199.
  • 10 In Tabelle 1 und 2 wurde Frankreich wegen seiner heterogenen Struktur (Agglomerationsraum Paris versus strukturschwache, landwirtschaftlich geprägte Regionen) zusammen mit Italien als Übergangsland eingeordnet.
  • 11 Vgl. R. A. Mundell: International Trade and Factor Mobility, in: American Economic Review, 47. Jg. (1957), H. 3, S. 321.
  • 12 Vgl. OECD: OECD-Wirtschaftsausblick, 89, 2011, S. 43, http://browse.oecdbookshop.org/oecd/pdfs/ product/1211015e.pdf (21.5.2013).
  • 13 Vorliegend wird z.B. nicht auf den Realoptionsansatz zur Erklärung von Bodenwerten eingegangen, der neben dem „passiven Kapitalwert“ noch einen „Flexibilitätsvorteil“ als Wertkomponente mit berücksichtigt. Vgl. D. M. Geltner et al.: Commercial Real Estate-Analysis and Investments, 2. Aufl., Mason OH 2007, S. 729 ff.
  • 14 C. Dreger, K. A. Kholodilin: Zwischen Immobilienboom und Preisblasen: Was kann Deutschland von anderen Ländern lernen?, in: DIW Wochenbericht, Nr. 17, 2013.
  • 15 Bei monozentrischer, kreisförmiger Siedlungsstruktur ergibt sich die Bodenrente einfach aus dem Produkt von Transportkosten, Bevölkerungsdichte und Radius des Siedlungskörpers; vgl. D. M. Geltner et al., a.a.O., S. 64 ff.
  • 16 Ebenso wie der Faktor „Land“ sollte auch der Begriff der „Transportkosten“ weit interpretiert werden und z.B. raumbedingte Kosten der Koordination (unter anderem in Unternehmen) mit umfassen.
  • 17 C. Dreger, K. A. Kholodilin, a.a.O., S. 6.
  • 18 C. Höller, : Slowenien wackelt, in: Financial Times Deutschland vom 9.7.2012, http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:euro-krise-slowenien-wackelt/70060961.html (21.5.13).
  • 19 M. Brückner: Alarm im Speckgürtel: Immobilienblase!, EU-Infothek, 9.4.2012, http://www.eu-infothek.com/article/alarm-im-speckguertel-immobilienblase (21.5.2013).
  • 20 A. Marshall: On rent, in: Economic Journal, 3/1893, S. 74-90.
  • 21 D. Loehr: Equity and the hidden factor land: a hypothesis, in: Society and Business Review, 8/2013, S.107-118.
  • 22 Office for National Statistics UK, Newport 2012, http://www.ons.gov.uk/ons/rel/hpi/house-price-index/july-2012/stb-jul-2012.html; London Stock Exchange, Prices and Markets 2012, http://www.londonstockexchange.com/prices-and-markets/markets/prices.htm (11/2012).
  • 23 Für die USA ergeben eigene Berechnungen (Basis: Standard & Poors, lfd. Jg.; Yahoo-Finanzen, lfd. Jg.) für 1987 bis 2012 auf Jahresbasis einen statistischen Zusammenhang zwischen Immobilienpreisen (10 City Composite-Index) und dem NYSE-Index von 0,86; (Signifikanzniveau: 0,01). Für Japan ermittelte Ziemba von 1955 bis 1988 eine Korrelation zwischen kommerziell genutztem Land und Aktienkursen von 0,99; W. T. Ziemba: The Chicken or the Egg: Land and Stock Prices in Japan, in: W. T. Ziemba, W. Bailey, Y. Hamao (Hrsg.): Japanese Financial Market Research, Amsterdam 1991, S. 45-68.
  • 24 Daten aus D. Leythienne, T. Smokova: Business profit share and investment rate higher in the EU than in the USA, in: eurostat: statistics in focus, 28/ 2009, S. 7, Tab. 1.
  • 25 Für Deutschland: S. Bach: Unternehmensbesteuerung: Hohe Gewinne – mäßige Steuereinnahmen, in: DIW Wochenbericht, 22+23, 2013, S. 3-12; für Europa: Eurostat: Taxation trends in the European Union, 2013, http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/gen_info/economic_analysis/tax_structures/index_en.htm (14.6.2013).
  • 26 A. Marshall: Principles of Economics, 8. Aufl., London 1920, S. 433-434.
  • 27 F. Harrison, a.a.O., S. 228.
  • 28 Vgl. das „ATCOR“-Prinzip in M. Gaffney, a.a.O., 371 ff.
  • 29 Die Arbeitsmärkte in vielen europäischen Ländern sind vielfach unflexibel, und die Angebotselastizität des Bodens ist vor allem aufgrund unzureichender Planung durchaus eine beachtliche Größe.
  • 30 R. J. Arnott, J. E. Stiglitz: Aggregate Land Rents, Expenditure on Public Goods, and Optimal City Size, in: Quarterly Journal of Economics, 93. Jg. (1979), H. 4, S. 471-500.
  • 31 A. B. Atkinson, J. E. Stiglitz: Lectures on Public Economics, London 1987, S. 523-525.
  • 32 So auch durch J. E. Stiglitz: The Price of Inequality – How Today’s Divided Society Endangers Our Future, New York 2012, S. 40; ders.: Principles and Guidelines for Deficit Reduction, The Roosevelt Institute, Working Paper, Nr. 6, 2.12.2010, S. 5.
  • 33 T. Kirn: Anreizwirkungen von Finanzausgleichssystemen, Frankfurt a.M. 2010, S. 72.
  • 34 D. Löhr: Prinzip Rentenökonomie – Wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg 2013, S. 37 ff.
  • 35 Gelernt hat man indessen hieraus nichts – die EU will weiterhin regionale Flughäfen als wirtschaftliche „Wachstumsmotoren“ fördern: http://www.europarl.de/view/de/Aktuell/pr-2012/Aktuel-2012-Mai/Mai_9.html (21.5.2013).
  • 36 P. Samuelson, W. D. Nordhaus: Volkswirtschaftslehre, Übersetzung der 15. Aufl., Wien 1998, S. 295 ff.
  • 37 D. Löhr: Prinzip Rentenökonomie …, a.a.O., S. 141 ff.
  • 38 C. Krieger-Boden: Neue Argumente für Regionalpolitik? Zur Fundierung von Regionalpolitik in älteren und neueren regionalökonomischen Theorien, in: Die Weltwirtschaft 1995, H. 2, S. 201-202, S. 209.
  • 39 F. A. von Hayek: Die Anmaßung von Wissen, Tübingen 1996.
  • 40 C.-F. Laaser, J. Stehn: Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft – Mehr Effizienz durch eine föderale Arbeitsteilung, Kieler Arbeitspapiere, 680, Institut für Weltwirtschaft, Kiel 1995.

Title:Ricardo and the Troika

Abstract:From a Ricardian point of view, taxes should be most efficiently financed through land rents. In spatial terms, the land rents are highest in the European core countries and lowest at the margins of the peripheral states, which are currently in turmoil due to the economic crisis. The austerity policy of the troika is strangling these states economically. The authors propose a common European tax based on land values. Its revenues should be redistributed to the EU states according to the size of their population.

Beitrag als PDF


DOI: 10.1007/s10273-013-1586-1