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Das Erneuerbare Energiengesetz sieht für Strom aus Erneuerbaren Energien Einspeisevergütungen ohne eine Mengenbegrenzung vor. Dies führt zu fehlgeleiteten Anreizen, die einerseits den Strompreis erhöhen und andererseits den technischen Fortschritt begrenzen. Joachim Weimann setzt sich dagegen für wirkungsvollere kosteneffiziente Instrumente, wie den Emissionshandel oder eine CO2-Steuer, ein und betont die Bedeutung der internationalen Klimaschutzbemühungen.

Am Beispiel der Energiewende lässt sich sehr gut studieren, welche Dynamik ökonomische Anreize entfalten können. Mit dem Erneuerbare Energiengesetz (EEG) verwendet die Politik ein Instrument, das solche Anreize in geradezu exzessiver Weise setzt. Die Einspeisevergütungen für Strom aus Erneuerbaren Energien werden ohne Mengenbegrenzung für 20 Jahre garantiert. Die Investition in diese Energieformen wird so zu einer mündelsicheren Anlage mit guter Rendite – und das in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Risiken auf den Kapitalmärkten. Kein Wunder, dass der Zubau bei Wind-, Sonnen- und Bioenergie alle Erwartungen übertrifft. Gerade diese Dynamik führt aber dazu, dass die Kosten der durch das EEG befeuerten Energiewende genauso schnell und ungebremst steigen wie der Zubau bei den Erneuerbaren. Die letzte Festsetzung der EEG-Umlage und die mit ihr verbundene weitere Strompreissteigerung sind Indikatoren dieser Entwicklung.

Die Sorge der Politik richtet sich vor allem darauf, dass die steigenden Strompreise die Akzeptanz der Energiewende gefährden könnten. Die Idee einer Strompreisbremse oder der Vorschlag des Sachverständigenrates und der Monopolkommission, das EEG durch ein Quotenmodell zu ersetzen,1 zielen deshalb darauf ab, Akzeptanz dadurch zu erreichen, dass man die Kosten begrenzt, quasi garantiert, dass die Energiewende nicht unbezahlbar wird. Der Vorschlag, Bürger mit 5% Garantieverzinsung an der Finanzierung des Netzausbaus zu beteiligen, war ebenfalls ein Versuch, Akzeptanz herzustellen. Alle diese Bemühungen gehen offensichtlich davon aus, dass die Energiewende als solches positiv beurteilt werden muss, dass es in jedem Fall sinnvoll ist, diese Wende zu vollziehen. Es geht eben nur darum, die Bürger davon zu überzeugen, dass es auch dann noch ein sinnvolles Ziel ist, wenn man dafür bezahlen muss. Aber gilt das wirklich? Es ist auffällig, dass in der Diskussion um die Energiewende – so sie denn überhaupt stattfindet – nur sehr vage und verschwommen darüber berichtet wird, was denn eigentlich mit diesem Kraftakt erreicht werden soll. Es fallen viele Stichworte, aber eine intensive Diskussion darüber, ob die Energiewende mit Hilfe des EEG für die genannten Ziele wirklich das richtige Instrument ist, findet nicht statt. Es ist deshalb lohnend, einen genaueren Blick auf die Ziele zu werfen, die mit der Energiewende verbunden werden.

Klimaschutz oder Ressourcenschonung?

Am Anfang steht häufig der pauschale Verweis, dass in erster Linie Energie gespart werden soll. Nun macht aber Energiesparen als Selbstzweck keinen Sinn, sondern nur in Verbindung mit einem Ziel, das man damit anstrebt. Zwei prominente Kandidaten drängen sich als mögliche Ziele auf: Die Schonung von Ressourcen (fossile Brennstoffe) und der Klimaschutz (Reduktion von CO2-Emissionen). Allerdings ist die Schonung fossiler Ressourcen ein zum Klimaschutz komplett redundantes Ziel. Wenn man CO2-Emissionen reduzieren will (und dabei CO2-Lager ausschließt), muss der Einsatz von Kohlenstoff reduziert – und damit die Ressourcen geschont werden. Aus dem gleichen Grund ist auch der Schutz vor steigenden Preisen fossiler Energieträger ein redundantes Ziel, das bei erfolgreich betriebener Klimapolitik automatisch mit erreicht wird, denn wenn weniger Kohlenstoff für die Energiegewinnung eingesetzt wird, dann wird auch die Rechnung, die man dafür begleichen muss, kleiner. Bleibt der Klimaschutz als Ziel, auf das man sich getrost konzentrieren kann. Es geht also um eine Klimapolitik, die CO2 kosteneffizient einspart, zugleich Ressourcen schont und vor möglicherweise steigenden Preisen schützt.

Heißt das im Umkehrschluss, dass Ressourcenschonung und Preisvorsorge die Energiewende dann rechtfertigen würden, wenn gar keine Klimapolitik gebraucht wird? Zwei Szenarien könnten ja tatsächlich dazu führen, dass Klimapolitik obsolet wird.

  • Erstens könnte sich die Erkenntnislage des Zwischenstaatlichen Aussschusses für Klimaänderungen (IPCC) wandeln und es zu einer Korrektur der Einschätzung hinsichtlich des anthropogenen Anteils an der Erderwärmung kommen (unwahrscheinlich, aber angesichts des fünften Sachstandsberichtes nicht ausgeschlossen).
  • Zweitens könnte die Politik zu der Einschätzung gelangen, dass der Klimawandel nicht aufzuhalten ist, weil eine internationale Lösung, die dafür unabdingbar wäre, nicht zustande kommt.

Allerdings erweisen sich auch für diesen Fall die Ziele „Ressourcenschonung“ und „Schutz vor steigenden Preisen“ als kaum geeignet, die enormen Investitionen zu rechtfertigen, die mit dem Komplettumbau des Energiesystems, den die Energiewende notwendig macht, verbunden sind. Es gibt inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass erhebliche Reserven hinsichtlich der Gas- und Kohlevorkommen bestehen. Eine Ressourcenknappheit ist für die nächsten 50 Jahre ausgeschlossen. Und die Preise für Gas und Kohle steigen nicht, sondern fallen. In den USA ist aufgrund der Ausbeutung der Schiefergasvorkommen der Gaspreis bereits um 75% gefallen. Die dadurch ausgelöste Substitution von Kohle durch Gas führt zu einem steigenden Kohleangebot (in den USA) bei sinkenden CO2-Emissionen. Die Weltmärkte werden die Nachfrager auf absehbare Zeit mit preiswerten fossilen Brennstoffen versorgen. Weder die Ressourcenmengen noch die Ressourcenpreise liefern einen Grund für eine Energiewende.

Autarkie

Also doch „nur“ Klimapolitik als das Ziel, aus dem die Notwendigkeit einer Energiewende abgeleitet werden soll? Weit gefehlt! In der politischen Diskussion werden noch weitere Ziele genannt. Da ist z.B. das Streben nach Autarkie. Damit soll die Abhängigkeit von Energieimporten gesenkt und so die Versorgungssicherheit erhöht werden. Das ist starker Tobak für ein Land, das derartig vom Außenhandel profitiert wie Deutschland. In Zeiten, in denen sich die Bundesrepublik massiv für ihre Handelsbilanzüberschüsse rechtfertigen muss, wird es erst recht abstrus. Zumal die Märkte für fossile Brennstoffe hochgradig diversifiziert sind und nicht damit zu rechnen ist, dass man Deutschland den „Hahn zudrehen“ könnte. Die einzige Ausnahme ist Gas (aufgrund der Abhängigkeit von russischen Lieferungen), aber davon wird eher mehr gebraucht, wenn die Energieversorgung wie geplant umgestellt wird, denn um die volatilen Einspeisungen der Erneuerbaren ausgleichen zu können, sind vor allem Gaskraftwerke nötig. Die Versorgungssicherheit steht nicht deshalb auf dem Spiel, weil Deutschland den internationalen Energiemärkten schutzlos ausgeliefert ist, sondern weil die hohe Volatilität, mit der die Erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist werden, erhebliche Gefahren für die Netzstabilität mit sich bringen. Die Energiewende wird die Energiesicherheit reduzieren, nicht verbessern.

Technologieführerschaft und Arbeitsplätze

Bleiben noch die Ziele, Technologieführerschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen. Anfang des letzten Jahres hat Bundesumweltminister Peter Altmaier von der Unternehmensberatungsagentur Roland Berger ein Gutachten zur „Green Economy“, das Auskunft über diese beiden Punkte geben sollte, erhalten.2 Die Agentur hat die Arbeitsplätze gezählt, die bei der Produktion der Erneuerbaren entstehen. Sie hat aber vergessen, die Arbeitsplatzverluste gegenzurechnen, die mit der Energiewendepolitik verbunden sind. Verdrängungseffekte bei den Investitionen, Nachfrageausfälle, weil zu viel für die CO2-Minderung ausgegeben wird, und Arbeitsplatzverluste, die durch hohe Energiepreise verursacht werden, blieben unerwähnt. Die Beratungsagentur hat ein Gutachten abgeliefert, bei dem Gewinn mit Umsatz verwechselt wird, denn um die wahren Arbeitsplatzeffekte zu berechnen, müssen die Kosten abgezogen werden. Das vergisst die Agentur übrigens auch bei den Investitionen, die die Technologieführerschaft bringen sollen. Inzwischen hat sich die Arbeitsplatzsituation in einzelnen Bereichen der Erneuerbaren Energien dramatisch verschlechtert. Beispielsweise haben die Hersteller von Photovoltaik-Anlagen innerhalb eines Jahres die Belegschaft um über 40% abgebaut – und damit ist der Arbeitsplatzverlust noch nicht abgeschlossen, der sich in einer der Kernbereiche abspielt, in dem Deutschland Technologieführer sein müsste, wenn die diesbezügliche „Green-Economy-Argumentation“ stimmen würde.

Dass die Argumentation nicht stimmt, hängt unter anderem damit zusammen, dass – um Technologieführerschaft zu erreichen – ausschließlich der Einbau bereits vorhandener Technik subventioniert wird. Das Herzstück der Energiewendepolitik, das EEG, kennt keine Förderung von Forschung und Entwicklung. Es arbeitet mit Einspeisevergütungen und die bekommt nur der, der die Technik einsetzt, die schon seit Jahren am Markt zu haben ist, und die inzwischen in Ländern mit vorteilhaften Kostenstrukturen deutlich billiger gebaut werden kann als in Deutschland. Da helfen dann nur noch Mindestpreise und Kontingente, die dafür sorgen, dass die Photovoltaikanlagen in Deutschland teurer sind, als sie sein müssten.

Zu allem Überfluss wird durch die Subvention der Erneuerbaren der Arbeitsmarkt in einem sehr sensiblen Bereich empfindlich verzerrt. In der Wind- und der Solarbranche sind vor allen Dingen hoch qualifizierte Fachkräfte gefragt. Also genau die, von denen es schon jetzt zu wenige gibt und die für den technischen Fortschritt in den Branchen, in denen Deutschland tatsächlich Technologieführer ist und in denen Technologieführerschaft sinnvoll ist, weil sie Wohlstand sichert, dringend gebraucht werden.

EEG ein geeignetes Instrument?

Nein, es bleibt bei der Klimapolitik als dem einzigen Ziel, das sinnvoll sein könnte. Damit stellt sich die Gretchenfrage: Ist das EEG, mit dem die Energiewende vollzogen werden soll, ein gutes Instrument für den Klimaschutz? Nur wenn dies bejaht werden kann, wäre die notwendige Bedingung dafür erfüllt, dass sich die Energiewende als rationale Strategie zur Erreichung eines Ziels rechtfertigen lässt. Aber die Antwort ist Nein. Gute Klimapolitik erfüllt drei Aufgaben: Sie führt dazu, dass CO2 kosteneffizient vermieden wird, sie setzt die richtigen Anreize und Signale für Investitionen in Forschung und Entwicklung, weil mit der vorhandenen Technik die angestrebten Ziele nicht erreicht werden können, und sie hilft dabei, eine internationale Lösung voranzubringen, weil nur dann eine wirksame Klimapolitik gelingen kann.

Die Förderung der Erneuerbaren mit den Mitteln des EEG dient keinem dieser Ziele. Faktisch handelt es sich um einen staatlich verordneten Zwang, bestimmte Technologien zur Einsparung von CO2 einzusetzen. Die Kosten, die bei der Verwendung dieser Technologien entstehen, werden dabei nicht einmal ansatzweise berücksichtigt. Kosteneffizienz ist damit a priori ausgeschlossen. Die Grenzvermeidungskosten für CO2 liegen bei der Solartechnik gegenwärtig bei etwa 400 Euro/t und damit um den Faktor 100 höher als im konventionellen Kraftwerksbereich. Offshore-Wind bewegt sich in einer ähnlichen Größenordnung, die Onshore-Windenergie ist billiger, schlägt aber immer noch mit 100 Euro/t bis 150 Euro/t zu Buche. Insgesamt wird für jede eingesparte Tonne CO2 ein Vielfaches dessen aufgewendet, was nötig wäre. Da die Ressourcen, die für den Klimaschutz aufgewendet werden können, begrenzt sind, bedeutet das, dass weniger Klimaschutz erreicht wird, als bei rationalem Instrumenteneinsatz möglich wäre. Da das EEG den Einbau vorhandener Technik fördert und keinerlei Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung setzt, erweist es sich auch im Hinblick auf den dringend erforderlichen technischen Fortschritt als kontraproduktiv. Dazu kommt, dass die erzwungene Verwendung teurer Vermeidungstechnik, die keine Emissionsrechte erfordert, dazu führt, dass der Preis für Emissionsrechte sinkt. Das reduziert die Anreize für F&E-Investitionen ein weiteres Mal. Das EEG ist ein Beispiel für zu teure und hochgradig ineffiziente Klimapolitik. Als solche ist es in keiner Weise geeignet, internationale Lösungen voranzubringen. Im Gegenteil: Indem es die Kosten für den Klimaschutz in die Höhe treibt, verringert es den Spielraum für mehr Klimaschutz innerhalb der EU und macht Klimaschutz für Entwicklungs- und Schwellenländer noch weniger attraktiv, als er schon ist.

Das hat eine fatale Konsequenz. Wenn es richtig ist, dass der einzige überzeugende Grund für die Energiewende ihr Beitrag zum Klimaschutz ist, dann ist es auch richtig, dass die Erträge, die die Energiewende abwirft, vom Erfolg der Klimaschutzbemühungen abhängen. Erfolge können aber nur international erreicht werden. Zwischen 2000 und 2012 sind die CO2-Emissionen weltweit um über 30% gestiegen, während sie in der EU um 11,5% zurückgingen.3 Das zeigt, wie machtlos eine kleine Koalition ist – eine sehr große ist notwendig! Wenn es zu dieser nicht kommt, dann werden die Erträge aus dem deutschen Klimaschutz gleich null sein. Man mag sich in diesem Fall damit trösten, dass Erträge in Form eingesparter Kohlenstoffimporte, die zumindest einen kleinen Teil der Kosten decken können, anfallen werden. Allerdings könnte der gleiche Einspareffekt mit einer kosteneffizienten Klimapolitik erreicht werden, die Energiewende ist dafür nicht notwendig. Wenn so weitergemacht wird wie bisher, wird es teuer bleiben. Besser wäre es, endlich über den effektiven Einsatz der kosteneffizienten Instrumente (Emissionshandel oder CO2-Steuer) nachzudenken und vor allem darüber, was Deutschland aktiv tun kann, um der internationalen Klimapolitik auf die Beine zu helfen.

  • 1 Vgl. M. Frondel, C. Schmidt, N. aus dem Moore: Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, in: Zeitschrift für Energiewirtschaft, 37. Jg. (2013), H. 1, S. 27-41.
  • 2 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: GreenTech made in Germany 3.0, Umwelttechnologie-Atlas für Deutschland, Berlin 2012.
  • 3 Vgl. H.-J. Ziesing: Weltweite CO2-Emissionen 2012: Schwächeres Wirtschaftswachstum dämpft Emissionszunahme, in: Zeitschrift für Energiewirtschaft, Recht, Technik und Umwelt, H. 9, 2013, S. 96-109.

Title:Should We Really Save the Energy Transition?

Abstract:After the Fukushima accident, the German government decided to change the energy system in a dramatic way (the energy transition). The core of this project is the transition from a fossil fuel based system to a system that relies heavily on the use of renewable energies. In this paper, it is argued that this transition is not a rational answer to the climate change problem. In particular, the use of feed-in tariffs neither leads to an efficient reduction of CO2 emissions nor is it a rational strategy for any other political aim under discussion.


DOI: 10.1007/s10273-013-1600-7