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Die Sharing Economy hat sich durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten aus der Nische in die Mitte der Ökonomie katapultiert. Dabei betrifft das Phänomen sehr unterschiedliche Marktbereiche: vom altruistisch motivierten Teilen unter Freunden und Nachbarn bis zu kommerziellen Dienstleistungsangeboten. Die Sharing Economy ist mit der Hoffnung verbunden, bestehende Kapazitäten besser auszulasten und entsprechend ressourcenschonend zu wirken. Wird Eigentum geteilt, können allerdings Organisationsrenten abgeschöpft werden. Wer davon profitieren sollte, ist zu diskutieren. Die Debatte zum Taxidienstleister Uber hat zudem die Bedeutung des Regulierungsrahmens deutlich werden lassen.

Ökonomie des Teilens: Governance konsequent zu Ende gedacht

Die Ökonomie des Teilens und die konkreten Organisationsformen, die sich in der nahen Vergangenheit herausgebildet haben, wirken auf den ersten Blick sehr innovativ, verbreiten sie sich doch vor allem durch ihre IT-Basis rasant und global. Ähnlich positiv könnte bei oberflächlicher Betrachtung die Frage nach der Nachhaltigkeit der praktizierten Geschäftsmodelle beantwortet werden, steht doch der Austausch von Nutzungsrechten, der eine effizientere Nutzung von Ressourcen verspricht, im Vordergrund. Nicht überraschend ist die große Aufmerksamkeit, die die Sharing Economy derzeit genießt, mit Einschätzungen verbunden, die in ihr bereits die überlegene Organisationsform wirtschaftlicher Transaktionen der Zukunft, vielleicht diesbezüglich sogar ein neues Zeitalter sehen. Das Time Magazine zählte diese Entwicklung bereits 2011 zu jenen, die die Welt verändern werden: „Someday we’ll look back on the 20th century and wonder why we owned so much stuff.“1 Hier soll jedoch nicht den interessanten Fragen nachgegangen werden, ob dies tatsächlich eine realistische Perspektive ist und wie weit dieser Prozess gegebenenfalls schon fortgeschritten ist. Die Stoßrichtung ist vielmehr, zu prüfen, ob in der Sharing Economy tatsächlich völlig neue Geschäftsmodelle entstehen, denn näher betrachtet stellen sich interessante Verbindungslinien mit dem traditionsreichen genossenschaftlichen Geschäftsmodell, das seine Wurzeln im 18. Jahrhundert hat, heraus.2

Sharing Economy mit ausdifferenzierten Governancestrukturen

„Teilen statt haben“ oder „nutzen statt besitzen“ sind inzwischen gebräuchliche und meist positiv assoziierte Beschreibungen eines Konsumverhaltens geworden, das unterschiedliche Ausprägungen und zahlreiche Facetten aufweist. Inzwischen haben sich die Governancestrukturen unterschiedlicher Modelle ausdifferenziert. Der über eine Smartphone-App funktionierende Fahrgastvermittler Uber oder Airbnb, die Plattform für die Vermietung und Buchung von privaten Unterkünften, sind schnell bekannt gewordene Unternehmen dieses Wirtschaftssegments: Erfolgreiche Start-ups mit sich rapide entwickelnden Unternehmenswerten. Crowdfunding, die Zusammenführung vieler Kapitalgeber oder Spender zur Finanzierung von Projekten, meist wird dazu im World Wide Web aufgerufen, ist eine andere Ausprägung der Share Economy. Nicht neu, aber in der Verbreitung zunehmend sind Carsharing, Booksharing, Kleider- und Schmucksharing, Gardensharing, diverse Verleih- und Verschenkbörsen. Auch die Maschinenringe in der Landwirtschaft sowie die gemeinsame Nutzung von Garten- und Haushaltsgeräten sind Teil der Share Economy. Eine ausgeprägte Vielfalt der Aktivitäten und konkreten Organisationen fällt auf, ihre wesentlichen Unterscheidungsmerkmale bestehen darin, wie der Markt konkret organisiert ist und wie die Eigentumsrechte ausgestaltet sind, womit zusammenhängt, wem entstehende Gewinne zufließen. Die Share Economy kennt ihre globalen Ausprägungen ebenso wie die lokalen, manchmal ist sie kommerziell orientiert, manchmal dient sie lediglich dem nachbarschaftlichen oder freundschaftlichen Austausch.

Einbindung in eine nachhaltige Gesellschaftsordnung

Zu wenig wird bei einer isoliert ökonomischen Betrachtung beachtet, dass die Diskussion und Entwicklung der Sharing Economy in gesellschaftliche Entwicklungen und Entwürfe eingebunden sind. So soll die Share Economy Teil einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Gesellschaftsordnung sein. Diese soll durch „eine Revolution von unten“ entstehen, die nicht nur die Menschen von der Abhängigkeit von dominanten Unternehmen und Dienstleistern befreien, sondern mit gleichen Ressourcen mehr Wünsche erfüllen und ein Aufbrechen der traditionellen Konsummuster ermöglichen soll. Wenn aus Konsumenten Nutzer werden, werden in diesem Prozess als ungerecht eingeschätzte Geschäftsmodelle zerstört und es wird möglich, sich von Regeln zu befreien, die deren Bestand schützen, so die kommunizierte Erwartung.3 Generell hat dieser Diskussionshintergrund inzwischen nicht nur dazu geführt, ökonomische Restriktionen für Nachfrager verstärkt auf den Prüfstand zu stellen, sondern auch das Eigentum mit seinen Verpflichtungen und Rechten zu hinterfragen. Die Sharing Economy wird nicht zuletzt als ein Instrument eingeschätzt, das Zusammenleben in einer Gesellschaft zu verändern, die stärker auf altruistische Anreizstrukturen und Koordinationsmechanismen setzt. So würden sich in dieser vor allem jene Unternehmen als wettbewerbsfähig herausstellen, die kollaborative Gemeinschaftsgüter herstellen.

Ökonomischer Kern der Sharing-Geschäftsmodelle

Wird auf den ökonomischen Kern der Share-Geschäftsmodelle abgestellt, lassen sich zwei gemeinsame Merkmale isolieren.

  1. Das Fundament der Share Economy bilden Aktivitäten zu einer besseren Auslastung bestehender Kapazitäten. Während die Beschaffung der meist langlebigen Güter wie Autos, Wohnungen, Haushaltsgeräte, Werkzeuge etc. nach Spitzenlastanforderungen erfolgt oder eben nicht beliebig teilbar ist, stellt die Share Economy Mechanismen bereit, die verfügbaren Kapazitäten besser zu nutzen und damit die Fixkosten bei meist geringen variablen Kosten – im Extremfall Grenzkosten von Null – besser umzulegen.4 Die Senkung der Durchschnittskosten erfolgt durch die Nutzung von Skalenerträgen vor dem Hintergrund unterschiedlicher individueller Präferenzen.
  2. Dieser ökonomische Mechanismus ist keinesfalls neu, während das zweite Merkmal – die Organisation der Transaktionen und die damit verbundenen Prozesse mittels Informationstechnologie – seine Ergebnisse wirkungsvoll verstärkt.

Die Implementation von Plattformen unterschiedlicher Ausgestaltung, die Kapazitätsnachfrager und -anbieter zusammenbringen, ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Innovationen, die die Beschleunigung der Sharing Economy bewirken, führen zum Wettbewerb mit den bisher praktizierten Formen des Leistungsaustausches. Dass Regelungslücken genutzt werden können oder branchenübliche Vorschriften – als dem Neuen nicht adäquat eingeschätzt – nicht akzeptiert werden oder die Aktivitäten bislang unreguliert geblieben sind, beschleunigt die Ausbreitung der Sharing-Modelle zusätzlich. Marktzutrittsregeln, steuer-, versicherungs- und arbeitsrechtliche Vorgaben, Hygiene- und Brandschutzvorgaben, um nur einige zu nennen, haben eine hohe Regelungsintensität in der Non-Share Economy, in der streng zwischen Anbietern und Nachfragern sowie zwischen Gewerbe und Nicht-Gewerbe differenziert wird, entstehen lassen, die nun zu differenzierten Wettbewerbsbedingungen für konkurrierende Anbieter geführt hat. Dies hat nicht nur die Konsequenz, dass manche Regulierungen heute hinterfragt werden, sondern dass zu prüfen ist, ob und welche Regeln für die Aktivitäten der Share Economy notwendig sind. Erst dann kann sich zeigen, ob sich die organisatorischen Innovationen im Wettbewerb tatsächlich durchsetzen. Denn es kann nicht vernachlässigt werden, dass die Share Economy auch Verteilungseffekte auslöst.

Nutzung von Organisationsrenten durch Investoren

Aus gesellschaftlicher Perspektive werden inzwischen zwei miteinander zusammenhängende Gefahren abgeleitet und kontrovers diskutiert.5

  • Erstens wird die totale Kommerzialisierung befürchtet, denn die neu entstandenen Informationsmechanismen und Bewertungsmöglichkeiten können digitale Märkte mit einem ausgezeichnet funktionierenden Preismechanismus in Bereichen entstehen lassen, die bislang anders organisiert wurden, so z.B. die Nachbarschaftshilfe und diverse Freundschaftsdienste. Somit würden Entwicklungskräfte entstehen, die die Anwendung marktlicher Allokationsmechanismen nicht einschränken, sondern ausweiten, was darin resultiert, dass manche Nachfrager nicht mehr bedient und manche Transaktionen nicht mehr entstehen würden. Längst ist daher eine Ethik der Sharing Economy entstanden, die letztlich auf der Kritik an den neu geschaffenen Märkten und ihren Anreizen aufbaut.
  • Zweitens aber kommen die Verteilungswirkungen der neuen Geschäftsmodelle in den Fokus. Während meist die Plattformnutzer und ihre Transaktionen im Vordergrund stehen, wenn von der Share Economy geschwärmt wird, bleibt im Dunkeln, dass das Zusammenbringen eines hinreichenden Volumens von Nachfrage und Angebot eine unternehmerische Leistung darstellt, die von den Organisatoren der Plattform erbracht wird. Die Plattform-Unternehmen sind es daher auch, die die Renten des Sharing-Economy-Geschäftsmodells abschöpfen. Da die Vorteile für Anbieter und Nachfrager mit der Größe des Sharing-Netzwerkes steigen und dessen Wachstum nur geringe Grenzkosten verursacht, weisen die Plattformen zudem eine Tendenz zur Monopolisierung mit den bekannten ökonomischen Konsequenzen auf. Im Vordergrund steht, dass die Betreiber der Plattform auch jene sind, denen die Gewinne zufallen und die für die Weiterentwicklung und entsprechende Investitionen zuständig sind.6 Diese Erkenntnis hat inzwischen zu einer gewissen Ernüchterung in der öffentlichen Diskussion beigetragen und zu der Kritik, dass die Share Economy weniger zu einer Transformation des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems führen würde, sondern zu dessen Anpassung an die digitalen Rahmenbedingungen. Für die Share Economy haben sich inzwischen auch Etiketten wie „digitaler Kapitalismus“ oder „Plattform-Kapitalismus“ herausgebildet. Dies bezieht natürlich weniger den ehrenamtlich organisierten nachbarschaftlichen Austausch von Haushaltsgeräten ein als die global, kommerziell und sehr professionell organisierten Plattformen wie Uber, Airbnb und andere.

Vernachlässigung der allokativen und distributiven Eigentumswirkungen

Die aktuelle Ernüchterung folgt der vorangegangenen Vernachlässigung der Funktionen von Eigentum und den damit verbundenen Verfügungsrechten. Konkret blieb bisher das Eigentum oder die Organisationsrechte an der Plattform, die zum Bezug des Gewinns berechtigen, an dessen Entstehung Leistungsanbieter wie Nachfrager grundlegend mitwirken, weitgehend außer Betracht. Dieser fließt als ein wesentliches Governanceelement der Marktwirtschaft jenen zu, die die Plattform aufbauen, zur Verfügung stellen und weiterentwickeln. Es sind die Investoren, die nun wieder ins Zentrum der Beobachtung rücken, es sind Dritte, nicht die Anbieter und nicht die Nachfrager, die die Renten der Zusammenarbeit abschöpfen. In der Sharing Economy wird eben das Eigentum Anderer gemeinsam genutzt, mit allen Verteilungskonsequenzen, die privates Individualeigentum mit sich bringt. Ein gemeinsames Eigentum, mit seinen bekannten allokativen und distributiven Konsequenzen gibt es hingegen nicht.7 Auch Teilen, auch Nutzen setzt Eigentum voraus, entscheidend ist, wer es hat.8

Weiterentwicklung der Sharing Economy: Nutzer als Eigentümer

Es fällt auf, dass seinerzeit als eine institutionelle Innovation in einer Epoche umfassender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umwälzungen Genossenschaften entstanden sind. Sie sollten als Akt der Selbsthilfe die Organisation und Verwirklichung von Projekten ermöglichen, die für einzelne Individuen nicht leistbar waren. Die genossenschaftliche Zusammenarbeit konnte Skalen- und Bündelungs-, Kompetenz- und Risikovorteile nutzen und auf diese Weise eine Kooperationsrente schaffen. Das genossenschaftliche Geschäftsmodell beruht auf einer Netzwerkorganisation selbständiger Akteure, die zusammen Gemeinschaftsgüter oder gemeinsam nutzbare Infrastrukturen – z.B. eine Plattform – organisieren.

Diese strukturelle Übereinstimmung mit den Organisationen der Share Economy ist auf den ersten Blick eine sehr ausgeprägte. Doch in der Umsetzung zeigt sich ein markanter Unterschied. Die Nutzer genossenschaftlicher Plattformen sind gleichzeitig deren Eigentümer – die genossenschaftlichen Mitglieder – und zwar mit allen ökonomischen Konsequenzen. Konkret heißt dies, dass die Ergebnisse der Zusammenarbeit, die Kooperationsrente, vor allem in Form der Gewinne, den nutzenden Eigentümern zufließen. Es finden keine Abflüsse an externe Investoren statt, die selbst nicht unmittelbar an den Plattformleistungen interessiert sind. Diese finden sich also nicht in ihrer Nutzenfunktion.

Die Nachfrager der Plattformleistungen organisieren sich entweder das Angebot selbst oder sie produzieren es selbst. Uber genossenschaftlich rekonfiguriert würde also so aussehen, dass die Nachfrager und die Anbieter entsprechender Fahrdienstleistungen als Mitglieder von der genossenschaftlichen Plattform koordiniert werden, die ihnen selbst gehört. Alternativ könnten die Nachfrager nach Fahrdienstleistungen als Mitglieder der Genossenschaft von dieser externe Anbieter vermittelt bekommen, die definierte und entsprechend kontrollierte Standards erfüllen. Weitere Ausgestaltungsvarianten sind denkbar.

Member Value statt Shareholder Value

Im Ergebnis wird beim genossenschaftlichen Modell der Share Economy aus dem Shareholder Value der Investoren der digitalen Plattformen ein Member Value, ein Nutzerwert. Das genossenschaftliche Eigentum ist kein Individualeigentum, sondern ein kollektives Nutzungseigentum. Mit dem Eintritt in die Genossenschaft beginnt das Recht der Nutzung der Plattformleistung und mit dem Austritt endet es. Der Leistungsbezug sowie eine Verzinsung der Geschäftsanteile, falls diese vorgesehen ist, für die Dauer der Mitgliedschaft definieren die Mitgliederrechte neben dem Recht (und der Pflicht) der Mitwirkung an strategischen Entscheidungen und zwar mit jeweils einer Stimme. Die Wertsteigerung des gemeinsamen Unternehmens (hier der Plattform) zwischen Ein- und Austritt wird bei einem Verlassen der Genossenschaft nicht mitgenommen, sondern sie bleibt in dieser, um ihre Entwicklung sicherzustellen, die Leistungen zu verbessern etc.

Auch Genossenschaften sind gewinnorientierte Unternehmen.9 Gewinne entstehen durch die Aktivitäten und im Interesse der Plattformnutzer. Das Sharing ermöglicht eine bessere Kapazitätsauslastung vorhandener Güter und ist daher nicht nur im Interesse des Einzelnen, sondern auch der Gesellschaft.10 Daher könnte die Sharing Economy in einer genossenschaftlichen Ausgestaltung auch ein Stück näher an die skizzierten Gesellschaftsentwürfe heranrücken, denn für sie ist der Zwang zu einem nachhaltigen Wirtschaften Teil des Geschäftsmodells. Dennoch bleiben die marktwirtschaftlichen Anreiz- und Koordinationsmechanismen erhalten.

Sharing Economy konsequent zu Ende gedacht

Das genossenschaftliche Geschäftsmodell zeichnet sich durch eine besondere Governance aus (Netzwerkstrukturen, Member Value, kapitalunabhängiges Stimmrecht), die gesetzlich verankert ist und auch klare Regeln der Gewinnentstehung, -verwendung und -verteilung beinhaltet. Dies bedeutet verbindliche und staatlich sanktionierte Regeln, was für Akteure der Sharing Economy auf den ersten Blick befremdend wirken mag. Doch berücksichtigt man die gesellschaftlichen Wunschbilder und die Ernüchterung, die durch die normative Kraft des Faktischen entstanden ist, muss genau dies als Vorteil gesehen werden. Regeln für eine Sharing Economy, die eine heterogene Gesellschaft in mühsamen Prozessen erst entwickeln müsste, sind bereits formuliert und haben sich seit über 150 Jahren bewährt. Nicht überraschend gibt es auch Beispiele für genossenschaftlich organisierte Aktivitäten der Share Economy. Sie beginnen bei den Maschinenringen, die längst ein umfangreiches Leistungsbündel für ihre Mitglieder in ihrem Sortiment haben und gehen über genossenschaftlich organisiertes Carsharing und über Taxigenossenschaften. Neueste Ausprägungen sind genossenschaftlich organisierte Datenclouds mittelständischer Unternehmen.11

Dem genossenschaftlichen Geschäftsmodell ist es inhärent, sich ein gemeinsames Unternehmen zu teilen, also Eigentum zu teilen und nicht nur gemeinsam zu nutzen. Eine genossenschaftliche Organisation bietet sich also an, um die Befürchtung und die Gefahren eines „Plattform-Kapitalismus“ auszuhebeln, indem die wichtigen Funktionen des Eigentums nicht vernachlässigt werden. Dabei sollte nicht außer Betracht bleiben, dass kollektives Eigentum auch mit Herausforderungen fertig zu werden hat. Dies sind die Entscheidungsfindungs- und Anreizprobleme wie sie die Theorie der Clubs und jene der öffentlichen Güter ausgearbeitet hat. Doch für diese sind auch Lösungen verfügbar. Nicht immer wird man sich für genossenschaftlich organisierte Plattformen in der Share Economy entscheiden, entweder weil man sie nicht kennt, weil man die restriktiven Verhaltensbeschränkungen nicht akzeptieren will oder weil man als Nutzer selbst nicht unternehmerisch tätig sein will. Doch unter Berücksichtigung der Grundidee der Sharing Economy und der mit ihr verbundenen Hoffnungen bedeutet die genossenschaftliche Lösung, dass man die Prinzipien und die Konsequenzen der Ökonomie des Teilens auch bis zu Ende gedacht hat.

  • 1 B. Walsh: Today’s Smart Choice: Don’t Own. Share, in: Time Magazine, 17.3.2011. http://content.time.com/time/specials/packages/article/0,28804,2059521_2059717_2059710,00.html.
  • 2 Vgl. für einen Überblick des genossenschaftlichen Geschäftsmodells T. Theurl: Genossenschaftliche Kooperationen, in: D. Ahlert, M. Ahlert (Hrsg.): Handbuch Franchising und Cooperation, Frankfurt a.M. 2010, S. 71-105.
  • 3 Vgl. eine breite Diskussion gesellschaftlicher und gesellschaftspolitischer Konsequenzen, die sich stark auf die Publikation von J. Rifkin: The zero marginal cost society, New York 2014, stützt.
  • 4 Vgl. wieder J. Rifkin, a.a.O.; sowie bereits M. Weitzman: The share economy: Conquering Stagflation, reprint, Boston 1984.
  • 5 Unzählige Web-Diskussionen und Blog-Kontroversen lassen eine sehr facettenreiche Gemengelage nachvollziehen. Vgl. z.B. S. Lobo: Die Mensch-Maschine: Auf dem Weg in die Dumpinghölle, Spiegel Online, 3.9.2014, http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/sascha-lobo-sharing-economy-wie-bei-uber-ist-plattform-kapitalismus-a-989584.html; S. Schultz: Ethik der Share Economy: Anleitung für den Uber-Menschen, Spiegel Online, 2.9.2014, http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/uber-und-airbnb-ethik-der-share-economy-a-988612.html.
  • 6 Es sollte auch nicht außer Betracht bleiben, dass sie es sind, deren einzelwirtschaftliche Kalküle durch eine Intensivierung der Regulierung unmittelbar betroffen würden.
  • 7 Vgl. dazu z.B. E. Ostrom: Die Verfassung der Allmende, Tübingen 1999.
  • 8 Vgl. dazu auch die Dokumentation der ARD-Sendung Panorama vom 4.9.2014: Share Economy: Das Märchen vom selbstlosen Teilen, https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Share-Economy-Das-Maerchen-vom-selbstlosen-Teilen,shareeconomy110.html.
  • 9 Dass Genossenschaften Unternehmen sind, die sehr wohl Gewinne erwirtschaften dürfen, können und müssen, ist bei vielen Kommentatoren und Analysten bedauerlicherweise nicht bekannt, einer breiteren Öffentlichkeit hingegen schon. Vgl. T. Theurl, C. Wendler: Was weiß Deutschland über Genossenschaften?, Aachen 2011.
  • 10 Vgl. dazu T. Theurl: Gesellschaftliche Verantwortung von Genossenschaften durch MemberValue-Strategien, in: Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen, Bd. 63/2, S. 81-94.
  • 11 Vgl. S. Lipsky: Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen bei der Anwendung von Cloud Computing. Ein konzeptioneller Ansatz zur Modellierung einer genossenschaftlich organisierten Cloud, Aachen 2013.

Die Chancen der Sharing Economy und ihre möglichen Risiken und Nebenwirkungen

Die Digitalisierung verändert heute viele Märkte auf dramatische Weise. Während traditionell für die Nutzung von Produkten ein Eigentum an eben diesen wenn nicht erforderlich, so doch zumindest oft zweckmäßig war, verändert sich dies durch die Digitalisierung in erheblichem Ausmaß. Ressourcen, die nicht dauerhaft von ihrem Eigentümer selbst genutzt werden, können über das Internet und dortige Vermittlungsplattformen heute relativ leicht anderen Nutzern temporär zur Verfügung gestellt werden. Scheiterte das temporäre Teilen von Ressourcen in der Vergangenheit oft an hohen Such- und Transaktionskosten, sind diese durch das Internet deutlich gesunken. Wie Jeremy Rifkin schon 2000 prognostizierte, ist das Eigentum an Ressourcen zunehmend weniger wichtig, da es andere Formen des Zugangs zu den Ressourcen gibt als über das Eigentum.1

Das Teilen ist zwar an und für sich nichts grundlegend Neues; das Mieten, Pachten oder Leasen von Ressourcen ist schon lange weit verbreitet. Durch das Internet ist nun jedoch auch das sehr kurzzeitige und sehr kleinteilige Teilen von Ressourcen deutlich einfacher und lohnenswerter geworden. Durch das Aufkommen neuer Vermittlungsdienste wie etwa Uber, BlaBlaCar oder WunderCar für Autofahrten mit Fahrer, Airbnb oder Wimdu für Übernachtungen, aber auch zahlreiche Carsharing-Anbieter, das Cloud-Computing oder File Sharing hat das Teilen stark zugenommen. Dieser Trend wird auch als „Sharing Economy“2 oder kollaborativer Konsum3 bezeichnet.

Teilen zwischen Unternehmen

Dass das Teilen von Ressourcen insbesondere zwischen Unternehmen nichts prinzipiell Neues ist, illustrieren etwa Maschinenringe in der Landwirtschaft, bei denen Land- und Forstmaschinen gemeinsam genutzt werden.4 Lesezirkel für Arztpraxen und Friseursalons basieren auf einer ähnlichen Idee. Andere Beispiele finden sich im Telekommunikationsbereich, wo Unternehmen Infrastrukturen oder Frequenzspektren gemeinsam nutzen,5 oder im Energiesektor, wo Unternehmen gemeinsam Kraftwerke betreiben, und diese in sogenannte „Kraftwerksscheiben“ zerlegen, oder Gasvorkommen kooperativ abbauen. Auf diese Weise lassen sich für Unternehmen Fixkosten einsparen, und Ressourcen können durch eine bessere Auslastung effizient genutzt werden.

Im Internet folgt das Cloud-Computing einer ähnlichen Logik, sodass knappe Rechen- und Speicherkapazitäten oder spezialisierte Software effizient genutzt werden können.6 Durch Cloud-Computing können Betrieb und Wartung von IT-Ressourcen hinfällig werden, Unternehmen müssen weder in Hardware investieren, noch Überkapazitäten für Lastspitzen bereithalten. Cloud-Computing passt sich flexibel dem Nutzungsverhalten an und wird auf Basis des tatsächlichen Verbrauchs bezahlt. Dieser Wechsel zum Cloud-Computing wirkt sich nicht nur auf betrieblicher Ebene positiv aus, sondern hat auch positive gesamtwirtschaftliche Effekte.7 Die Senkung der Fixkosten erlaubt den Markteintritt von kleinen und mittelständischen Unternehmen und führt damit zu einem intensiveren Wettbewerb, der wiederum Produktivitätssteigerungen induzieren kann, die zu Wachstums­impulsen führen. Schätzungen zeigen, dass die Wachstumsrate in den EU27-Ländern um 0,2% steigen könnte.8 Damit könnten etwa 1 Mio. neue Arbeitsplätze entstehen. In Deutschland könnte die Zahl der Arbeitsplätze über fünf Jahre hinweg um 50 000 bis 240 000 steigen, im Wesentlichen ausgelöst durch einen prognostizierten Markteintritt von etwa 40 000 neuen kleinen und mittelständischen Unternehmen.9

Teilen zwischen Privatpersonen

Auch bei Privatpersonen ist das Teilen von Ressourcen prinzipiell nichts Neues: Mitfahrzentralen, Wohngemeinschaften und Mitwohnzentralen sind schon immer der Idee gefolgt, Ressourcen und Fixkosten zu teilen. Auch Biblio- und Videotheken basieren im Grunde auf dieser Idee. Vor dem Aufkommen professioneller Online-Vermittlungen war die Konkurrenz durch Mitfahr- und Mitwohnzentralen für Bahn und Taxis bzw. Hotels und Pensionen jedoch überschaubar, erst durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden technischen Möglichkeiten ist das rasante Wachstum der Sharing Economy ausgelöst worden. Zwei Gründe sind dafür im Wesentlichen maßgeblich: Erstens reduziert das Internet die Suchkosten in ganz erheblicher Weise, das „Matching“ von Anbietern und Nachfragern auch für kleine Transaktionen (wie eine kurze Stadtfahrt oder eine einzelne Übernachtung) wird durch Online-Plattformen wesentlich einfacher. Und zweitens löst das Internet das Problem fehlenden Vertrauens zwischen ehemals weitgehend anonymen Anbietern und Nachfragern. In der Vergangenheit war es aufgrund zahlreicher Informationsprobleme riskant, die eigene Wohnung Fremden zu überlassen oder diese im Auto mitzunehmen bzw. bei diesen mitzufahren, sodass zahlreiche Transaktionen einfach unterblieben. Nun kann über Bewertungs- und Reputationsmechanismen die Anonymität des Marktes überwunden werden, indem Vertrauen durch Reputationsmechanismen induziert wird. Nicht zufällig ist etwa bei Uber oder Airbnb wie schon bei eBay das gegenseitige Bewerten nach einer Transaktion ein zentraler Punkt für das Funktionieren der Plattformen.

Da somit erstens die Suchkosten reduziert und das Matching von Anbietern und Nachfragern erheblich vereinfacht wird und zweitens die Problematik fehlenden Vertrauens überwunden werden kann, können nun private Transaktionen, die in der Vergangenheit an eben diesen Transaktionskosten gescheitert sind, realisiert werden.

Durch das vermehrte Teilen von Ressourcen zwischen Privatpersonen ergeben sich jedoch auch eine ganze Reihe von wirtschaftspolitisch bedeutsamen Fragen: Werden etwa soziale Standards und gesetzliche Regulierungen umgangen und wird so ein unfairer Wettbewerb zwischen gewerblichen und privaten Anbietern von Autofahrten und Übernachtungsmöglichkeiten ausgelöst, der gewerbliche Anbieter künstlich benachteiligt? Hebelt eine Umgehung bestehender Regulierungen durch neue Anbieter eigentlich sinnvolle Regelungen aus und entstehen so Nachteile für dann rechtlich weniger geschützte Marktteilnehmer wie etwa Auftragnehmer und Verbraucher? Sind neue Besteuerungsverfahren nötig, wenn davon auszugehen ist, dass viele Transaktionen von privaten Personen in der Sharing Economy in der Regel nicht oder nur teilweise versteuert werden?

Vorteile für Verbraucher

Angesichts dieser Fragen ist eine erste Reaktion vieler Politiker auf die neue digitale Konkurrenz in Europa – auch im Interesse der etablierten Anbieter, die sich nur ungern diesem neuen Wettbewerb stellen – abwehrend: Google zerschlagen, Amazon regulieren, Uber und Airbnb verbieten, so die Vorschläge. Diese Maßnahmen würden jedoch das Kind mit dem Bade ausschütten, sie würden die potenziellen Probleme nicht in verhältnismäßiger Weise lösen, sondern zugleich viele volkswirtschaftlich sinnvolle Transaktionen unterbinden, denn prinzipiell können sich durch ein gemeinsames Nutzen von Ressourcen auch im privaten Bereich sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile ergeben.10

Gerade für die Verbraucher sind die potenziellen Vorteile durch die neuen Angebote groß. Betrachten wir etwa den urbanen Personennahverkehr, so ist schnell klar, dass sich mit neuen Angeboten aus der Share Economy nicht nur Verbraucherwünsche besser erfüllen lassen, sondern auch ökologische Vorteile realisiert werden können. Je einfacher und günstiger es ist, sich ein Auto mit anderen zu teilen oder sich fahren zu lassen statt selbst zu fahren, desto weniger ist es notwendig, selbst ein Auto zu besitzen. Während Taxifahren für viele ein Luxus ist (wenn nicht die Firma, die Krankenkasse oder sonst jemand anderes zahlt), könnten niedrigere Preise Leute dazu bewegen, das eigene Auto häufiger stehen zu lassen oder sogar ganz darauf zu verzichten (zumindest auf den Zweitwagen). Verhindert werden diese Entwicklungen jedoch auch durch die kaum noch zeitgemäße Regulierung des Taximarktes in Deutschland.

Bedeutung für den Taximarkt

So hat z.B. die Monopolkommission die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Ortskundeprüfung in Zeiten von Navigationsgeräten aufgeworfen.11 Auch die vielerorts noch vorhandene Begrenzung der Taxilizenzen ist heute nicht mehr sinnvoll. Nach dem Zweiten Weltkrieg mag diese Regulierung noch ihren Zweck erfüllt haben, da die Investition in ein Taxi relativ kostspielig war und durch die begrenzten Lizenzen diese Investitionen abgesichert werden konnten. Inzwischen ist die Anschaffung eines Pkw jedoch keine besonders riskante und kostspielige Investition mehr – die Begrenzung der Taxilizenzen sorgt heute nur noch dafür, dass diese schwarz gehandelt werden, oftmals zu fünfstelligen Eurobeträgen. Diese Schwarzmarktpreise für die Taxikonzessionen reflektieren dabei nichts Anderes als die Gewinne, die mit einer solchen Lizenz eingefahren werden können.

Dass für die Lizenzinhaber das Taxigeschäft nach wie vor recht ordentliche Gewinne abwirft, liegt zum einen an den staatlich regulierten Festpreisen. Diente die Preisregulierung früher vielleicht auch einmal dem Schutz der Verbraucher, nutzt sie heute vor allem den Taxiunternehmen. Der Preiswettbewerb wird so unterbunden. Dabei könnten über Apps und auch traditionelle Informationskanäle Preise genauso einfach verglichen werden wie etwa beim Friseur oder bei einem Pizza-Dienst. Ein etwaiger Verbraucherschutz durch Festpreise ist nicht mehr notwendig – wenn überhaupt könnten Höchstpreise sinnvoll sein. Das Verbot, Rabatte zu gewähren, Sonderangebote zu machen oder einfach günstiger zu sein, ist hingegen in extremem Maße verbraucherunfreundlich. Die Monopolkommission hat daher vorgeschlagen,12 die bisherigen Preise zunächst für drei Jahre als Obergrenzen zu verwenden, von denen man nach unten abweichen darf, und nach drei Jahren die Preise ganz frei zu geben.

Zum anderen resultieren die Gewinne der Taxiunternehmen auch aus der relativ geringen Bezahlung der Taxifahrer. Denn Taxifahren ist – weltweit übrigens – ein typischer Job für Studienabbrecher, Migranten und andere Quereinsteiger, da der Beruf keine Ausbildung und kaum Startkapital erfordert. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist daher intensiv und die resultierende Entlohnung gering, völlig unabhängig von der Digitalisierung. Nicht die Digitalisierung führt zu der schlechten Bezahlung der Taxifahrer, sondern die schon seit langem harte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt der gering qualifizierten Arbeitnehmer. Auch vor der Digitalisierung haben Taxifahrer (im Gegensatz zu Taxiunternehmen) sehr schlecht verdient.

Mehr Wettbewerb und neue Anbieter im Taximarkt könnten den Verbrauchern aber nicht nur preisliche Vorteile bringen. Es ist kein Zufall, dass die weitgehend monopolistisch organisierten Taxizentralen die Digitalisierung fast komplett verschlafen haben, bis neue Anbieter wie mytaxi oder Uber in den Markt eingetreten sind. Denn diese Plattformen ermöglichen es den Fahrgästen nicht nur, direkt das nächste verfügbare Taxi auf der jeweiligen App zu erkennen. Sie ermöglichen es den Kunden auch, die Fahrer zu bewerten. Während die Fahrgäste heute meist zu einem Taxifahrer in das Taxi steigen, über dessen Manieren und Fahrstil sie wenig wissen, können die Bewertungen ehemaliger Fahrgäste hier Aufschluss geben und zugleich disziplinierend auf die Fahrer wirken. Genau dasselbe gilt im Übrigen aber auch für die Fahrgäste, die etwa bei Uber wiederum von den Fahrern bewertet werden. Gäste mit schlechtem Benehmen oder gar Zechpreller haben es da deutlich schwerer. Die Registrierung von Fahrern und Fahrgästen oder Mitfahrern erhöht zudem die Sicherheit für beide.

Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung liegt darin, dass durch das bargeldlose Bezahlen der Fahrten, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit deutlich leichter festzustellen sind als bei Barzahlung. In der öffentlichen Diskussion wird teilweise suggeriert, Probleme von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung seien primär mit den neuen Diensten verbunden. Gerade im Taxigewerbe ist dies jedoch völlig falsch. Nach Aussagen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls ist das Taxigewerbe schon seit jeher ein klassisches Feld für Schwarzarbeit.13 Durch die Digitalisierung, das Buchen über Plattformen und die bargeldlose Bezahlung wäre eine Kontrolle sogar wesentlich einfacher. Dazu müssten jedoch entsprechende Regelungen z.B. für eine elektronische Datenübermittlung an die Finanzbehörden geschaffen werden.

Würden die klassischen Taxis bei einer Marktöffnung verschwinden? Natürlich nicht. Viele Kunden – insbesondere ältere – haben eingefahrene Gewohnheiten, die sich nicht so schnell ändern. Anderen mag unwohl dabei sein, wenn per Handy die Fahrtroute erfasst und gegebenenfalls überwacht werden kann. Auch sie werden eher beim traditionellen Taxi und der Barzahlung bleiben. Zudem bleiben durch Taxistände, Taxispuren und ähnliche Einrichtungen zahlreiche Vorteile für die Taxis bestehen.

Regulierung notwendig?

Es ist daher nur zu begrüßen, dass Wirtschaftsminister Gabriel eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung bestehender Regelungen an die Anforderungen der digitalen Welt und den veränderten Mobilitätsbedürfnissen der Verbraucher angekündigt hat. Denn ein Mindestmaß an Regulierung ist durchaus notwendig: Zu denken ist an Anforderungen sowohl an die eingesetzten Pkw als auch an die Fahrer, etwa hinsichtlich des gesundheitlichen Zustandes, Vorstrafen und Punkten in der Verkehrssünderdatei. Auch über Versicherungspflichten sollte nachgedacht werden, sobald ein gewisses Ausmaß an Personenbeförderungen erreicht wird. Ein pauschales Verbot jedoch, das letztlich vor allem den Verbrauchern schadet und den Taxifahrern selbst kaum hilft (wohl aber den traditionellen Taxiunternehmen), ist die denkbar schlechteste Antwort auf die Digitalisierung.

Ein ähnliches Fazit lässt sich auch für das Übernachtungsgewerbe ziehen, das im Übrigen ebenfalls auch bisher schon aufgrund schlechter Erfahrungen mit Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung Ziel wiederholter Schwerpunktprüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls war und ist. Das auch sehr kurzzeitige Überlassen privater Wohnungen, vermittelt durch Online-Plattformen, trifft durchaus eine Nachfrage. Geschieht dies jedoch gewerbsmäßig und durch eine Zweckentfremdung von Privatwohnungen, so sollten für gewerbliche Anbieter von Ferienwohnungen geltende Regelungen zu Brandschutz, Hygiene, Besteuerung etc. Anwendung finden. Sinn und Zweck der Sharing-Modelle kann es selbstredend nicht sein, Steuerhinterziehung zu erleichtern und sinnvolle Vorschriften zu umgehen. Vieles könnte hier schon durch eine automatische Datenübertragung an die Finanzbehörden erreicht werden, zumindest sobald bestimmte Schwellenwerte überschritten werden.14 Zugleich ist jedoch auch der Staat gefordert, die Sinnhaftigkeit bestehender Regelungen regelmäßig zu überprüfen.15 Im Bereich der Personenbeförderung ist genau dies jedoch komplett gescheitert, hier ist ein dramatisches Politikversagen zu konstatieren.

Wettbewerbsökonomisch interessant ist schließlich auch die Konzentration auf dem Markt für die diversen Vermittlungsportale wie Uber und Airbnb selbst zu beobachten. Ob es hier zu einer erheblichen Marktkonzentration mit marktbeherrschenden Stellungen kommen wird, wie etwa Brühn und Götz erwarten,16 bleibt abzuwarten. Während für mehrseitige Plattformen („two-sided markets“) die typischen indirekten Netzeffekte für einen Konzentrationsprozess sprechen, erleichtert das sogenannte Multihoming den Wettbewerb.17 Da Anbieter und Nachfrager problemlos mehrere Plattformen nutzen können, sind der Marktkonzentration und vor allem der Möglichkeit zum Missbrauch von Marktmacht durchaus Grenzen gesetzt.

Alles in allem bietet die Digitalisierung erhebliche Chancen, die Nutzung von Ressourcen erheblich effizienter zu gestalten und damit neben ökonomischen auch ökologische Vorteile zu realisieren. Um unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen zu vermeiden, ist eine Anpassung bestehender Regelungen notwendig. Durch verbesserte Datenübermittlungen an Finanz- und Aufsichtsbehörden könnten Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit in auch bisher schon lange kritischen Bereichen wie dem Taxigewerbe sogar eingedämmt und damit auch Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.

  • 1 Vgl. J. Rifkin: Access – Das Verschwinden des Eigentums: Warum wir weniger besitzen und mehr ausgeben werden, Frankfurt a.M. 2000.
  • 2 Vgl. R. Belk: Sharing, in: Journal of Consumer Research, 36. Jg. (2010) H. 5, S. 715-734; ders.: You are What You Can Access: Sharing and Collaborative Consumption Online, in: Journal of Business Research, 67. Jg. (2014), H. 8, S. 1595-1600.
  • 3 Vgl. z.B. R. Botsman, R. Rogers: What’s Mine is Yours: The Rise of Collaborative Consumption, New York 2010.
  • 4 Vgl. etwa W. Hesse: Die Verbreitung einer Neuerung in der Landwirtschaft: Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchungen zum Maschinenring, in: Agrarwirtschaft: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Marktforschung und Agrarpolitik, 20. Jg. (1971), H. 4, S. 133-138; E. Geiersberger: Die dritte Bauernbefreiung durch den Maschinenring, München 1974.
  • 5 Vgl. z.B. R. Dewenter, J. Haucap: Incentives to Licence Mobile Virtual Network Operators (MVNOs), in: R. Dewenter, J. Haucap (Hrsg.): Access Pricing: Theory and Practice, Amsterdam 2007, S. 305-325; J. P. Pereira, P. Ferreira: Infrastructure Sharing as an Opportunity to Promote Competition in Local Access Networks, in: Journal of Computer Networks and Communications, 2012, Artikel Nr. 409817.
  • 6 Vgl. dazu im Detail M. Bräuninger, J. Haucap, K. Stepping, T. Stühmeier: Cloud Computing als Instrument für effiziente IT-Lösungen: Betriebs- und volkswirtschaftliche Potenziale und Hemmnisse, in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, 38. Jg. (2012), H. 3-4, S. 172-202.
  • 7 Vgl. ebenda.
  • 8 Vgl. F. Etro: The Economic Impact of Cloud Computing on Business Creation, Employment and Output in the E.U., in: Review of Business and Economics, 54. Jg. (2009), S. 179-208.
  • 9 Vgl. F. Etro: The Economics of Cloud Computing, in: A. M. Bento, A. K. Aggarwal (Hrsg.): Cloud Computing Service and Deployment Models: Layers and Management, Hershey 2012, S. 296-309.
  • 10 Zu letzterem siehe auch H. Heinrichs: Sharing Economy: A Potential New Pathway to Sustainability, in: GAIA: Ecological Perspectives for Science & Society, 22. Jg. (2013), S. 228-231; ders.: Sharing Economy: Potenzial für eine nachhaltige Wirtschaft, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 21, S. 15-17.
  • 11 Monopolkommission: Hauptgutachten 2012/2013: Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte, Baden-Baden 2014.
  • 12 Ebenda.
  • 13 Vgl. etwa S. Mayer: In der Taxibranche grassiert die Schwarzarbeit, in: Die Welt vom 19.1.2011, http://www.welt.de/wirtschaft/article12245714/In-der-Taxibranche-grassiert-die-Schwarzarbeit.html; oder o.V: Taxigewerbe betrügt Staat und Bürger um Milliarden, Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 19.1.2011, http://www.derwesten.de/nachrichten/taxigewerbe-betruegt-staat-und-buerger-um-milliarden-id4185439.html.
  • 14 Für weitere Ausführungen insbesondere zu Uber und Airbnb sei auf die die kontroversen Ausführungen im ifo Schnelldienst verwiesen, vgl. T. Brühn et al.: Die Modelle Uber und AirBnB: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 21, S. 3-27.
  • 15 Vgl. M. Peitz: Die Entzauberung von AirBnB und Uber, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 21, S. 6-8; sowie U. Schwalbe: Uber und AirBnB: Zur Mikroökonomik der „Sharing Economy“, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 21, S. 12-15.
  • 16 T. Brühn, G. Götz: Die Markteintritte von Uber und AirBnB: Wettbewerbsgefährdung oder Effizienzsteigerung?, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 21, S. 3-6.
  • 17 Vgl. etwa J. Haucap, U. Heimeshoff: Google, Facebook, Amazon, eBay: Is the Internet Driving Competition or Market Monopolization?, in: International Economics and Economic Policy, 11. Jg. (2014), H. 1-2, S. 49-61.

Mehr als das Teilen unter Freunden – Was die Sharing Economy ausmacht

Teilen ist nicht neu: Seit Jahrzehnten gibt es beispielsweise landwirtschaftliche Genossenschaften, die Maschinen teilen; seit Jahrhunderten gar Bibliotheken, in denen Bücher und inzwischen auch andere Medien entliehen werden können. Die Hilfe unter Nachbarn etwa beim Hausbau ist ein Beispiel für eine informelle Kooperation, die ebenfalls seit langem eingegangen wird. Die Idee, (eigene) Güter oder Fähigkeiten zu teilen oder zu vermieten, hat jedoch in den letzten Jahren starken Zulauf gefunden. Entsprechende Geschäftsmodelle werden inzwischen unter den Bezeichnungen „Sharing Economy“, „Share Economy“, „Collaborative Consumption“ oder „P2P Economy“ (Peer-to-Peer Economy) geführt. In Deutschland ist dies erst seit kurzem von Bedeutung. So weist Google Trends den Begriff „Sharing Economy“ für Deutschland erstmals im Mai 2013 aus.1 Weltweit wurde nach „Sharing Economy“ erstmals im März 2010 gesucht.2 Im Folgenden wird erläutert, was unter der Sharing Economy zu verstehen ist und welche Modelle es gibt. Es werden wettbewerbspolitische Überlegungen abgeleitet und die Zukunft der Sharing Economy diskutiert.

Modelle der Sharing Economy

Die Sharing Economy ist mit unzähligen unterschiedlichen Geschäftsmodellen in verschiedensten Märkten sehr unübersichtlich. Eine allgemein akzeptierte Definition existiert nicht. Eine einfache Strukturierung lässt sich anhand der Kriterien Eigentumsverhältnisse und Kosten vornehmen.3 Dabei zählen zur Sharing Economy allgemein die wirtschaftlichen Aktivitäten, in deren Zentrum das Teilen von Gütern, Dienstleistungen und Wissen steht.

  • Kostenloses Teilen beinhaltet jene Geschäftsmodelle, bei denen die privaten Eigentümer von Gütern ihren Besitz mit anderen ohne monetäre Gegenleistung teilen. Wesentlicher Beitrag von Unternehmen ist es dabei, Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen, oft unter Einsatz von webbasierten Plattformen. Beispiele für diese Art von Modell sind etwa die Wohnraumvermittlungsplattform CouchSurfing, das Onlinelexikon Wikipedia oder auch Open-Source-Software.
  • Kostenpflichtiges Teilen funktioniert analog dazu, jedoch mit dem Unterschied, dass die Eigentümer eines Gutes ein Entgelt erheben. Auch bei diesem Modell matchen Unternehmen Anbieter (Eigentümer des Gutes) und Nachfrager (Nutzer des Gutes). Unternehmen wie Uber (Vermittlung privater Fahrer) und Airbnb (Vermittlung privaten Wohnraums an Touristen) sind typische Beispiele für dieses Modell.
  • Mieten bedeutet, dass die geteilten Güter im Eigentum des jeweiligen Unternehmens stehen und gegen ein Entgelt genutzt werden können. Dieses Modell kann auch den traditionellen Geschäftsmodellen zugeordnet werden, nutzt jedoch im Rahmen der Sharing Economy stärker das Internet als es früher der Fall war. Unternehmen wie z.B. Car2go oder DriveNow, die im Rahmen des sogenannten Free Floating mithilfe des (mobilen) Internets Autos minutenweise vermieten, sind Beispiele dieses Modells. Die Vermietung von Gebrauchsgegenständen aller Art wie etwa Mode oder Spielzeug über das Internet zählt ebenfalls dazu.

Unternehmen der Sharing Economy bringen dementsprechend Anbieter und Nachfrager zusammen oder stellen selbst das Gut zur Verfügung, das dann von mehreren Nachfragern genutzt wird. Selbst eine einfache Strukturierung der Sharing Economy zeigt die große Heterogenität dieser wirtschaftlichen Aktivitäten auf. Es gibt zahlreiche Unternehmen in vielen verschiedenen Märkten – und es kommen ständig neue dazu.4 Nicht nur Geschäftsmodelle und Märkte, auch die Bereiche, in denen die Sharing Economy präsent ist, sind äußerst vielfältig. Sie reichen von Transportmitteln und anderen Gebrauchsgütern über Räume, Finanzierung, Wissen und sogar Arbeitskraft. Den verschiedenen Geschäftsmodellen der Sharing Economy gemein ist ihre disruptive Natur:5 Sie verändern das Konsumverhalten der Nachfrager fundamental, indem sie – durch Unterstützung technischer Lösungen – Nutzung statt Eigentum in den Fokus stellen.

Gründe für die Dynamik der Sharing Economy

Der klare Bedeutungsgewinn der Sharing Economy in den letzten Jahren lässt sich vor allem durch die technologische Entwicklung und die damit verbundenen Möglichkeiten für wirtschaftliche Aktivitäten begründen. Zuvor war eine persönliche Interaktion meist Voraussetzung für das Teilen oder Mieten. Dies bedeutete hohe Transaktionskosten, die dazu geführt haben, dass die Sharing-Aktivitäten in der Vergangenheit einen weit geringeren Umfang hatten. So waren viele Geschäftsmodelle auf kleine regionale Märkte begrenzt, da sonst eine persönliche Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager schwierig war. Außerdem war das Zustandekommen des Teilens oft unsicher, weil die Regionalität der Aktivitäten auch die Zahl möglicher Nachfrager begrenzt hat.

Das Entstehen und die Weiterentwicklung des Internets haben neue Möglichkeiten geschaffen, Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen. Viele Geschäftsmodelle nutzen für das Matching webbasierte Plattformen. Damit lassen sich Transaktionskosten immens reduzieren. Folglich sind die Aktivitäten in Abhängigkeit der Geschäftsmodelle nicht mehr in gleichem Maße regional eingeschränkt. So lässt sich beispielsweise mithilfe des Internets privater Wohnraum weltweit vermitteln. Da der Zugang zu den Onlineplattformen in der Regel kostenlos ist, finden sich darüber hinaus meist Anbieter und Nachfrager in großer Menge, was die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen von Transaktionen vergrößert.

Neben dem Internet haben auch andere Technologien, wie etwa mobile Dienste, die Sharing Economy befördert. Dies zeigt etwa das Beispiel der Free-Floating-Modelle des Carsharings, die sich durch große Flexibilität für den Nutzer auszeichnen. So kann er ein Auto kurzfristig buchen. Möglich machen dies neue Technologien: Gebucht wird per Internet, z.B. mit der App auf dem Handy, das Fahrzeug wird per GPS geortet und die Tür mithilfe eines Kartenlesers oder der App entriegelt.6

Als einen weiteren Grund für die Dynamik der Sharing Economy führen Experten in einer Studie für die Europäische Kommission einen Vertrauensverlust der Bevölkerung in traditionelle Geschäftsmodelle und Unternehmen nach der Finanzmarktkrise an.7 Die Geschäftsmodelle der Sharing Economy heben sich von denen der traditionellen Unternehmen ab und können diesem Vertrauensverlust entgegen wirken, indem sie die Nachfrager und ihre Bedürfnisse stärker einbeziehen. Dies gilt vor allem für die Modelle, in denen private Eigentümer ihren Besitz teilen.

Motivation der Nachfrager und Voraussetzungen für die Sharing Economy

Ähnlich vielfältig wie die Sharing Economy selbst sind auch die Motivationen der Nachfrager nach Gütern oder Dienstleistungen, die auf diese Weise bereitgestellt werden. Je nach Markt und Geschäftsmodell sind nicht alle Gründe für alle Nachfrager relevant.

Die Möglichkeit, Kosten einzusparen, ist ein Grund für die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen der Sharing Economy. Dabei lassen sich monetäre Kosten im Modell des kostenlosen Teilens für Nachfrager ganz vermeiden, während beim kostenpflichtigen Teilen typischerweise mindestens die Kosten der Anbieter erstattet werden. Beim Modell des Mietens wie etwa dem Free Floating werden die Kosten für die Nachfrager im Vergleich zum Besitz eines Gutes dadurch reduziert, dass die Fixkosten für Anschaffung und gegebenenfalls Unterbringung entfallen. Im Falle des Free Floating fallen also statt des Kaufpreises für ein Auto und der Kosten für Garage oder Stellplatz nur die laufenden Kosten bezogen auf die tatsächliche Nutzungsdauer an, so dass das Free Floating für die Nachfrager eine Verringerung ihrer gesamten Kosten für die Nutzung eines Autos bedeuten kann. Geringere Kosten sind in den meisten Fällen ein Kennzeichen der Sharing Economy, müssen es aber nicht sein. So hat beispielsweise die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Fahrdienst Uber mit traditionellen Taxis verglichen und kam insbesondere auf längeren Strecken zu dem Ergebnis, dass Uber auch teurer sein kann.8

Die Sharing Economy bietet darüber hinaus die Möglichkeit, Ressourcen effizienter zu nutzen. So tragen Geschäftsmodelle, die auf dem Teilen von Raum – Wohnungen, Garagen, Kellerräumen, Parkplätzen – beruhen, dazu bei, die Knappheit dieser Ressource vor allem in Ballungsgebieten zu verringern. Statt Raum ungenutzt zu lassen, wenn der Eigentümer keinen Bedarf hat, kann er auf diese Weise auch dann genutzt werden. Dies steigert die Effizienz und reduziert Knappheit. Eine effizientere Nutzung von Ressourcen trägt darüber hinaus zu einer größeren Nachhaltigkeit und einer geringeren Belastung der Umwelt bei. Dafür ist es jedoch zum einen notwendig, dass die Nachfrage nach einem bestimmten Gut bzw. dessen Nutzung trotz der Angebote der Sharing Economy im Aggregat konstant bleibt. Nutzen beispielsweise Menschen das Angebot des Free Floating, die zuvor ausschließlich Fahrrad oder Bahn gefahren sind, ist es möglich, dass sich die Umweltbelastung sogar erhöht. Zum anderen darf sich die Lebensdauer des geteilten Gutes durch das Teilen nicht wesentlich verringern und der Transport der Güter zwischen Anbietern und Nachfragern sollte möglichst kurz sein. Auch kann eine längere Nutzungsdauer von bestimmten Produkten Effizienzfortschritten in der Produktsparte entgegenstehen. Letztendlich sind das einzelne Geschäftsmodell und dessen Nutzung dafür entscheidend, ob positive Umwelteffekte entstehen.

Wie die Bezeichnung Sharing Economy andeutet, ist das Teilen elementarer Bestandteil vieler Geschäftsmodelle und bildet damit gleichzeitig auch eine Motivation für die Nachfrager. Sie sind nicht mehr auf traditionelle Unternehmen angewiesen, um die eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können, sondern haben eine Alternative in Person der (privaten) Anbieter. Schließlich können sie sogar selbst zu Anbietern werden.9

Die Voraussetzung für das Funktionieren der Geschäftsmodelle der Sharing Economy ist das Vertrauen der Nachfrager in die (privaten) Anbieter. Insbesondere die Nutzung webbasierter Plattformen und anderer neuer Technologien sind für potenzielle Nachfrager in dieser Hinsicht ein Hemmnis.10 Zur Vertrauensbildung bedienen sich die Unternehmen der Sharing Economy verschiedener Maßnahmen: Ein gängiger Weg ist der Aufbau von Reputation der privaten Anbieter über Bewertungssysteme, welche die Einschätzungen der Nutzer öffentlich machen. So ist beispielsweise beim Raumvermittler Airbnb die Bewertung der Vermieter durch vorige Nutzer ein wichtiges Kennzeichen für die Nachfrager.11 Eine weitere Maßnahme der Verifikation von Identitäten besteht in der Verlinkung von privaten Anbietern auf Plattformen der Sharing Economy mit Facebook oder LinkedIn.12 Nicht zuletzt der Kundenservice der Unternehmen der Sharing Economy trägt insbesondere bei P2P-Modellen zur Vertrauensbildung bei.

Wettbewerbspolitische Überlegungen

Die Unternehmen der Sharing Economy stehen im Wettbewerb mit traditionellen Unternehmen auf Märkten. In vielen Fällen sind diese vor Eintritt der Sharing-Economy-Unternehmen – unter anderem auch aufgrund von bestehenden Regulierungen – durch hohe Markteintrittsschranken gekennzeichnet. Zwei Gründe ermöglichen den Unternehmen der Sharing Economy dennoch den Markteintritt: Zum einen haben die im Zusammenführen von Angebot und Nachfrage tätigen Unternehmen Zugriff auf eine riesige Zahl an Personen sowie auf deren Fähigkeiten und Güter. Damit werden direkt enorme „Economies of Scale“ realisiert, die einen Wettbewerb mit den traditionellen Marktteilnehmern ermöglichen und Markteintrittsschranken reduzieren.13 Zum anderen erheben die Unternehmen der Sharing Economy zum Teil den Anspruch, die bestehende Regulierung erfasse ihre Aktivitäten nicht und träfe daher nicht auf sie zu.14 Die Wettbewerber, die im Rahmen dieser Regulierung oft bereits Jahrzehnte tätig sind, sehen dies zumeist anders und verlangen eine Einhaltung der Regeln.

Es stellt sich also die Frage, ob die bestehende Regulierung in den Märkten der Sharing Economy angepasst werden sollte und in welche Richtung solche Überarbeitungen gehen müssten. Darauf gibt es keine einheitliche, allgemeine Antwort, denn die Sharing Economy ist zu heterogen. Es ist eine Analyse der einzelnen Märkte notwendig, um definitive Aussagen treffen zu können. Einige allgemeinere Aspekte lassen sich dennoch festhalten.

Stehen sich in einem Markt traditionelle Unternehmen und Unternehmen der Sharing Economy gegenüber und agieren letztere nicht im Sinne der bestehenden Regulierung, ist dies unabhängig von der Rechtmäßigkeit solcher Aktivitäten problematisch, weil der Wettbewerb nicht auf den gleichen Rahmenbedingungen basiert. Grundsätzlich bestehen in einer solchen Situation zwei Möglichkeiten: Es könnten entweder die Rahmenbedingungen konsequent auch auf die neuen Wettbewerber angewandt werden. Dies würde in vielen Fällen ihr Geschäftsmodell zumindest erheblich schwächen. In der Folge wäre die Situation für die etablierten Unternehmen vorteilhaft. Eine Anwendung der bestehenden Regulierung auf neue Geschäftsmodelle ohne Prüfung ist aufgrund der disruptiven Natur der meisten Geschäftsmodelle der Sharing Economy jedoch nicht zu befürworten.

Alternativ könnten die Rahmenbedingungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, so dass ein unverzerrter Wettbewerb zwischen etablierten Unternehmen und Unternehmen der Sharing Economy möglich ist. Letzteres ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es sich um Märkte mit kartellartigen Strukturen handelt oder die Regulierung beispielsweise aufgrund der Entwicklung und Verwendung neuer Technologien nicht mehr zeitgemäß ist. Dabei ist eine zeitnahe Prüfung der bestehenden Regulierung zentral, um nicht durch eine lang bestehende Rechtsunsicherheit die Unternehmen der Sharing Economy zu schwächen und wieder aus dem Markt zu verdrängen. In vielen Märkten wird darüber hinaus entscheidend sein, wie die Aktivitäten von privaten und kommerziellen Anbietern abgegrenzt werden können. Auch dies trägt zur Rechtssicherheit für die Unternehmen der Sharing Economy bei und kann Investitionen in weitere solcher Unternehmen fördern.15

Zukunft der Sharing Economy

Bislang erreicht die Sharing Economy in Deutschland nur einen Teil der potenziellen Nachfrager. Für die neuen Geschäftsmodelle sind webbasierte Anwendungen oft elementarer Bestandteil, so dass die Nutzung des Internets Voraussetzung für die Partizipation an der Sharing Economy ist. Vor allem ältere Personen sind hier weniger aktiv16 und somit auch seltener Nachfrager. Zukünftig kann jedoch möglicherweise weitere Nachfrage erschlossen werden, denn die Internetnutzung nimmt zu: Während 2006 lediglich rund 76% der 45- bis 54-Jährigen und knapp 56% der 55- bis 64-Jährigen mindestens einmal das Internet genutzt haben,17 waren es 2013 bereits 86% der gesamten Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen (gegenüber 99% der 16- bis 24-Jährigen).18

Mit der technologischen Entwicklung ist weiterhin davon auszugehen, dass sich zukünftig weitere Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle im Rahmen der Sharing Economy ergeben werden. Viele der aktuellen Unternehmen waren vor wenigen Jahren in der heutigen Form kaum vorstellbar, weil die Technik – wie etwa mobiles Internet – noch wenig verbreitet war. Analog sind auch zukünftig vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung Geschäftsmodelle zu erwarten, die den derzeitigen Erwartungshorizont übersteigen. Gerade in Europa befindet sich die Sharing Economy noch in den Anfängen.19 Hier ist infolgedessen weiter eine große Dynamik zu erwarten.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine dynamische Weiterentwicklung der Sharing Economy auch in Deutschland ist jedoch ein angemessener regulatorischer Rahmen: Dieser sollte jungen Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen die regulatorische Sicherheit bieten, die sie für einen Markteintritt benötigen. Außerdem sollte die Regulierung der einzelnen Märkte darauf geprüft werden, dass sie zeitgemäß ist und damit einen fairen Wettbewerb zwischen etablierten Anbietern und Unternehmen der Sharing Economy ermöglicht.

  • 1 Vgl. http://www.google.de/trends/explore#q=sharing%20economy­&geo=DE&cmpt=q&tz= (14.1.15).
  • 2 Vgl. http://www.google.de/trends/explore#q=sharing%20economy­&cmpt=q&tz= (14.1.15).
  • 3 Eine detailliertere Struktur findet sich beispielsweise in C. Smolka, C. Hienerth: The Best of Both Worlds: Conceptualizing Trade-Offs be­tween Openness and Closedness for Sharing Economy Models, 2014; K. Stokes et al.: Making Sense of the UK Collaborative Economy, 2014.
  • 4 Vgl. D. Allen, C. Berg: The Sharing Economy. How over-regulation could destroy an economic revolution, Institute for Public Affairs, 2014.
  • 5 Vgl. ebenda.
  • 6 Vgl. https://www.car2go.com/de/rheinland/wie-nutze-ich-car2go/ (9.1.2015).
  • 7 Vgl. K. Dervojeda et al.: The Sharing Economy. Accessibility Based Business Models for Peer-to-Peer Markets, Business Innovation Observatory, Case study 12, European Commission, Directorate-General for Enterprise and Industry, 2013.
  • 8 Vgl. http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/geld-ausgeben/taxi-oder-uber-wer-ist-guenstiger-12988536.html (12.1.15).
  • 9 Vgl. K. Dervojeda et al., a.a.O.
  • 10 Vgl. ebenda.
  • 11 Vgl. K. Finley: Trust in the Sharing Economy: An Exploratory Study, Centre for Cultural Policy Studies, University of Warwick, 2013.
  • 12 Vgl. D. Allen, C. Berg, a.a.O.
  • 13 Vgl. K. Dervojeda et al., a.a.O.
  • 14 Vgl. ebenda.
  • 15 Vgl. K. Dervojeda et al., a.a.O.
  • 16 Vgl. Statistisches Bundesamt: Internetnutzung im ersten Quartal 2014, Wiesbaden 2014.
  • 17 Vgl. Statistisches Bundesamt: Wirtschaftsrechnungen, Private Haushalte in der Informationsgesellschaft – Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Fachserie 15, Reihe 4, Wiesbaden 2006.
  • 18 Vgl. ebenda, 2013.
  • 19 Vgl. K. Dervojeda et al., a.a.O.

Share Economy: mehr Markt als Gemeinschaft

Die Ökonomie des Teilens – Share Economy –, die wir heutzutage erörtern,1 beruht auf einer Änderung der Haltung zum Eigentum. Statt z.B. ein eigenes Auto zu besitzen, teilt man es sich mit anderen (Carsharing). Es geht um Verfügbarkeit (Access), nicht um Eigentum. Es reicht, bestimmte Güter auf Zeit in Besitz zu nehmen, statt sie selber als Eigentum zu kaufen.

Das kann man sich für viele Nutzungen vorstellen: Rasenmäher, Bohrmaschinen, Autos, Kleidung, Waschmaschinen, Kühlschränke, Gartengeräte, Handwerkzeug, Möbel bzw. Einrichtungen, sogar Bilder. Die Gesellschaft wird viele neue Optionen erfinden. Für manche Güter kennen wir längst das „Leihen“ (von Freunden geldlos, oder aber gegen Bezahlung) und das „Mieten“. Die Share Economy versteht sich hingegen als gemeinschaftliches Projekt. Jeremy Rifkin sieht darin den „Anfang einer Revolution“: eine neue Wirtschaftsordnung, die den Marktkapitalismus nicht ersetzen, aber ändern wird – „ein neues System des Gemeinguts“; er spricht vom „Paradigma der kollaborativen Commons“.2

Organisation des Gemeineigentums

In diesem Konzept gehören die Autos, deren Nutzung man teilt, allen: als Gemeineigentum. Faktisch haben alle nur Nutzungsrechte (Besitz), aber keine Eigentumsverfügungen. Die Gründe sind evident: wieso soll man sich individuell 1,5 Tonnen Auto hinstellen, um es am Tag durchschnittlich ein bis zwei Stunden zu bewegen? Für die ungenutzte Zeit ist es optimal, wenn andere der Nutzung teilhaftig würden – ein rationales Konzept. Wie rational es ist, hängt aber schließlich von der Organisation ab.

Die Organisationsfrage ist nicht unerheblich: Um ein Auto gemeinschaftlich zu nutzen, reichen lose Netzwerkkopplungen. Wenn einer es nutzt, können andere es nicht nutzen. Es entstehen Kollisionen (besonders bei Menschen, die in enge Zeitregime eingebunden sind). Der Nutzen, für die Verfügbarkeit keine große Investition (Autokauf) vornehmen zu müssen, hat die Kosten, es nicht jederzeit verfügbar zu haben – ein spezifisches Knappheitsthema.3 Hier sind einige Lebenszeitarrangements und -opportunismen nötig, jedenfalls in (kleinen) Sharing-Clubs. Außer man ist bei mehreren Carsharing-Systemen gleichzeitig angemeldet (Portfolionutzungsstrategie, mit höheren Mitgliedskosten). Nicht jeder ist mit diesen Systemen zufrieden, zumal er eine eigene Zeitelastizität aufbringen muss. Das Teilen erfordert Verhaltensänderungen: Zeit- und Organisationskosten bzw. weitaus mehr: eine andere Alltagskultur.

Deshalb gibt es im Carsharing-Bereich gerade – jedenfalls in Großstädten – einen Umschwung: Konzerne bieten z.B. Autos an, die en masse in der Stadt verteilt bereitstehen. Man zahlt eine Flatrate, kann mit einer App (über GPS) erfahren, wo ein freier Wagen steht, hat einen Kontaktcode und nutzt das Gerät. Über die verteilte Angebotsmenge wird das Knappheitsproblem kleiner Carsharing-Anbieter behoben. Wir haben es mit größeren Angebotsvolumina (und Zeit- wie Zugriffsverteilungen) zu tun. Die Konzerne (BMW, Daimler, VW, Peugeot) bieten einen größeren Zugriffskomfort. Damit senken sie Transaktionskosten des Zugriffs (gegenüber kleinen Clubs mit wenigen Wagen und längeren Wartezeiten).

Nächste Schritte stehen an: z.B. die Google-Vision. Eine Kommune bietet ein System automatisch-selbstfahrender (Elektro-)Autos an, die mittels Apps „herangewunken“ werden. Im Auto gibt man sein Fahrtziel an und das Gefährt chauffiert einen automatisch zum Zielort. Die selbststeuernden Autos beheben Stauprobleme, haben eigene Flussalgorithmen, vor allem Sicherheitstechnologien, und senken die Zahl der nötigen Automobile um ein Etliches. Denn man braucht pro Kommune nur noch so viele Gefährte, wie die durchschnittliche Nutzung es erfordert. Es sind Kommunalkonzepte, die – einmal eingeführt – für die ganze Stadt gelten müssen. Individuell gefahrene Autos sind darin nur noch Störfaktoren. Google nimmt den Access-Gedanken auf und bietet ein automatisches System, das viele Verkehrspobleme löst, vor allem auch die Entkopplung des Fahrens vom Fahrer (mit seinen kognitiven und affektiven Aussetzern). Die Unfallraten sinken erheblich.

Sharing als Geschäftsmodell?

Zwei Aspekte sind auffällig: Sharing braucht keine Welt von Brüdern und Schwestern, die gemeinschaftlich teilen. Sondern es reicht ein Geschäftsmodell, das aufgrund seiner Angebotscharakteristika den Konsum der Nutzung erheblich verbessert („more comfortable“). Das Teilen wird auch ohne Gemeingüter vonstatten gehen.4 Teilt man es sich hingegen anteilig, muss das alles so geregelt sein, dass keine Konflikte entstehen. Das Nutzungsverhalten ist nämlich durch das bisher übliche Eigentumsverhalten geprägt und nicht auf die Achtung des eigenen Gebrauchs für andere. Hier entstehen neue kulturelle Anforderungen. Das gemeinschaftliche Teilen setzt fundierte Institutionen voraus; wir kennen sie längst, z.B. genossenschaftliche Eigentumsformen.5 Gerade weil es kein Markt, sondern eine Nutzungs-Allokations-Organisation ist, müssen Regeln gelten: Wer bekommt in welcher Reihefolge? Wie lange? Wer haftet für Schäden? Wann wird neu investiert? Das lässt sich nachbarschaftlich oder in Gruppen machen, die einander kennen: auf einer Vertrauensbasis und der Möglichkeit, andere anzusprechen, wenn sie fehlhandeln. Doch allein die möglichen Konflikte schrecken bereits wieder viele.

Die unternehmerische Angebotsvariante des Teilens fokussiert all diese Aspekte beim Anbieter, nicht beim Kunden. Beim Club-Gemeinschafts-Modell des Teilens gibt es keine Kunden; deshalb müssen alle Nutzer zugleich Ko-Produzenten des Teilens sein – ein inkommoderer Modus (eine Unterart der Prosumtion). Es sei denn, man managt diese Gemeinschaftsform professionell. Der Unterschied zu den Business-Angeboten besteht darin, keinen gewinnorientierten Betrieb (for profit) zu haben. Die Grenzen zum normalen Unternehmen sind aber fließend:6 auch als Gemeinschaftsprojekt muss man Kredite aufnehmen, um Erweiterungsinvestitionen zu tätigen und dafür Rücklagen bilden. Es gibt allerdings keine Eigentümerdividende. Die Gemeingutclubs wollen sicherstellen, „dass ihre Arbeit und ihre Daten nicht allein von Dritten zu Geld gemacht werden“.7 Es wird viele solche Clubs geben, aber zu höheren Kosten: Sie haben keine Freiheit, anderswo Nutzungen einzugehen. Es kommt dann letztlich auf die Haltung zum Teilen an (Belief Structure); diese Gemeinschaftshaltung wiederum werden nicht so viele teilen, dass sie den Markt verdrängt. Letztlich kommt es bei der Share Economy darauf an, wieviele Nutzer welche Angebotsmodelle teilen. Das ist kein Wortspiel: Das Teilen hat eben verschiedene soziale Modelle.

Die neuen Internetcommunities z.B. wie Uber, Airbnb etc. sind Organisationen ohne Eigenkapital, die fremdes privates Eigentum teilen: private Autos, private Wohnungen etc. Aus den Vermittlungsgebühren werden für die Eigentümer des Organisationskonzeptes Profite erwirtschaftet. Uber, Airbnb etc. sind Handelskonzerne, die private Verfügungsrechte anderer anderen vermitteln. Der weltweite Erfolg beruht nicht auf einer Gemeinschafts-, sondern auf einer Geschäftsidee. Wir müssen zwischen dem gemeinschaftlichen Teilen (Collaborative Commons) und der bloßen Vermittlung von Nutzungsrechten unterscheiden.8 Beiden Konzepten gemeinsam ist die Trennung von Eigentum und Besitz (Verfügungsrechte). Sie unterscheiden sich darin, dass im Geschäftskonzept keine Gemeineigentumsverpflichtung eingegangen wird. Erst unter dieser Bedingung können die Nutzer sich frei in den Konkurrenzangeboten bewegen. Sie haben die Nutzungs- bzw. Zugangsfreiheit, ohne sich wegen ihrer Gemeingutinvestition (ein Clubgut) gebunden zu fühlen (auch nicht an deren zum Teil höheren Kosten).

Weshalb ist die Nutzungsfreiheit potenziell attraktiver?9 Das Teilen im Club-Modus investiert nicht immer gleich in neueste Technologien. Wie will ein Teilen-System gegen die Innovations-Angebots-Dynamiken anhalten? Wie halten sich die gemeinschaftlichen Teilen-Organisationen gegen den innovativen Markt? Wer will – in einer statusbetonten Gesellschaft – alte Sachen nutzen? Hier trifft das Teilen auf eine hypermoderne Schranke.

In einer dynamischen Angebotswelt, in der ständig neue Produkte, Designs und Technologien angeboten werden, in zunehmend schnellerem Wechsel, ist das Eigentum an Dingen notwendig abnehmend interessant: Man hat ja dann vermehrt nur noch „altes Zeug“/alte Technologien im Haus. Die Nutzungsmärkte sind eine rationale Antwort auf diese Marktdynamik: wenn man immer das Neueste/Beste haben will, lohnen sich die Nutzungsverfügungen über vorübergehenden Besitz eher statt Eigentum (das zur Last wird: zu einer Last unmoderner, schnell veraltender Unbrauchbarkeiten. Das alte Eigentum – unser Leben ist voller alter Kleidung, technischer Geräte, Autos etc., deren Wiederverkaufswert sinkt – wird zu Schrott, nur noch Materialwert. Sekundärmärkte verfallen: ihre Asset-Qualität magert ab).

Natürlich wird es Nischen geben, die das Gebrauchen eher schätzen als ständig etwas Neues haben zu wollen (Suffizienz).10 Aber wie groß sind diese Nischen? Wie nachhaltig?11 Sind sie ausbreitungsfähig? Werden sie nicht durch die innovativeren Systeme überrollt (wenn BMW z.B. immer die neuesten Autos ins System stellt)? Wie konkurrenzfähig sind die Sharing-Gemeinschaftsprojekte gegenüber den Geschäftsmodellen der freien Nutzungszugriffe?

Netzwerkcommunities

Die Gegensetzung von freiem Markt und Gemeinwirtschaft ist ein altes Konzept (besonders dann, wenn in den Gemeingutprojekten noch die „Solidarität“ mitschwingt). Inzwischen sind wir in den Internetwelten andere Formen der Community gewohnt: Wir haben es mit Netzwerkcommunities zu tun, die sich aber ebenso schnell auflösen können wie sie sich schwarmartig bilden. Was in den Netzwerken gemeinsam wird, beruht auf einer losen Kopplung von „friends“, nicht von „Freunden“. Man teilt, wenn alle teilen, aber man wechselt auch ebenso, wenn alle wechseln. Es ist ein instabiles System, das zwar ständig neue Communities bildet, die aber nichts von alten Gemeinschaftsinstitutionen haben. Die geteilte Nutzungseffizienz dominiert (joint bzw. shared Utility) die Gemeinschaftlichkeit.

Eines aber ändert sich manifest: das Verhältnis zum Eigentum. Das ist ein kultureller Wandel, den wir aufmerksam beobachten sollten. Durch das Internet sind wir daran gewöhnt worden, mit Crowd-Ressourcen zu arbeiten: mit freiem Informationszugang und öffentlichen Knowledge Goods, die kostenlos angeboten werden (auch wenn nicht übersehen werden darf, dass in anderen Dimensionen dafür gezahlt wird). So hat sich ein Access-/ Zugriffsmodus entwickelt: kostenlos. Das überträgt sich in andere Dimensionen – zwar nicht durchgehend „kostenlos“, aber mit sinkenden Preisen.

Man kauft sich Komfort. Die Silicon-Valley-Industrie ist genau in dieser Dimension erfolgreich. Natürlich sinkt in einer Share Economy die Gesamtnachfrage nach Gütern, und die Produktionsmengen schrumpfen. Man stellt fest, dass man in toto viel weniger Güter braucht, weil sie fortan effizient genutzt werden. In dem Sinne ist das Teilen-Modell nicht im Interesse der Unternehmen, die Güter herstellen. Für Peter Thiel – einen Silicon-Valley-Protagonisten – ist der Marktwettbewerb deshalb ein Auslaufmodell: Es bleiben die leistungsstarken Monopole, die ihre Produkte/Leistungen leasen werden.12 Thiel entfaltet die Vision eines „californischen Marktsozialismus“, wie ich es nennen möchte, der nicht auf Gemeinschaftlichkeit basiert, sondern auf optimierter Versorgung (inklusive einer – wie sonst anders als staatlichen – Grundeinkommenversion, damit die wegen des technischen Fortschritts eskamotierten Bürger weiter nachfragefähig bleiben).

Natürlich ist das kein Teilen-Modell mehr, sondern ein Nutzungsverkauf. Bei den E-Books sind wir längst schon eingestiegen: Die „Bücher“, die man elektronisch kauft, gehören einem nicht (warum sollte dann nicht auch das Kindle-Lesegerät geliehen werden?). Man kauft Nutzungsrechte. So gewöhnen wir uns daran. Genauso bei der Musik. Wenn der allgemeine Zugriff gewährleistet ist (gegen Nutzungsgebühr), scheint für uns kein Unterschied zu bestehen, nur dass wir weniger zahlen.

Rifkin verwechselt diese Entwicklung mit einer neuen Form der Gemeinschaftlichkeit. Dass wir frei auf eine anschwellende Menge von Nutzungsmöglichkeiten zugreifen, bedeutet nicht, dass wir neue Formen des Gemeinsinns entwickeln müssen (obwohl sie natürlich auch entstehen können). Wenn wir uns Wohnungen, Autos, Internet etc. teilen, bleibt die Nutzung weiterhin privat. Wenn wir im Internet und in den sozialen Medien allerdings auch noch freimütig zeigen, was wir nutzen, teilen wir unsere Präferenzen, unseren Geschmack, unsere Vorlieben. In den Netcommunities kommunizieren wir, was im Trend liegt bzw. wozu wir uns überreden lassen.13 Wir befinden uns längst in einer Ökonomie des Teilens, indem wir das kaufen, was andere kaufen. Diese Form des Teilens (Shared Meaning) praktizieren wir, um unsere Positionierung in der sozialen Matrix aufrecht zu erhalten. Es sind Schwarmgemeinschaftlichkeiten, die bald zerfallen und in andere Trends, andere Zugriffe wechseln. Man kann diese Netzwerkformen des Gemeinschaftlichen nicht mit den klassischen Formen der Gemeinschaftsgüter (Allmende, Commons) gleichsetzen. Rifkin neigt zu dieser missverständlichen Verallgemeinerung.

Wir sind zwar immer schon in Teilungsgemeinschaften involviert: in Familien, Verwandtschaft, Freundschaften etc. In den Familien herrschen gabenökonomische Prinzipien: Man schenkt den anderen aus seinem Einkommen. Nun aber mit (anonymen) Anderen zu teilen, bedeutet, das familiare Prinzip über die Familien hinaus auszuweiten. Das hat für viele Grenzen. Nur familienähnliche Strukturen lassen sich öffnen: Fahrgemeinschaften mit Kollegen, Ausleihbeziehungen mit Nachbarn, Darlehen an Freunde etc. Mit allen anderen stehen wir – kulturell bewährt – in Transaktionsbeziehungen. Wenn wir das Teilen ausweiten, gehen wir in Verpflichtungszusammenhänge, die wir eher meiden. Der Vorteil des Marktes ist schließlich der, gegen Zahlung von allen weiteren Verpflichtungen befreit zu sein (ein historisches Freiheitsmoment, das uns aus allen engen Verwandtschaftssystemen und Untertanenloyalitäten herausgeholt hat).

Für das gemeinschaftliche Teilen sind wir hypermodernen Individuen nicht sozialisiert, kulturell dem entfremdet. Die Netzwerke sind die moderne Form loser Kopplungen. Neu ist die Tatsache, dass das nicht mehr über Eigentumserwerb gehen muss. Man kauft nicht mehr das ganze Produkt, sondern nur das davon, was man gerade braucht (ich möchte es – vorsichtig – eine „neue Gebrauchswert­ökonomie“ nennen). Die Kosten/Nutzen-Relationen ändern sich vielfältig, wenn man sich nicht mehr das „ganze Produkt“ aneignen muss: Man kann sich relativ mehr leisten (oder mit weniger Einkommen den alten Konsumstandard halten und auch ökologische Effekte erzielen).14 Hier – aber nur hier – hat Rifkin recht: die Wirtschaftsgesellschaft wandelt sich. Die Ökonomen haben immer schon vom Nutzen der Güter geredet; jetzt beginnt uns aufzufallen, das der Nutzen nicht notwendig mit einem Eigentum am zu konsumierenden Gut verknüpft sein muss. Umso wichtiger werden die rechtlichen Regelungen: Wie der Besitz der Nutzung gewährleistet ist, welche Haftungen gelten, und wie Abnutzungen und Schäden verrechnet werden. Nicht Gemeinschaft/Nutzung wird das dominierende Thema der Share Economy, sondern das Verhältnis von Nutzung, Recht und Ökonomie.

  • 1 Vgl. J. Rifkin: Der Anfang einer Revolution (Interview), in: Spiegel, Nr. 32, vom 8.4.2014, S. 62-64; ders.: Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft: Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus, Frankfurt a.M., New York 2014; F. Bardhi, G. M. Eckhardt: Access-Based Consumption: The Case of Car Sharing, Journal of Consumer Research, 39. Jg. (2012), H. 4, S. 881-898.
  • 2 J. Rifkin: Der Anfang einer Revolution ..., a.a.O., S. 62.
  • 3 Von C. C. von Weizsäcker: Das Ende der Knappheit?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 235, vom 10.10.2014, S. 18.
  • 4 Vgl. auch die Ergebnisse in F. Bardhi, G. M. Eckhardt, a.a.O.
  • 5 Vgl. T. Theurl: Share Economy – Eine Wiederentdeckung der Genossenschaften?, in: Newsletter des Institutes für Genossenschaftswesen der Universität Münster, Nr. 2, 2014, S. 69-72.
  • 6 Ebenso J. Rifkin: Der Anfang einer Revolution ..., a.a.O., S. 64.
  • 7 Ebenda.
  • 8 Auch F. Bardhi, G. M. Eckhardt, a.a.O.
  • 9 Vgl. auch C. C. von Weizsäcker, a.a.O.
  • 10 U. Schneidewind, A. Zahmt: Damit gutes Leben einfacher wird: Perspektiven einer Suffizienzpolitik, München 2013.
  • 11 Vgl. R. Loske: Neue Formen kooperativen Wirtschaftens als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Überlegungen zur Wiedereinbettung der Ökonomie in Gesellschaft und Natur, in: Leviathan, 42. Jg. (2014), H. 3, S. 463-485.
  • 12 P. Thiel: Zero to One: Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet, Frankfurt a.M., New York 2014.
  • 13 B. P. Priddat: Homo Dyctos: Netze, Menschen, Märkte. Über das neue Ich: market-generated identities, Marburg 2014, Kap. 2.
  • 14 R. Loske, a.a.O.

Die Sharing Economy – ein Konzept zur Überwindung von Wachstumsgrenzen?

Der Diskurs um nachhaltiges Wirtschaften befindet sich an einem Wendepunkt: Wachstumsbefördernde und wachstumskritische Konzeptionen stehen sich konträr gegenüber. Wenngleich letztere seit der Finanzkrise von 2008 zunehmendes Interesse verzeichnen, dominieren derzeit noch Visionen einer ökologischen Modernisierung, die ein sogenanntes „grünes Wachstum“ versprechen. Dabei wird technischen und systemischen Innovationen zugetraut, anhaltende Zuwächse des Bruttoinlandsproduktes von ökologischen Schäden zu entkoppeln. Ergänzend dazu wird in der Verzahnung von digitalen Kommunikationsmedien und neuen institutionellen Marktarrangements eine Möglichkeit gesehen, wissens- und dienstleistungsbasierte Nutzungsformen zu kreieren. Getreu dem Motto „nutzen statt kaufen“ wird anstelle des Eigentums an Gebrauchsgütern lediglich das Nutzungsrecht übertragen.

Den Klassiker derartiger Versuche einer Dematerialisierung durch Nutzungsintensivierung stellt das Carsharing dar. Doch schon an diesem Beispiel scheiden sich die Geister: Tragen derartige Dienstleistungsangebote, die isoliert betrachtet im Vergleich zum Erwerb eines eigenen Autos ressourceneffizienter sind, tatsächlich zur Senkung der Energie- und Materialverbräuche bei? Oder generieren sie soviel zusätzliche Nachfrage, dass der Effizienzeffekt überkompensiert wird? Inzwischen dient die neue Kultur des Sharing sogar als Projektionsfläche für einen weitreichenden Transformationsentwurf. Basierend auf der Konzeption sogenannter „Commons“1 oder einer „Null-Grenzkosten-Gesellschaft“2, die durch ein „Internet der Dinge“ und durch „kollaboratives Gemeingut“ ermöglicht werde, erwartet beispielsweise Rifkin gar einen „Rückzug des Kapitalismus“. Auch vor wachstumskritischen Positionen macht die Turbulenz um Sharing-Konzepte nicht Halt. Denn wenn der Industrieoutput sinkt, bedarf es gemeinschaftlicher Nutzungssysteme, um zumindest graduell die Suffizienz-Leistung zu dämpfen, die den Verbrauchern infolge einer geringeren Konsumgüterausstattung notwendigerweise abverlangt würde.

Fast scheint es so, als markiere die Sharing-Logik einen Konsens, der sogar das Spannungsfeld zwischen „Green Growth“ und „Degrowth“ überbrücken könnte. Aber dieser Eindruck ließe die weitreichenden Ausgestaltungsunterschiede und deren Vorbedingungen außer Acht. Diese reichen von der Vermarktung kommerzieller Dienstleistungen, die neue Wachstumschancen versprechen, bis zu subsistenten, also vollkommen entmonetarisierten Nutzungsformen.

Sharing-Märkte sollen das Wachstumsparadigma retten

Angelehnt an die von Jantsch stammende Grundidee der „Funktionsorientierung“ richten sich Sharing-Ansätze an den eigentlichen Zwecken und Funktionen konsumtiver Handlungen aus.3 Schließlich ist das Eigentum an materiellen Produkten nur eine von mehreren Optionen, um einen bestimmten Bedarf zu befriedigen oder eine angestrebte Konsumfunktion zu erfüllen. Demnach verkörpern Produkte keinen Selbstzweck, sondern können als „Dienstleistungserfüllungsmaschinen“ betrachtet werden.4 Anhänger eines qualitativen oder grünen Wachstums sehen gerade hierin eine Möglichkeit, materielle Wachstumsbarrieren zu überwinden. Diese erstrecken sich keineswegs nur auf ökologische Grenzen oder absehbare Ressourcenengpässe im Sinne eines „Peak Every­thing“.

Gerade in übersättigten Konsumgesellschaften stellt sich aus betriebswirtschaftlicher Perspektive zunehmend die Frage, wie sich die Nachfrage auch jener Personen weiter steigern lässt, die bereits geradezu überbordend mit materiellen Gütern ausgestattet sind. Denn die Maximierung des sogenannten „Customer Lifetime Value“, also dem „Maß für die Werte, die sich mit einem Menschen schöpfen lassen, wenn jeder Augenblick seines oder ihres Lebens in irgendeiner Form vermarktet wird“, stößt an Grenzen,5 die sich durch Sharing-Modelle verschieben lassen:

  • Immer mehr Mittelschichthaushalten geht trotz des Besitzes von Einfamilienhäusern der Lagerraum für Konsumgüter aus. Der Boom sogenannter „Selbstlagerzentren“ kann als Indiz für die schleichende Verstopfung aller Lebens- und Wohnbereiche mit den kumulierten Anhäufungen jahrzehntelangen Konsums gewertet werden. Selfstorage-Anbieter offerieren ausgelagerten Stauraum für Wohlstandssymbole, die im Haus, Keller, Speicher, Schuppen oder Carport schlicht keinen Platz mehr finden. Der Verband Deutscher Selfstorage Unternehmen vermeldet jährliche Wachstumsraten von bis zu 50%.
  • Ein zunehmend global entgrenzter Lebens- und Arbeitsstil sowie „weltwärts“ orientierte Bildungsprogramme oder der an Hochschulen längst zum unausgesprochenen Zwang erhobene (möglichst häufig anzutretende) Auslandsaufenthalt, ebenso ein „digitales Nomadentum“ etc. bedingen eine Erosion jeglicher Sesshaftigkeit. Das Eigentum an räumlich gebundenen Konsumgüterausstattungen wird so zu einem Hindernis für mobile und flexible Selbstverwirklichung.
  • Nachfrager verfügen über eine höhere Kaufkraft, wenn sie nicht in Konsumgüter investieren müssen, sondern nur das vorübergehende Nutzungsrecht erwerben.
  • Mit zunehmender Innovationsfrequenz kann Privateigentum einen Verlust an Freiheitsgraden heraufbeschwören. Die Investition in ein langlebiges und kostspieliges Konsumgut impliziert eine irreversible Entscheidung. Sollten vor Ablauf der üblichen Nutzungs- oder Abschreibungsdauer verbesserte Varianten verfügbar sein, könnten diese nur unter Inkaufnahme entsprechender Liquiditätsverluste (bezogen auf die bereits getätigte Investition) erworben werden.
  • Wenn langlebige Konsum- oder Investitionsgüter, die in privatem Eigentum sind, phasenweise nicht ausgeschöpft werden, ergeben sich Vermarktungsspielräume. Das Nutzungsrecht innerhalb derartiger Lücken kann – sofern geeignete Märkte existieren – zu Preisen unterhalb des Niveaus professioneller Dienstleister angeboten werden. Insoweit die Anschaffungskosten für private Sharing-Objekte bereits „versenkt“, folglich nicht mehr entscheidungsrelevant sind, zudem die Vermarktung der Nutzungsrechte keinen (hohen) Transaktionsaufwand verursacht, ist ein Angebot zu geringen oder im Idealfall gar keinen Grenzkosten möglich. „Uber“ oder „Airbnb“ bieten Beispiele dafür, wie private Eigentümer von Autos bzw. Wohnraum neue Geschäftsmodelle entwickeln, um in etablierte Märkte einzutreten. Dies steigert die Nachfrage nach Taxifahrten bzw. Übernachtungen von solchen Konsumenten, die derartige Angebote zu üblichen Preisen nicht hätten finanzieren können oder wollen. In dem Maße wie sowohl die Anbieter als auch die Nutzer von derartigen Sharing-Modellen profitieren, könnte von einer Pareto-Verbesserung gesprochen werden.

Diese mikroökonomischen Vorteile waren jedoch nicht hinreichend für die dynamische Entwicklung derartiger Geschäftsfelder. Als weitere Voraussetzung haben sich digitale Kommunikationsmedien, insbesondere Smartphones, erwiesen. Deren Transaktionskosten senkender Effekt ließ überhaupt erst jene Marktsysteme entstehen, ohne die eine signifikante Verbreitung (semi-)professioneller Sharing-Konzepte nicht denkbar gewesen wäre. Die hierbei relevanten Transaktionskosten umfassen den Aufwand der Suche und des Vergleichs von Angeboten, die Marktransparenz, Vertrauen erzeugende Bewertungssysteme, einen Austausch der Nutzererfahrungen sowie einen ortsungebundenen, zeitsparenden und bequemen Vertragsabschluss.

Weiterhin handelt es sich bei den mittels Sharing generierten Services naturgemäß um Prozesse, die keine nennenswerten fixen oder irreversiblen Investitionskosten involvieren. Folglich entfallen zunehmende Skalenerträge, die dazu führen würden, dass die Konkurrenzfähigkeit der neuen Anbieter davon abhängt, eine bestimmte Betriebsgröße zu erreichen. Dies reduziert Markteintrittsbarrieren. Außerdem stehen der Expansion von Sharing-Märkten bislang keine nennenswerten gesetzlichen oder regulativen Hindernisse entgegen – wenngleich dies, wie der Fall „Uber“ zeigt, auf Seiten etablierter Service-Anbieter für negative Furore sorgt. Moniert werden Wettbewerbsverzerrungen, weil mit den neuen Sharing-Services systematisch Sicherheitsbestimmungen, Qualitätsstandards und Kompetenzanforderungen umgangen würden, in deren Erfüllung von den professionellen Anbietern kostenträchtig investiert worden sei. Aber gerade deshalb lässt sich konstatieren, dass die (semi-)professionelle, also gewinn­orientierte Sharing-Economy neue Wachstumskorridore eröffnet. Denn sie überwindet nicht nur die Beschränkungen des eigentumsgebundenen Konsumparadigmas, sondern auch andere institutionelle Hindernisse.

Wie „grün“ sind die neuen Sharing-Märkte?

Die mit Sharing-Konzepten assoziierte Ressourcen- und Energieeffizienz hängt kritisch vom spezifischen (De-)Materialisierungsgrad der weiterhin benötigten Hardware ab. Zu unterscheiden ist zwischen fixen Ressourcenverbräuchen, die der Herstellung, Bereitstellung sowie Entsorgung der betreffenden Gebrauchs- bzw. Investitionsgüter zuzuschreiben sind, und den variablen Verbräuchen, die unmittelbar durch die Nutzung verursacht werden. Mit weniger Automobilen dieselbe Fahrleistung zu erbringen, entlastet die Ökosphäre nur, wenn ein hinreichender Anteil der Gesamtbelastung des motorisierten Individualverkehrs überhaupt auf das Automobil als solches und nicht auf den eigentlichen Betrieb entfällt. Und selbst wo dies zuträfe, wäre nicht auszuschließen, dass eine Zunahme der Leistungsnachfrage – in diesem Fall der gefahrenen Kilometer – den Einspareffekt überkompensiert.

Genau letzteres dürfte den Regelfall markieren, denn insoweit das Sharing kostengünstiger als die Investition in eigene Hardware ist, steigt die Nachfrage nach Leistungseinheiten. Es entspricht betriebswirtschaftlicher Logik, über den Kosten- und somit Konkurrenzvorteil des Sharings zusätzliche Nachfrage zu generieren. Bezeichnenderweise hat ein norddeutsches Carsharing-Unternehmen vor einiger Zeit mit dem Slogan „Wem ein Auto zu viel und keines zu wenig ist“ geworben. Die Frage, wie viele bisherige Autoeigentümer ihr Fahrzeug tatsächlich durch Carsharing-Dienstleistungen substituieren und wie viele Menschen, die bislang niemals Pkw genutzt haben, neuerdings zu Autofahrern werden, so dass schließlich lediglich zusätzliche Fahrleistungen, aber keine signifikante Reduktionen der Pkw-Anzahl resultieren, ist brisant.

Sharing-Lösungen dienen, insoweit diese im Kontext einer auf Wachstum konditionierten Ökonomie stehen, zur expansiven Nachverdichtung jener Lücken, die sich innerhalb eines zusehends gesättigten Spektrums von Konsumbedarfen aufspüren lassen. Es dürfte zu den tragischsten Irrtümern der Nachhaltigkeitsforschung zählen, dienstleistungsbasierte Wertschöpfung mit Dematerialisierung zu assoziieren. Ein Blick auf die Empirie bestätigt: Gerade Services, Zugangsberechtigungen („Access“), Erlebniskonsum, Kommunikationstechnologien oder vermeintlich wissensintensive, also „smarte“ Dienstleistungen erweisen sich als Schrittmacher einer grassierenden Inanspruchnahme materieller Ressourcen. Auch wenn die am „Point of Sale“ transferierte Leistung aus Sicht des Verbrauchers immateriell anmutet, können die Verästelungen aller materiellen Wirkungen eklatant sein. Per se sind Dienstleistungen keineswegs prädestiniert, Materie durch puren Nutzen zu substituieren. Im Gegenteil: Ebenso stichhaltig ließe sich eine komplementäre Beziehung zwischen Service-Konsum und im Hintergrund mitwachsenden Hardware-Anforderungen begründen.

Als „weiches Ende“ einer Materie behafteten Prozesskette tragen Dienstleistungen dazu bei, Wertschöpfungsleistungen optimal an die Nachfrageseite anzupassen. Aufgrund ihrer virtuellen Organisationsstruktur verleihen sie dem zum vermittelnden Output jedes erdenkliche, seine Attraktivität steigernde Antlitz. Auf die enge Verflechtung von materiellen Produkten und Dienstleistungen hat beispielsweise Teitscheid hingewiesen: „Ein Großteil der Dienstleistungen sind produktionsorientierte Dienstleistungen, also bedingt durch und abhängig vom weiteren Wachstum der industriellen Produktion. Sie drängen die Industrie nicht zurück, sondern sind Ausdruck deren veränderten Settings.“6

Als flexibles, leicht formbares Convenience-Bindeglied verhelfen Dienstleistungen der physischen Produktion nicht nur zu hinreichender Anschlussfähigkeit an heterogene und anspruchsvolle Konsumwünsche, sondern wecken diese überhaupt erst – nicht zuletzt weil die Verwertung eines zusehends produktiver werdenden Kapitalstocks entsprechendes Nachfragewachstum verlangt. Zugespitzt ließe sich fragen, worin überhaupt der Unterschied zwischen Services und Marketingmaßnahmen besteht. Aber damit würde sich jeder logische Zusammenhang zwischen der oft beschworenen Vision einer Service Economy gemäß dem Prinzip „selling performance instead of goods“ und einer Entkoppelung wirtschaftlichen Wachstums von Stoffflüssen vollends auflösen.7

Zu berücksichtigen sind weiterhin „finanzielle Re­bound­effek­te“.8 Wie wirkt sich der aus einer kostensparenden Inanspruchnahme von Sharing-Leistungen resultierte Kaufkraftgewinn aus? Besonders instruktiv ist das Beispiel „Airbnb“: Über die Vermittlung ex­trem günstiger privater Übernachtungsmöglichkeiten wird eine interkontinentale Reise für manche Personen überhaupt erst erschwinglich. Auf diese Weise wird der ökologisch ruinöse Flugverkehr angeheizt. Ausgerechnet global entgrenzte Existenzformen, die mit historisch einmaligen individuellen CO2-Fußabdrücken korrespondieren, werden gerade durch den Convenience-Effekt, also die Senkung von Transaktionskosten, sowie durch die generellen Kostenvorteile von Sharing-Konzepten befördert.

Sharing als urbane Subsistenz

Wachstumskritische Ökonomieentwürfe akzentuieren Versorgungsformen, die ebenfalls Bezüge zum Sharing herstellen. Speziell das Konzept der „Postwachstumsökonomie“ sieht eine Balance dreier sich ergänzender Versorgungssysteme vor,9 nämlich erstens ein deutlich verkleinertes Industriesystem, zweitens Regionalökonomien (basierend auf Komplementärwährungen) sowie drittens urbane Subsistenz. Marktbasierte, also weiterhin kommerzielle Sharing-Ansätze lassen sich in die Regionalökonomie integrieren. Darüber hinaus kommt der nicht kommerziellen Gemeinschaftsnutzung von Gebrauchs- und Investitionsgütern im Subsistenzsektor hohe Bedeutung zu. Innerhalb der Postwachstumsökonomie besteht die Funktion der Nutzungsteilung im Gegensatz zur Green Economy darin, die ökonomischen Folgen einer Wachstumsrücknahme ökonomisch und sozial abzufedern. Im Subsistenzbereich soll ein autonomer und selbstverwalteter Aufbau organisatorischer Strukturen – ganz gleich ob lose Nachbarschaften, Selbsthilfe-Netzwerke, urbane Tauschringe, Transitions-Town-Projekte, Verleihstationen oder ganzheitliche Konzepte wie etwa „Neustart Schweiz“ – eine Basis für den entgeltlosen Zugriff auf gemeinschaftlich bewirtschaftete Güter bilden.

Kontrovers wird hierbei die Rolle des Eigentums diskutiert. Anhänger der Commons-Bewegung plädieren zumeist dafür, gemeinschaftliche Nutzungsformen als Gemeingüter, Allmenden, „Digital Commons“ oder im Rahmen einer sogenannten „Peer-Ökonomie“ zu institutionalisieren.10 Dabei wird unterstellt, dass die Gefahr einer Übernutzung, einer mangelnden Verantwortungs- und Zuständigkeitsübernahme oder anderer Formen eines opportunistischen Trittbrettfahrerverhaltens, wie seinerzeit trefflich von Hardin als „Tragedy of the Commons“ beschrieben,11 durchaus beherrschbar sei. Dieser Optimismus speist sich aus einer Vielzahl empirischer Beispiele, die von der Nobelpreisträgerin Ostrom zusammengetragen wurden. Dennoch stellt sich die Frage nach einer Übertragbarkeit derartige Gemeingütersysteme auf moderne Konsumgesellschaften, eingedenk des unausweichlichen Transaktionskostenaufwandes.

Übersehen wird zuweilen, dass in einem System multipler, über Tauschvorgänge vermittelter Subsistenzleistungen auch Alternativen des Sharings denkbar sind, die das Privateigentum an gemeinschaftlich genutzten Gütern nicht ausschließen. Im Kontext der Postwachstumsökonomie beruht urbane Subsistenz darauf, drei Output-Formen zu kombinieren: erstens eigenständige Nutzungsdauerverlängerung durch Pflege und Reparatur, zweitens eigene Produktion sowie drittens Gemeinschaftsnutzung. „Prosumenten“12, die aufgrund eines Industrierückbaus deutlich weniger als 40 Wochenstunden arbeiten, verwenden erstens die frei gewordene Zeit, zweitens handwerkliche Kompetenzen sowie drittens soziales Kapital als Ressourcenbasis für kollaborative Selbstversorgungspraktiken. Prosument A könnte sich ein defektes Notebook von Prosument B reparieren lassen und gewährt ihm als Gegenleistung ein halbtägiges Nutzungsrecht an seinem Pkw. Prosument C könnte drei anderen Prosumenten die eigene Digitalkamera und Waschmaschine temporär zur Verfügung stellen, um im Gegenzug Ernteanteile aus einem Gemeinschaftsgarten oder Zugriff auf die Kreissäge oder das Bügeleisen der anderen Prosumenten zu erhalten. Derartige Tauschvorgänge integrieren Sharing-Leistungen in reziproke Leistungsbeziehungen. So bleibt das Eigentumsrecht und folglich die Motivation, sich für den Erhalt der gemeinschaftlich genutzten Güter einzusetzen, prinzipiell gewahrt. Dies könnte die andernfalls enormen Transaktionskosten verringern.

Ausblick

Sharing-Modelle umfassen drei Anwendungsbereiche, nämlich (1) Angebote professioneller Unternehmen, (2) semi-professionelle Anbieter eines Nutzungsrechtes an privatem Eigentum sowie (3) urbane Subsistenz. Die ersten beiden Formen werfen ein Dilemma auf: Sie erschließen immense einzelwirtschaftliche Vorteile, weil sie die vormals prohibitiven Transaktionskosten einer entgrenzten Gemeinschaftsnutzung mittels digitaler Kommunikationstechnologien senken. Aber dafür generieren sie umso höhere externe Kosten, insoweit sie weiteres Wachstum und Lebensstile induzieren, die mit keinem Nachhaltigkeitsanspruch zu vereinbaren sind. Nur unter den Bedingungen einer nicht wachsenden Ökonomie, insbesondere rigider Obergrenzen für die Inanspruchnahme ökologisch relevanter Ressourcen, können Sharing-Konzepte dazu beitragen, Ressourcenverbräuche durch Nutzungsintensivierung zu verringern.

  • 1 E. Ostrom: Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt. Tübingen 1999.
  • 2 J. Rifkin: Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft. Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus, Frankfurt a.M. 2014.
  • 3 E. Jantsch: Unternehmung und Umweltsysteme, in: B. Hentsch, F. Malik (Hrsg.): Systemorientiertes Management, Bern, Stuttgart 1973, S. 27-46.
  • 4 F. Schmidt-Bleek: Das MIPS-Konzept. Weniger Naturverbrauch – mehr Lebensqualität, München 2000.
  • 5 J. Rifkin: Access. Das Verschwinden des Eigentums, Frankfurt a.M. 2000, S. 15.
  • 6 P. Teitscheid: Nachhaltige Produkt- und Dienstleistungsstrategien in der Informationsgesellschaft, Berlin 2001, S. 45.
  • 7 W. Stahel: Sustainability and Services, in: M. Charter, U. Tischner (Hrsg.): Sustainable Solutions, Sheffield 2001, S. 151.
  • 8 N. Paech: Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie, München 2012.
  • 9 N. Paech: Regionalwährungen als Bausteine einer Postwachstums­ökonomie, in: Zeitschrift für Sozialökonomie (ZfSÖ), 2008, 45/158-159, S. 10-19; N. Paech: Befreiung vom Überfluss…, a.a.O.
  • 10 C. Siefkes: Beitragen statt tauschen. Materielle Produktion nach dem Modell Freier Software, Neu-Ulm 2008.
  • 11 G. Hardin: The Tragedy of the Commons, in: Science, 1968, S. 1243-1248.
  • 12 A. Toffler: The Thrid Wave, New York 1980.

Title:The Sharing Economy – Sustainable and Innovative?

Abstract:The sharing economy is spreading increasingly throughout the traditional economy. By means of innovative information technology, this business model generates effective concepts to reduce transaction costs and other barriers which hinder businesses that sell services instead of material goods. There are great expectations that the new market structure might save resources, but these may be fallacious. Sharing models may increase external costs, since these concepts foster unsustainable lifestyles and other financial rebound effects. The sharing economy comprises numerous different business models whose common trait is that the emphasis is placed not on ownership but rather on the use of a good. While the sharing economy’s encroachment into providing taxi services has proven to be especially contentious, the fact that the sharing economy’s business models are heterogeneous means that market regulation should be examined market by market to ensure fair competition between traditional and non-traditional firms. The governance structures of the sharing economy, as they are practiced today, imply that it is mainly the platform owners who absorb all the profits. In contrast, a sharing economy using cooperatives as an organisational vehicle ought to direct profits to users instead of investors.


DOI: 10.1007/s10273-015-1785-z

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