Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

Griechenlands Zahlungsprobleme gefährden offensichtlich nicht die Stabilität der Eurozone, obwohl seine Schuldentragfähigkeit langfristig nicht gewährleistet ist. Dennoch wurde Griechenland eine Programmverlängerung um vier Monate zugestanden und auch über ein drittes Hilfsprogramm wird bereits diskutiert. Der Autor prüft die rechtlichen Voraussetzungen für weitere Hilfen und entwirft ein Ablaufszenario für einen Zahlungsausfall Griechenlands. Neben einer Analyse EU-vertragskonformer Möglichkeiten eines Austritts werden die Ausgabe einer Notwährung sowie die einer vermögensfundierten Neä Drachmä zur Diskussion gestellt.

Spätestens nach Ablauf der Programmverlängerung Ende Juni 2015 wird Griechenland neue Kredite benötigen. Bereits heute wird über ein Nachfolgeprogramm, ein drittes Griechenland-Hilfspaket, gesprochen.1 Doch neue Kredithilfen sind an drei rechtliche Voraussetzungen geknüpft:

  1. Der Stabilitätsmechanismus darf nur aktiviert werden, „wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt zu wahren“ (Art. 136 Abs. 3 S. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV).2 Nicht die Solidarität mit dem Krisenstaat, sondern die Vermeidung der vom ihm ausgehenden Gefahren für die Stabilität anderer Eurostaaten steht im Vordergrund.
  2. Die Vertragspartner müssen sich auf eine Konditionierung der Hilfen in Form eines sogenannten Memorandum of Understanding (MoU) einigen, das die finanzielle Stabilität des Krisenstaates wieder herstellen soll: „Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen“ (Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV). Europarechtlich geht es hier um eine Art „Rütlischwur“ der Eurostaaten, der nach notrechtlichen Anfängen durch eine Vertragseinfügung dauerhaft institutionalisiert wurde: gemeinschaftliche Solidarität gegen selbstverpflichtende Austerität des Krisenstaates.3
  3. Des Weiteren heißt es in Art. 13 Pkt. b) Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM): Es ist „zu bewerten, ob die Staatsverschuldung tragfähig ist.“4 Diese Bedingung knüpft an die Unterscheidung einer eher kurzfristigen Liquiditätsstörung und einer dauerhaften Insolvenz an.

Phase 0: Prüfung der Bedingungen für ein drittes Hilfsprogramm

Zu 1.: Die Stabilität des Euro-Währungsgebietes ist kurzfristig offensichtlich nicht durch ein Übergreifen auf andere (potenzielle) Krisenländer gefährdet (Dominothese), denn die Kapitalmärkte reagierten während der Diskussion um eine Programmverlängerung im Februar 2015 äußerst verhalten. Nur die Risikoprämien für Griechenland-Papiere stiegen auf bis zu 18%. Der Hintergrund: Da 257 Mrd. Euro (80%) der insgesamt 322 Mrd. Euro Staatsschulden bei den öffentlichen Gläubigern des Rettungsfonds (142 Mrd. Euro), den EU-Staaten (aus 1. Hilfsprogramm 53 Mrd. Euro), dem Internationalen Währungsfonds (IWF, 35 Mrd. Euro) sowie der Europäischen Zentralbank (EZB, 27 Mrd. Euro) liegen, dürften dem europäischen Bankensektor kaum spürbare Verluste – anders als 2010 und 2012 – drohen.5 Lediglich 65 Mrd. Euro werden privaten Investoren geschuldet.

Wenngleich sowohl die ökonomischen Daten wie auch politische Bekundungen gegen die kurzfristig relevanten Gefahren einer direkten Ansteckung sprechen, so könnte ein Austritt mittelfristig durchaus Risiken für Länder bei etwaig erneut aufflammenden Krisen bewirken. Da ein Grexit als ein Musterfall für den zukünftigen Umgang mit Krisenländern gelten könnte (Präzedenzfallthese), würden hiernach die Kapitalmärkte diesen Ausgang antizipieren, was sofort krisenverschärfend wirken würde. Der politische Vertrauensverlust bezüglich einer Stabilität der Zusammensetzung der Eurozone würde auf die Krise selbstverstärkend wirken und die Wirksamkeit der Kriseninstrumente Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie Bankenrettungsfonds fortan schwächen. Allerdings stehen dieser Prognose zwei Aspekte entgegen:

  • Der Fall Griechenland ist ein Sonderfall, sowohl hinsichtlich der ökonomischen Zukunftsfähigkeit des Landes innerhalb der Eurozone als auch dem Verhalten der griechischen Regierung(en) und der gesellschaftlichen Verhältnisse mit weit verbreiteter Korruption und mangelnder Staatlichkeit.
  • Ein Festhalten an dem Bestand der Eurozone unter allen Umständen würde nicht nur den Verträgen zuwiderlaufen,6 sondern einem Krisenstaat jegliche Möglichkeit der Kostenexternalisierung bieten.

Umgekehrt könnte ein Austritt Griechenlands langfristig eher stabilisierend auf den Zusammenhalt der Eurozone auf der Grundlage des Lissabon-Vertrages wirken (Restrukturierungsthese). Die Prinzipien des Nichtbeistands (Art. 125 AEUV), des Verbots der monetären Staatsfinanzierung (Art. 123 AEUV) sowie der Unabhängigkeit der Zentralbank (Art. 130 AEUV) könnten ohne politische Kompromisse Anwendung finden. Die Krisenmechanismen und die „besonderen Politiken“ der EZB würden weniger in Anspruch genommen. Dies würde auch den Zulauf zu euro- bzw. europakritischen Parteien bremsen.

Zu 2.: Die Praxis der zwei Hilfsprogramme hat gezeigt, dass Griechenland seine Zusagen nicht einhält bzw. nicht einhalten kann.7 Hinsichtlich der Forderung Solidarität gegen Austerität müsste die Eurogruppe deshalb als redlicher Kaufmann nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Programmstaat Griechenland einen Sicherheitszuschlag kalkulieren, denn letztendlich beruhen die Kredithilfen des ESM auf Garantien der europäischen Steuerzahler.

Zu 3.: Schließlich ist die Schuldentragfähigkeit bei einer Staatsschuldenquote von 180% des BIP kaum mehr gegeben. So konnte der Anstieg der Schuldenquote bereits jetzt nur durch Zinssubventionen des ESM sowie eine diskriminierende Geldpolitik der EZB in Grenzen gehalten werden. Demgegenüber stellt ein niedrigerer Primärüberschuss als ursprünglich vereinbart die Rückführung der Schuldenquote auf ein für die Tragfähigkeit erforderliches Maß langfristig infrage. So wurden 2014 statt eines geplanten Primärüberschusses von 1,5% lediglich 0,3% erzielt. Für das laufende Jahr rechnen „die Institutionen“ nicht einmal mehr mit einem Positivsaldo, der nach Plan 3,0% hätte betragen sollen. Ein direkter Schuldenschnitt oder ein über Laufzeitverlängerung und weitere Zinssenkungen vollzogener indirekter Schuldenschnitt gelten daher als unvermeidbar.8

Im Ergebnis dürften mindestens zwei wesentliche Bedingungen für ein drittes Hilfsprogramm nicht erfüllt sein – die Gefährdung der Stabilität des Euroraumes sowie die Schuldentragfähigkeit. Die Folge: Verhandlungen über ein neues Programm können gar nicht erst aufgenommen werden. Weitere Hilfen wären demnach EU-vertraglich ausgeschlossen. Wie würde es dann weitergehen?

Phase 1: die Staatspleite löst ein Kreditereignis aus

Ohne die Begleitung durch den ESM und den Schutzschirm des Outright-Monetary-Transactions-Programms (OMT-Programm) der EZB ist der Zugang des griechischen Staates zum privaten Kapitalmarkt versperrt.9 Als unabwendbar gelten für 2015 (Februar bis Dezember) Zahlungen im Zusammenhang mit öffentlichen Schulden in Höhe von 21,1 Mrd. Euro, davon für Zinsen und Tilgung für Kredite des IWF 9,4 Mrd. Euro sowie für Anleihetilgungen im Bestand der EZB 6,8 Mrd. Euro.10 Hingegen sind die Kredite der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) bis einschließlich 2022 zins- und tilgungsfrei. Ein Zahlungsausfall und ein sogenanntes Kreditereignis wären unvermeidlich: Der griechische Staat wäre zahlungsunfähig.11

In diesem Fall dürften die öffentlichen Geld- bzw. Hilfegeber weitgehend leer ausgehen.12 Bei insgesamt 257 Mrd. Euro öffentlichen Schulden entfällt auf Deutschland ein Anteil von ca. 65 Mrd. Euro.13 Allerdings werden die mit einem Zahlungsausfall einhergehenden Kapitalverluste bzw. Mindereinnahmen im Bundeshaushalt aktuell und für die Zukunft nur zum Teil durch entsprechende Ausweise direkt sichtbar werden:14

  • EZB-Verluste: Nachdem die EZB infolge der dann notwendigen Wertberichtigungen ihr Eigenkapital vollständig aufgezehrt hat, wird sie mit einer Bilanzlücke bzw. einem Verlustvortrag den Kapitalverlust aus Anleihen in zukünftige Jahre verschieben.15 Damit kann sie über Jahre den nationalen Zentralbanken als Kapitaleignern keine Gewinne ausschütten. Im Bundeshaushalt wird dies durch fehlende Gewinnüberweisungen der Bundesbank als Mindereinnahmen nur indirekt wirksam. Da sich die (ausbleibenden) Netto-Gewinn­überweisungen nach dem Anteil am eingezahlten EZB-Kapital richten,16 wird Deutschland bei einem entsprechenden Anteil von 25,7% und griechischen Staatsanleihen bei der EZB von 27 Mrd. Euro langfristig mit Mindereinnahmen von 6,94 Mrd. Euro im Bundeshaushalt indirekt belastet werden. Etwaige Belastungen aus nicht beglichenen Target-Salden sowie Notfallkrediten auf Rechnung der Griechischen Nationalbank (Emergency Liquidity Assistance, ELA) sind hierbei unberücksichtigt.
  • IWF-Verluste: Soweit der durch einen bevorrechtigten Gläubigerstatus besonders geschützte IWF Verluste nicht vermeiden kann, wird ein Nachschuss in Höhe der nationalen Kapitalquote fällig. Da der Beitrag in Währungsreserven der nationalen Notenbanken abgerufen wird, werden die Verluste in der Bilanz der Bundesbank und nicht als Kreditausfall im Bundeshaushalt wirksam. Allerdings kommt es zu geringeren Gewinnübertragungen der Bundesbank an den Bund. Bei einem deutschen Anteil am IWF-Kapital von 5,81% und einem Kreditausfall in Höhe von 35 Mrd. Euro entstehen Mindereinnahmen durch entgangene Zuweisungen in den Bundeshaushalt von 2,03 Mrd. Euro.
  • EFSF-Kredit: Da Zinsen und Tilgung erst ab 2023 erfolgen, würden die nationalen Haushalte erst ab dann bei Nichtbedienung durch die übernommenen Garantien belastet werden. Aufgrund der haushaltsmäßigen Transparenz und auch der Zurechenbarkeit der politisch Verantwortlichen sollte jedoch das Kreditereignis genutzt werden, um von einem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Damit würde der Ausfall sofort haushalts-, d.h. ausgabenwirksam. Bei einem Gesamtvolumen von 142 Mrd. Euro für Griechenland beträgt die Haftung Deutschlands bei einem Anteil von 27,13% entsprechend 38,52 Mrd. Euro.
  • Bilaterale Griechenlandhilfe I: Die deutschen Kredite werden über die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt. Die bestehende Ausfallbürgschaft des Bundes würde ähnlich wie beim EFSF-Kredit wirksam. Bei einem Anteil von 28,0% und einem noch ausstehenden Kreditvolumen von 53 Mrd. Euro entspricht dies einer direkt haushaltswirksamen Belastung von 14,84 Mrd. Euro. Aufgrund von laufenden Zins- und Tilgungszahlungen würde der Ausfall im Bundeshaushalt sofort ausgabenwirksam.

Geht man von einem 100%igen Ausfall der Anleihen aus, so entfallen auf Deutschland insgesamt 62,33 Mrd. Euro fiskalisch wirksame Verluste aus den Griechenlandhilfen. Die direkt ausgabenwirksamen Belastungen durch die Inanspruchnahme von Ausfallbürgschaften betragen ca. 53 Mrd. Euro. Etwa 9 Mrd. Euro entstehen durch im Haushalt nicht zu verbuchende Mindereinnahmen wegen ausbleibender Gewinnüberweisungen der Bundesbank. Berücksichtigt man den negativen Target-Saldo Griechenlands in Höhe von 49,32 Mrd. Euro (31.12.2014) sowie die an griechische Geschäftsbanken vergebenen, aber kaum rückzahlfähigen ELA-Notkredite auf Rechnung der Griechischen Nationalbank in Höhe von 73,8 Mrd. Euro (15.4.2015), so belasten diese Ausfälle die Bilanz der EZB mit weiteren 123,12 Mrd. Euro. Gemäß dem Verteilungsschlüssel würden auf die Bundesrepublik zusätzliche Mindereinnahmen in Höhe von 31,64 Mrd. Euro entfallen. Insgesamt könnten die deutschen Belastungen auf 93,97 Mrd. Euro ansteigen. Diese muss der Bund durch anderweitige (Steuer-)Einnahmen ausgleichen. Die politische Offenbarung ist unumgänglich: Die Eurorettung kostet den Steuerzahler Milliarden.

Phase 2: (drohendes) wirtschaftliches und soziales Chaos in Griechenland

Auch innerhalb Griechenlands werden Euro sowohl für den Staat wie auch für die Banken knapp. Der private Sektor – Haushalte und Unternehmen – wird in Erwartung einer Währungsreform verbunden mit Kapitalverkehrskontrollen und Euro-Konfiskationen so viel Euro-Bargeld wie möglich horten. Auch deshalb werden Steuerzahlungen zurückgehalten. Das Primärdefizit im Staatshaushalt steigt rapide an. Der Staat kann seinen laufenden Zahlungen für Leistungen auch gegenüber Inländern nicht mehr nachkommen, d.h. Löhne an Staatsbedienstete, Renten- und Sozialausgaben, Güter-/Dienstleistungskäufe, Anleihezinsen und -tilgung gegenüber griechischen Geschäftsbanken werden nicht mehr bedient.

Spätestens zum Zeitpunkt des Zahlungsausfalls wird die EZB jeglichen Zugang zu Zentralbankguthaben bzw. -krediten stoppen. Bereits seit Anfang Februar 2015 hat die EZB die Sonderregelung für Griechenland bezüglich der Inpfandnahme griechischer Staatspapiere als Sicherheit zur Refinanzierung dortiger Banken außer Kraft gesetzt. Deshalb wird sie jetzt auch die substituierende Notliquidität im Rahmen der ELA-Kredite sowie die Target-Kredite für den Auslandszahlungs- bzw. Kreditverkehr aussetzen. Damit sind die griechischen Geschäftsbanken vom Zugang zum Euro-Zentralbankgeld abgeschnitten. Da kaum noch größere Euro-Einlagen bei den Geldinstituten liegen, kommt es zu einem Bank Run.

Es drohen das wirtschaftliche Chaos und soziale Unruhen. Die vier Großbanken werden in kurzer Frist zahlungsunfähig. Der Zahlungsverkehr bricht weitgehend zusammen, es kommt zu Ketteneffekten, der wirtschaftliche Stillstand droht. Lediglich ein rudimentärer Notkreislauf auf Basis von Euro-Bargeld dürfte erhalten bleiben, um eine haushaltsnahe, vielfach improvisierte Grundversorgung zu gewährleisten. Insbesondere für die auf soziale Unterstützung, Rentenzahlungen oder staatliche Lohnzahlungen angewiesenen Griechen dürfte auch das einfache Überleben schwer werden. Deshalb und hinsichtlich der an die jetzige Regierung gestellten hohen Erwartungen auf Besserung der Lage werden Unruhen immer wahrscheinlicher. Von daher muss die Regierung schnell handeln, damit diese prekäre Lage nicht eintritt. Welche Alternativen stehen zur Wahl?17

Phase 3: „Geuro“ auf staatlicher Schuldscheinbasis

Um den fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Staatsbediensteten, Sozialhilfeempfängern und anderen inländischen Gläubigern nachkommen zu können, beschließt die griechische Regierung per Dekret die Einführung einer Notwährung, den „Geuro“18, die als Parallelwährung neben dem Euro umlaufen soll. Fortan gibt der griechische Staat ein Notgeld auf Schuldscheinbasis aus.19 Dies beträfe unter anderem jährlich 22 Mrd. Euro an Gehältern und 35 Mrd. Euro an Sozialtransfers. Unverzinst und mit unendlicher Laufzeit ausgestattet, verpflichtet sich die Regierung formal, dieses Schuldscheingeld gegen Euro umzutauschen – mit der Maßgabe, soweit sie hierzu in der Zukunft in der Lage sein wird.20 Da der Barwert eines solchen Papieres finanzmathematisch den Wert von Null annimmt, ergibt sich der Zahlungswert lediglich dadurch, dass die Regierung diese „Geuro“ zum einen als Monopolemittent ausgibt und dass das Notgeld somit prinzipiell knapp ist. Zudem unterstützt die Regierung den Gebrauch ihres Notgeldes, indem sie es zum schuldbefreienden, gesetzlichen Zahlungsmittel neben dem Euro erklärt. Per Dekret werden alle inländischen Forderungen und Verbindlichkeiten in „Geuro“ umgewandelt.21 Indem das Notgeld auf diesem Weg den inländischen Wirtschaftskreislauf durchdringt, normalisiert sich die Geldversorgung innerhalb relativ kurzer Zeit.

Griechenland hat somit zwei Währungen: den „Geuro“ für die alltäglichen Geschäfte im Inland und den Euro für Importe. Der relative Wert des „Geuro“ im Verhältnis zum Euro ergibt sich aus der Höhe des Primärdefizits, das laufend durch die Ausgabe des Notgeldes finanziert wird – ein klassisches Gelddrucken der Regierung. Darüber hin­aus sind die Erwartungen bezüglich seines zukünftigen Geldwertes wesentlich. Da die Links/Rechts-Regierung Wahlversprechungen gemacht hat, die bei Realisierung (Rentenerhöhungen, Wiedereinstellung von entlassenen Staatsbediensteten, Erhöhung des Mindestlohnes, Anhebung der sozialen Unterstützung für Einkommensschwache) mit erheblichen Mehrausgaben verbunden sind, dürfte das Notgeld mit hohen Inflationserwartungen verbunden sein. Folglich wird der Euro die wichtige Funktion eines Wertaufbewahrungsmittels bekommen. Auch bei langfristigen Verträgen und/oder wiederkehrenden Leistungen könnte der Euro als Vertragswährung dienen, um einer Entwertung vorzubeugen.

Phase 4: es stellen sich schnell Probleme ein

Verschiedene Probleme werden die Einführung und Durchsetzung des „Geuro“ in kurzer Frist erschweren. Durch eine importierte Inflation verteuert sich die Lebenshaltung sofort. Die Inflationserwartungen lassen kein Vertrauen in die neue Währung entstehen. „Geuro“-Bargeld ist in der Anfangszeit nicht verfügbar.22 Zwar könnte das bei Privaten verfügbare Euro-Bargeld genutzt werden, doch würde dadurch der Abwertungseffekt des „Geuro“ vermehrt im Inland spürbar und das Notgeld gegenüber dem Euro weiter an Akzeptanz verlieren. Denkbar wäre auch die Herausbildung einer Zweiklassengesellschaft: Staatsabhängige Geldempfänger müssten „Geuro“ akzeptieren, während andere Produzenten ihre Leistungen nur gegen Euro hergeben wollen. Die zunehmende Verbreitung von elektronischem Geld erleichtert hingegen die Umstellung. Doch gerade in einer Gesellschaft mit einer verbreiteten Schattenwirtschaft ist Bargeld erwünscht und unverzichtbar.

Ein weiteres gravierendes Problem stellen Verträge mit Auslandsbezug dar. Das griechische Währungsrecht gilt nur für Verträge, die nach griechischem Recht abgeschlossen wurden. Umgekehrt besteht der Grundsatz, dass alle Verträge, die nach ausländischem Recht abgeschlossen wurden, dementsprechend in Euro erfüllt werden müssen.23 Folglich bleiben Auslandsverbindlichkeiten in Euro für aufgenommene Kredite sowie Importe bestehen. Da die Wertschöpfung im Inland auf der Basis eines schwachen „Geuro“ erfolgt, können die Euroschulden kaum vollständig bedient werden. Aufgrund dieser Bilanzeffekte kommen Unternehmen mit hohen Importanteilen, Handelsunternehmen sowie Banken mit Auslandskrediten in Konkursgefahr.

Insgesamt ist mit einem starken wirtschaftlichen Einbruch zu rechnen. Hilfen seitens der Eurogruppe sind kaum zu erwarten, soweit die griechische Regierung ohne Absprache gehandelt und das Vertrauen der gesamten Eurozone, gerade auch als „Familienmitglied“ der EU, in Misskredit gebracht hat. Zwar wäre Griechenland weiterhin Mitglied der Eurozone, jedoch Mitglied zweiter Klasse, da es von der Euro-Versorgung der EZB abgekoppelt wäre. Auch in Bezug auf zukünftige Hilfen wäre deshalb ein einvernehmlicher Austritt Griechenlands überlegenswert.

Phase 5: einvernehmlicher Austritt Griechenlands aus der Eurozone

Dem entgegen stehen vielfache offizielle Bekundungen, eine Euro-Mitgliedschaft sei unwiderruflich und ein Austritt (nur) aus der Eurozone deshalb nicht möglich.24 Dabei ist ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone juristisch ohne Weiteres möglich.25 Zwar ist ein Ausscheiden aus der Europäischen Währungsunion im EU-Vertrag von Lissabon nicht vorgesehen. Gemäß Art. 50 EUV kann aber ein Austritt aus der EU erfolgen. Dies würde einen Austritt für eine juristische Sekunde und einen sofortigen Wiedereintritt als quasi-vertragskonforme Lösung ermöglichen. Ähnlich dem Fall Großbritanniens oder Dänemarks könnte der Sonderstatus als „Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung“ (Art. 139 AEUV) die Einführung der Neä Drachmä (ND) erlauben. Nicht unerwähnt bleiben sollte das mögliche Problem des Zeitfaktors bei dieser Lösung, das dem Bild der juristischen Sekunde widersprechen würde. Formal wäre ein Austrittsabkommen auszuhandeln und bei Wiedereintritt fände das Aufnahmeverfahren nach Art. 49 EUV Anwendung. Neben einem einstimmigen Beschluss der Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat müsste das Europäische Parlament mehrheitlich zustimmen. Schließlich müsste das Wiederbeitrittsabkommen von allen EU-Staaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert werden, in Deutschland also der Bundestag zustimmen. Insofern birgt dieses Verfahren gewisse Risiken. Allerdings könnte ein kooperatives Verhalten der EU vorausgesetzt werden, das eine sofortige Einführung einer nationalen Währung gestatten würde.26

Juristisch bereits erprobt ist jedoch eine andere Alternative. So ist eine nationale gesetzliche Regelung in den Fällen erlaubt, in denen die EU ursprünglich eine ausschließliche Zuständigkeit besitzt (Art. 2 Abs. 1 AEUV). Dies gilt unter anderem für die „Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“ (Art. 3 Abs. 1 lit. c AEUV). Voraussetzung für diese Rückermächtigung wäre ein einstimmiger Beschluss des Europäischen Rats zu einem entsprechenden Aufhebungsvertrag. Unter der Aufgabe seiner Beteiligung an der gemeinsamen Geldpolitik könnte ein Mitgliedstaat über diesen Weg eine neue eigene Währung einführen.27 Ähnliches wurde beispielsweise im Rahmen der Fischereipolitik praktiziert, die auch zur ausschließlichen Politik der EU zählt. Auch hier wurde der territoriale Geltungsbereich mit der Herausnahme Grönlands als Teil des dänischen Staatsgebietes eingeschränkt. Damit wäre für Griechenland der Weg zur Einführung einer eigenen Währung frei.

Ebenso ließe der Eintritt Griechenlands mit gefälschten Zahlen in Verbindung mit einer fortgesetzten Nichterfüllung der Stabilitätskriterien die Wiedereinsetzung des vorherigen Zustands als Nichtmitglied der Eurozone zu. Hierbei ginge es um die Rückstufung in die Gruppe der „Mitgliedstaaten mit Ausnahmegenehmigung“ (Art. 139 AEUV). Dazu wäre die Annullierung des Ratsbeschlusses notwendig, der gemäß Art. 140 AEUV zur Aufnahme Griechenlands in die Eurozone geführt hat. Zwar kann die Nichtigkeit wegen Fristablaufs nicht mehr geltend gemacht werden (Art. 263 AEUV), doch könnten eine fortwährende Manipulation der Schuldenstatistik sowie ein weiterhin offensichtliches Abweichen vom rechtmäßigen Stabilitätsverhalten angeführt werden (contrarius actus gemäß Art. 139 f. i.V.m. Art. 263 AEUV).28

Darüber hinaus besteht die Rechtsmeinung, dass ein Mitglied der Europäischen Währungsunion (EWU) weiterhin eine nationale Handlungsbefugnis ohne die Ermächtigung der EU zur Einführung einer eigenständigen Währung besitzt.29 Durch das im Lissabon-Vertrag gewährte Austrittsrecht eines jeden Staates aus der EU würden alle nationalen Hoheitsbefugnisse prinzipiell fortbestehen, obgleich sie im Einzelnen de facto auf die EU übertragen worden sind. Ein entsprechend einseitig erklärter Austritt aus der EWU wäre danach zwar ein europarechtlicher Verstoß, jedoch wäre die Gemeinschaft bei Achtung der nationalen Souveränitätsrechte dazu verpflichtet, alle entgegensprechenden Regelungen zur Einführung einer nationalen Währung für dieses Land baldmöglichst aufzuheben. Zugleich unterstützt das demokratische Prinzip und das Selbstbestimmungsrecht der Völker (Art. 2 und 6 EUV) die Forderung nach Akzeptanz der Austrittsentscheidung eines Mitgliedstaates aus der Eurozone seitens der verbleibenden Mitglieder.

Nicht nur der „Familienfrieden“ innerhalb der Eurogruppe und der EU könnte gewahrt, sondern auch – und für Griechenland besonders wichtig – bislang juristisch verschlossene Hilfetüren könnten durch einen Austritt aus der EWU geöffnet werden. Beispielsweise wären Verhandlungen über einen Schuldenschnitt Griechenlands nur nach einem Austritt rechtlich problemlos handhabbar. Das Verbot der monetären Staatsfinanzierung durch die EZB (Art. 123 AEUV) und das Bailout-Verbot (Art. 125 AEUV) würden heute entgegenstehen.30 Kredithilfen (Art. 143 AEUV) wären als sogenannte Währungsbeihilfen fortan möglich. Darüber hinaus könnte die soziale Not durch Versorgungshilfen (Art. 122 Abs. 1 AEUV) als solidarischer Akt der EU gelindert werden. Weiterhin wären zudem Anpassungshilfen aus den Struktur-/Regionalfonds möglich. Statt einer Insolvenzverschleppung und wiederkehrenden Dauerhilfen könnte sich Griechenland diese Form des Ausscheidens durch einmalige Übergangshilfen der Eurostaaten abkaufen lassen, ohne seine Souveränität durch Programmauflagen einschränken zu müssen.

Phase 6: Vermögensfundierung der Neä Drachmä

Nach dem Austritt aus der EWU kann die Neä Drachmä (ND) als gesetzliches Zahlungsmittel über die griechische Notenbank eingeführt werden.31 Bestehende Verträge, für die griechisches Recht gilt, werden auf ND umgestellt. Der Euro könnte weiterhin als legale Parallelwährung dienen und damit einen gewissen Wettbewerbsdruck auf die ND ausüben.32 Um mit der neuen Währung zugleich Vertrauen aufzubauen, müssen die institutionellen Rahmenbedingungen entsprechend ausgestaltet werden. Ein denkbarer Ansatz wäre die Besicherung der ND über eine Monetisierung des griechischen Staatsvermögens.33 Der liquide, veräußerungsfähige Teil oder auch das gesamte griechische Staatsvermögen könnte der Zentralbank als Sondervermögen übertragen werden. Einer Sacheinlage gleich würde das Staatsvermögen (Aktiva) in die Bilanz gestellt. In gleicher Größenordnung wäre das Eigenkapital (Passiva) auf der Finanzierungsseite zu buchen (vgl. Abbildung 1). Statt Gold und anderer Währungsreserven würden Energie- und Wasserversorger, der Hafen von Piräus, Regionalflughäfen, die Staatsbahn (Hellenic Railways Organization) etc. die neue Währung besichern.

Abbildung 1
Vereinfachte Neä-Drachmä-Bilanz der Bank von Griechenland
Aktiva Passiva
Währungsreserven ND-Bargeldumlauf
Gold der Banken
Euro der Nichtbanken
andere Fremdwährungen ND-Zentralbankguthaben
Refinanzierungskredite (Repo) der Banken
Sonstige Aktiva der Nichtbanken
ND-Scheidemünzen  
Staatsschuldtitel (Altschulden)  
Sondervermögen des Staates Eigenkapital
(Staatsvermögen wird im Rahmen eines Sondervermögens der Notenbank übertragen) Ausgleichsposten aus Neubewertung des Staatsvermögens sowie anderer Aktiva
  Grundkapital und Rücklagen
  Jahresüberschuss
Bilanzsumme Bilanzsumme
   
Entstehungskomponenten der Geldbasis (ND-Zentralbankgeld) Verwendungskomponenten der Geldbasis (ND-Zentralbankgeld)

ND = Neä Drachmä.

Quelle: eigene Darstellung.

Die Notenbank könnte auf dieser Basis alte Staatsschulden gegen die Ausgabe von ND aufkaufen. Solange die ausgegebene Zentralbankgeldmenge den Wert des Sondervermögens nicht übersteigt, wäre die ND voll besichert. Bei einer Größenordnung des griechischen Staatsvermögens von 125 Mrd. Euro bis 300 Mrd. Euro könnte sich der Staat in diesem Umfang entschulden.34 Bilanziell könnte das Eigenkapital mit den eingenommenen Staatspapieren verrechnet werden, so dass bei einem Eigenkapital von Null die ND durch das Sondervermögen gerade noch vollständig wertbesichert wäre. Sollte sich die Regierung darüber hinaus zu einem Verkauf einzelner Vermögenswerte entschließen, so würden die rückfließenden ND eine Aufwertung bewirken. Umgekehrt könnte die Notenbank eine expansive Geldpolitik durch den Ankauf von Wertpapieren oder Devisen vornehmen. Bei freier Konvertibilität könnte sie den Wechselkurs entsprechend steuern. Da Griechenland den Fiskalpakt mit unterzeichnet hat, wäre die Regierung zukünftig an eine solide Haushaltspolitik mit nur mäßiger Neuverschuldung gebunden.35

Neben einem vertrauensschaffenden Effekt für Währung und Staat verfügt dieser Ansatz über eine Reihe weiterer Vorteile:

  • Eine Entschuldung ohne Schuldenschnitt und Verkauf von Staatsvermögen wäre möglich.
  • Bei freier Konvertibilität wäre es der Notenbank möglich, durch eine Abwertung das Wettbewerbsniveau kurzfristig zu erhöhen. Reformen werden zwar keinesfalls ersetzt, die schwächere Währung bietet aber eine temporäre Überbrückung, um den hierfür notwendigen Zeitbedarf abzusichern.
  • Nutzungsentgelte, die bei einem Verkauf von Infrastruktur anfallen, können zugunsten des Staates bzw. der Nutzer eingespart werden.
  • Vermögensverkäufe können ohne Zeitdruck vorgenommen werden. Der bei Notverkäufen stattfindende Abschlag entfällt und es kommen mehr Erlöse in die Staatskasse.
  • Soweit die Notenbank Staatsanleihen von Privaten gegen ND ankauft, kommt es zu einem erwünschten Nachfrageimpuls. Kauft sie diese hingegen von Banken, kann die Kreditvergabe durch eine Entlastung der Banken von bonitätsschwachen Papieren erleichtert und damit die Gefahr einer möglichen Kreditklemme verringert werden.

Allerdings treten die bereits beim „Geuro“ benannten Probleme durch die Umstellung auf eine abwertende Währung auch bei einer vermögensfundierten ND auf – jedoch weniger stark und teilweise lösbar. Da die Vermögensbesicherung Vertrauen schafft und die griechische Notenbank auf den Kurs der ND steuernd einwirken kann, dürfte ein Kursabsturz ins Bodenlose kaum stattfinden. Nichtsdestotrotz wird ein J-Kurven-Effekt kurzfristig unvermeidbar sein, da die Preise naturgemäß schneller reagieren als die Mengen. Die Inflationserwartungen können weniger ausgeprägt ausfallen, wenn die Notenbank eine Unabhängigkeit gegenüber der Regierung aufbaut und letztere sich zudem an die Regeln des Fiskalpaktes hält. Das Problem des fehlenden ND-Bargeldes könnte in Zusammenarbeit mit der EZB gelöst werden. Da die EZB aus Sicherheitsgründen über eine neue Serie der Euro-Noten verfügt, könnte sie beispielsweise die 5er und 10er Euro-Noten dieser ungenutzt lagernden Serie der griechischen Notenbank zur Verfügung stellen.36 Die Verbindung zum Euro würde im Übrigen den Griechen die Möglichkeit eines Wiedereintritts in die Eurozone vor Augen halten.

Schließlich entstehen auch bei diesem Ansatz Bilanzeffekte bei Verträgen, die nach ausländischem Recht abgeschlossen wurden und deshalb in Euro erfüllt werden müssen. Um Konkurse zu verhindern, muss die Regierung schnell handeln. Mangels eigener finanzieller Mittel könnte sie vermögende Griechen über eine Lastenausgleichssteuer belasten. Mit Hilfe der EU-Staaten sowie der OECD-Staaten könnten gegebenenfalls auch die 10 Mio. Griechen, die im Ausland leben, zur Besteuerung herangezogen werden.37 Außerdem könnten die Eurostaaten zur Überbrückung Währungskredite (Art. 143 AEUV) vergeben.

Ein letztes, weniger kurzfristig akutes Problem besteht in der Rückführung der Euro-Geldbestände. Mit dem Austritt aus der EWU hat die griechische Notenbank gegenüber der EZB Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit den ausgegebenen Euro-Bargeldbeständen, den Target-Krediten sowie den ELA-Maßnahmen. Diese gilt es prinzipiell zu erfüllen, auch um im Gegenzug den eingezahlten Kapitalanteil (griechische Währungsreserven bei der EZB) zurückzuerhalten. Gerade einem insolventen Staat wird dies aber unmöglich sein. Für die EZB entstünde durch die Nicht-Bedienung der Target- und ELA-Kredite ein Abschreibungsbedarf, der gegebenenfalls zu einem Verlustausweis führen würde. Nicht zurückgeführte Bargeldbestände böten zudem ein Inflationspotenzial und würden zu Käufen in angrenzenden Euroländern genutzt werden. Im Falle Griechenlands wäre dies aufgrund seiner geringen Größe allerdings vernachlässigbar.

Um das Problem kurzfristig-formal zu lösen, könnte die EZB im Rahmen von Offenmarktgeschäften neue, für diesen Zweck emittierte griechische Staatsanleihen als vorrangiger Gläubiger gegen Euro-Guthaben erwerben. Im Gegenzug würde die griechische Notenbank diese Euro-Einlagen zur Ablösung ihrer Währungsverbindlichkeiten nutzen können. Die Verbindlichkeiten würden dann EU-vertragsgemäß als Staatskredit transformiert werden (Kredithilfen/Währungsbeistand gemäß Art. 143 f. AEUV). Im Rahmen der Parallelwährung würde außerdem Euro-Bargeld laufend bei der nationalen Notenbank zurückfließen. Auch damit könnte über einen längeren Zeitraum die Bargeld-Verbindlichkeit aufgelöst werden.

Fazit

Da die Voraussetzungen für ein neues Hilfsprogramm EU-vertraglich derzeit nicht vorliegen, könnte der Zahlungsausfall Griechenlands nach „juristisch-ökonomischer Zeitrechnung“ spätestens Ende Juni 2015 anstehen. Den deutschen Steuerzahler dürfte die (gescheiterte) Rettungshilfe zwischen 62 Mrd. Euro und 93 Mrd. Euro kosten, je nachdem, ob etwaige Target- und ELA-Ausfälle mit hinzugerechnet werden. Entgegen dem Gebot haushaltsmäßiger Transparenz werden diese Kapitalverluste und Mindereinnahmen aber zum Teil nur zeitverzögert und gar nicht im Bundeshaushalt erscheinen. Ad hoc könnte Griechenland den „Geuro“ als Notgeld regierungsseitig herausgeben. Eine erfolgversprechendere Alternative bietet hingegen ein einvernehmlicher, mit dem EU-Recht vereinbarer Austritt aus der EWU in Kombination mit der Emission einer vermögensfundierten Neä Drachmä.

  • 1 Bundesfinanzminister Schäuble brachte Anfang Februar 2014 ein drittes Hilfspaket ins Gespräch, vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/schaeuble-plant-drittes-hilfspaket-fuer-griechenland-a-950587.html (24.2.2015). Ähnlich äußerte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) im Sommer 2014, vgl. http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/unterstuetzung-schwindet-iwf-warnt-griechenland-braucht-drittes-hilfspaket_id_3909429.html (24.2.2015). Darüber hinaus hatten die Euro-Mitgliedstaaten im Dezember 2014 eine „vorbeugende Finanzhilfe“ im Umfang von 10 Mrd. Euro in Aussicht gestellt, diese aber an die Erfüllung der Auflagen der Zweiten Griechenlandhilfe geknüpft. Aktuell und anlässlich der Programmverlängerung begründet Finanzminister Schäuble diese mit: „Zudem gäbe eine Verlängerung Zeit für Beratungen über etwaige Anschlussvereinbarungen.“ Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 23.2.2015.
  • 2 Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (2008/C 115), EUV i.d.F. v. Lissabon.
  • 3 Siehe auch U. Hufeld: Zwischen Notrettung und Rütlischwur: der Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion in der Krise, in: integration, H. 2/2011, S. 119 ff.
  • 4 Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), T/ESM 2012/de.
  • 5 Angaben nach W. Mussler, T. Piller, P. Plickert, M. Schäfers: Griechenland bittet zur Finanz-Zaubershow, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2015, S. 15. Ein weiteres Indiz bietet der Euro-Break-up-Index des Finanzdienstleisters Sentix. Danach ist zwar die von Anlegern wahrgenommene Wahrscheinlichkeit für ein Auseinanderbrechen der Eurozone innerhalb der nächsten zwölf Monate im Januar 2015 um 4,4 Prozentpunkte auf 24,3% gestiegen. Allerdings werden zugleich die Ansteckungsgefahren für andere Krisenstaaten, insbesondere auch für Zypern und Italien, als gering erachtet. Siehe http://www.sentix.de/index.php/sentix-Euro-Break-up-Index-News/ (24.2.2015). Finanzminister Schäuble äußerte: „wir sind entspannt, die Ansteckungsgefahr ist gering“. W. Mussler: Schäuble sieht sich am längeren Hebel, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.1.2015, S. 1.
  • 6 Vgl. D. Meyer: EURO-Krise – Austritt als Lösung?, in: Reihe Wirtschaft aktuell, Bd. 1, Münster 2012, S. 5 f.
  • 7 So sollte gemäß dem ersten Hilfspaket (2010) eine Haushaltskonsolidierung durch Steuererhöhungen (Mehrwertsteuer, Steuern auf Benzin, Alkohol, Tabak, Glückspielabgabe, Strafsteuern auf illegale Bauten und Nutzungen) sowie Ausgabensenkungen (Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, Absenkung der Pensionsansprüche, Einsparungen bei investiven Ausgaben) in einem Umfang von 30 Mrd. Euro ab 2014 jährlich erreicht werden. Dies entsprach etwa 13% des griechischen BIP. Übersetzt auf die Bundesrepublik hätte dies einen um 300 Mrd. Euro verbesserten, jährlich zu erzielenden Haushaltssaldo notwendig gemacht. Der Erfolg schien bereits damals als illusorisch. Vgl. auch D. Meyer: Kredithilfe für Griechenland – eine ökonomische Analyse und Bewertung, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 63. Jg. (2010), H. 12, S. 614-619.
  • 8 Selbst die griechische Regierung scheint mit ihrer Forderung nach einem Schuldenschnitt diesen Standpunkt einzunehmen. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis drückte dies in einem Interview mit „La Tribune“ ganz plastisch aus: „Was auch immer Deutschland macht oder sagt, es wird sowieso zahlen.“ Dazu äußerte er in einem Fernsehgespräch: Es sei schade, aber die vielen Milliarden der Euroretter seien ohnehin „in einem schwarzen Loch von Schulden“ verloren. Siehe T. Piller: Griechenland und das „schwarze Loch der Schulden“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.1.2015, S. 17. Bereits anlässlich des zweiten Hilfspaketes im März 2012 äußerte die Troika Zweifel, ob die Kredithilfen von 140 Mrd. Euro sowie der Schuldenschnitt privater Gläubiger im Umfang von 107 Mrd. Euro ausreichen würden. Schon 2015 könne ein drittes Hilfspaket von etwa 50 Mrd. Euro notwendig werden. Vgl. P. Plickert: Zweifel an Athens Schuldentragfähigkeit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5.3.2012, S. 13.
  • 9 Die für einen Ankauf von Anleihen im Rahmen des OMT-Programms notwendigen drei Voraussetzungen wären in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt. Neben einer Störung des Transmissionsmechanismus der Geldpolitik muss der Staat ein Auflagenprogramm im Rahmen des ESM erfüllen und zugleich Zugang zum Anleihemarkt haben. Die beiden letzten Punkte schließen sich generell aus. Allenfalls ein Vorsorgeprogramm des ESM mit einer vorbeugenden Kreditlinie ließe dies zu.
  • 10 Siehe W. Mussler: Die Troika lässt sich nicht abschaffen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.2.2015, S. 17.
  • 11 Das Kreditereignis stellt lediglich den Fall dar, dass eine fällige Verbindlichkeit de facto nicht geleistet wird. Hierbei wird nicht zwischen Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit unterschieden. Bei Zahlungswilligkeit könnte ein Staat kraft seines Machtmonopols zu drastischen Maßnahmen der Besteuerung (Vermögensteuer, einmalige Lastenausgleichsabgabe), des Sozialabbaus (Rentenkürzungen, Kürzungen im Gesundheitswesen) oder der direkten Enteignung greifen, um die Gläubiger zu befriedigen. Die aktuelle Diskussion um den Kurs der Links/Rechts-Regierung in Griechenland macht den Unterschied deutlich.
  • 12 Nach internen Modellrechnungen geht die EZB bei einem geordneten Austritt aus der Eurozone (Grexit) von einem Restwert der Staatsanleihen in Höhe von 14% aus, bei einem „unfallartigen“ Austritt (Graccident) hingegen von nur 5%. Siehe H. Kafsack: Kapitalverkehrskontrollen für Griechenland, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.3.2015, S. 15.
  • 13 Vgl. W. Mussler, T. Piller, P. Plickert, M. Schäfers, a.a.O. Bereits beim Schuldenschnitt der privaten Gläubiger im März 2012 betrugen die Verluste für den deutschen Steuerzahler durch staatliche und teilstaatliche Institute etwa 14 Mrd. Euro, davon 8,9 Mrd. Euro durch die Hypo Real Estate. Vgl. H. Mussler: Griechenland kostet deutschen Steuerzahler 14 Milliarden Euro, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.3.2012, S. 12.
  • 14 Die folgenden Angaben beziehen sich auf Daten der EU-Kommission, von Eurostat, des griechischen Finanzministeriums, W. Mussler, T. Piller, P. Plickert, M. Schäfers, a.a.O., sowie auf eigenen Berechnungen.
  • 15 Gegenwärtig beträgt das gesamte von den EU-Staaten gezeichnete Kapital der EZB 10,83 Mrd. Euro. Eine Einzahlungspflicht in Höhe der nationalen Anteile besteht nur für die Mitglieder der Eurozone. Demgegenüber liegt das eingezahlte Kapital bei lediglich 7,62 Mrd. Euro. Eine Nachschusspflicht der Anteilseigner der EZB ist nicht vorgesehen. „Falls die EZB einen Verlust erwirtschaftet, kann der Fehlbetrag aus dem allgemeinen Reservefonds der EZB und erforderlichenfalls nach einem entsprechenden Beschluss des EZB-Rates aus den monetären Einkünften des betreffenden Geschäftsjahres im Verhältnis und bis in Höhe der Beträge gezahlt werden, die nach Artikel 32.5 an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.“ Art. 33.2 Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank.
  • 16 Zur Gewinnverteilung siehe Art. 33.1(b) Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank.
  • 17 „Dann drucken wir uns bis zu 100 Mrd. Euro selbst.“ U. Kulke: Griechische Scheinwelt, in: Welt am Sonntag vom 1.2.2015, S. 62. Wie auch immer die Aussage der Syriza-Abgeordneten Rachel Makri gemeint war, abwegige Szenarien scheinen nicht ausgeschlossen. Die produktionstechnischen Gegebenheiten wären bei der hauseigenen Druckerei der Bank von Griechenland jedenfalls vorhanden.
  • 18 Vgl. hierzu ausführlich T. Mayer: Der Geuro – Eine Parallelwährung für Griechenland?, Deutsche Bank Research Briefing vom 23.5.2012. Mayer geht in seinem Vorschlag davon aus, dass weiterhin Kredithilfen fließen, die allerdings nur den Schuldendienst gewährleisten. Ein Primärdefizit wird nicht mehr alimentiert. Insofern gibt es in Mayers Szenario kein Kreditereignis.
  • 19 Ähnlich führte das Deutsche Reich 1923 die Rentenmark als staatliche Schuldverschreibungen ein. Weitere Beispiele bieten die „Registered Warrants“ zur Zeit der Finanzkrise des Bundesstaates Kalifornien 2009 sowie die Steuergutscheine in Argentinien 2001.
  • 20 Sollte dieser Umtausch je stattfinden, wäre die Rückkehr in das bisherige Eurosystem denkbar.
  • 21 Dies kommt einer enteignungsgleichen Währungsreform gleich, weshalb sich die Griechen bereits weit im Vorhinein diesem Eingriff antizipativ durch die Umwandlung ihrer Euro-Sicht- und -Spareinlagen in Bargeld entzogen haben.
  • 22 Vgl. hierzu ausführlich D. Meyer: Fahrplan eines Euroaustritts – technische Vorbereitung und Durchführung aus Sicht eines Austrittslandes, in: ifo-Schnelldienst, 65. Jg. (2012), H. 6, S. 25 f.; sowie R. K. Abrams, H. Cortés-Douglas: Introduction of a New National Currency: Policy, Institutional, and Technical Issues, IMF Working Paper, WP 93/49, 1993, S. 15 ff. So dürfte ein Zeitbedarf von zwölf bis 18 Monaten für fälschungssichere Noten und eine vollständige Umstellung aller Automaten als realistisch gelten.
  • 23 Zur Vertragswährung nach einer Währungsumstellung vgl. ausführlich D. Meyer: Währungsdenomination – Zur Frage der Schuldwährung in Altverträgen bei EURO-Austritt aus deutscher Sicht, in: Wirtschaftsrechtliche Blätter, 26. Jg. (2012), S. 610-617.
  • 24 Aktuell ließ die EU-Kommission am 5.1.2015 entsprechendes verlauten, offensichtlich, um der wieder aufflammenden Diskussion eines Austritts Griechenlands entgegenzuwirken. Vgl. H. Bubrowski: Die Unwiderruflichkeit des Beitritts, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 6.1.2015, S. 2. Die Kommission begründet ihre Aussage mit Art. 140 Abs. 3 AEUV, der lediglich für einen Mitgliedstaat gilt, dessen Ausnahmeregelung gerade aufgehoben werden soll – also auch für Griechenland, das erst 2001 der Eurozone beitrat. Nur für dessen Währung legt der Rat den „Kurs, zu dem dessen Währung durch den Euro ersetzt wird, unwiderruflich fest“. Hieße das im Umkehrschluss, dass Deutschland und Italien als Euro-Gründungsmitglieder austreten könnten?
  • 25 Vgl. hierzu ausführlich D. Meyer: Rechtliche Möglichkeiten eines Ausscheidens aus dem EURO und die Rückübertragung der Währungssouveränität, in: Europarecht, 48. Jg. (2013), H. 3, S. 334-347.
  • 26 Vgl. M. Seidel: Austritt aus der Währungsunion – eine freie Entscheidung Griechenlands, in: D. Meyer (Hrsg.): Die Zukunft der Währungsunion – Chancen und Risiken des Euros, Münster 2012, S. 161, der auf entsprechende Erfahrungen anlässlich der deutschen Wiedervereinigung verweist.
  • 27 Vgl. ebenda, S. 157; M. Seidel: Der Euro: Schutzschild oder Falle?, in: Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 123. Bd. (2010), H. 1, S. 39-45.
  • 28 Vgl. P. Behrens: Ist ein Ausschluss aus der Euro-Zone ausgeschlossen?, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 21. Jg. (2010), H. 4, S. 121. Damit wäre die VO (EG) Nr. 2596/2000 vom 27.11.2000 zur Änderung der VO (EG) Nr. 974/98 des Rates über die Einführung des Euro vom 3.5.1998 (EURO VO II) aufzuheben.
  • 29 Vgl. hierzu M. Seidel: Austritt aus der Währungsunion …, a.a.O., S. 160 f. „Die Einführung des Euro als Währung und gesetzliches Zahlungsmittel in Griechenland hat ebenso wenig wie die Inanspruchnahme der Kompetenz der Europäischen Union zur Gestaltung der Geldpolitik als einer sogenannten ausschließlichen Politik nicht dazu geführt, dass – zurückgedrängte – nationale Handlungsbefugnisse Griechenlands im Bereich des Geld- und Währungswesens quasi dinglich vernichtet wurden“. Ebenda, S. 161. Seidel verweist auf den umgekehrten Fall des Einbezugs der ostdeutschen Bundesländer in die Eurozone, autonom und ohne einen europäischen Rechtsakt. Vgl. ebenso M. Hilf: Kommentar zu Art. 240 EGV (Art. 312 EGV i.d. Fassung des Nizzavertrages / Art. 356 AEUV), in: H. v. d. Groeben, J. Thiesing, C.-D. Ehlermann (Hrsg.): Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Bd. 5, Baden-Baden 1997, S. 5/786.
  • 30 So konnte sich die EZB bei dem ersten Schuldenschnitt im März 2012 nur durch die Zuordnung einer neuen Wertpapierkennnummer von den Schuldenkürzungen befreien. Derzeit könnten auch die EFSF/der ESM einem Schuldenschnitt kaum zustimmen. Problematisch wären jedoch weiterhin die IWF-Kredite. Dies wäre der bislang einmalige Fall, dass der IWF einen Kreditausfall eines Landes mit diesem Wohlstandsniveau hinnehmen müsste.
  • 31 Im Unterschied dazu wurde der „Geuro“ durch die Zahlungsverpflichtungen der griechischen Regierung ohne die Mitwirkung der Notenbank in Umlauf gebracht. Im vorliegenden Ansatz würde die Institution der Notenbank hingegen alle Zentralbankfunktionen wahrnehmen und auch die Voraussetzung für die Unabhängigkeit der Geldpolitik bieten können.
  • 32 Bereits heute nutzen als weitere Länder bzw. europäische Territorien Andorra, das Kosovo, Monaco, Montenegro, San Marino sowie Vatikanstadt den Euro als legales Zahlungsmittel. Griechenland wäre allerdings nicht mehr in den Entscheidungsgremien der EZB vertreten (siehe Art. 10.1 Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank). Außerdem besteht kein direkter Zugang zu dem Euro-Zentralbankgeld und Griechenland wäre auch von den EZB-Seignioragegewinnen ausgeschlossen.
  • 33 Vgl. hierzu die Ausführungen bei U. Neuhäußer: Nachtrag: Monetarisierung des griechischen Staatsvermögens in Form einer Parallelwährung, in: ifo-Schnelldienst, 65. Jg. (2012), H. 2, S. 8-11.
  • 34 Naturgemäß wird eine Marktbewertung des Staatsvermögens mit abnehmendem Grad der Liquidität schwieriger. U. Neuhäußer, a.a.O., S. 8, gibt einen Wert von 150 Mrd. Euro bis 300 Mrd. Euro an; Unternehmensberater von Roland Berger schlagen eine griechische Staatsholding auf der Basis von Infrastrukturliegenschaften in Höhe von 125 Mrd. Euro vor. Vgl. http://www.rolandberger.de/medien/news/Plan_zur_Sanierung_von_Griechenland.html (25.2.2015). Damit könnte die Staatsschuld von dem derzeitigen Niveau in Höhe von 322 Mrd. Euro um 39% bis 93% auf einen Schlag abgebaut werden. Beachtenswert bleibt, dass diese Rechnung von Nominalwerten der Staatsschulden ausgeht und aktuelle Kursabschläge nicht berücksichtigt. Der Entschuldungseffekt wäre zu Marktkursen demnach sogar erheblich größer.
  • 35 U. Neuhäußer, a.a.O., S. 8, plädiert dafür, keinerlei Neuschulden des Staates als Sicherheit der Notenbank zu akzeptieren. Damit würde die Geldpolitik der Zentralbank jedoch unnötig eingeschränkt.
  • 36 Hierzu müssten der auf den Banknoten befindliche Dreiklang EURO/EYPΩ/EBPO lediglich in EURO/EYPΩ-Neä Drachmä/EBPO überschrieben werden. Eine Stempelung der in Griechenland – auch bei den Geschäftsbanken – befindlichen alten Euro-Noten scheidet aus, da keiner freiwillig eine Entwertung seines Euro-Geldes vornehmen würde.
  • 37 Die EU müsste hierzu ein nur für Griechenland geltendes Sonderrecht erlassen. In Form einer Verordnung würde eine Umstellung der unbeschränkten Steuerpflicht von der Ansässigkeit auf die griechische Staatsangehörigkeit vorgenommen werden. Dies würde jedoch den Regeln des internationalen Steuerrechts zuwiderlaufen, weshalb eine Befristung dieser Regelung gelten sollte.

Title:The Greek Exit from the Euro – a Process Scenario

Abstract:Greece’s financial difficulties apparently do not endanger the stability of the eurozone, nor is Greek debt sustainability guaranteed. Nevertheless, Greece was granted a four-month extension to its aid programme and a third programme is already being discussed. This contribution first examines the legal requirements for further aid. Then, a process scenario is used to examine the possible consequences of a Greek default and the ensuing options for the country. Besides an analysis of exit options which are in accordance with the EU treaties, the issuance of an emergency currency as well as an asset-backed Neä Drachmä are discussed.


DOI: 10.1007/s10273-015-1827-6

Fachinformationen über EconBiz

EconBiz unterstützt Sie bei der Recherche wirtschaftswissenschaftlicher Fachinformationen.