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Mit der ab 2020 auch für die Länder geltenden Schuldenbremse verlieren diese die Möglichkeit, in konjunkturellen Normalsituationen neue Kredite aufzunehmen. Dies kann dazu führen, dass notwendige Investitionen beispielsweise in die Infrastruktur unterbleiben. Um das abzumildern, müsste die Einnahmensituation der Länder verbessert werden. Der Autor analysiert, wie mehr Steuersatzautonomie der Länder durch die Einführung von Hebesätzen auf Erbschaft-, Einkommen- und Körperschaftsteuer erreicht werden kann und zeigt die damit verbundenen Wirkungen auf die Ländereinnahmen und den Länderfinanzausgleich auf.

Durch die im Rahmen der Föderalismuskommission II beschlossene Schuldenbremse ist es den Bundesländern ab dem Jahr 2020 in konjunkturellen Normalsituationen verwehrt, Kredite aufzunehmen. Dadurch wird der Spielraum der Länder zur Finanzierung z.B. ihrer Investitionen begrenzt. Soll auf eine umfangreiche ausgabenseitige Konsolidierung verzichtet werden, die – wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat – oft zulasten der Bauinvestitionen gegangen ist, so muss nach anderen finanziellen Mitteln Ausschau gehalten werden. Eine Möglichkeit zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben sind Steuern. Für die Länder ist zu konstatieren, dass die Steuersatzautonomie auf dieser Ebene derzeit im Vergleich zum Bund und den Gemeinden schwach ausgeprägt ist.1 Einzig bei der Grunderwerbsteuer gibt es eine Steuersatzautonomie. Die bisherige Steuersatzautonomie der Länder eignet sich somit nicht, um die als Folge des Verschuldungsverbotes auftretende Finanzierungslücke zu schließen.2 Als Lösung dieses sich aus dem Verschuldungsverbot ergebenden Liquiditätsproblems bietet sich eine Ausweitung der Steuersatzautonomie bei den Ländern an.

Nachfolgend wird dargestellt, warum eine Steuersatzautonomie gerade durch die Einführung der Schuldenbremse notwendig wird, da ansonsten eine Finanzierung etwa von Investitionen problematisch werden könnte.3 Zudem wird das vermutlich benötigte Einnahmenvolumen ermittelt, welches mit Hilfe von Zu- und Abschlägen zu finanzieren wäre. Dies ist wichtig, da zumindest eine fehlende Begrenzung bei Steuerzuschlägen zu einer zu starken Steuerausbeutung einer Steuerquelle führen kann. Weiterhin wird analysiert, auf welche Art und Weise die Länder eine höhere Einnahmenautonomie erhalten können. Im Anschluss daran wird das Zusammenspiel von Steuersatzautonomie und Länderfinanzausgleich betrachtet.

Notwendigkeit einer Steuersatzautonomie

Um die Wirkung der Steuersatzautonomie auf die Länderfinanzen inklusive Länderfinanzausgleich zu analysieren, sind Annahmen über das Verhalten der Bundesländer bei der Festlegung der Zuschlagshöhe zu treffen. Eine Herangehensweise besteht darin, die Situation ohne Steuersatzautonomie zu betrachten. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Länder die Nettokreditaufnahme bis 2020 entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgabe auf null mindern werden. Zumindest deuten die jeweiligen beim Stabilitätsrat eingereichten Programme der Bundesländer darauf hin.4 Die Verringerung der Nettokreditaufnahme dürfte ohne Steuersatzautonomie vor allem mit einer ausgabenseitigen Konsolidierung einhergehen. Es ist dabei zu befürchten, dass die Länder bei den Ausgaben für Investitionen bzw. Baumaßnahmen kürzen. Diese Annahme kann durch die Entwicklung der Ausgaben der Länder im Zeitraum von 1992 bis 2011 empirisch untermauert werden (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1
Ausgaben der Länder
Index (1992 = 100)
32717.png

Quelle: eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Fachserie 14, Reihe 3.1, Finanzen und Steuern, Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte 2011, Wiesbaden 2014, Tab. 1; sowie Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Investitionsausgaben der öffentlichen Haushalte, Bundesländer, Jahre, Körper-schaftsgruppen, Art der Investitionsausgaben.

In dem Betrachtungszeitraum wurden die Gesamtausgaben der Länder bzw. die bereinigten Ausgaben5 mehrfach gemindert (1997/1998, 2004 sowie 2010), auch um die Ausgaben an die Einnahmenentwicklung anzupassen. Insgesamt sind die Ausgaben aber vom Ausgangswert des Index in Höhe von 100 (1992) auf 131,2 (2011) gestiegen, wobei trotz Kürzungen der Wert nie unter 100 lag. Die Ausgaben für Investitionen und darunter die für Baumaßnahmen wurden jeweils deutlich stärker gesenkt bzw. sind weniger stark angestiegen als die bereinigten Ausgaben oder etwa die Personalausgaben. 2011 beträgt der Indexwert für Investitionen 84,6. Das Maximum (Minimum) wurde 2001 mit 109,0 (77,8 im Jahr 2007) erreicht. Für die Bauausgaben liegt der aktuelle Wert bei 86,7 und das Maximum bzw. Minimum bei 100,8 (1996) bzw. 66,5 (2005). Am fehlenden Investitionsbedarf kann diese Entwicklung nicht gelegen haben, wie Untersuchungen zum Investitionsbedarf in die Infrastruktur zeigen.6 Die ausgabenseitige Konsolidierung wurde somit im großen Umfang über die Minderung der Investitionen erreicht.7

Die Entwicklung bei den Ausgaben für Investitionen bzw. für Baumaßnahmen erstaunt umso mehr, als in dem genannten Zeitraum aufgrund verfassungsrechtlicher Regelungen Investitionen durch Kredite finanziert werden durften und die Staatsverschuldung auch stetig gestiegen ist. Ab 2020 ist die Kreditaufnahme für Investitionen bzw. Baumaßnahmen verfassungsrechtlich verboten, so dass die Gefahr besteht, dass im Falle ausgabenseitiger Konsolidierungen zukünftig die Investitionsausgaben noch stärker zurückgefahren werden, als dies schon in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Öffentliche Investitionen gelten jedoch als wichtige Determinanten der Standortqualität. Soll der Rückgang der Investitionen aufgrund des durch die Schuldenbremse verstärkten Konsolidierungsbedarfs vermieden werden, bietet sich eine Ausweitung der Einnahmenautonomie der Länder an.

Zu generierendes Steueraufkommen – Orientierung an den Investitionen der Länder

Um das Ausmaß der notwendigen Steuersatzautonomie der Länder einschätzen zu können, bedarf es Annahmen über das zu finanzierende Investitionsvolumen. Hierzu bietet sich zunächst der Blick auf die Entwicklung in der Vergangenheit an. Bei der Betrachtung der investiven Ausgaben ist zu berücksichtigen, dass gerade in den Anfangsjahren nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern ein hoher Nachholbedarf bestand, was deren Daten verzerren könnte. Mit dem Solidarpakt II, der seit 2005 gilt, werden die für investive Zwecke vorgesehenen finanziellen Hilfen an die neuen Länder degressiv ausgestaltet. Insofern bietet es sich an, den Zeitraum vor 2005 auszublenden.

In den Jahren 2005 bis 2011 haben die Länder jährlich im Durchschnitt 7,0 Mrd. Euro für Baumaßnahmen sowie die Anschaffung von beweglichen und unbeweglichen Sachvermögen ausgegeben, für Investitionen insgesamt sind es durchschnittlich 22,3 Mrd. Euro pro Jahr gewesen.8 Die Investitionsausgaben der Länder im Zeitraum zwischen 1992 und 2011 lagen nur in vier Jahren (2002 bis 2005) unter der entsprechenden Nettokreditaufnahme der Länder (vgl. Abbildung 2). Insofern wurde bei Betrachtung der aggregierten Daten aller Länder nur in diesen vier Jahren die konjunkturpolitische Ausnahmeregel zur Kreditaufnahme, wie sie in Art. 115 Abs. 1, Satz 2, 2. Halbsatz GG a.F. und den entsprechenden Landesverfassungen galt, in Anspruch genommen. Für die übrigen Jahre könnte somit unterstellt werden, dass eine solche konjunkturelle Krisensituation nicht existierte und folglich die Kreditaufnahme ausschließlich der Finanzierung von Investitionen gegolten hat.

Abbildung 2
Investitionsausgaben und Nettokreditaufnahme der Länder
in Mrd. Euro
32727.png

Quelle: eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Investitionsausgaben der öffentlichen Haushalte, Bundesländer, Jahre, Körperschaftsgruppen, Art der Investitionsausgaben.

Unter diesen Umständen ergibt sich, dass die Investitionsausgaben der Bundesländer in den Jahren 2006 bis 2011 im Durchschnitt zu rund 56% jährlich über die Kreditaufnahme finanziert wurden, was einem Investitionsvolumen von jährlich 12,4 Mrd. Euro entspricht. Würde unterstellt, dass die anstehenden ausgabenseitigen Konsolidierungsmaßnahmen in voller Höhe durch eine Kürzung von Investitionsausgaben erbracht werden, so sollten die Länder in der genannten Größenordnung finanzielle Mittel durch die zu gewährende Steuersatzautonomie aufbringen können, um zumindest den Stand der Ausgaben halten zu können. Realistischer dürfte hingegen sein, dass sich zumindest ein Teil der ausgabenseitigen Konsolidierungsbemühungen auch auf andere Ausgabenkategorien beziehen werden. Nachfolgend wird daher unterstellt, dass ohne Ausweitung der Ländersteuersatzautonomie 50% des aufgrund des Verschuldungsverbots notwendigen Konsolidierungsbedarfs über eine Minderung der Investitionen aufgebracht werden würden. Diese würden somit ohne Steuersatzautonomie um rund 6,2 Mrd. Euro sinken; dies ist gleichzeitig der über die Steuersatzautonomie zu finanzierende Betrag.

Zu generierendes Steueraufkommen – Orientierung an der Kreditaufnahme der Länder

Ein weiteres Indiz für das durch die Einnahmenautonomie zu generierende Aufkommen könnte die Nettokreditaufnahme der Länder in der Vergangenheit sein. Das entsprechende Volumen zeigt an, dass politisch gewollte Ausgaben getätigt wurden, für die weder allgemeine Deckungsmittel noch Gebühren und Beiträge zur Verfügung standen. Da die Politiker diese Ausgaben als richtig angesehen haben, könnte unterstellt werden, dass von Seiten der politischen Entscheider eher versucht wird, dieses Ausgabenniveau zu halten und die dafür notwendigen Finanzmittel über eine Erhöhung der Steuersätze aufzubringen, als eine ausgabenseitige Konsolidierung durchzuführen, auch wenn sich letztere möglicherweise nicht völlig vermeiden lässt.

Abbildung 2 hat für den Zeitraum von 1992 bis 2011 die jährliche Nettokreditaufnahme der Länder gezeigt. Diese schwankte im Zeitablauf stark und erreichte 2002 mit 27,0 Mrd. Euro den höchsten und im Jahr 2007 mit 3,7 Mrd. Euro den geringsten Wert. Soll aus der Nettokreditaufnahme auf die benötigten Einnahmen geschlossen werden, so wäre zu beachten, dass der Finanzpolitik bis zur Einführung der Schuldenbremse die Kreditaufnahme als normales Finanzierungsinstrument zur Verfügung stand. Insofern könnte eine Eingrenzung des Betrachtungszeitraums auf die Jahre vor der Änderung von Art. 115 GG angebracht sein, was eine Fokussierung auf die Jahre 1992 bis 2008 bedeutete. Dadurch wären sowohl die Haushaltsjahre mit einer hohen konjunkturpolitischen Verschuldung im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise als auch die Jahre der beginnenden Konsolidierungspolitik zur Erreichung der Vorgaben der Schuldenbremse ausgeblendet. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass sich eine durchschnittliche Nettokreditaufnahme von 18,1 Mrd. Euro im Jahr ergeben würde. Dabei wird unterstellt, dass die Länder bei vorhandener Steuersatzautonomie die Kreditaufnahme durch Steuer­erhebung substituieren und das Ausgabenniveau nicht mindern.

Reformansätze bei den mit Steuersatzautonomie zu versehenden Steuern

Werden die Steuereinnahmen der Länder betrachtet, so kommen für eine Einnahmenautonomie und die damit verbundenen substanziellen Mehreinnahmen nur die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Landesanteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer infrage. Von den übrigen Landessteuern weist die Rennwett- und Lotteriesteuer mit aktuell knapp 1,5 Mrd. Euro das höchste Aufkommen auf. Dies sind aber gerade einmal 33% des Aufkommens aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Selbst eine Verdopplung des Aufkommens der Rennwett- und Lotteriesteuer würde nicht annähernd ausreichen, um die benötigten Mittel aufzubringen. Für eine weitergehende Analyse werden deshalb die Erbschaftsteuer sowie die Landesanteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer betrachtet.

Bei der Einführung der Besteuerungsautonomie geht es allein um eine Hebesatz- bzw. Steuersatzautonomie, die Bemessungsgrundlage bleibt also bundeseinheitlich geregelt und die Länder können ausschließlich die Steuersätze modifizieren. Die Steuersatzautonomie könnte z.B. dadurch eingeführt werden, dass die sich auf Basis des derzeitigen Erbschaftsteuerrechts9 ergebende Steuerschuld mit einem Hebesatz multipliziert wird, der zunächst 100% beträgt und somit zum aktuellen Aufkommen führt. Hebesätze über 100% führen zu Mehr- und unter 100% zu Mindereinnahmen gegenüber dem Status quo.

Für die Vorgehensweise bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer gibt es viele Vorschläge.10 Zu klären ist allerdings, ob der Zuschlag ausschließlich für die Einkommensteuer mit all ihren Erhebungsformen gelten soll oder für die Einkommen- und Körperschaftsteuer. Eine Belastung nur der Einkommensteuerzahler dürfte politisch kaum vermittelbar sein. Da im Gegensatz zur Erbschaftsteuer bei der Körperschaft- und der Einkommensteuer der Zuschlag nur auf den Anteil erhoben werden soll, der den Ländern zusteht, ist die Vorgehensweise im Vergleich zur Erbschaftsteuer etwas zu modifizieren. In Anlehnung an einen Vorschlag zur Einführung eines Hebesatzrechts beim kommunalen Einkommensteueranteil könnte die praktische Ausgestaltung folgendermaßen aussehen:11 Auf dem Steuerbescheid werden die auf die jeweiligen Gebietskörperschaftsebenen entfallenden Steuerbeträge ausgewiesen, so dass z.B. von der monatlich insgesamt gezahlten Lohnsteuer jeweils 42,5% des Zahlbetrags als Landes- und als Bundesanteil und die verbliebenen 15% als Gemeindeanteil zu erkennen sind. Zusätzlich wird als vierte Position der durch den Hebesatz induzierte Betrag ausgewiesen, der bei einem Hebesatz über 100% positiv und bei einem Hebesatz kleiner als 100% negativ ist.

Höhe der notwendigen Hebesatzanspannung

Im Länderfinanzausgleich wird allgemein angenommen, dass sich der Bedarf je Einwohner zwischen den Ländern nicht unterscheidet,12 weshalb nachfolgend ein identischer Investitionsbetrag je Einwohner von 77 Euro für die Bundesländer unterstellt wird. Dieser Wert, der dann aufzubringen ist, ergibt sich aus den zu finanzierenden 6,2 Mrd. Euro und einer Gesamtbevölkerung in Deutschland von rund 80,9 Mio. Einwohnern. Da sich die Betrachtung auf die Jahre nach 2020, also nach Auslaufen des Solidarpaktes II, bezieht, dürfte diese Vorgehensweise angemessen sein. Einen ähnlichen Ansatz praktizierten bei den Steuereinnahmen Büttner und Schwager.13

Nachfolgend wird dargestellt, welche Hebe- bzw. Zuschlagssätze auf die verschiedenen Steuern notwendig wären, um das ermittelte Volumen der Investitionsausgaben von 6,2 Mrd. Euro finanzieren zu können. Wird angenommen, dass zunächst eine alleinige Finanzierung über die Erbschaftsteuer erfolgen soll, so ergeben sich die in der Abbildung 3 dargestellten Werte für die Hebesätze (rechte vertikale Skala). Abgesehen von den fünf neuen Bundesländern sowie dem Saarland könnten alle Bundesländer den benötigten Betrag über die Erbschaftsteuer mit einem Hebesatz von unter 300% aufbringen.14 Hamburg und Bayern würden mit Werten von 189,7% und 196,5% die niedrigsten Hebesätze verlangen.

Abbildung 3
Hebesatz für die Erbschaftsteuer und den Länderanteil der Einkommen- und Körperschaftsteuer
in %
32803.png

BB = Brandenburg, BE = Berlin, BY = Bayern, BW = Baden-Württemberg, HB = Bremen, HE = Hessen, HH = Hamburg, MV = Mecklenburg-Vorpommern, NI = Niedersachsen, NW = Nordrhein-Westfalen, RP = Rheinland-Pfalz, SH = Schleswig-Holstein, SL = Saarland, SN = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, TH = Thürigen.

Quelle: eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Investitionsausgaben der öffentlichen Haushalte, Bundesländer, Jahre, Körperschaftsgruppen, Art der Investitionsausgaben.

Die Relation Erbschaftsteueraufkommen zum gesamten Steueraufkommen, die als Indikator für internationale Vergleiche verwendet werden kann, beträgt in Deutschland 0,44%, während der höchste Wert für Eurostaaten, die auch Mitglied der OECD sind, bei 1,52% liegt (Belgien).15 Wird die dortige Belastung als nicht zu überschreitender Maximalbetrag akzeptiert, so dürfte der gesamtdeutsche Durchschnittshebesatz nicht über 345,5% liegen. Die schon genannten sechs Länder mit höheren Hebesätzen bei der Erbschaftsteuer müssten somit die Einkommen- und Körperschaftsteuer zur Finanzierung des verbleibenden Differenzbetrags nutzen. Die Hebesätze, mit denen die jeweiligen Landesanteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer belegt werden müssten, lägen zwischen 100,8% (Saarland) und 110,6% in Mecklenburg-Vorpommern (linke vertikale Skala), was bezogen auf die gesamte Lohnsteuerschuld eines Steuerpflichtigen einen Zuschlag zwischen 0,34% und 4,51% bedeuten würde. Würde hingegen ausschließlich bei den Landesanteilen von Einkommen- und Körperschaftsteuer eine Autonomie gelten, so lägen die Hebesätze für die jeweiligen Landesanteile zwischen 104,0% (Hamburg) und 112,9% (Mecklenburg-Vorpommern) (linke vertikale Skala). Bei Bezugnahme auf die gesamte Lohnsteuerschuld ergäben sich Werte für die Zuschlagssätze zwischen 1,70% und 5,48%.

Wirkungen der Steuersatzautonomie der Länder auf den Steuerstandort

Für die nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften, ein im internationalen Steuerwettbewerb durchaus wichtiger Indikator, würden die Änderungen je nach Szenario unterschiedlich ausfallen (vgl. Abbildung 4). Bei einer reinen Erbschaftsteuerfinanzierung würde der Status quo bestehen bleiben. Der Extremwert würde sich bei einer reinen Finanzierung über Zuschläge zur Einkommen- und Körperschaftsteuer ergeben. Es zeigt sich, dass gerade bei den ostdeutschen Ländern die Belastung stark ansteigen würde. So würden z.B. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, die im Status quo aufgrund der niedrigen Hebesätze bei der Gewerbesteuer16 eine nominale Belastung der Kapitalgesellschaften in Höhe von 28,18% bzw. 28,46% und damit die zweit- und viertniedrigste Belastung aufweisen, als Folge der Steuersatzautonomie zur Finanzierung der Investitionsausgaben auf die Positionen fünf (Mecklenburg-Vorpommern: 29,15%) und sechs (Sachsen-Anhalt: 29,37%) zurückfallen. Insofern würde sich die Position Deutschlands allgemein und die der neuen Länder im Speziellen im internationalen Steuerwettbewerb infolge der ausgeweiteten Steuersatzautonomie verschlechtern.

Abbildung 4
Nominale Gewinnsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften
in %
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Quelle: eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Fachserie 14, Reihe 10.1., Finanzen und Steuern, Realsteuervergleich – Realsteuern, kommunale Einkommen- und Umsatzsteuerbeteiligungen – 2012, Wiesbaden 2013, Tab. 6.1.

Wirkungen der Steuersatzautonomie der Länder auf den Länderfinanzausgleich

Beim Länderfinanzausgleich handelt es sich um ein zweistufiges Zuweisungsverfahren. In der ersten Stufe erhalten die Bundesländer mit unterdurchschnittlichen Einnahmen aus den Landessteuern und dem Landesanteil aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer Umsatzsteuerergänzungszuweisungen. Der Umfang dieser an die betroffenen Länder fließenden Beträge ist auf maximal 25% des den Ländern zustehenden Umsatzsteueraufkommens gedeckelt. Die übrigen den Ländern zufließenden Umsatzsteuereinnahmen werden nach der reinen Einwohnerzahl verteilt. Im Anschluss daran werden das tatsächliche Steueraufkommen eines Landes zuzüglich 64% der Steuereinnahmen der jeweiligen Kommunen17 zur Finanzkraftmesszahl zusammengefasst und mit der sogenannten Ausgleichsmesszahl verglichen. Letztere ergibt sich durch Multiplikation der durchschnittlichen Steuereinnahmen je Einwohner mit der Einwohnerzahl eines Landes, wobei teilweise von den tatsächlichen Einwohnerzahlen abgewichen wird.18 Länder, bei denen die Finanzkraftmesszahl über der Ausgleichsmesszahl liegt, wird ein Teil dieser die Ausgleichsmesszahl überschreitenden Einnahmen abgeschöpft; im umgekehrten Fall erhält das Land Zuweisungen.19

Nach geltendem Recht haben die Bundesländer ausschließlich bei der Grunderwerbsteuer die Möglichkeit, die Einnahmen im Rahmen einer Steuersatzautonomie direkt zu beeinflussen. Um zu verhindern, dass Länder den Steuersatz mindern und die daraus resultierenden Steuermindereinnahmen zumindest teilweise durch erhöhte Zuweisungen aus oder verringerte Zahlungen in den Länderfinanzausgleich ausgeglichen bekommen, wird das Steueraufkommen bei der Grunderwerbsteuer, aber auch bei den Realsteuern der Gemeinden, normiert.20 Der entsprechende Ansatz würde auch für andere Steuereinnahmen gelten, denn eine Nichtberücksichtigung der über die Steuersatzautonomie erzielten Einnahmen wäre nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nur möglich, „wenn ihr Volumen nicht ausgleichserheblich ist, wenn sie in allen Ländern verhältnismäßig pro Kopf gleich anfallen, wenn sie als Entgelte oder entgeltähnliche Abgaben lediglich Leistungen des Landes ausgleichen oder wenn der Aufwand für die Ermittlung der auszugleichenden Einnahmen zur möglichen Ausgleichswirkung außer Verhältnis steht“.21 Dies ist aber bei dem hier unterstellten Volumen von rund 6,2 Mrd. Euro nicht gegeben. Die Normierung erfolgt, indem das tatsächlich erzielte Gesamtaufkommen aus der Steuer entsprechend der den Steuereinnahmen zugrunde liegenden Länderbemessungsgrundlagen dieser Steuer aufgeteilt wird; es kommt somit letztlich ein bundeseinheitlicher Durchschnittshebesatz zur Anwendung.22 Zu berücksichtigen ist für die nachfolgenden Darstellungen, dass keine veröffentlichten Daten der amtlichen Statistik zur regionalen Verteilung der Bemessungsgrundlage vorliegen, so dass diese hilfsweise aus dem Steueraufkommen zu ermitteln ist. Diese Vorgehensweise dürfte im Gegensatz zur Einkommen- und Erbschaftsteuer bei der Körperschaftsteuer aufgrund des proportionalen Tarifs mit allenfalls geringen Verzerrungen verbunden sein.

Abbildung 5
Verteilungswirkung bei einer Hebesatzanspannung bei Einkommen- und Körperschaftsteuer
in Mio. Euro
32867.png

Quellen: eigene Berechnungen nach Daten der Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen: Zweite Verordnung zur Durchführung des Finanzausgleichsgesetzes im Ausgleichsjahr 2012, Drucksache 681/13 vom 10.9.13, Anlage 1; sowie nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Investiti-onsausgaben der öffentlichen Haushalte, Bundesländer, Jahre, Körperschaftsgruppen, Art der Investitionsausgaben.

Die spürbaren Umverteilungseffekte im Rahmen des Länderfinanzausgleichs als Folge der Steuersatzautonomie können Abbildung 5 exemplarisch für eine Finanzierung des Investitionsvolumens in Höhe von 6,2 Mrd. Euro durch eine Hebesatzanspannung bei Einkommen- und Körperschaftsteuer entnommen werden. Die vier bisherigen Zahlerländer im Länderfinanzausgleich (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen) sowie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erzielen Mindereinnahmen bei der Verteilung der Umsatzsteuer. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das durch die Zuschläge auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer generierte zusätzliche Aufkommen in Höhe von 6,2 Mrd. Euro zur Finanzierung der Länderinvestitionen, das entsprechend der Anteile der Länder an den jeweiligen gesamten Steuerbemessungsgrundlagen verteilt wird, die Einnahmen dieser Länder deutlich erhöht. Beim Länderfinanzausgleich im engeren Sinne, also den Zuweisungen der finanzstarken an die finanzschwachen Länder, steigen die Zahlungen der vier finanzstarken an die zwölf finanzschwachen Länder um 237,0 Mio. Euro. Insgesamt, also auch unter Einbeziehung des Umsatzsteuervorwegausgleichs, leisten die vier Zahlerländer sowie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Zahlungen an die übrigen zehn Länder in Höhe von 564,6 Mio. Euro.

Abbildung 6 zeigt für die drei behandelten Finanzierungsvarianten der Länderinvestitionen die damit im Länderfinanzausgleich verbundenen Verteilungswirkungen, wobei zum besseren Vergleich die Umverteilung je Einwohner betrachtet wird. Zu erkennen ist, dass die Unterschiede zwischen einer anteiligen und einer vollständigen Finanzierung der 6,2 Mrd. Euro über die Erbschaftsteuer gering sind. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass bei einer nur anteiligen Erbschaftsteuerfinanzierung der Hebesatz bei der Erbschaftsteuer bei maximal 345,5% liegen soll. Nur für höhere Hebesätze wird auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer zurückgegriffen. Dies ist nur bei den fünf neuen Ländern sowie dem Saarland der Fall. Zusätzliche Mindereinnahmen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs hätten infolge der Einführung einer Steuersatzautonomie unabhängig von den betroffenen Steuern die vier Zahlerländer (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen) sowie Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen. Die Beträge je Einwohner liegen zwischen 5,10 Euro und 31,00 Euro. Gewinner wären in allen Fällen die fünf neuen Länder, Niedersachsen, das Saarland und Berlin mit Beträgen zwischen 2,90 Euro und 61,10 Euro. Für die Länder Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein hängen die finanziellen Auswirkungen von der Steuer ab, für welche die Steuersatzautonomie angewendet wird. Während Bremen und Schleswig-Holstein bei einer Hebesatzautonomie bei der Erbschaftsteuer zu den finanziellen Verlierern gehörten, wären sie Gewinner, wenn die Einnahmenautonomie ausschließlich bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer angewendet werden würde. Bei Rheinland-Pfalz kommt es zu genau umgekehrten Ergebnissen.23

Abbildung 6
Verteilungswirkung bei einer Steuersatzautonomie bei Erbschaft-, Einkommen- und Körperschaftsteuer
in Euro je Einwohner
32879.png

Quellen: eigene Berechnungen nach Daten der Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen: Zweite Verordnung zur Durchführung des Finanzausgleichsgesetzes im Ausgleichsjahr 2012, Drucksache 681/13 vom 10.9.13, Anlage 1; sowie nach Daten des Statistischen Bundesamtes: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Investiti-onsausgaben der öffentlichen Haushalte, Bundesländer, Jahre, Körperschaftsgruppen, Art der Investitionsausgaben.

Zusammenfassung und Ausblick

Für die Länder gilt ab 2020 ein generelles Verschuldungsverbot in konjunkturellen Normalsituationen. Um den Haushaltsausgleich ohne Kreditaufnahme zu erreichen, kommt sowohl eine ausgabenseitige als auch eine einnahmenseitige Konsolidierung infrage. Erstere birgt die Gefahr, dass wie in der Vergangenheit die Konsolidierung auf Kosten der Investitionen erfolgt. Letztere ist nur dann möglich, wenn es zu einer Verbesserung der Einnahmenautonomie der Länder bei den Steuern kommt. Von den betrachteten Steuereinnahmen der Länder bieten sich aufgrund der Aufkommenshöhe für eine Einnahmenautonomie die Erbschaft- sowie die Landesanteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer an. Um die Wirkung der Schuldenbremse auf das mögliche Hebesatzniveau zu ermitteln, sind Annahmen über das benötigte Einnahmenniveau zu treffen. Es zeigt sich dabei, dass die Hebesätze bei der Erbschaftsteuer zumindest bei einigen Ländern derart hoch sein müssten, dass eine solche alleinige Lösung wohl aus politischen Gründen nicht infrage käme. Wird das aus den Investitionsausgaben abgeleitete Finanzvolumen in Höhe von 6,2 Mrd. Euro für die Refinanzierung über die Steuersatzautonomie unterstellt, so würden bei einer alleinigen Einführung einer Steuersatzautonomie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer die Hebesätze je nach Bundesland zwischen 104,0% und 112,9% liegen. Da diese Hebesätze sich aber nur auf den Landesanteil beziehen, würde der sich daraus ergebende Zuschlag auf die Gesamtsteuerschuld z.B. bei der Lohnsteuer zwischen 1,7% und 5,5% liegen.

Nach geltender verfassungsrechtlicher Lage ist davon auszugehen, dass die bei der Erbschaft- bzw. der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch Einnahmenautonomie generierten zusätzlichen finanziellen Mittel wie bei der Grunderwerbsteuer in den Länderfinanzausgleich einzubeziehen sind. Wird das derzeit bei der Grunderwerbsteuer praktizierte Verfahren auch auf die anderen Steuereinnahmen der Länder übertragen, so ergäbe sich bei einem über die Steuersatzautonomie generierten Finanzvolumen von 6,2 Mrd. Euro eine Umverteilung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs in Höhe von rund 564,6 Mio. Euro, wovon 200,6 Mio. Euro auf Bayern und 165,0 Mio. Euro auf Baden-Württemberg entfallen.

Da Bayern und Hessen schon gegen das derzeitige Umverteilungsniveau und die damit verbundenen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, dürften die hier errechneten Zahlungserhöhungen als Folge der zusätzlichen Einnahmen aus der Steuersatzautonomie von den beiden genannten Ländern kaum hingenommen werden. Sie zu vermeiden wäre nur bei einer grundlegenden Änderung des Länderfinanzausgleichs möglich, was aufgrund der widerstreitenden Interessenlage der Länder nach derzeitigem Stand als eher unwahrscheinlich anzusehen ist.24 Auch Länder, die zur Sicherung der Einnahmen überdurchschnittliche Hebesätze verlangen müssten, dürften mit den hier skizzierten Folgen einer Einnahmenautonomie nicht sonderlich zufrieden sein, da die Belastungsdifferenzen schon bestehende Abwanderungstendenzen und damit die Folgen der demografischen Entwicklung noch verstärken dürften.25 Insofern werden die politischen Verhandlungen der Zukunft zeigen, wie über die Frage einer Steuersatzautonomie entschieden wird.26 Möglicherweise wird – wie in der Vergangenheit – der Bund durch die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel den Streit um eine Steuersatzautonomie entschärfen und Länderinvestitionen finanziell absichern.27

  • 1 Nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank liegt der Anteil der Einnahmen mit Steuersatzautonomie bei rund 3,5% der Steuereinnahmen der Länder. Vgl. Deutsche Bundesbank: Zur Reform der föderalen Finanzbeziehungen, in: Monatsbericht, September 2014, S. 38.
  • 2 Zu den verschiedenen Arten der Autonomie bei der Besteuerung vgl. H. Zimmermann, K.-D. Henke, M. Broer: Finanzwissenschaft, 11. Aufl., München 2012, S. 214 f. sowie S. 220-225.
  • 3 Auf den Zusammenhang von Schuldenbremse und der Einführung einer Steuersatzautonomie weist auch Kirchgässner hin. Vgl. G. Kirchgässner: Die Schuldenbremse der Bundesländer: eine Fehlkonstruktion?, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 10, S. 721-724.
  • 4 Stabilitätsrat: Beschlüsse und Beratungsunterlagen, http://www.stabilitaetsrat.de/DE/Beschluesse-und-Beratungsunterlagen/Beschluesse-und-Beratungsunterlagen_node.html;jsessionid=658161E87315AFC6BAE2A4C54D98427F.
  • 5 Bereinigte Ausgaben sind die Bruttoausgaben bereinigt um die Zahlungen innerhalb der gleichen (Darstellungs-)Ebene. Sie geben an, wie viele Mittel die einzelnen Körperschaften oder Körperschaftsgruppen zur Aufgabenerfüllung einsetzten, unabhängig davon, welche anderen öffentlichen Bereiche zur Ausgabenfinanzierung beigetragen haben (Erfüllungsprinzip).
  • 6 H. Bardt et al.: Infrastruktur zwischen Standortvorteil und Investitionsbedarf, Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln 2014.
  • 7 Dieses Ergebnis ändert sich nicht, wenn die ostdeutschen Bundesländer bei der Betrachtung ausgeschlossen werden, da deren Investitionsausgaben aufgrund des hohen Nachholbedarfs in den 1990er Jahren besonders hoch waren.
  • 8 Unter dem Begriff Investitionen werden neben Baumaßnahmen und der Anschaffung beweglichen und unbeweglichen Sachvermögens auch Zuschüsse für Investitionen und Darlehen an andere Bereiche, Inanspruchnahme von Gewährleistungen sowie der Erwerb von Beteiligungen subsumiert.
  • 9 Um steuersatzgetriebene Verlagerungen der Bemessungsgrundlage zu erschweren, könnte der anzuwendende Hebesatz aus dem mit der Aufenthaltsdauer gewichteten Mittel der aktuellen Hebesätze der Bundesländer gebildet werden, in denen sich der Erblasser oder Schenker in den letzten zehn Jahren aufgehalten hat. Durch eine kurz vor der Übertragung vorgenommene Wohnortverlagerung in ein Bundesland mit niedrigem Hebesatz wäre somit keine Steuerverlagerung im großen Umfang möglich.
  • 10 Einen Zuschlag nur auf die Einkommensteuer sehen Büttner und Schwager vor: T. Büttner, R. Schwager: Länderautonomie in der Einkommensteuer: Konsequenzen eines Zuschlagsmodells, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 2003, S. 532-555. Anders bei L. P. Feld, H. Kube, J. Schnellenbach: Optionen für eine Reform des bundesdeutschen Finanzausgleichs, Gutachten im Auftrag der FDP Landtagsfraktionen der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, 2013; T. Mudrack: Länderzuschläge auf die lokale Einkommen- und Körperschaftsteuer – Wirkung auf den Länderfinanzausgleich und Optionen für eine aufkommensneutrale Implementierung, in: Schmollers Jahrbuch, 130. Jg. (2010), H. 4, S. 513-540; sowie dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Gutachten zum Länderfinanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland, H. 47, Bonn 1992, S. 92-103; sowie Stellungnahme zum Finanzausgleichsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.11.1999, H. 68, Berlin 2000, S. 26 f.; und dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: u.a. Jahresgutachten 2001/02, Wiesbaden 2001, Tz. 384.
  • 11 K.-H. Hansmeyer, H. Zimmermann: Einführung eines Hebesatzrechts beim gemeindlichen Einkommensteueranteil, in: Wirtschaftsdienst, 72. Jg. (1992), H. 9, S. 492.
  • 12 Die Besonderheit der Stadtstaaten, denen ein Bedarf von 135% je Einwohner auf Landesebene zugesprochen wird, bleibt hier unberücksichtigt.
  • 13 Büttner und Schwager ermitteln Zuschlagssätze für die Einkommensteuer, die jedem Land ein Steueraufkommen in Höhe des Bundesdurchschnitts sichern. T. Büttner, R. Schwager, a.a.O.
  • 14 Bei Betrachtung einer Steuersatzautonomie zur Finanzierung der bisherigen Kreditaufnahme würden aufgrund des deutlich höheren Volumens (rund 18 Mrd. Euro) bei der Erbschaftsteuer Hebesätze von bis zu 9000% notwendig sein.
  • 15 Eigene Berechnungen nach Daten der OECD: Revenue Statistics 1965-2011, Paris 2012, S. 160-251.
  • 16 So beträgt der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz in Mecklenburg-Vorpommern 353% (Sachsen-Anhalt 361%) gegenüber 393% im Bundesdurchschnitt. Statistisches Bundesamt: Finanzen und Steuern, Realsteuervergleich – Realsteuern, kommunale Einkommen- und Umsatzsteuerbeteiligungen – 2012, Fachserie 14, Reihe 10.1., Wiesbaden 2013, Tab. 6.1.
  • 17 Gewerbesteuer, Grundsteuer sowie kommunaler Anteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer.
  • 18 So werden z.B. die Einwohner der Stadtstaaten mit 135% angesetzt.
  • 19 Zu weiteren Ausführungen zur grundsätzlichen Funktionsweise des Länderfinanzausgleichs siehe: Bundesministerium der Finanzen: Die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, in: Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Bd. 73, 2003, S. 38-50.
  • 20 Deutscher Bundestag: Entwurf eines Föderalismusreform-Begleitgesetzes, Drucksache 16/814 vom 7.3.2006, S. 23.
  • 21 Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 11.11.1999, http://www.bverfg.de/entscheidungen/fs19991111_2bvf000298.html, Rn. 294.
  • 22 Zu diesem Aspekt führte das Verfassungsgericht aus, „daß die Anwendung eines bundeseinheitlichen durchschnittlichen Hebesatzes im großen und ganzen eine sachgerechte Bemessung der Finanzkraft darstellt“. Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 24.6.1986, in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 72, Tübingen 1987, Abschnitt E. III. 2b.
  • 23 Zu beachten ist, dass diese Umverteilungsvolumina allein bei einem durch Hebesatzautonomie erzielten Steuermehraufkommen von 6,2 Mrd. Euro entstanden sind. Sollten die zu finanzierenden Beträge über diesen Wert hinausgehen, etwa weil auf die Kreditaufnahme rekurriert wird, so ist klar, dass die Umverteilungseffekte, die dann beim Länderfinanzausgleich hervorgerufen werden, ebenfalls deutlich steigen würden.
  • 24 M. Broer: Reformoptionen des Länderfinanzausgleichs unter politökonomischer Betrachtung, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 4, S. 258-266.
  • 25 M. Bickmann, K. van Deuverden: Länderfinanzausgleich vor der Reform: Eine Bestandsaufnahme, in: DIW-Wochenbericht, 2014, Nr. 28, S. 676-677.
  • 26 In den letzten Verhandlungen zu diesem Thema wurde eine Steuersatzautonomie nur von vier Ländern (Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen) befürwortet . Vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat: Die gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Die Beratungen und ihre Ergebnisse, Berlin 2010, https://www.btg-bestellservice.de/pdf/20457000.pdf, S. 162. Sollten die Länderpositionen seitdem unverändert sein, so hätte diese Gruppe keine Mehrheit im Bundesrat; im Bundestag hingegen entstammen mehr als 50% der Abgeordneten aus diesen Ländern. Dies würde die Erhaltung des Status quo bedeuten.
  • 27 So stellte der Bund bei der letzten Reform des Länderfinanzausgleichs den Ländern z.B. im Rahmen der Übernahme des Fonds „Deutsche Einheit“ 2,5 Mrd. Euro dauerhaft zur Verfügung. Bundesministerium der Finanzen: Die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Bd. 73, Bonn 2003, S. 21.

Title:More Autonomy on Taxes for the German Bundesländer

Abstract:The debt brake forbids the German Länder taking on new net debt beginning in 2020. Without more autonomy on taxes, an expenditure cut is the only way for the Länder to achieve a balanced budget in 2020. In the past, an expenditure cut has very often meant a reduction in investments, such as in infrastructure, instead of a cut in social spending. To avoid this, the Länder need more autonomy on taxes. This study analyses the tax revenue required for each of the German Länder to reach the average spending level on infrastructure and the effects on the Federal Financial Equalisation System in Germany.


DOI: 10.1007/s10273-015-1790-2

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