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Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht für Endverbraucher einen Strompreis mit einem relativ großen Anteil aus der Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien vor. Das Gesetz enthält jedoch Ausnahmeregelungen für stromintensive Industrieunternehmen, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden. Durch diesen Mechanismus besteht für Unternehmen kein Anreiz, die Energieeffizienz zu verbessern, und damit auch kein Anreiz, die deutsche Energiewende effizient zu gestalten.

Die Reduktion der Treibhausgasemissionen ist eine zentrale, globale Herausforderung in den kommenden Jahrzehnten, um den anthropogenen Klimawandel abzuschwächen. Es sind globale Abkommen notwendig, die den Grundstein für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung legen. Auf europäischer Ebene wurde mit dem Emissionshandelssystem ETS (Emissions Trading System) bereits ein Instrument zum Klimaschutz entwickelt, das einen europäischen institutionellen Rahmen bietet, aktuell jedoch von vielen Experten als reformbedürftig angesehen wird. Unabhängig von der Kritik am konkret gewählten Instrumentarium ist die Logik einer harmonisierten europäischen Klimapolitik dennoch einleuchtend und auch über den europäischen Rahmen hinweg gültig: Durch ein internationales Abkommen ergeben sich für alle teilnehmenden Emittenten identische Grenzvermeidungskosten – verstanden als Kosten für die Vermeidung einer weiteren Tonne CO2 –, womit Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden. Dem Mechanismus des ETS folgend bedeutet das, dass Zertifikate nur so lange rentabel sind, bis die Grenzvermeidungskosten dem jeweiligen Preis entsprechen. Diese Bedingung ist notwendig, um eine gewünschte gesamte CO2-Einsparung zu den geringstmöglichen Kosten zu erreichen.

Auf nationaler Ebene hat die Bundesregierung mit dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) eine Klimapolitik eingeführt, die die vorrangige Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien als maßgeblichen Hebel vorsieht. Die Steigerung der Energieeffizienz ist ein postuliertes Ziel im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2013. Demnach soll der Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20% reduziert werden und die Energieproduktivität pro Jahr um durchschnittlich 2,1% steigen. Aktuelle Hochrechnungen zeigen, dass diese Ziele in dem angestrebten Zeitraum verfehlt werden dürften. So rechnet selbst die Bundesregierung damit, dass der Primärenergieverbrauch bis 2020 im Vergleich zu 2008 höchstens um 7,2% bis 10,1% sinken wird.1 Die Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ bemängelt in ihrer Stellungnahme zum Berichtsjahr 2013, dass der Energieeffizienz in der aktuellen Ausgestaltung der Energiewende nicht die entsprechende Bedeutung zukommt. Durch die Ausnahmeregelung für Industrien mit einem hohen Energieverbrauch fehlen die Anreize, diesen durch effizientere Technologien zu reduzieren. Wenn man annimmt, dass steigende Energie(stück)preise kurzfristig zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führen, könnte hier ein Anreiz bestehen, den Produktionsprozess energieeffizienter zu gestalten. Dies ist vor allem für den Standort Deutschland wichtig, der relativ geringe Quellen fossiler Energieträger aufweist und somit auf Energieimporte angewiesen ist – ein Fakt, der sich durch den Ausstieg aus der Atomenergie noch verschärft hat.

Effekte einer ökologischen Regulierung

Aus ökonomischer Sicht lässt sich die Notwendigkeit ökologischer Regulierung mit der Existenz sozialer Kosten begründen, die durch negative Externalitäten (z.B. Umweltverschmutzung) entstehen. Ökologische Regulierung ist also notwendig, um die Externalitäten zu internalisieren. Das führt – zumindest kurzfristig – zu höheren Kosten z.B. aufgrund steigender Energiepreise. Da weder Treib­hausgasemissionen noch die Energiepreisentwicklung vor Ländergrenzen haltmachen, ist eine nationale Klimapolitik dann problematisch, wenn die internationalen Mechanismen außer Acht gelassen werden. Dies kann anhand des EEG veranschaulicht werden: CO2-Einsparungen in Deutschland verringern die Nachfrage und somit den Preis europäischer Zertifikate. Diese werden stattdessen in anderen europäischen Ländern verbraucht. Da die Gesamtmengenbegrenzung im europäischen Handelssystem identisch bleibt, bleiben auch die europäischen Emissionen gleich, wodurch dann effektiv der gleiche (eher geringe) Klimaschutz zu höheren Kosten erreicht wird.

Als negativer Nebeneffekt ökologischer Regulierung wird oft der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit bestimmter Firmen, Industrien oder ganzer Volkswirtschaften genannt. Aus diesem Grund wurden bestimmte Industrien in Deutschland durch die „Besondere Ausgleichsregelung“ von der Umlage des Strompreises befreit.2 Somit wäre die Befreiung von der EEG-Umlage nach § 60 ff. EEG nur dann gerechtfertigt, wenn deutsche Unternehmen durch höhere Energiepreise an Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt verlieren würden. Dieser Zusammenhang erscheint auf den ersten Blick einleuchtend, folgende Überlegungen sprechen jedoch dagegen:

  1. Ein nachweisbarer komparativer Nachteil entsteht, wenn Strom- bzw. Energiepreise im Vergleich zu anderen Inputfaktoren einen großen Einfluss auf den Wertschöpfungsprozess der Industriebranche haben. Es ist jedoch anzunehmen, dass Arbeits- und Kapitalkosten sowie andere Standortfaktoren eine stärkere Auswirkung haben und eventuelle Nachteile im Wertschöpfungsprozess durch eine Verbesserung dieser Faktoren kompensiert werden könnten.
  2. Auch wenn ökologische Regulierung kurzfristig zu höheren Inputkosten führt, könnten diese einen Anreiz darstellen, in energieeffizientere Technologien zu investieren und mittelfristig Wettbewerbsvorteile zu generieren. Voraussetzung wäre, dass die verbesserte Energieeffizienz den Kostenanstieg ausgleichen kann.

Adverse ökonomische Effekte (insbesondere der Verlust von Wettbewerbsfähigkeit) aufgrund von klimapolitischen Maßnahmen werden von der sogenannten Porter-Hypothese angezweifelt. Diese geht davon aus, dass ökologische Regulierung – und somit eine Verteuerung der Energiepreise – Anreize schafft, effizienter zu produzieren und letztlich mittelfristig zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum des regulierten Landes führt.3 Voraussetzung hierfür ist ein regulatorischer Rahmen, der neben steigenden Energiepreisen weitere Anreize schafft, Investitionen in den Ausbau der Energienetze, erneuerbarer Energieträger sowie Techniken für die Energiespeicherung zu tätigen. Ein wichtiger Faktor dabei ist Planungssicherheit für die Unternehmen.

Heterogenität zwischen den Industrien

Im Folgenden wird auf Grundlage empirischer Ergebnisse diskutiert, ob steigende Energiepreise zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führen.4 Dabei stützt sich die Analyse auf das Konzept der Energiestückkosten, bei dem die aggregierten Kosten des Energieeinsatzes in das Verhältnis zur Bruttowertschöpfung gesetzt werden.5 Konkret bestehen die Energiestückkosten aus zwei Bestandteilen: 1. Dem realen Energiepreis – definiert als die Kosten pro physischer Einheit des Energieeinsatzes deflationiert mit einem (sektoralen) Preisindex – und 2. der Energieintensität, d.h. die physische Menge der eingesetzten Energie im Verhältnis zur realen Bruttowertschöpfung.6 Innerhalb des betrachteten Modells wurden beide Bestandteile als zwei verschiedene Variablen integriert, um deren isolierte Effekte zu beobachten.

Eine erste grobe Betrachtung der Branchen des Verarbeitenden Gewerbes,7 die laut EEG antragsberechtigt sind, lässt eine große Heterogenität zwischen den verschiedenen Sektoren erkennen. Wie Abbildung 1 zeigt, trifft dies sowohl auf die jährlichen Mittelwerte als auch die Streuung der Wettbewerbsfähigkeit, gemessen als komparativer Vorteil (engl. Revealed Comparative Advantage (RCA)), zu.8 Eine besonders große Streuung der Werte für die Wettbewerbsfähigkeit ist bei der Branche „Holz-und Korkwaren“ zu erkennen. Auch „Maschinenbau“, „Glas, Keramik, Steine und Erden“, „Papierwaren“ und „Kraftwagen und sonstiger Fahrzeugbau (Transport)“ weisen eine vergleichsweise große Streuung auf.

Abbildung 1
Sektorale RCA-Werte für 1995 bis 2013
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Als Maß für die Wettbewerbsfähigkeit dient der Revealed Comparative Advantage (RCA).

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage der verwendeten OECD-Daten.

In Abbildung 2 und Abbildung 3 ist der Zusammenhang zwischen dem komparativen Vorteil und der Energieintensität der einzelnen Branchen 1995 und 2008 abgebildet.9 Dabei sind folgende Trends zu erkennen: Zum einen ist die Energieintensität insgesamt gesunken. Zum anderen geht eine hohe Energieintensität mit RCA-Werten um Eins einher. Alle Werte über dieser Linie weisen auf einen komparativen Vorteil hin. Während ein Energiekostenanteil an der Bruttowertschöpfung von kleiner als 20% sowohl sehr hohe als auch sehr niedrige RCA-Werte aufweist, ist diese Streuung bei einer Energieintensität über 20% sehr gering und die RCA-Werte liegen bei Eins.

Abbildung 2
Energieintensität und RCA 1995
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Als Maß für die Wettbewerbsfähigkeit dient der Revealed Comparative Advantage (RCA).

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage der verwendeten OECD- und WIOD(World Input-Output Database)-Daten.

Abbildung 3
Energieintensität und RCA 2008
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Als Maß für die Wettbewerbsfähigkeit dient der Revealed Comparative Advantage (RCA).

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage der verwendeten OECD- und WIOD(World Input-Output Database)-Daten.

Eine vergleichsweise hohe Wettbewerbsfähigkeit weisen die Branchen „Maschinenbau“ und „Transport“ auf, wobei der Wert für den Maschinenbau 2008 (RCA = 1,62) im Vergleich zu 1995 (RCA = 1,86) leicht zurückgegangen ist, während sich die Transportbranche um 0,04 Punkte verbessern konnte. Beide Branchen haben auch – zusammen mit dem Sektor „elektrische und optische Ausrüstung“ – die geringste Energieintensität der hier betrachteten Branchen. Letzterer wies 1995 noch einen komparativen Vorteil auf (RCA = 1,02), 2008 ist dieser allerdings nicht mehr zu erkennen (RCA = 0,87). Die Energieintensität dieser drei Sektoren ist 2008 geringer als 1995. Eine relativ geringe Wettbewerbsfähigkeit weisen die Textilindustrie, die Nahrungsmittelindustrie sowie „Lederwaren“ aus. Allerdings konnten alle drei Industrien ihre Wettbewerbsfähigkeit 2008 verbessern, während die Energieintensität entweder gleich geblieben („Nahrungsmittel, Tabak“) oder zurückgegangen ist („Lederwaren“ und „Textilien“). Die stärkste Veränderung in beiden Werten ist für die Branche der „Holz- und Korkwaren“ zu erkennen. Zum einen ist die Energieintensität von ca. 5% (1995) auf knapp 11% (2008) gestiegen, zum anderen erlangte die Branche 2008 einen komparativen Vorteil (RCA = 1,37), der 1995 noch nicht sichtbar war (RCA = 0,6). Zusammen mit den Branchen „Glas, Keramik, Steine und Erden“ und „Papierwaren“ stellt die „Holz- und Korkindustrie“ die einzige Branche dar, die ihre Energieintensität erhöht hat. Gleichzeitig konnten alle drei Branchen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Insgesamt lässt sich bei aller Heterogenität der betrachteten Branchen also festhalten, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der Industriebranchen verbessert hat und die Energieintensität für den Großteil der Branchen zurückgegangen ist.

Effekt steigender Strompreise

Der in einem empirischen Modell untersuchte Zusammenhang zwischen dem Strompreis – stellvertretend für den realen Energiepreis – und der Wettbewerbsfähigkeit der Industriebranchen deutet darauf hin, dass der Strompreis in dem untersuchten Zeitraum (1995 bis 2008) einen negativen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit hat.10 Außerdem besteht empirische Evidenz, dass eine unveränderte Energieeffizienz der Industriebranchen – die Energieintensität also gleich bleibt – bei steigenden Strompreisen zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führt.

Daraus zu folgern, dass Industrieunternehmen von steigenden Strompreisen verschont werden sollten, ist allerdings problematisch. Denn das Wesen ökologischer Regulierung ist die Internalisierung von externen Kosten (Umweltverschmutzung) und führt zwangsläufig zu einem kurzfristigen Kostenanstieg. Werden diese Kosten so verteilt, dass diejenigen verschont bleiben, die einen großen Beitrag zu einer verbesserten Energieeffizenz – das Hauptinstrument einer effizienten Energiewende – beitragen könnten, kann mittel- und langfristig mit einem Wettbewerbsverlust gerechnet werden. Einige empirischen Untersuchungen zu der Porter-Hypothese zeigen, dass steigende Energiekosten zu einer Verbesserung der Energieeffizienz führen können. So können Wettbewerbsvorteile gesichert werden, denn Innovationen in eine energieeffizientere Produktion senken die Kosten und schaffen einen technologischen Vorsprung und eine größere Unabhängigkeit von fluktuierenden Energiepreisen – unabhängig davon, welcher Energieträger betrachtet wird.

Abwanderung stromintensiver Branchen unwahrscheinlich

Befürworter der Industrieprivilegien führen oft das Argument an, dass steigende Energiepreise in Deutschland zu einer Abwanderung energieintensiver Industrien oder einzelner Wertschöpfungsteile dieser Industrien in Regionen mit geringeren Energiekosten führen. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn Energiepreise im Verhältnis zu anderen Faktoren einen maßgeblichen Einfluss auf die Standortfrage hätten. Während die Industriebranche in Deutschland im internationalen Vergleich eventuell Nachteile aufgrund hoher Energiepreise hat – das gilt allerdings nicht so sehr für den europäischen Vergleich11 –, zahlt sich der Standort Deutschland aber vor allem durch günstige und gut qualifizierte Arbeitskräfte, Infrastruktursicherheit, komplexe und hochwertige Produkte sowie politische Stabilität aus.12 Es ist anzunehmen, dass diese Faktoren einen weit größeren Einfluss auf die Standortwahl haben als die Energiepreise. Veränderungen in der Energieintensität auf sektoraler und nationaler Ebene sind in Deutschland eher auf einen technologischen als auf einen strukturellen Effekt zurückzuführen. Energieintensität verbessert sich innerhalb der Branchen also aufgrund eines tatsächlichen Effizienzgewinns des Inputfaktors Energie und nicht, weil energieintensive Bereiche der Wertschöpfungskette verlagert wurden.13

Zusätzlich ist festzuhalten, dass die deutschen Strompreise im europäischen Vergleich im unteren Mittelfeld stehen und sich die Preise für Energieerzeugung, Vertrieb und Transport innerhalb von Europa aufgrund wachsender supranationaler Netze und einer gemeinsamen Strombörse in Zukunft wohl noch weiter annähern werden.14 Erhebliche Unterschiede würden dann vor allem durch nationale Regulierungen induziert; deren Wirkung auf klimapolitische Ziele ohnehin fraglich wäre, da einseitige nationale Maßnahmen, wenn sie internationale Mechanismen missachten oder gar behindern, keine Effekte haben dürften.

Ausgestaltung der Regulierung ist zentral

Ob ökologische Regulierung einen negativen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hat, hängt vor allem von der Ausgestaltung des Regulierungsrahmens ab. Hier können grob zwei Mechanismen unterschieden werden: Zum einen die CO2-Steuer, die ähnlich der EEG-Umlage ausgelegt ist,15 und zum anderen das Cap-and-trade-System, das ähnlich dem EU-ETS ist. Die bisherige empirische Forschung weist darauf hin, dass CO2-Steuern einen eher negativen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit haben,16 wohingegen einem Cap-and-trade-System, vor allem in Form von einem Quotenmodell, Effizienzgewinne nachgesagt werden.17

Da jegliche Form der Regulierung einen Eingriff in den Marktmechanismus bedeutet, sollte dieser nur erfolgen, wenn der Markt nicht in der Lage ist, von selbst den optimalen Output zu erzeugen. Bei ökologischer Regulierung kann ein Markteingriff dadurch legitimiert sein, dass die Kosten der Umweltverschmutzung nicht durch den Markt dargestellt werden können. Um diese Kosten effizient zu internalisieren, stehen verschiedene Formen der Regulierung zur Verfügung, die bestimmte Anforderungen erfüllen sollten, um einen Grundstein für eine effiziente Energiewende zu legen.

Eine davon ist eine langfristige Auslegung. Eine politische Regulierung, die einen kurzfristigen Horizont abdeckt, führt zu instabilen Investitionsvoraussetzungen für Energieerzeuger und Industrieabnehmer. Das gilt auch für eine langfristig ausgelegte Strategie, deren Glaubwürdigkeit aufgrund vorhergehender Entscheidungen gelitten hat. Planungsunsicherheit führt dazu, dass Investitionen in eine effizientere Erzeugung und/oder Nutzung von Energie und deren Verteilernetze weitestgehend ausbleiben. Gewinnmaximierende Unternehmer tätigen keine kostenintensiven Investitionen, wenn sie sich nicht sicher sein können, dass diese Kosten durch den Ertrag der Investitionen gedeckt werden können. Auf diese Idee stützen sich zwar auch die im EEG festgelegten Einspeisevergütungen, die die Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien garantieren. Allerdings lässt diese Art der Regulierung den Marktmechanismus als weitere wichtige Voraussetzung für eine effiziente Regulierung außer Acht. Dies führt zum einen dazu, dass die EEG-Umlage immer weiter steigt, wenn der Börsenpreis für Strom günstiger wird. Zum anderen gestaltet sich der Ausbau der Erzeugungskapazitäten aufgrund falscher Anreize als ineffizient. Anlagen werden dort (aus-)gebaut, wo die Erzeugung aus geografischen Gründen nicht am effizientesten ist. Eine Alternative stellt das technologieneutrale, marktbasierte Quotenmodell nach schwedischem Vorbild dar. Eine garantierte Vergütung je KWh für Solar- und Windstrom wird in diesem Modell durch einen Markt für Ökostromzertifikate ersetzt, in dem die Versorger eine bestimmte Ökostromquote erfüllen müssen und die Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien im Wettbewerb miteinander stehen. Das würde dazu führen, dass der Ausbau von Erzeugungsanlagen für Strom aus erneuerbaren Energien effizient gestaltet werden könnte.18

Neben einer marktbasierten Regulierung für die Erzeugung von Energie sollte vor allem auch der Netzausbau über Preissignale gesteuert werden. Der zukünftige Ausbau der Energienetze ist ein wichtiger Pfeiler für eine effiziente Energiewende und bedarf hoher Investitionen. Der Anbau von Erzeugungsanlagen und der Netzausbau dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, denn effiziente Standortentscheidungen sind nur möglich, wenn die induzierten Kosten des Netzausbaus von den entsprechenden Stromerzeugern mitgetragen werden. Hierfür gibt es verschiedene Ansätze wie beispielsweise die Ausdifferenzierung der Netznutzungsentgelte über eine sogenannte G-Komponente, das marktbasierte Redispatching oder das Market Splitting.19

Aber nicht nur die eigentliche ökologische Regulierung setzt die Rahmenbedingungen für eine effiziente Energiewende. Zu den Faktoren, die den technologischen Fortschritt voranbringen und somit den Weg ebnen für eine effizientere Energieerzeugung und -nutzung, gehören die Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Hier befindet sich Deutschland im internationalen Vergleich staatlicher F&E-Ausgaben pro Einwohner im Bereich Energietechnologien im mittleren Bereich.20 Es besteht also Handlungsbedarf mit dem Ziel, Vorreiter für neue Technologien im Bereich der Energie- und Produktionstechnik zu werden.

Grenzübergreifende Abkommen

Neben diesen nationalen Anforderungen muss ökologische Regulierung vor allem auch grenzübergreifende Abkommen treffen und diese bei der Formulierung einer nationalen Strategie berücksichtigen. Emissionen und Energiepreisfindung machen vor Ländergrenzen nicht halt. Hierbei spielt das Konzept gleicher Grenzvermeidungskosten zwischen internationalen Handelspartnern eine wichtige Rolle.

Unter der Voraussetzung, dass die politisch festgelegten Emissionsobergrenzen korrekt sind, stellt das EU-ETS eine Regulierung dar, bei der die externen Kosten marktgerecht internalisiert werden und sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten die gewünschten Effekte der Energiewende erzielen kann. Es begrenzt die CO2-Emissionen, setzt Anreize für eine effiziente und technologieneutrale Verbesserung der Energieerzeugung und maximiert gleichzeitig die Gesamtwohlfahrt. Denkbar ist allerdings, dass die Förderung von erneuerbaren Energien in Deutschland zu einer steigenden Zahl der Zertifikate auf dem europäischen Markt führt, was einen Preisverfall dieser Zertifikate auslöst. Schmutzige Energieerzeugung wird damit günstiger. Dadurch sinkt der Anreiz, in emissionsärmere Erzeugungstechnologien zu investieren und die deutsche Energiepolitik wäre kontraproduktiv zu der europäischen Energiepolitik. Zwar folgen beide Ansätze der grundsätzlichen Logik ökologischer Regulierung, indem sie die Internalisierung externer Kosten vorsehen. Allerdings setzt das einer CO2-Steuer ähnliche EEG voraus, dass der optimale Preis für diese externen Kosten bekannt ist, während sich bei einem Cap-and-trade-System wie dem EU-ETS dieser Preis auf dem Markt ergibt.

Neugestaltung der deutschen Energiewende

Das EEG ist also nicht nur an sich ungeeignet, die postulierten Ziele einer effizienten Energiewende zu erreichen, es verzerrt sogar die Klimapolitik auf europäischer Ebene. Geht man weiterhin davon aus, dass die im Modellrahmen erlangten Ergebnisse zumindest kurzfristig darauf hindeuten, dass steigende Strompreise zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führen, sollte die aktuelle Ausgestaltung des EEG hinterfragt werden. Die besondere Ausgleichregelung für energieintensive Unternehmen ist da kein Lichtblick. Im Gegenteil: Solange energieintensive Unternehmen nicht an den Kosten für die Energiewende beteiligt werden, besteht kein wirksamer Anreiz, die Energieeffizienz – im Modell ausgedrückt durch die Energieintensität – zu verbessern. Wie das Modell zeigt, überwiegt der negative Effekt der Strompreise für den Fall einer gleichbleibenden Energieeffizienz.

Die Privilegien für einige Wenige werfen außerdem ein weiteres Problem auf: Eine wirksame und nachhaltige Regulierung muss auch immer die Voraussetzung der Akzeptanz durch die Wähler erfüllen. Das ist nicht nur durch die demokratische Legitimierung zu begründen, sondern auch durch die Nutzenmaximierung der Politiker. Der derzeitige Preisanstieg von Strom für Endverbraucher, die nicht von den besonderen Ausgleichregelungen profitieren, führt zu einer zunehmenden Ablehnung der aktuellen rechtlichen Ausgestaltung der Energiewende. Ohne den Rückhalt aus der breiten Wählerschaft wird die Politik kaum in der Lage sein, weitere Reformpläne über die derzeitige Amtszeit hinweg durchzusetzen. Das beeinflusst die Glaubwürdigkeit des eingeschlagenen Weges negativ und wirkt auf die wahrgenommene Investitionssicherheit und damit auch auf die Investitionsneigung der Unternehmen.

  • 1 Vgl. A. Löschel, G. Erdmann, F. Staiß, H.-J. Ziesing: Stellungnahme zum ersten Fortschrittsbericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2013, Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft, Berlin u.a.O. 2014, S. 67.
  • 2 Vgl. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: Statistische Auswertungen zur „Besonderen Ausgleichsregelung“, 2014, http://www.bafa.de/bafa/de/energie/besondere_ausgleichsregelung_eeg/publikationen/statistische_auswertungen/ (13.10.2015).
  • 3 Vgl. M. E. Porter, C. van der Linde: Green and Competitive: Ending the Stalemate, in: Harvard Business Review, Boston 1995.
  • 4 Vgl. F. Löw: Der Einfluss steigender Energiepreise auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem internationalen Markt, Düsseldorf 2015.
  • 5 Vgl. R. Germeshausen, A. Löschel: Energiestückkosten als Indikator für Wettbewerbsfähigkeit, in: Wirtschaftsdienst, 95. Jg. (2015) H. 1, S. 46-50.
  • 6 Dabei bezieht sich die Berechnung nur auf die direkten Energiestückkosten. Indirekte Energiestückkosten wurden nicht berücksichtigt.
  • 7 Abschnitt C der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 2008.
  • 8 Der RCA ist berechnet nach M. Schrooten, P. König: Exportnation Deutschland – Zukunftsfähig sichern, in: DIW Wochenbericht, 73. Jg. (2006), H. 41, S. 545-551. Dieser Indikator gibt Auskunft über die Spezialisierung eines Landes im internationalen Handel. Ermittelt wird die Export-Import-Relation eines Landes in einer bestimmten Warengruppe im Verhältnis zur gesamten Export-Import-Relation dieses Landes. Bei einem RCA-Wert > 1 ist ein Land in einer Branche besonders wettbewerbsfähig.
  • 9 Daten zum Energieverbrauch liegen nur bis 2008 vor, daher ist eine Darstellung bis 2013 nicht möglich.
  • 10 Vgl. F. Löw, a.a.O.
  • 11 Vgl. S. Küchler, R. Wronski: Industriestrompreise in Deutschland und den USA. Überblick über Preisniveau, Preiszusammensetzung und Erhebungsmethodik, Kurzstudie, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, Berlin 2014.
  • 12 Vgl. Europäische Komission: Helping Firms Grow, European Competitiveness Report, Brüssel 2014.
  • 13 Vgl. A. Löschel, F. Pothen, M. Schymura: Peeling the Onion: Analyzing Aggregate, National and Sectoral Energy Intensity in the European Union, ZEW Discussion Paper, Nr. 15-011, 2015.
  • 14 Vgl. Europäische Kommission: Energy Economic Developments in Europe, Brüssel 2014.
  • 15 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2012/13, Wiesbaden 2012, S. 249 f.
  • 16 Vgl. A. M. Bassi, J. S. Yudken, M. Ruth: Climate policy impacts on the competitiveness of energy-intensive manufacturing sectors, in: Energy Policy, 37. Jg., August 2009, S. 3052-3060.
  • 17 Vgl. C. Böhringer, A. Lange: Economic Implications of Alternative Allocation Schemes for Emission Allowances. A Theoretical and Applied Analysis, in: The Scandinavian Journal of Economics, 107. Jg. (2005), H. 3, S. 563-581; M. Fowlie, S. P. Holland, E. T. Mansur: What Do Emissions Markets Deliver and to Whom? Evidence from Southern California‘s NOx Trading Program, in: American Economic Review, 102. Jg. (2012), H. 2, S. 965-993.
  • 18 Vgl. Monopolkommission: Energie 2011: Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten, Sondergutachten 59, 2012, Tz. 553 f.; Monopolkommission: Energie 2013: Wettbewerb in Zeiten der Energiewende, Sondergutachten, Bonn 2013.
  • 19 Vgl. J. Haucap, J. Kühling: Zeit für eine grundlegende Reform der EEG-Förderung – das Quotenmodell, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 63. Jg. (2013), H. 3, S. 41-49.
  • 20 Vgl. A. Löschel, G. Erdmann, F. Staiß, H.-J. Ziesing, a.a.O., S. 67.

Title:The Importance of Efficiency Within the Context of Energy System Innovation

Abstract:The increase of the share of renewables in Germany’s energy mix will not emerge from market mechanisms, and hence the costs of externalities have to be distributed among market participants. In order to preserve their competitiveness, energy­intensive industries in Germany are exempt from these costs, which in turn leads to a surplus load for remaining consumers. In the context of an efficient energy system transformation, this policy measure is questionable. Even if high electricity prices lead to higher input costs in the short term, an exception for energy­intensive industries cannot be justified. On the contrary, this mechanism impedes incentives for investments in energy efficiency and therefore reduces competitiveness in the long term.

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DOI: 10.1007/s10273-016-1922-3