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Die erneuerbaren Energien werden in Deutschland bereits seit 20 Jahren per Gesetz durch Einspeisetarife gefördert. Dies führte bereits zu einem beachtlichen Anteil „grünen Stroms“ im Stromversorgungssystem. Ein kritischer Blick auf die Probleme im Netzausbau, bei der Speicherung unregelmäßig anfallender Energiemengen und bezüglich der Effizienz der Subventionierung zeigt jedoch, dass stabile Lösungen weiteren Forschungs- und Diskussionsbedarf voraussetzen.

Erneuerbare Energien im Strommarkt – heute und morgen

Als vor 20 Jahren das erste Stromeinspeisegesetz1 verabschiedet wurde, hätten wohl die wenigsten Beteiligten gedacht, welche Impulse sie damit auslösen würden. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland ist seitdem kontinuierlich gewachsen. 2009 betrug die erzeugte Strommenge ca. 93,5 TWh was einem Anteil am Stromverbrauch von ca. 16% entsprach.2 Neben dem Erfolg in Deutschland selbst wurde das Instrument des Einspeisetarifs inzwischen auch in vielen anderen Ländern eingeführt und wird mithin auch als „Exportschlager“ bezeichnet. 3 Aus rechtlicher Sicht kann der Erfolg mit Blick auf die Erhöhung des Marktanteils der erneuerbaren Energien u.a. damit erklärt werden, dass das Instrument – anders als in der Umweltgesetzgebung sonst üblich – nicht beim Verursacher oder Störer (z.B. durch ordnungsrechtliche Vorgaben wie Grenzwerte für Schadstoffe o.ä.) ansetzt, sondern vielmehr Lösungsanbieter fördert.4

Seit 1990 wurde das Gesetz mehrfach überarbeitet und ist inzwischen als Erneuerbare-Energien-Gesetz (kurz EEG) mehrfach novelliert worden, zuletzt (in seiner Gesamtheit) 2008. Nach dieser Fassung ist es das Ziel, „… den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf mindestens 30% auszubauen und danach weiter kontinuierlich zu erhöhen.“ (§ 1, (2) EEG 2009).

Wesentlicher Kern der Gesetze war und ist zum einen die Tatsache, dass bestimmten Technologien der Zugang zum Stromnetz ermöglicht, zum anderen dass eine feste Vergütung pro eingespeister Kilowattstunde gezahlt wurde bzw. wird. Ende 2009 sind insgesamt ca. 45 Gigawatt (GW) Leistung in Deutschland und damit knapp zehnmal so viel wie vor 20 Jahren installiert. Von den 93,5 TWh Erzeugung hat die Windenergie mit knapp 38 TWh den größten Einzelanteil an der Gesamtmenge gefolgt von der Wasserkraft mit ca. 19 TWh5, die jedoch zum Teil schon lange vor der Einführung der Förderinstrumente installiert wurde. Von der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und dem EEG ist die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien zu unterscheiden, die im EEWärmeG6 geregelt ist.

Das Stromeinspeisegesetz wurde zu Zeiten der Gebietsmonopole der Stromversorgungsunternehmen verabschiedet. Erst später, in den 1990ziger Jahren, wurde, getrieben durch die Idee des EU-(Energie-)Binnenmarktes, der Strommarkt liberalisiert.7 Somit bekam im Laufe der Zeit die Wirkung der erneuerbaren Energien, die unter dem EEG kontinuierlich und überproportional wuchsen, auf den inzwischen liberalisierten Strommarkt mehr und mehr Aufmerksamkeit.

Der Strommarkt in Deutschland wurde dabei in der Art designed, dass rationale Erzeuger ihren Strom auf Basis der Grenzkosten der Erzeugung an der Börse anbieten. Der Ansatz ist nicht per se strommarktspezifisch, sondern folgt vielmehr der (mikro-)ökonomischen Theorie.8 Die Grenzkosten konventioneller Anlagen setzen sich im Wesentlichen aus den Brennstoff- und CO2-Kosten zusammen und sind damit besonders vom verwendeten Brennstoff und Wirkungsgrad eines Kraftwerks sowie den Preisen für CO2-Emissionsberichtigungen abhängig. Sortiert man alle bestehenden Kraftwerke nach ihren Grenzkosten, ergibt sich die sogenannte Merit-Order-Kurve. Im Schnittpunkt mit der Nachfragekurve bildet sich der gleichgewichtige Preis.

Besonderheiten der erneuerbaren Energien

Wesentlicher Punkt bei der Analyse der Wirkung der erneuerbaren Energien ist die Tatsache, dass die Grenzkosten der wichtigen Technologien Windkraft und Photovoltaik (nahezu) null sind: Ist die Anlage einmal gebaut und weht der Wind, fallen keine zusätzlichen Kosten mit der Produktion einer weiteren Kilowattstunde an. Die durchschnittlichen Gesamtkosten der Stromerzeugung dieser beiden Anlagentypen sind gleichwohl deutlich größer null, ja deutlich größer als der durchschnittliche Strompreis (im konventionellen Kraftwerkspark), weshalb eine Förderung der erneuerbaren Technologien gerade notwendig ist, sofern der Marktanteil ausgebaut werden soll. Die durchschnittlichen Gesamtkosten, die in etwa den Vergütungssätzen unter dem EEG entsprechen sollen, werden als kumulierte EEG-Vergütung in Form der EEG-Umlage auf alle Stromverbraucher verteilt. Werden nun durch das EEG zusätzliche Strommengen mit Grenzkosten von null in das System geführt, so sinkt in Folge der gleichgewichtige Preis9 (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1
Preisbildung auf dem Strommarkt und Wirkung weiterer Windstromeinspeisung
Beispiel für eine beliebige Stunde des Jahres
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Die genaue Wirkung der zusätzlichen Strommengen kann in den 8760 Stunden eines Jahres sehr unterschiedlich sein. Bei großer Nachfrage und geringer Einspeisung durch erneuerbare Energien sinkt der Strompreis etwas. Bei geringer Nachfrage und hoher Einspeisung ist in der Vergangenheit auch ein anderes Phänomen zu beobachten gewesen: Grundlastkraftwerke, bei denen das An- und Abschalten der Anlagen mit hohen Kosten verbunden ist, bieten für einzelne Stunden zu negativen Preisen an. Das Verhalten ist durchaus rational, wenn die im Falle eines Angebotszuschlages zu zahlenden Kosten für die Möglichkeit, Strom abzugeben, kleiner sind, als die mit einer möglichen temporären Abschaltung verbundenen Kosten.10 Im Ergebnis können sich in einzelnen Stunden somit negative Strompreise ergeben. Alle Anlagen, die zu diesem Zeitpunkt erzeugen (einschließlich der Anlagen mit erneuerbaren Energien), müssen dann dafür bezahlen, dass sie Strom ins Netz abgeben dürfen. Der Effekt wurde in der Öffentlichkeit tendenziell kritisch bewertet, insbesondere weil eben auch der Strom aus erneuerbaren Quellen zu einem negativen Preis verkauft wurde und dadurch zusätzliche Kosten für die Verbraucher resultierten.11 Aus allokativer Sicht jedoch können negative Preise schlicht als Signal betrachtet werden, dass das Abschalten der Grundlastkraftwerke teurer ist als der „Betrieb zu negativen Kosten“ (und entsprechend, dass in einem System mit hohem Anteil erneuerbarer Energien derartige starre Kraftwerke auf Dauer nicht sinnvoll sind bzw. nicht neu dazu gebaut werden sollten12).

Neben der Wirkung auf den Strommarkt bringt das EEG verschiedene andere Effekte mit sich, unter anderem Mehrkosten für die Stromverbraucher, die die genannte Vergütung für die Anlagenbetreiber finanzieren. Diese Mehrkosten können mit den zuvor genannten preissenkenden Effekten am Spotmarkt saldiert werden, wobei der sich über die Zeit ändernde Kraftwerkspark zu beachten ist. Die Analyse kann also für die Vergangenheit anders als für die Zukunft aussehen.13 Während die Mehrkosten in den Anfangsjahren der Förderung gering waren und somit relativ wenig Beachtung fanden, hat sich der Fokus in den letzten Jahren verschoben.

Probleme mit der Photovoltaik

Nicht zuletzt wegen des bisher einmalig hohen Zubaus an neuen Photovoltaik-Anlagen 2009 kam das EEG zunehmend in die Kritik. Der Zubau hatte im letzten Jahr über 3,5 Gigawatt (GW) betragen und trug damit maßgeblich zur Steigerung der EEG-Umlage bei. Um auf die Entwicklung zu reagieren, wurde die Photovoltaik-Förderung im Mai 2010 angepasst.14 Erstmals wurde vom Gesetzgeber dabei eine Zielgröße für den Zubau einer einzelnen Technologie definiert. Bisher konnte unter der festen Einspeisevergütung so viel an neuen Kapazitäten zugebaut werden, wie möglich. Das Gesetz sieht als Zielmarke für die nächsten zehn Jahre einen jährlichen Zubau von 3 GW und von 2021 bis 2030 jährlich von 3,5 GW vor. Um diese Zielmarke herum wird die Vergütung pro MWh in Abhängigkeit vom tatsächlichen Zubau angepasst. Je größer der Zubau, desto stärker die Degression. Laut Gesetz sollen bis 2020 Photovoltaik-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 42 GW installiert sein und diese bis 2030 auf ca. 74 GW ausgebaut werden. Selbst wenn dieses Ziel erreicht werden sollte (im Sinne von „nicht überschritten), würde der Zubau zu massiven Auswirkungen auf den Strommarkt führen, die bei der Folgenabschätzung im Gesetz nicht diskutiert werden: die gesamte konventionelle Stromerzeugung ist im entsprechenden Kapitel der Gesetzesbegründung schlichtweg vergessen worden.15 Wichtiger erscheint jedoch, dass trotz der Einführung des sogenannten „atmenden Deckels“ der Förderung das Ziel übertroffen werden wird: Die Vergütungskürzung wirkt zum einen immer zeitlich verzögert und berücksichtigt somit inhärent nicht die im gleichen Zeitraum stattfindende Kostendegression bei neuen Photovoltaik-Modulen. Zum anderen gibt auch die im Gesetz bereits heute genau fixierte Senkung der Degression in festen Prozentpunkten in den nächsten Jahren keinen Raum, die Minderung der Vergütung ohne erneute Gesetzesänderung an die tatsächliche Kostenentwicklung neuer Photovoltaik-Anlagen anzupassen. Sowohl mit Blick auf eine weiterhin mögliche Überförderung von Anlagen (distributive Frage) wie auch auf die Zielerreichung ist die Änderung des EEG von 2010 somit unzureichend. Um den Zubau an Photovoltaik-Anlagen wirklich scharf steuern zu können, scheint eine absolute Mengenbegrenzung des Zubaus notwendig.16

Energiekonzept der Bundesregierung

Die Diskussion um die Photovoltaik zeigt, in welche Richtung sich das EEG mit Blick auf alle Technologien fortentwickeln muss. Wie erwähnt, ist eine hohe Marktdurchdringung der erneuerbaren Energien ohne dauerhafte „Förderungen“ mit dem derzeitigen Marktdesign nicht möglich.17 Mit Blick auf den (politisch) gewünschten Anteil an erneuerbaren Energien hat das Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung vom September 201018 in Deutschland einen Pflock eingeschlagen. Demnach soll der Anteil kontinuierlich auf 80% des Bruttostromverbrauchs steigen. Betrachtet man die Energiekonzepte anderer Parteien19, so wird sehr wahrscheinlich dieses Ziel auch unter möglichen anderen, zukünftigen Regierungskoalitionen aufrecht erhalten.

Ein Gesamtanteil der erneuerbaren Energien von 80% am Stromverbrauch kann jedoch nicht bedeuten 80% aus Windenergie, 80% aus Photovoltaik, 80% aus Biomasse etc. Vielmehr ist ein Mix für diese 80% zu definieren. Dabei können selbstverständlich verschiedenste Kriterien angelegt werden. Für Ökonomen ist die Frage nach einem kosteneffizienten Mix der naheliegende Ansatz.20 Dabei sind dann nicht allein die durchschnittlichen Gesamtkosten einer einzelnen Technologie zu betrachten, vielmehr ist das Gesamtsystem zu untersuchen. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass Deutschland ein sogenanntes „winter peaking country“ ist, d.h. die höchste Nachfrage liegt im Winter, genauer in den frühen Abendstunden von November bis Februar. Die Photovoltaik produziert mit der Sonnenstrahlung und hat daher ihre maximale Erzeugung im Sommer zur Mittagszeit. Die hohen Photovoltaik-Kapazitäten führen also nicht nur im Sommer zu massiven Mengen- und Preiswirkungen auf dem Strommarkt, sie leisten dazu beim Lastmaximum im Winter auch keinen Beitrag zur Leistungsdeckung (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2
Lastgebirge für Deutschland
durchschnittliche Nachfrage in verschiedenen Stunden des Jahres (GW)
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Unter einem solchen Ansatz ist also eine komplette parallele Infrastruktur zur Photovoltaik notwendig, die zu höheren Kosten führt. Andere Technologien wie die Windkraft speisen deutlich kontinuierlicher Strom ein (mit einer Spitze im Winter) und passen daher besser zum Lastprofil und bringen deshalb tendenziell einen geringeren Back-up- und Speicherbedarf mit sich. Selbst wenn der Wind im Sommer gar nicht wehen würde, könnte die Photovoltaik in einem kosteneffizienten System nur dann eine Rolle spielen, wenn deren durchschnittliche Gesamtkosten geringer wären als die der Windkraft zuzüglich der Kosten für die Speicherung aus Stunden mit Überschuss und die Rückverstromungskosten. Ob dies kommen wird, ist fraglich. Schätzungen sehen die Kosten der Photovoltaik 2050 zwar deutlich geringer als heute, aber immer noch fast doppelt so hoch wie die der Windkraft.21 Entsprechend ist zu überlegen bzw. genauer zu untersuchen, ob die Förderung der Photovoltaik nicht bereits heute vollständig eingestellt werden sollte.22 Auch eine stärkere Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien im Wärmesektor (mittels Wärmepumpen) würde diese Sicht unterstützen, da der Wärmebedarf naturgegeben im Winter größer als im Sommer ist.

Fazit

Unter dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in der Vergangenheit kontinuierlich gewachsen. Mit der Vorlage des Energiekonzepts vom September 2010 hat erstmals eine Bundesregierung einen Ausbaupfad bis 2050 beschrieben. Die Beschreibung ist aber in Teilen unvollständig:

  • So ist erstens zu definieren, aus welchen einzelnen Technologien sich die im Konzept genannten 80% Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 2050 zusammensetzen sollen. Das EEG ist also um eine Mengenkomponente für jede einzelne Technologie weiterzuentwickeln.
  • Zweitens ist zu klären, welche Kapazitäten um diesen Anteil von 80% für erneuerbare Energien herum benötigt werden (Kraftwerke, Speicher, Netze etc.), um eine sichere Stromversorgung zu jedem Zeitpunkt sicherstellen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch das Verhältnis von fossil-befeuerter Kraft-Wärme-Kopplung23 zum Strom aus erneuerbaren Energien zu klären und möglicherweise ein Vorrang zu definieren.
  • Drittens ist zu prüfen, ob bzw. durch welche Instrumente die tatsächliche Errichtung der zuvor identifizierten Kapazitäten in einem (noch) liberalisierten Strommarkt angereizt bzw. sichergestellt werden kann.24
  • Viertens ist zu prüfen, wie sich der dargestellte nationale Weg mit EU-Recht und -Politik vereinbaren lassen.25
  • 1 Genauer: Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 7. Dezember 1990.
  • 2 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2009, Stand: 18. März 2010, Daten des Bundesumweltministeriums zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2009 (vorläufige Zahlen) auf der Grundlage der Angaben der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat).
  • 3 Siehe z.B. http://www.eeg-aktuell.de/das-eeg/.
  • 4 Quelle: T. Müller: Rechtswissenschaftliche Bausteine für die Fortentwicklung des EEG, Vortrag im Rahmen der Branchenkonferenz: „20 Jahre StrEG – 10 Jahre EEG – wie weiter?“, Berlin, 24. März 2010.
  • 5 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), a.a.O.
  • 6 Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich.
  • 7 U.a. Europäische Union: Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Amtsblatt Nr. L 027 vom 30.1.1997 S. 0020.
  • 8 Gleichwohl sei angemerkt, dass andere Ansätze wie z.B. Pools bestehen. Siehe hierzu z.B. D. Kirschen, G. Strbac: Fundamentals of Power System Economics, John Wiley, Hoboken 2004.
  • 9 Siehe hierzu z.B. S. Bode, H.-M Groscurth: Zur Wirkung des EEG auf den „Strompreis“, HWWA Discussion Paper 348, Hamburg 2006; F. Sensfuß, M. Ragwitz, M. Genose: The merit-order effect: A detailed analysis of the price effect of renewable electricity generation on spot market prices in Germany, in: Energy Policy, 36. Jg. (2008), S. 3086- 3094.
  • 10 Das schließt mögliche entgangene Erlöse ein, die aus Mindeststillstandszeiten nach einem Abschaltvorgang resultieren können.
  • 11 Zwischenzeitlich hatte die Bundesnetzagentur reagiert und Preislimits für die Vermarktung des EEG-Stroms festgesetzt. Zurzeit wird über eine Verlängerung der zunächst zeitlich begrenzten Regelung beraten. Siehe http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1931/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetGas/ErneuerbareEnergienGesetz/AusnahmeReglgEEGVermarktung_Basepage.html?nn=65116.
  • 12 Vgl. hierzu die Möglichkeit, neue, hocheffiziente (Grundlast-)Kraftwerke mit bis zu 15% der Investitionskosten zu subventionieren. Siehe hierzu: Vermerk des Vorsitzenden für die Deligation, Energie und Klimawandel, Bestandteile des endgültigen Kompromisses, 17122/1/08, REV 1, Brüssel, 11. Dezember 2008.
  • 13 Siehe hierzu z.B. R. Wissen, M. Nicolosi: Ist der Merit-Order-Effekt der erneuerbaren Energien richtig bewertet? in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Nr. 1/2, 2008, S. 110-115, BMU: Einfluss der Förderung erneuerbarer Energien auf den Haushaltsstrompreis im Jahr 2009 mit Ausblick auf das Jahr 2010; Referat KI III 1; Stand 23.12.2009.
  • 14 Siehe Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 11. August 2010.
  • 15 Siehe ausführlicher S. Bode et al.: The Impact of PV on the German Power Market – Or Why the Debate on PV Feed-In Tariffs Needs to be Reopened, arrhenius Discussion Paper Nr. 3, Hamburg, April 2010.
  • 16 Die Analyse seit langem bestehender Szenarien zeigt, dass auch mit max. 500 MW PV Zubau pro Jahr 2050 eine Minderung der CO2-Emissionen von 80% erreicht werden kann. Siehe ausführlicher S. Bode et al.: PV in Deutschland: Zuviel des Guten, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Nr. 8, 2010, S. 20-23. Es kann auch schärfer argumentiert und gezeigt werden, dass dieses Klimaschutzziel bei gleichem Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien auch ganz ohne Photovoltaik erreicht werden kann.
  • 17 An dieser Stelle sei erwähnt, dass das derzeitige Marktdesign nicht nur für erneuerbare Energien auf Dauer keine ausreichenden Investitionsanreize setzt, sondern für alle Erzeugungstechnologien. Siehe hierzu: S. Bode et al.: Liberalisierter Strommarkt: naht das Ende?, in: Wirtschaftsdienst, 89. Jg. (2009), H. 4, S. 274-280; Ofgem: Project Discovery – Options for delivering secure and sustainable energy supplies, Office of Gas and Electricity Markets, London, Februar 2010; ferner BMU, BMWI: Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, Berlin, 28. September 2010., S. 20 f.
  • 18 Siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, Berlin, 28. September 2010.
  • 19 Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern beispielsweise einen Anteil von 100% Grünstrom bis möglichst 2030, siehe Energie 2050: sicher erneuerbar – Das grüne Energiekonzept jenseits von Uran, Kohle und Öl, beschlossen auf der Fraktionsklausur in Mainz am 10.9.2010.
  • 20 Manche Ansätze beispielsweise mögen der Aussage „small is beautyfull“ zu folgen. Statt nach einem kosteneffizienten Mix wird dort nach möglichst kleinteiligen Lösungen gefragt, die gegebenenfalls den offshore Wind keine große Rolle zusprechen.
  • 21 Siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland – Leitszenario 2009, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin, August 2009.
  • 22 Das Ziel der 80% Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien würde davon unberührt bleiben, nur die Anteile einzelner Technologien würden sich verschieben. Die Forderung nach einem Stopp der Photovoltaik-Förderung impliziert also nicht automatisch die Forderung, die Stromerzeugung mit Kohle- oder Kernkraftwerken zu erhöhen.
  • 23 Siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Langfristszenarien…, a.a.O.
  • 24 Vgl. Fußnote 17.
  • 25 Vgl. hierzu auch die Bemühungen der Kommission zur Harmonisierung der Förderung der Erneuerbaren Energien.

Die EEG-Förderung erneuerbarer Energien: Kein Erfolgsmodell

Bislang wird die zumeist noch nicht wettbewerbsfähige Stromerzeugung auf Basis von erneuerbaren Energietechnologien in Deutschland mit Hilfe eines Systems von Einspeisevergütungen gefördert. Dabei werden technologiespezifische und in der Regel über 20 Jahre hinweg fixe Vergütungen für die vorrangige Einspeisung von „grünem“ Strom in das öffentliche Netz gewährt. Diese Art der finanziellen Förderung „grünen“ Stroms, die in dem seit April 2000 geltenden Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgeschrieben ist, wird weltweit als vorbildliches und besonders erfolgreiches Fördermodell angesehen und hat in zahlreichen Ländern Nachahmung gefunden.1

Neben klimaschutz- und technologiepolitischen Motiven, die im Gesetzestext des EEG2 explizit genannt werden, wird die Förderung alternativer Technologien in der Öffentlichkeit hauptsächlich damit gerechtfertigt, dass durch deren subventionierte Verbreitung eine große Zahl an Arbeitsplätzen geschaffen würde. So weist das Bundesumweltministerium darauf hin, dass die Zahl der im Sektor „Erneuerbare Energien“ geschaffenen Beschäftigungsverhältnisse von 2004 bis 2007 um 55% auf 249 300 gestiegen ist.3 Einmal mehr wird von den „Erneuerbaren“ als einem „Jobmotor für Deutschland” gesprochen.4 Bei einem Weiterbestehen des EEG erwartet das BMU5 mehr als 400 000 Jobs bis zum Jahr 2020. Während die Klimaschutzwirkungen des EEG bei einer Koexistenz mit dem im Jahr 2005 etablierten Emissionshandel vollkommen neutralisiert werden, wie von zahlreichen Ökonomen wie Blankart et al.6 und bereits im Jahr 2004 vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums konstatiert wurde,7 ist das Ziel dieses Beitrags die kritische Diskussion der Beschäftigungswirkungen des EEG sowie dessen Implikationen für die technologische Entwicklung.

Beschäftigungseffekte

Die genannten Zahlen und Vorhersagen zur Beschäftigungswirkung geben lediglich die Brutto-, nicht aber die Nettobeschäftigungseffekte wieder und verschleiern die wahren Implikationen für die ökonomische Wohlfahrt einer Gesellschaft, indem sie nachteilige Wirkungen dieser Art der vermeintlichen Beschäftigungsförderung unberücksichtigt lassen. So wird die herkömmliche Stromerzeugung vom „grünen“ Strom verdrängt. Damit gehen negative Beschäftigungseffekte bei den konventionellen Stromversorgern einher, nicht zuletzt auch in vorgelagerten Sektoren wie dem konventionellen Kraftwerksbau. Die Zahl der im Zuge der EEG-Förderung dort weggefallenen oder nicht entstandenen Arbeitsplätze, muss − obwohl wegen ihrer Nichtexistenz schwer fassbar − vom Umfang der tatsächlich entstandenen Jobs im Erneuerbare-Energien-Sektor subtrahiert werden, um zu den Nettobeschäftigungseffekten zu gelangen.

Die tatsächlichen Beschäftigungswirkungen sind aus einem weiteren Grund deutlich überschätzt. Es ist davon auszugehen, dass die Beschäftigten im Bereich der erneuerbare Energien zuvor nicht allesamt arbeitslos waren und ausschließlich durch deren Förderung zu einem neuen Arbeitsplatz gekommen sind. Tatsächlich ist dies eher unwahrscheinlich. Abgesehen davon, dass die Probleme der Arbeitslosigkeit mit anderen, speziell dafür geschaffenen Instrumenten zu lösen sind, sind es nicht die typischen Arbeitslosen, die beim Bau erneuerbarer Energieanlagen eingesetzt werden.8 Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die begünstigte Branche bei der Suche nach qualifiziertem Personal in Konkurrenz zu anderen wettbewerbsfähigen Sektoren tritt.

Daher ist anzunehmen, dass es durch die geförderte Beschäftigung im Bereich der erneuerbaren Energien zu einer hohen Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte kommt und die effektiven Beschäftigungswirkungen weitaus geringer sind, als es die genannten Bruttobeschäftigungszahlen glauben machen. Selbst wenn ausschließlich Arbeitslose durch die Förderung von erneuerbaren Energien in Lohn und Brot kämen, stünden den übrigen Sektoren weniger Arbeitslose für eine eventuelle Einstellung zur Verfügung, sodass dort weniger Arbeitsplätze besetzt werden können, als dies andernfalls möglich wäre.9

Belastungen durch höhere Preise

Vor allem aber darf bei der Ermittlung der Nettobeschäftigungsbilanz nicht vergessen werden, dass es aufgrund der nicht zu vernachlässigenden Förderkosten auch außerhalb des Stromerzeugungssektors zu Arbeitsplatzverlusten oder zumindest zum Verzicht auf die Schaffung von Jobs kommt. Die über eine Erhöhung der Strompreise von den Verbrauchern zu bezahlenden jährlichen Einspeisevergütungen von derzeit 12 Mrd. Euro pro Jahr verringern die ökonomische Aktivität in anderen Sektoren. Hierbei müssen zwei bedeutende Aspekte berücksichtigt werden. Erstens: Auch wenn sich die Belastung eines einzelnen der rund 82 Mio. Haushaltsmitglieder vergleichsweise gering ausnimmt, addiert sich der Kaufkraftverlust der privaten Verbraucher infolge höherer Strompreise über die Förderdauer von bis zu 20 Jahren hinweg insgesamt auf über 100 Mrd. Euro.10 Zweitens: Mit Ausnahme der von den höheren Strompreisen weitgehend verschonten energieintensiven Unternehmen fallen auch die Investitionen der industriellen Stromverbraucher durch die höheren Strompreise insgesamt um Milliarden geringer aus als ohne eine Subventionierung der neuen erneuerbaren Energien.

Indem die Budgets der industriellen Verbraucher durch höhere Strompreise geschmälert werden, stehen weniger Mittel für profitablere Investitionsalternativen zur Verfügung. Die mit den höheren Strompreisen einhergehenden Kaufkraftverluste und der Entzug von Investitionskapital bewirken negative Arbeitsplatzeffekte in anderen Sektoren.11 Dies lässt bezweifeln, ob die Arbeitsplatzeffekte der Subventionierung „grüner“ Technologien im Saldo überhaupt positiv ausfallen können.

Hierbei stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eher der Markt, der die wettbewerbsfähigen konventionellen Stromerzeugungstechnologien begünstigen würde, oder die Politik, die sich als Förderer ineffizienter „grüner“ Technologien betätigt, für insgesamt mehr Beschäftigung und somit größere Wohlfahrt sorgen kann. Die Überlegenheit der Politik darf hierbei mit Skepsis betrachtet werden − ihr komparativer Vorteil ist nicht unbedingt in der unmittelbaren Schaffung von Arbeitsplätzen zu vermuten.

Das oberste Ziel guter Politik sollte in der Maximierung der gesellschaftlichen Wohlfahrt bestehen, nicht aber in der Schaffung von Arbeitsplätzen. So darf es nicht Aufgabe der Politik sein, die Zahl der Beschäftigten in der alternativen Stromerzeugung dadurch zu mehren, dass gezielt die arbeitsintensiven „grünen“ Technologien gefördert werden. Wäre Beschäftigung das Ziel, sollten hoch bezahlte Rad- und Ruderprofis zur CO2-armen Stromerzeugung via vieler kleiner Generatoren eingesetzt werden. Dieses nicht ernst zu nehmende Beispiel verdeutlicht, dass es ein fundamentaler Irrtum wäre, den Umfang des Produktionsfaktors Arbeit steigern zu wollen, anstatt den Faktor Arbeit als Produktionsmittel zu betrachten, welcher nicht nur Wohltaten erzeugt, sondern auch Kosten verursacht. In diesem Beispiel wären die Kosten je produzierter Kilowattstunde Strom so frappierend hoch, dass dies unmittelbar einleuchtend ist.

Tatsächlich aber sehen viele Befürworter der erneuerbaren Energien die Notwendigkeit, eine bestimmte Menge Energie mit mehr Beschäftigten gewinnen zu müssen, als positiv an, wie etwa Michaels und Murphy12 betonen. Bei dieser Sichtweise wird indessen ignoriert, dass diese Art der Beschäftigungssteuerung das Outputpotential der Volkswirtschaft verringert. Dies ist für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Summe kontraproduktiv.

Daher haben sich in der Vergangenheit zahlreiche Studien skeptisch in Bezug auf positive Nettobeschäftigungseffekte der Förderung erneuerbarer Energien geäußert. So konstatiert das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, dass bei Berücksichtigung der Investitionskosten bzw. der Verdrängung der privaten Verwendung der Investitionsmittel „praktisch keine Beschäftigungseffekte mehr festgestellt werden könnten“.13 Ähnlich äußerten sich Fahl, Küster und Ellersdorfer14, das Bremer Energie Institut15 bzw. Pfaffenberger16 und das RWI17 bzw. Hillebrand et al.18

Eine vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene Studie ist eine der wenigen Untersuchungen, die behauptet, dass die EEG-Förderung einen positiven Nettobeschäftigungseffekt bewirkt und so ab 2020 netto über 56 000 Arbeitsplätze geschaffen würden.19 Diese Zahl relativiert indessen die für 2004 in derselben Studie ausgewiesene Bruttobeschäftigung in Höhe von 157 000 Arbeitsplätzen beträchtlich.20 Es ist zudem bemerkenswert, dass auch in dieser Studie die Möglichkeit negativer Nettobeschäftigungseffekte nicht ausgeschlossen wird, falls sich die Exporte zur Nutzung erneuerbarer Technologien nicht so positiv entwickeln, wie dies angenommen wurde.21

Opportunitätskosten der EEG-Förderung

In jedem Falle sind die durch die Förderung erneuerbarer Energien geschaffenen Bruttoarbeitsplätze teuer erkauft. So erforderte die Schaffung von 50 000 grünen Jobs in Spanien Ausgaben von 28,7 Mrd. Euro.22 Pro Arbeitsplatz sind das 574 000 Euro. Ähnlich hohe Subventionen werden in Deutschland für jeden Arbeitsplatz in der Photovoltaikbranche gewährt. Auf Basis der Nettokosten von rund 17,4 Mrd. Euro für alle im Jahr 2009 installierten Anlagen23 lägen die Subventionen pro Kopf bei rund 290 000 Euro, wenn man von 60 000 Beschäftigten im deutschen Photovoltaiksektor ausgeht.24

Tatsächlich dürften die Kosten je Arbeitsplatz höher ausfallen, da die Zahl der Arbeitsplätze vom Solarverband aus Eigeninteresse überschätzt werden könnte. So ist davon auszugehen, dass die Handwerker, welche die Anlagen installieren, auch andere Tätigkeiten verrichten, etwa den Einbau von Heizungsanlagen. Somit dürfen diese Handwerker nicht einzig und allein dem Photovoltaiksektor zugerechnet werden. Ob dies bei den Beschäftigtenangaben ausreichend berücksichtigt wird, ist fraglich, nicht zuletzt wegen der Schwierigkeit der korrekten sektoralen Zuordnung.

Diese exorbitant hohen Summen je Arbeitsplatz müssen anderen Sektoren entzogen werden. Dadurch kommt es nach Álvarez et al.25 dort zur Vernichtung von Arbeitsplätzen: Für jeden in Spanien geschaffenen „grünen“ Job werden gleichzeitig 2,2 andere Arbeitsplätze vernichtet. Ein Grund dafür ist, dass die zur Förderung der erneuerbaren Energien erhöhten Strompreise einige Firmen dazu bewegt haben, ihre Fabriken in Länder mit geringeren Energiekosten zu verlagern.26

Schließlich dürfen auch die Opportunitätskosten der Förderung alternativer Investitionen nicht missachtet werden: Bei realen Nettokosten von rund 52,5 Mrd. Euro für die zwischen 2000 und 2009 in Deutschland installierten Photovoltaik-Anlagen27 muss die Frage gestellt werden, ob mit dieser gewaltigen Summe nicht besser lohnenswertere Investitionen hätten finanziert werden sollen. Dazu zählen beispielsweise Ausgaben für Bildung oder für die Forschung und Entwicklung von Energieumwandlungs- und -speichertechnologien, für die wesentlich mehr Geld zur Verfügung gestanden hätte, wenn auf die horrend hohe Förderung für Photovoltaik verzichtet worden wäre.

Die Frage, was eine Nation für eine derart massive Förderung aufgeben muss, mithin die Frage nach der Verwendung substantieller Mittel für alternative Zwecke, wird bedauerlicherweise von der Politik kaum gestellt.28 Dies ist umso bedauerlicher, als davon auszugehen ist, dass Investitionen in Bildung und Forschung die Wohlfahrt eines Landes langfristig wesentlich stärker erhöhen, als die flächendeckende Verbreitung von längst nicht ausgereiften alternativen Technologien, die aufgrund von Effizienz- und Kostennachteilen zum jetzigen Zeitpunkt und auch in absehbarer Zeit nicht wettbewerbsfähig sind.

Technologieförderung

Das Beispiel der Rad- und Ruderprofis, die zur Stromerzeugung anstatt im Bereich des Sports eingesetzt werden, in dem diese Profis ihre komparativen Vorteile haben, verdeutlicht, dass der Handlungsschwerpunkt der Politik nicht in der Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern in der Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen liegen sollte. Diese sollten die möglichst kostengünstige Produktion von Gütern und Dienstleistungen erlauben. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört die Förderung der Erforschung und Entwicklung neuer Produktionsmethoden, bei denen weniger Ressourcen an Energie, Umwelt, Kapital oder auch an Arbeit eingesetzt werden, um denselben Output zu erzeugen wie mit den bestehenden Technologien. Dadurch kann der Lebensstandard der Bevölkerung gesteigert werden, indem die frei werdenden Ressourcen zur Befriedigung anderer menschlicher Bedürfnisse verwendet werden können.

Dass die Forschungs- und Technologieförderung zweifellos zu den Aufgaben des Staates gehört, ist nicht zuletzt damit zu begründen, dass die von privaten Marktakteuren finanzierte Forschungsleistung tendenziell zu gering ausfällt.29 Dabei liegt aus volkswirtschaftlicher Sicht ein „zu wenig“ an Forschung vor, wenn die Ausgaben geringer ausfallen als die daraus zu erwartenden Erträge. Vor allem an der Finanzierung von Grundlagenforschung dürften private Akteure ein sehr geringes Interesse zeigen, da bei dieser die Wahrscheinlichkeit für die unmittelbare marktwirtschaftliche Nutzung von Forschungserfolgen relativ klein ist und die Erfolge in der Regel allen zu Gute kommen. In diesem Falle von Marktversagen ist es Aufgabe des Staates, Forschungs- und Technologieförderung zu betreiben.

Die staatliche Forschungs- und Technologieförderung sollte allerdings ungezielt betrieben werden, da die Politik die zukünftig erfolgreichen Technologien nicht Jahrzehnte im Voraus identifizieren kann.30 Von Hayek31 führt dies vor allem darauf zurück, dass der Staat in der Regel nicht über die notwendigen Informationen verfügt. Demnach sollte der Staat viele verschiedene Technologien gleichermaßen fördern, nicht zuletzt auch deshalb, weil eine Bevorzugung einer Technologie, etwa aus industriepolitischen Motiven, zugleich immer auch eine Diskriminierung anderer technologischer Entwicklungen bedeutet.32

Mit der Privilegierung der Photovoltaik in Deutschland, die mit Abermilliarden Euro in exorbitantem Ausmaße gefördert wird, geschieht indessen das Gegenteil: Die Photovoltaik erhält im Vergleich zum damit erzielten Stromoutput mit Abstand die meisten Subventionen.33 Der Staat maßt sich somit bei der Förderung dieser Technologie Wissen an, das eigentlich nicht vorhanden ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die indirekte Art der Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E) mittels Einspeisevergütungen in der Praxis nicht zu hohen Forschungsaufwendungen der durch das EEG begünstigten Unternehmen geführt hat.

Obwohl sich die EEG-Vergütungen zwischen 2000 und 2009 mehr als verzehnfacht haben und von etwa 0,9 auf knapp 10 Mrd. Euro gestiegen sind,34 sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Bereich erneuerbare Energien sowohl in absoluter Höhe als auch in Relation zu den erzielten Umsätzen gering ausgefallen: Die beiden größten deutschen Solarunternehmen, Q-Cells und Solarworld, gaben im Jahr 2009 mit 26,5 Mio. Euro bzw. 12,0 Mio. Euro lediglich rund 1,2% bzw. 3,3% ihres Umsatzes für Forschung aus.35 Damit liegen diese noch vergleichsweise jungen Unternehmen weit hinter den F&E-Ausgaben traditioneller Firmen zurück. Siemens etwa investierte im Jahr 2008 mit 3,8 Mrd. Euro etwa 4,9% des Umsatzes in Forschung und Entwicklung.

Auch die Deutsche Physikalische Gesellschaft kritisiert in ihrer Studie vom Juni 2010, dass trotz der massiven EEG-Unterstützung die F&E-Intensität der Photovoltaikindustrie in den vergangenen Jahren von 2% auf unter 1,5% des Umsatzes gesunken ist, wohingegen forschungsintensive Unternehmen wie große Pharmahersteller eine Quote von 15-20% aufweisen, Intel von 15,2% oder Microsoft von 13,8%. Zudem kritisiert die Deutsche Physikalische Gesellschaft, dass sich die geringen F&E-Aktivitäten der Solarbranche vorwiegend auf fertigungsnahe Aspekte konzentrierten.36

Anstatt zur Technologieförderung, zu der die Finanzierung von Prototypen genügt,37 wurden die Fördergelder für erneuerbare Energien folglich in weit überwiegendem Maße zur flächendeckenden Verbreitung von Anlagen benutzt. Von der so geförderten Verbreitung von Anlagen profitieren neben den heimischen auch ausländische Unternehmen. So stieg das 2001 gegründete chinesische Unternehmen Suntech Power vor allem aufgrund der deutschen Einspeisevergütungen in die Weltspitze der Photovoltaikmodulhersteller auf, während es in China bislang keine nennenswerte Förderung gab. Einspeisevergütungssysteme wie das EEG verschaffen der Konkurrenz offenkundig genau dieselben Chancen auf technologische Entwicklung und Export wie den heimischen Unternehmen. Wenngleich dies unter Wohlfahrtsgesichtspunkten nicht unbedingt negativ bewertet werden muss, entspricht dies nicht unbedingt der Zielsetzung der Förderung.

Um die Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen zu verbessern, wäre folglich ein jeder Staat gut beraten, wenn er direkt auf F&E-Förderung setzen würde, anstatt auf die gießkannenartige Förderung mittels Einspeisevergütungen, von der ausländische Unternehmen ebenso profitieren können und die offenbar nicht unbedingt zu hohen Forschungsaufwendungen privater Unternehmen führen. Entscheidend für die Erlangung tatsächlicher Wettbewerbsvorteile ist, dass gezielte Anreize geboten werden, die zur Entwicklung besserer Technologien führen. In dieser Hinsicht versagt ein Einspeisevergütungssystem nahezu auf ganzer Linie, da es die Anreize für Innovationen weitgehend dadurch erstickt, dass jede Technologie Subventionen entsprechend ihrem Wettbewerbsdefizit erhält.

Marktverzerrung durch das Vergütungssystem

Auch mit dem immer wieder angeführten Argument des First-Mover-Vorteils von Ländern, die im weltweiten Markt frühzeitig Fuß fassen und sich so vermeintlich langfristige Vorteile verschaffen könnten, ist es nicht weit her. Dass dieses Argument wenig haltbar ist, zeigt aktuell das Beispiel Deutschlands, das die Photovoltaiktechnologie nun seit einer Dekade mittels Einspeisevergütungen fördert − seit 2005 in extrem steigendem Maße − und dennoch zunehmend mit der Dominanz der asiatischen Hersteller − vor allem aus China − auf dem Weltmarkt zu kämpfen hat. Obwohl die chinesischen Firmen sich keiner so exorbitanten nationalen Förderung erfreuen durften wie die deutschen Hersteller, konnten sich diese keinen entscheidenden Vorteil gegenüber den asiatischen Herstellern sichern. Im Gegenteil: Es ist wahrscheinlich, dass die hohen EEG-Vergütungen für Solarstrom eine Mitschuld an den Effizienznachteilen deutscher Unternehmen tragen, da die Anreize zu entsprechenden Effizienzanstrengungen gefehlt haben.

Eine weitere Marktverzerrung entsteht durch das degressiv angelegte Vergütungssystem (vgl. Tabelle 1). So sinken die Vergütungen zwar nicht für bereits installierte Anlagen, jedoch für die neu zu installierenden Anlagen. Obwohl die Degression den Stromverbrauchern Kosten ersparen und für Innovationsanreize sorgen soll, dürfte die jährliche Verringerung der Vergütungssätze dazu führen, dass die Investoren die existierende, zumeist noch wenig effiziente Technologie möglichst schnell installieren wollen, anstatt geduldig auf einen möglichen technologischen Durchbruch zu warten.

Tabelle 1
Technologiespezifische Vergütungen
in Cent pro kWh
  2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Wind On-shore 9,1 9,1 9 8,9 8,7 8,53 8,36 8,19 8,03 9,2
Wind Off-shore 9,1 9,1 9 8,9 9,1 9,1 9,1 9,1 8,92 15
Photovoltaik 50,62 50,62 48,09 45,69 50,58 54,53 51,8 49,21 46,75 43,01
Biomasse 10,23 10,23 10,13 10,03 14 13,77 13,54 13,32 13,1 14,7
Mittlere Vergütung 8,5 8,69 8,91 9,16 9,29 10 10,88 11,36 12,25 13,6

Quellen: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): EEG Jahresabrechnungen 2001 bis 2009, Berlin 2001-2009; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und damit zusammenhängender Vorschriften, Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2008, Teil I, Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 2008; derselbe: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom 29.3.2000, Bundesgesetzblatt, Teil I, S. 305; derselbe: Gesetzestext EEG 2004 vom 31.7.2004, Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 40, S. 1918 ff.

Infolge dieser perversen Anreize werden die Investitionen in grüne Technologien dann getätigt, wenn diese teuer sind. Die degressive Ausgestaltung eines Einspeisevergütungssystems hat daher sehr ambivalente Wirkungen. Dass gerade Investoren in Photovoltaikanlagen nicht die nötige Geduld aufbringen, ist sehr verständlich. Schließlich waren Investitionen in herkömmliche Solarmodule nach dem starken Preisverfall im Jahr 2009 sehr attraktiv, wenn man sich die hohe Vergütung von bis zu 43 Cent je kWh sichern konnte.

Nicht zuletzt ist zu kritisieren, dass der EEG-Fördermechanismus höchst anfällig für Lobbyismus ist und als ein klassisches Beispiel für eine wenig vernünftige Energiepolitik angesehen werden muss, die in scheinbar willkürlicher Weise über Gewinner und Verlierer bestimmt. So ist bei jeder Novellierung des EEG die Vergütung für einzelne Technologien wieder erhöht worden. Bei der Novelle 2008 wurde beispielsweise die Windstromvergütung mit Verweis auf stark gestiegene Stahlpreise angehoben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein solches, von der Politik bestimmtes Technologieförderprogramm einen Energiemix hervorbringt, der langfristig betrachtet effizienter ist als der Mix, der sich ohne staatliche Intervention ergeben hätte.38

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die EEG-Förderung der erneuerbaren Energien wird oftmals als vielfache Win-Win-Lösung dargestellt, mit der man der Verantwortung für die Umwelt gerecht würde und zugleich für wirtschaftliche Prosperität und zusätzliche Beschäftigung sorgen könne. Dem ist jedoch nicht so. Stattdessen bringt dieser Fördermechanismus stark steigende Lasten für die Stromverbraucher mit sich, ohne aber die Volkswirtschaft nachhaltig stimulieren zu können. So wird die EEG-Umlage von 2,047 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2010 auf voraussichtlich 3,2 bis 3,5 Cent im Jahr 2011 steigen, ein Anstieg von bis zu 75% innerhalb eines Jahres.

Mit der Zunahme der Belastung der Stromverbraucher mehrt sich die Zahl der Stimmen, welche die deutsche Förderpolitik eher als eine historische Warnung und als Paradebeispiel für eine extrem verschwenderische Umwelt- und Energiepolitik bezeichnen. Zu den Vertretern und Institutionen, die der Auffassung sind, dass die EEG-Förderung netto und langfristig betrachtet jegliche ökonomischen und ökologischen Vorteile schuldig bleibt, zählen Blankart et al. 39, Frondel, Ritter, Schmidt40, Weimann41, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung42, die Monopolkommission bzw. Haucap, Coenen, Schweinsberg43, der Kronberger Kreis44, Frondel, Ritter, Schmidt, Vance45, der Wissenschaftliche Beirat beim Finanzministerium46 sowie die Deutsche Physikalische Gesellschaft47. Angesichts dieser kritischen Stimmgewalt wäre die Bundesregierung gut beraten, ihre Förderpolitik zu überdenken und sich endlich dem Primat der Kosteneffizienz zu verschreiben, um die ohnehin schon hohen Lasten für die Stromverbraucher künftig weitaus stärker als bislang in Grenzen zu halten.

  • 1 M. Frondel, N. Ritter: Deutschlands Art der Förderung erneuerbarer Energien: Nicht zur Nachahmung zu empfehlen, in: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 2010, S. 261.
  • 2 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und damit zusammenhängender Vorschriften, Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2008, Teil I, Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 2008.
  • 3 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Bruttobeschäftigung durch erneuerbare Energien in Deutschland im Jahr 2008, Berlin 2008, S. 9.
  • 4 Ebenda, S. 31.
  • 5 Ebenda.
  • 6 C. B. Blankart, C. Böhringer, F. Breyer, W. Buchholz, T. Requate, C. M. Schmidt, C. C. von Weizsäcker, J. Weimann: Die Energie-Lüge, in: Cicero – Magazin für politische Kultur, Nr. 12, 2008.
  • 7 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Zur Förderung erneuerbarer Energien, Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Berlin 2004, Dokumentation Nr. 534.
  • 8 Kronberger Kreis: Für einen wirksamen Klimaschutz. Band 49 der Schriftenreihe der Stiftung Marktwirtschaft, 2009, S. 33. Der Kronberger Kreis ist der Wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft. Ihm gehören Juergen B. Donges, Johann Eekhoff, Lars P. Feld, Werner Möschel und Manfred J. M. Neumann an.
  • 9 R. Michaels, R. P. Murphy: Green Jobs: Fact or Fiction? Institute for Energy Research, Washington DC, Januar 2009.
  • 10 M. Frondel, N. Ritter, C. M. Schmidt, C. Vance: Die ökonomischen Wirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien: Erfahrungen aus Deutschland, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 59. Jg. (2010), Nr. 2, S. 107-133.
  • 11 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Erneuerbare Energien: Arbeitsplatzeffekte, Wirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt, Kurz- und Langfassung, Berlin 2006, S. 3.
  • 12 R. Michaels, R. P. Murphy, a.a.O.
  • 13 S. Hentrich, J. Wiemers, J. Ragnitz: Beschäftigungseffekte durch den Ausbau erneuerbarer Energien, Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Sonderheft 1/2004, Halle 2004, S. 72.
  • 14 U. Fahl, R. Küster, I. Ellersdorfer: Jobmotor Ökostrom? Beschäftigungseffekte der Förderung von erneuerbaren Energien in Deutschland, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 55. Jg. (2005), Nr. 7, S. 476-481.
  • 15 Bremer Energie Institut (BEI): Ermittlung der Arbeitsplätze und Beschäftigungswirkungen im Bereich der erneuerbaren Energien, Bremen 2003, S. 41.
  • 16 W. Pfaffenberger: Wertschöpfung und Beschäftigung durch grüne Energieproduktion?, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 56. Jg. (2006), Nr. 9, S. 22-26.
  • 17 RWI: Gesamtwirtschaftliche, sektorale und ökologische Auswirkungen des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG), Energiewirtschaftlichen Institut (EWI) der Universität Köln, Institut für Energetik und Umwelt, Leipzig, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), 2004.
  • 18 B. Hillebrand, H.-G. Buttermann, M. Bleuel, J.-M. Behringer: The Expansion of Renewable Energies and Employment Effects in Germany, in: Energy Policy, 34. Jg. (2006), Nr. 18, S. 3484-3494.
  • 19 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Erneuerbare Energien:…, a.a.O., S. 107-108.
  • 20 Ebenda, S. 89.
  • 21 Ebenda, S. 6.
  • 22 G. C. Álvarez, R. M. Jara, J. R. R. Julián, J. I. G., Bielsa: Study of the Effects on Employment of Public Aid to Renewable Energy Sources. Universidad REY Juan Carlos, 2009, http://www.juandemariana.org/pdf/090327-employment-public-aid-renewable.pdf, S. 24.
  • 23 M. Frondel et al.: Die ökonomischen Wirkungen…, a.a.O., S. 116.
  • 24 Bundesverband Solarwirtschaft (BSW): Statistics for the German solar power industry (photovoltaics), Mai 2009, www.bsw-solar.de.
  • 25 G. C. Álvarez et al., S. 1
  • 26 Ebenda, S. 32.
  • 27 M. Frondel, N. Ritter, C. M. Schmidt, C. Vance: Economic Impacts from the Promotion of Renewable Energy Technologies: The German Experience, in: Energy Policy, 38. Jg. (2010), Nr. 8, S. 4048–4056.
  • 28 A. P. Morris, W. T. Bogart, A. Dorchak, R. E. Meiners: 7 Myths about Green Jobs, Perc Policy Series, Nr. 44, Montana 2009, S. 22.
  • 29 R. R. Nelson: The Simple Economics of Basic Scientific Research, in: The Journal of Political Economy, 67. Jg. (1959), Nr. 3, S. 297-306.
  • 30 H. Karl, R. Wink: Innovation Policy and Federalism: the German experience, in: International Journal of Foresight and Innovation Policy, 2. Jg. (2006), Nr. 3/4, S. 275-276.
  • 31 F. A. von Hayek: The errors of constructivism, in F. A. von Hayek (Hrsg.): New Studies in Philosophy, Politics, Economics and the History of Ideas, London 1978.
  • 32 Kronberger Kreis, a.a.O., S. 34.
  • 33 M. Frondel et al.: Die ökonomischen Wirkungen…, a.a.O.; M. Frondel et al.: Economic Impacts…, a.a.O.
  • 34 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): EEG Jahresabrechnungen 2001 bis 2009, Berlin 2001-2009.
  • 35 C. Breyer: Global Photovoltaic Diffusion, Regions, Market Segments and Cost, 8. Workshop Student Chapters – GEE, 7. Mai 2010, Mannheim 2010.
  • 36 Deutsche Physikalischen Gesellschaft (DPG): Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Energiesystem, Studie der Deutsche Physikalische Gesellschaft, Juni 2010, S. 102.
  • 37 Kronberger Kreis, a.a.O., S. 34.
  • 38 R. Michaels, R. P. Murphy, a.a.O., S. 5.
  • 39 C. B. Blankart et al., a.a.O.
  • 40 M. Frondel, N. Ritter, C. M. Schmidt: Photovoltaik: Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, 34. Jg. (2008), Nr. 1, S. 28-44.
  • 41 J. Weimann: Die Klimapolitik-Katastrophe, Deutschland im Dunkel der Energiesparlampe, Marburg 2008.
  • 42 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Zukunft nicht aufs Spiel setzen, Jahresgutachten 09/10, Wiesbaden 2009.
  • 43 J. Haucap, M. Coenen, A. Schweinsberg: Von heiligen Kühen und fliegenden Elefanten. Wettbewerbsökonomische Überlegungen zum EEG, in: Wirtschaftsdienst, 89. Jg. (2009), H. 11, S. 751-754.
  • 44 Kronberger Kreis, a.a.O.
  • 45 M. Frondel et al.: Die ökonomischen Wirkungen…, a.a.O.; M. Frondel et al.: Economic Impacts…, a.a.O.
  • 46 Wissenschaftlicher Beirat beim Finanzministerium: Klimapolitik zwischen Emissionsvermeidung und Anpassung, Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Berlin 2010.
  • 47 Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG), a.a.O.

Die erneuerbaren Energien im Stromversorgungssystem: eine gelungene Integration?

Die erneuerbaren Energien werden zukünftig eine bedeutende Rolle in der europäischen Energieversorgung spielen. Europa und seine Mitgliedstaaten haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt. So soll der Beitrag der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung Europas 2020 mindestens 20% betragen. Für den Elektrizitätssektor bedeutet dies einen Beitrag von 35%. Die EU-Mitgliedstaaten haben durch ihre bei der EU-Kommission eingereichten nationalen Aktionspläne diese Zielsetzung bekräftigt und mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Die meisten Staaten haben sogar gemeldet, dass sie ihre nationalen Ziele übertreffen wollen. Die erneuerbaren Energien werden somit weiter dynamisch ausgebaut.

Deutschland geht mit seinen kürzlich vorgelegten Energieszenarien, die die Grundlage für das derzeit diskutierte Energiekonzept liefern, noch einen Schritt weiter und möchte die nationale Stromversorgung auf einen Anteil von 80% erneuerbare Stromerzeugung bis 2050 umstellen. Allerdings wird hierbei von einer Einsparung von 20% gegenüber dem heutigen Verbrauch ausgegangen und ein Stromimport von 30% unterstellt. Die dann zu erzielenden 80% entsprechen rund einer Verdreifachung des heutigen Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland.

Die Zubauraten der erneuerbaren Energien waren in den letzten Jahren enorm und alle Prognosen sagen ein weiteres steiles Wachstum voraus. Gleichwohl sind auch die erneuerbaren Energien gefordert, sich den Anforderungen des Marktes mehr und mehr zu stellen. Dies gilt sowohl für die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der Anlagen als auch für die Integration der erneuerbaren Energien in den Energiemix. Die erneuerbaren Energien werden sich daran messen lassen müssen, ob es Ihnen gelingt, einen eigenen Integrationsbeitrag zu leisten bzw. im sinnvollen Zusammenspiel mit anderen Erzeugungstechnologien eine umweltgerechte, zuverlässige und preiswürdige Energieversorgung zu realisieren. Dies sind die Herausforderungen der nächsten Jahre.

Dass der Weg in eine emissionsärmere Zukunft bereits begonnen hat, zeigt auch ein Blick auf die Zielportfolien der großen Energieversorgungsunternehmen. Schon der von RWE angestrebte Energiemix im Jahr 2025 macht deutlich, wie dynamisch die Veränderungen sein werden. Es wird deutliche Verschiebungen in dem, heute zu über 50% von Kohle dominierten, Erzeugungsmix geben. Der nur geringe Anteil von 4,6% erneuerbare Energien wird auf 30% steigen und mit flexiblen Gaskraftwerken (30%) und Kernenergie (15%) zu einem zu 75% emissionsfreien oder -armen Energiemix ergänzt werden. Lediglich 25% der Stromerzeugung kommt im Jahr 2025 noch aus – hocheffizienten – Kohlekraftwerken. Der Wandel ist somit bereits in den aktuellen Geschäftsstrategien der Unternehmen verankert. In den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert RWE rund 1,4 Mrd. Euro jährlich. Das im Jahr 2008 gegründete Tochterunternehmen RWE Innogy, in dem die Konzernaktivitäten für erneuerbare Energien gebündelt sind, hat in nur zwei Jahren seine installierte Leistung verdoppelt.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist somit unumstritten. Die erneuerbaren Energien werden zu einem Pfeiler der zukünftigen Energieversorgung. Gleichwohl sind der Umfang und die Geschwindigkeit des Zubaus der erneuerbaren Energien von der Beantwortung zweier Fragen abhängig:

  • Wie lässt sich die Volatilität des Stromaufkommens aus erneuerbaren Energien innerhalb des Elektrizitätssystems beherrschen?
  • Wie lassen sich die Zusatzkosten minimieren, die durch die erneuerbaren Energien verursacht werden?

Ohne konkrete Antworten auf diese Fragen wäre es fahrlässig, das bestehende und funktionierende System einfach aufzugeben. Aus diesem Grund ist es auch erforderlich, weiter an anderen Alternativen wie Kernfusion und CCS-Technologie zu arbeiten und zu forschen, da eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien in den nächsten Jahrzehnten alles andere als gesichert ist.

Zwar gibt es derzeit eine Vielzahl an Studien (SRU, UBA, ECF, etc.)1 auf nationaler und europäischer Ebene, die den theoretischen Nachweis erbringen wollen, dass eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2050 technisch und nahezu kostenneutral möglich sei, aber bei genauer Prüfung sind doch viele der für diese Szenarien getroffenen Annahmen fragwürdig. Insbesondere werden vielfach die Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unter- und die realisierbaren Potenziale z.B. für Speicher überschätzt.

Volatilität im System

Der größte Teil des Zubaus an erneuerbaren Energien wird durch die Windenergie erfolgen. Selbst wenn zukünftig durch Offshore-Anlagen die Volllaststunden und auch die jährliche Stromproduktion je Anlage steigen werden, bleibt das Problem der fluktuierenden Einspeisung bestehen bzw. wird sich in Zukunft noch verschärfen. Bereits derzeit gibt es enorme Herausforderungen für den aktuellen Kraftwerkspark und die Versorgungssicherheit. Beispielsweise seien hier Werte aus dem Januar 2008 genannt. Allein innerhalb dieses einen Monats schwankte das Leistungsangebot von nahe null bis zu knapp 20 000 MW. Dabei beträgt die größte Schwankung innerhalb eines Tages rund 14 000 MW, und während am 29. Januar 2008 die maximale Leistung knapp 3000 MW betrug, so waren es am 31. Januar 2008 rund 19 000 MW. Im Gegensatz dazu weist der Januar 2010 eine ganz andere Windcharakteristik auf. In der ersten Januarwoche waren zumeist weniger als 4000 MW im Netz verfügbar. Schwachwindphasen dieser Dauer sind aber nichts Außergewöhnliches. So gab es allein in den letzten zehn Jahren häufiger Abschnitte von zehn bis 12 Tagen zu allen Jahreszeiten, zu denen weniger als 10% der insgesamt verfügbaren Windenergieanlagen Strom geliefert haben. Auch Schwachwindperioden, die länger als 12 Tage andauerten, sind aufgetreten. Die lange Schwachwindperiode Anfang Januar diesen Jahres belegt zudem, dass diese Phasen auch in sonst sehr windreichen Monaten auftreten können. Es gibt bei der Windenergie nur eine bedingt gesicherte Leistung. Daran werden auch der weitere Zubau und eine zunehmende Vermaschung nur bedingt etwas ändern können.

Neben dem volatilen Angebot der Ressource Wind ist zudem ein weiterer Effekt zu beobachten: Vielfach besteht ein asynchrones Verhalten von Angebot und Nachfrage. Dies wird in der Abbildung für die erste Oktoberwoche 2008 visualisiert. Der hier aufgetretene Effekt soll als Beispiel dienen und hat sich seitdem vielfach wiederholt. In der Mitte der Grafik treffen ein starkes Windangebot und eine geringe Nachfrage aufeinander. Durch das zu diesem Zeitpunkt auftretende „Überangebot“ an Windstrom sinkt der Preis an der Börse auf null bzw. wird negativ.2 Dieser Strom wird dann an das europäische Ausland „verschenkt“, obwohl er bereits durch den deutschen Stromkunden finanziert wurde.

Asynchrones Verhalten von Angebot und Nachfrage

Netzlast und Einspeisung von erneuerbaren Energien 2.10.08 – 7.10.08

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Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Dies ist bei weitem kein singuläres Ereignis mehr und der Effekt negativer Preise an der Börse ist häufiger zu beobachten. Dies zeigt an, dass es bis zur vollständigen Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt noch einige Weiterentwicklungen des Gesamtsystems geben muss. Ein wesentlicher Punkt ist ein bedarfsgerechter Einsatz auch der erneuerbaren Energien und ein optimales Zusammenspiel mit dem übrigen Kraftwerkspark, damit der Ausbau der erneuerbaren Energien zu den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten erfolgen kann. Dazu gehört, dass perspektivisch nicht mehr jede produzierte Kilowattstunde zu jeder Zeit im Netz untergebracht werden kann. Der dynamische Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie macht einerseits einen massiven Netzausbau und andererseits Speicher, aber auch weiterhin Reserveleistung erforderlich. Bei der Photovoltaik kommt die fehlende Blindleistung hinzu, was bedeutet, dass mit heutigem Photovoltaik-Strom keine Maschinen- oder Elektromotoren betrieben werden können. Zudem müssen wir uns von einem sturen Anreizsystem „Preis mal Menge“ verabschieden und die erneuerbaren Energien nicht nur angebotsseitig in den Markt drücken, sondern auch auf der Nachfrageseite stimulieren. Dazu werden im Strom- und Wärmemarkt grüne Energieprodukte erforderlich, die wegen ihres ökologischen Mehrwertes von den Kunden auch zu einem höheren Preis gekauft werden.

Ausbau von Netzen und Speichern

Was bedeuten die aktuellen Entwicklungen insgesamt für das Versorgungssystem? Es müssen technische Möglichkeiten geschaffen werden, so dass die Volatilität vom System aufgenommen und entsprechende Schwachwind- oder Flautezeiten überbrückt werden können. Dazu ist einerseits eine Verstärkung des europäischen Stromnetzes erforderlich, damit das Stromaufkommen von den meist lastfernen Erzeugungsorten zu den Verbrauchspunkten transportiert werden kann, und andererseits müssen Speicher ausgebaut werden. In diesen Ansätzen sehen nun viele Studien die Voraussetzungen für eine Stromversorgung zu 100% aus erneuerbaren Energien bereits bis zum Jahr 2050.

Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Ohne eine komplette Studie zu erstellen oder alle Annahmen einer bestehenden Studie diskutieren zu wollen, ist eine einfache Abschätzung doch sehr hilfreich, um sich über die Größenordnungen der Aufgabe klar zu werden. Unter der Annahme, dass Deutschland seinen Strom 2050 komplett aus regenerativen Energien erzeugen will, muss somit zumindest der Jahresverbrauch auch erzeugt und zu einem großen Teil möglichst verlustfrei gespeichert werden.

Bleiben wir zunächst bei der Erzeugung. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)3 geht beispielsweise davon aus, dass der heutige Strombedarf von rund 560 TWh/a 2050 durch Effizienzgewinne auf 450 TWh/a sinkt. Gemäß dem Leitszenario des Bundesumweltministeriums 2009 sind 2050 in Deutschland 8,72 GW Biomasse, 5,22 GW Wasserkraft und 47 GW Solarenergie installiert. Wenn man dies mit den Volllaststunden aus dem aktuellen Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (7000 h Biomasse, 6200 h Wasserkraft und 1000 h Solarenergie) multipliziert, ergeben sich rund 140 TWh aus diesen drei Energieträgern. Der Rest wird im Wesentlichen aus Wind bereitgestellt werden müssen. Setzt man für einen Mix aus On- und Offshore rund 2500 Volllaststunden an, dann werden für die noch zu erzeugenden 310 TWh insgesamt 124 GW installierter Windleistung benötigt. Nimmt man nun weiterhin an, dass davon durch Repowering und neue Windstandorte Onshore rund 60 GW entstehen können, dann müssen aber noch zusätzliche 64 GW in der deutschen Nordsee installiert werden. Das entspricht knapp dem Dreifachen der derzeit von der Bundesregierung angestrebten Offshore-Leistung.

Soweit zunächst die grob benötigte Windkapazität. In dem zuvor beschriebenen Szenario läuft die Biomasse nahezu in Grundlast. Daher müsste die Regelleistung in erster Linie durch Pumpspeicherkraftwerke sichergestellt werden. Gleichzeitig werden aber auch noch Langzeitspeicher benötigt, um längere Windflauten abfangen zu können. Eine zehntägige Schwachwindperiode stellt, wie bereits erwähnt, keine Seltenheit dar und soll hier beispielhaft als Herausforderung angenommen werden.

Bei 450 TWh Jahresverbrauch liegt der durchschnittliche Tagesverbrauch bei 1,25 TWh und bei zehn Tagen somit bei 12,5 TWh. Die derzeit in Deutschland vorhandene Kapazität an Pumpspeicherkraftwerken beträgt 7000 MW, mit denen sich rund 0,04 TWh an Strom erzeugen lassen, wenn sie komplett leer laufen. Demnach würde zur Abpufferung der Flautenzeit von zehn Tagen das knapp 313-fache der heute installierten Pumpspeicherleistung benötigt. Dies ist für Deutschland und die Alpenregion nicht zuletzt auf Grund der Akzeptanzproblematik vollkommen unrealistisch. Somit wird in vielen Studien oft auf Norwegen verwiesen. Unabhängig davon, ob Norwegen überhaupt für Deutschland seine Natur als Speicher in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung stellen möchte, sind die meisten norwegischen Speichermöglichkeiten derzeit einfache Stauseen mit natürlichem Zulauf, die zwar in Engpasszeiten Strom liefern könnten, aber nicht als Senke in Überschusszeiten zur Verfügung stehen. Zudem müsste im Bedarfsfall einer Flaute in Deutschland ja auch noch Norwegen versorgt werden. Diese einfache Abschätzung soll nur auf die wesentlichen Herausforderungen aufmerksam machen und zeigen, dass auch unter Berücksichtigung der potenziellen Speicherorte in Norwegen das Thema Versorgungssicherheit nicht zu unterschätzen ist.

Hinzu kommt noch ein zweiter Punkt, dem es Beachtung zu schenken gilt: Wenn man sich die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) genauer ansieht und alle Vorranggebiete für Schifffahrt, Umweltschutz und weitere Nutzungen von der Gesamtfläche abzieht und schwer erschließbare Gebiete mit Wassertiefen über 45 m berücksichtigt, verbleiben inklusive Vorranggebiete, bereits genehmigter und beantragter Windparks insgesamt rund 4500 qkm für die Windnutzung. Will man die für Offshore geplanten 6 MW-Anlagen optimal einsetzen, dann benötigt man je Anlage eine Fläche von rund 1 qkm. Zudem sind bereits Windparks mit kleineren Anlagen bestückt und derzeit werden auch noch viele 3 MW-Turbinen geordert. Somit scheint das von der Bundesregierung angestrebte Ausbauziel von 25 000 MW durchaus realistisch. Alles darüber hinaus ist wenig mehr als Utopie.

Fazit

Eine Stromversorgung zu 100% aus erneuerbaren Energien bis Mitte dieses Jahrhunderts ist unter Beachtung der zuvor genannten Aspekte unrealistisch. Wenn wir die Energieversorgung in Deutschland bis 2050 aus rund 50% erneuerbaren Energien decken können, dann ist dies schon eine enorme, aber sicherlich machbare Herausforderung. Wenn zudem noch auf eine sinnvolle Kostenallokation geachtet und nicht zu viel Geld bei dem Ausbau der Photovoltaik ausgegeben wird, dann kann diese Entwicklung wahr werden.

Eine einfache Rechnung zeigt: Insgesamt geben wir heute rund 12 Mrd. an Einspeisevergütung aus. Das sind pro Bundesbürger 150 Euro. Der CO2-Preis beträgt heute 15 Euro/t CO2. Der Pro-Kopf-Ausstoß beträgt rund 10 t/a. Würden wir die Finanzmittel nehmen und uns voll mit CO2-Zertifikaten eindecken (was ja eine CO2-Reduktion der CO2-Zertifikategeber bedeutet), dann wäre die Pro-Kopf-Emission in Deutschland null. Mit anderen Worten: Deutschland wäre CO2-neutral, wenn die Finanzmittel optimal allokiert würden. Da die erneuerbaren jedoch nicht nur die Aufgabe der CO2-Reduktion haben, ist ein auch finanziell verantwortlicher Ausbau sinnvoll.

Sinnvoll wäre es also ein 50%-Ziel aus erneuerbaren Energien anzustreben, also keine 100%-Versorgung. Die restlichen 50% der Energieversorgung sollten dann aus emissionsarmen und flexiblen Kraftwerken zur Integration der erneuerbaren Energien und im Falle von Bedarfsreserven gedeckt werden. Dies könnte etwa ein Mix aus emissionsarmen Braunkohle-, gut regelbaren Kernkraft- und höchst flexiblen Gaskraftwerken sein. Damit wäre eine Stromversorgung erreicht, die CO2-arm, wettbewerbsfähig und weniger importabhängig ist. Mit einem Wort: Nachhaltig.

  • 1 UBA, Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen, Juli 2010; SRU (Sachverständigenrat für Umweltfragen), 100% erneuerbare Stromversorgung bis 2050: klimaverträglich, sicher, bezahlbar, Mai 2010; ECF (Energy research Centre of the Netherlands), A zero-carbon European power system in 2050: proposals for a policy package , April 2010, Teil des Projektes „Roadmap 2050“.
  • 2 Im Oktober 2008 waren an der Strombörse noch keine negativen Preise zugelassen, weshalb in diesem Beispiel der Preis nicht unter null sinken konnte.
  • 3 SRU (Sachverständigenrat für Umweltfragen), 100% erneuerbare Stromversorgung bis 2050: klimaverträglich, sicher, bezahlbar, Mai 2010.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Förderungspolitik am Scheideweg

Jenseits der Frage, ob das Nebeneinander von CO2-Zertifikate-Handel und direkter Förderung der erneuerbaren Energien Effizienzkriterien genügt, sind bei der Bewertung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zwei Erwägungen zu beachten: Hat das EEG seinen Zweck erreicht und ist dieser Zweck kostenminimal erreicht worden?

Der Zweck des EEG wird nach § 1 darin gesehen, „insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.“ Im Absatz 2 wird präzisiert, dass zum Erreichen des Zweckes das Ziel verfolgt wird, bis zum Jahr 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung auf mindestens 30% und anschließend kontinuierlich zu erhöhen.

Gemessen am Anteil an der Stromversorgung ist das EEG bisher sehr erfolgreich bei der Förderung der erneuerbaren Energien gewesen, und die gesetzten Ziele werden sicherlich problemlos erfüllt. Fraglich ist indes, ob der Anteil an der Stromversorgung ein geeignetes Maß ist, um die Erfüllung des Zweckes zu bewerten. Der Begriff „Stromversorgung“ ist vage und kann als „Stromerzeugung“ oder „Stromverbrauch“ konkretisiert werden. Die Auslegung als Anteil an der Stromerzeugung ist allein aus Gründen der mangelnden Speicherfähigkeit von Strom nicht sinnvoll. Die Erzeugung von Strom muss demnach simultan zum Verbrauch erfolgen. Erneuerbare Energien, insbesondere Windkraft und Photovoltaik, erzeugen jedoch dann Strom, wenn die Witterungsbedingungen optimal sind. Da zusätzlich ihre Einspeisung priorisiert wird, erfolgt erneuerbare Stromerzeugung, im Gegensatz zu der aus fossilen und nuklearen Kraftwerken, unabhängig vom Bedarf. Insofern sagt allein die Menge des durch erneuerbare Energien erzeugten Stroms noch nichts über ihre tatsächliche Bedeutung aus. Vielmehr ist hier von einer starken Überschätzung auszugehen.

Auch die Konkretisierung als Anteil am Stromverbrauch kann als Maß problematisch sein, denn neben der nicht nachgefragten erneuerbaren Stromerzeugung wird auch die überschüssige Stromerzeugung der etablierten Technologien ignoriert. Diese ergibt sich aus der mangelnden Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien. Das bedeutet, dass zur Sicherstellung der Grundlast ständig fossile und nukleare Kraftwerke bereit stehen müssen. Da das Hoch- und Herunterfahren von Kraftwerken normalerweise mit hohen Kosten verbunden ist, haben Betreiber häufig einen Anreiz, ihre Kraftwerke auch bei ausbleibender Nachfrage weiterlaufen zu lassen, was CO2-Emissionen zur Folge hat. Dies ist aktuell durch negative Preise an den Spotmärkten zu beobachten. Demzufolge ist fraglich, ob der Anteil am Stromverbrauch tatsächlich ein geeignetes Maß für den in § 1 des EEG definierten Zweck ist.

Der Zweck des EEG wird nur dann erreicht, wenn der wachsende Anteil der erneuerbaren Energien mit einer entsprechenden Reduzierung bei den etablierten Technologien einhergeht. Insofern sollte dies auch das relevante Maß sein, also die Substitution fossiler bzw. nuklearer Energieträger durch erneuerbare Energien.

Die Frage nach der Kosteneffizienz des EEG kann derzeit nur eingeschränkt beantwortet werden, weil das Ziel bisher nicht erreicht wurde und weil aufgrund der vielen Unsicherheiten bei der Etablierung der erneuerbaren Energien auch nicht zufriedenstellend prognostiziert werden kann, wann dies der Fall sein wird.

Die Bewertung der Förderung wird erst möglich sein, wenn sich die erneuerbaren Energien technisch und ökonomisch in die Energiesysteme bzw. -märkte integriert haben. Dass dies in absehbarer Zeit mit dem bisherigen EEG zu erreichen ist, scheint jedoch zweifelhaft.

Spezielle Eigenschaften der erneuerbaren Energien und deren Effekte

Die grundsätzliche Notwendigkeit, die erneuerbaren Energien in die bestehenden Energiemärkte zu integrieren, ergibt sich aus ihren speziellen Eigenschaften. Die erneuerbaren Energien unterscheiden sich von den etablierten Technologien im Wesentlichen in vier Punkten:

  • Erstens sind mit Windkraft und Photovoltaik zwei der derzeit vier vorherrschenden erneuerbaren Energien witterungsabhängig und damit nicht zur Erzeugung der Grundlast einsatzfähig. Die Wasserkraft stellt zwar derzeit ca. 6% der Grundlastversorgung sicher, hat jedoch kein nennenswertes Ausbaupotenzial. Somit ist nach derzeitigem Stand der Technik lediglich die Biomasse in der Lage, einen Beitrag zur Grundlastversorgung zu leisten.
  • Zweitens ist mit der Witterungsabhängigkeit von Windkraft und Photovoltaik eine sehr volatile Stromeinspeisung verbunden. Die Einspeisung ist zwar stochastisch, folgt jedoch einem täglichen und saisonalen Muster: Wind weht typischerweise im Sommer und in der Nacht schwächer als im Winter und am Tage. Gleichzeitig scheint die Sonne im Sommer stärker als im Winter und ausschließlich am Tage. Damit ergänzen sich einerseits Windkraft und Photovoltaik tendenziell und folgen andererseits tendenziell der Nachfrage nach Strom.
  • Drittens geht die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien typischerweise mit sehr niedrigen Grenzkosten einher, verbunden mit hohen Fixkosten. Einzige Ausnahme ist hier die Biomasse, deren Beschaffungskosten allerdings bereits heute deutlich unterhalb derer von endlichen Ressourcen liegen.
  • Viertens erfolgt die Stromerzeugung dezentral und eher mit kleineren Anlagen. Sinnvollerweise werden die Anlagen dort errichtet, wo die besten Witterungsbedingungen vorhanden sind. Windkraftanlagen sind also in nördlichen Ebenen und am sowie im Meer zu finden, Photovoltaikanlagen eher in südlichen Gebieten. Wasserkraftwerke befinden sich in gebirgigen Gegenden und an Flüssen sowie zukünftig möglicherweise im oder am Meer. Biomassekraftwerke sind im Prinzip geografisch unabhängig, konzentrieren sich bisher jedoch aufgrund ihrer Betreiberstruktur auf landwirtschaftlich genutzte Gebiete.

Diese speziellen Eigenschaften haben bedeutende Auswirkungen auf die bestehenden Energiesysteme, was wiederum nicht unerheblich für die Integration in die Strommärkte ist und somit bei den Maßnahmen zur Etablierung der erneuerbaren Energien berücksichtigt werden muss.

Die Witterungsabhängigkeit und die sich daraus ergebene mangelnde Grundlastfähigkeit ist nach wie vor das größte Hindernis für den Ersatz der etablierten Technologien. Im Jahr 2009 wurde die Grundlast zu 45% aus Kernkraft, zu 49% aus Braunkohle und zu 6% mit Laufwasserkraftwerken erzeugt.1 Mit dem aktuellen Stand der Technik kann auf fossile und nukleare Kraftwerke bei gleicher Grundlast nicht verzichtet werden. Die theoretisch grundlastfähigen Biomassekraftwerke sind nicht in ausreichender Menge vorhanden, und es besteht aufgrund des Einspeisevorrangs auch kein Anreiz, sie für die Grundlast zur Verfügung zu stellen. Insofern besteht die Notwendigkeit, weiterhin fossile Kraftwerke bereit zu stellen, was sich durch die derzeit unklare zukünftige Nutzung der Kernkraft weiter verstärkt. Die Berechnung der genauen Höhe des langfristigen Kapazitätseffekts, also die Substitution von konventionellen Kraftwerken durch erneuerbare Energien, ist schwierig und abhängig von der verwendeten Methode und Definition des Kapazitätseffektes.2 Untersuchungen für unterschiedliche Gebiete gehen jedoch von einem Substitutionsanteil von durchschnittlich 30% aus, der mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien stark sinkt.3 Eine Untersuchung für den Effekt der Windeinspeisung in Deutschland auf Basis der Daten für die Periode Januar 2006 bis Juni 2008 findet keine signifikante Reduktion fossiler Kapazitäten.4

Neben der mangelnden Grundlastfähigkeit stellt die volatile Einspeisung der Wind- und Solarkraft die Energiesysteme vor erhebliche Anforderungen in Hinsicht auf die Stromerzeugung und die Stromnetze. Die Volatilität verursacht nicht nur das Problem der mangelnden, sondern auch der exzessiven Einspeisung, also der Erzeugung von Strom, wenn dieser nicht benötigt wird. Daraus ergibt sich für gegebene Energiesysteme der Bedarf, mit kurzfristig schwankenden Einspeisungen umzugehen. Hierzu existiert eine Reihe von Untersuchungen, insbesondere für den windintensiven dänischen Markt. So hat sich gezeigt, dass ein Lastausgleich im gegebenen Netzgebiet theoretisch machbar ist, wenn Wärmepumpen und Wärmespeicherung eingesetzt werden.5 Für hügelige Gebiete bieten sich zusätzlich Pumpspeicherkraftwerke an. Offensichtlich ist, dass eine Ausweitung des Netzgebietes Probleme volatiler Einspeisung mindert, weil Strom sowohl aus entfernten Gebieten importiert als auch exportiert werden kann. Eine Erweiterung des Netzgebietes führt jedoch zu erheblichen Kosten. Es kann also effizient sein, erneuerbare Stromerzeugung ab einer bestimmten Menge zu begrenzen, statt das Netzgebiet zu erweitern.6 Grundsätzlich haben wachsende Anteile erneuerbarer Energien mit volatiler Einspeisung ohne eine Erhöhung der Flexibilisierung des Regulierungssystems negative Folgen für die Stromversorgung, da eine exzessive Stromerzeugung nicht vermieden werden kann. Verstärkte Bemühungen zur Energieeffizienz und wachsende Anteile der Kraft-Wärme-Kopplung würden die Probleme weiter verschärfen, da sich bei gegebener Erzeugung die Nachfrage nach Strom und Wärme reduziert und somit das Regulierungssystem inflexibler wird.7

Die typischerweise geringen Grenzkosten der erneuerbaren Energien führen zum häufig zitierten „Merit-Order-Effekt“, also der Senkung des Strompreises an den Spotmärkten.8 Es kommt zu einer Rentenverschiebung zugunsten der Konsumenten, jedoch auch zu langfristigen Verwerfungen in der Preisfindung auf Strommärkten. Wachsende Anteile erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung bewirken im Merit-Order-Preisverfahren zwangsläufig ständig sinkende Preise, was in der langen Frist Folgen für Investitionsanreize sowohl für konventionelle Kraftwerke als auch für erneuerbare Energien hat. Sinkende Preise führen zu sinkenden Deckungsbeiträgen und vermindern damit die Rentabilität von Kraftwerksinvestitionen. Hierzu existieren bisher nur wenige Untersuchungen, jedoch bestätigen die vorhandenen Ergebnisse die naheliegende Vermutung, dass steigende Anteile erneuerbarer Energien zu sinkenden Investitionen in konventionelle Kraftwerke führen.9 Dies ist insbesondere bedenklich, weil es vor allem flexible Gaskraftwerke zu betreffen scheint, die als Komplement zu volatilen erneuerbaren Energien benötigt werden. Wie stark diese Effekte sind und inwieweit wirtschaftspolitische Maßnahmen notwenig sind, ist derzeit noch vollkommen unklar. Ein Übergang in ein regeneratives Zeitalter kann jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn die Energieversorgung in der langen Frist sichergestellt wird. Dazu gehören ausreichende Investitionsanreize.

Die räumliche Verteilung der erneuerbaren Energien hat ebenso beträchtliche Auswirkungen. Als Ergebnis der dezentralen Stromerzeugung wird die bisherige Struktur der Stromerzeugung am Ort der Nachfrage aufgelöst. Geht man davon aus, dass die Photovoltaik in absehbarer Zeit in Süddeutschland keine dominierende Bedeutung haben wird, ergibt sich hieraus eine räumliche Trennung von Erzeugung und Verbrauch. Während die industriellen Großverbraucher eher im Westen und Süden Deutschlands zu finden sind, wird die Mehrheit des Stromes im Norden erzeugt. Folglich ist ein entsprechender Ausbau des Stromnetzes notwendig, was sowohl die Ebenen der Einspeisung als auch die des Transportes betrifft. Die ohnehin bestehende Notwendigkeit, das Netzgebiet auszubauen, verstärkt sich somit.

Zusätzlich wird der europäische Kontext der Förderung der erneuerbaren Energien deutlich. Es wird in Zukunft aus technischer und ökonomischer Sicht weder möglich noch wünschenswert sein, dass Deutschland energiepolitisch autark ist, was mit den politischen Bestrebungen zur Integration des europäischen Marktes übereinstimmt. Entsprechend den witterungsbedingten Vorteilen ist zu erwarten, dass die Stromerzeugung aus Windkraft an den küstennahen Gebieten und in der Nord- und Ostsee stattfindet, während die Photovoltaik sich auf südliche Länder konzentriert. Gleichzeitig bietet sich an, Wasserkraftwerke und insbesondere Pumpspeicherkraftwerke der Alpenländer und Skandinaviens einzubeziehen. Möglicherweise werden auch Meereskraftwerke von Bedeutung sein. In jedem Fall wird deutlich, dass die Förderung der erneuerbaren Energien die Integration eines Netzgebietes notwendig macht, das von Skandinavien über Nord- und Ostsee bis mindestens nach Südeuropa reicht.

Leitlinien zukünftiger Förderungspolitik

Das bisherige Konzept der Förderung erneuerbarer Energien, bestehend aus Einspeisevergütungen und Einspeisevorrang, ist nur begrenzt geeignet, die definierten Zwecke der Förderung rasch zu erreichen. Die Substitution der etablierten Technologien und die damit einhergehende substanzielle Verringerung von Treibhausgasemissionen und Importabhängigkeit von Primärenergieträgern ist bisher kaum erreicht.

Mit den aktuell zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien droht der weitere Ausbau technische und ökonomische Grenzen zu erreichen. Insbesondere die mangelnde Grundlastfähigkeit erfordert weiterhin fossile und nukleare Kraftwerke in erheblichem Ausmaß, während die wachsende Einspeisung volatiler Strommengen die bestehenden Energiesysteme zunehmend vor Probleme stellt. Gleichzeitig erhöhen sich die volkswirtschaftlichen Kosten der Förderung drastisch, insbesondere durch den aktuellen Boom der Photovoltaik. Das Bundesumweltministerium schätzt für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 kWh pro Jahr eine Zusatzbelastung von 42 Euro im Jahr 2009 und für das Jahr 2010 bereits von 71,40 Euro, nach 6,96 Euro im Jahr 2000.10 Mit dem aktuellen Ausbautempo dürfte diese Belastung in den folgenden Jahren auf deutlich über 100 Euro steigen. Damit besteht die Gefahr, die gesellschaftliche Akzeptanz der Förderung zu verlieren.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Phase der Etablierung der erneuerbaren Energien weitgehend abgeschlossen ist. Sie sind aus dem Energiemix nicht mehr wegzudenken. Insofern sollte sich die nächste Phase der Förderung darauf konzentrieren, die erneuerbaren Energien in die bestehenden Energiesysteme einzubinden.

Das Ziel einer marktintegrierenden Förderungspolitik sollte sein, einerseits erneuerbare Energieerzeugung verbrauchsorientiert zu gestalten und andererseits Anreize für Investitionen in marktintegrierende Technologien zu setzten. Damit ist die Förderung erneuerbarer Energien zwangsläufig weiter zu definieren. Die angesprochenen speziellen Eigenschaften der erneuerbaren Energien und deren Effekte verdeutlichen, dass eine funktionierende Förderungspolitik in eine umfassende Energiepolitik eingebettet sein muss, die sich im Spannungsfeld zwischen Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit bewegt. Gleichzeitig ist eine optimale Förderung nur durch ein Bündel von Maßnahmen zu erreichen, das weit über Einspeisevergütungen hinausgeht.

Eine verbrauchsorientierte Erzeugung kann beispielsweise erreicht werden, indem Vergütungssätze zeitlich differenziert werden und so ein Anreiz besteht, insbesondere zu Spitzenlastzeiten einzuspeisen. Hier ist vor allem die Biomasse bedeutsam, da sie Elektrizität bereits heute ohne größere Probleme verbrauchsorientiert erzeugen kann. Bei der Windkraft und der Photovoltaik entstehen durch die Preisdifferenzierung Anreize, in Technologien zur Erzeugungssteuerung zu investieren. Diese sind umso größer, je höher die Differenz der Einspeisevergütungen ist. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorrang bei der Einspeisung kritisch zu überdenken. Auch die neu geschaffene Regelung zum Eigenverbrauch von Solarstrom verfolgt ein sinnvolles Ziel, kann jedoch abhängig von ihrer Ausgestaltung in bestimmten Fällen zu unerwünschten Effekten führen.

Anreize für Investitionen in marktintegrierende Technologien bedürfen Anreize für Forschung auf diesem Gebiet. Diese lassen sich am besten über direkte Forschungssubventionen erreichen. Da die meisten Technologien bisher nicht existieren oder noch nicht marktreif sind, sollte die Forschungsförderung technologieneutral ausgestaltet sein, um die Förderung einer „falschen“ Technologie zu verhindern. Generell sollte Forschung und Entwicklung größere Bedeutung eingeräumt werden als bisher. Die Ausgaben des Bundes hierfür sind seit 1980 stark rückläufig und in Relation zu den Ausgaben der Endkunden für die Einspeisevergütung viel zu gering.

Es ist zu schlussfolgern, dass in der aktuellen Phase die Etablierung der erneuerbaren Energien nicht abhängig ist vom Anteil an der Stromversorgung wie das Gesetz postuliert, sondern die Entwicklung marktintegrierender Technologien von entscheidender Bedeutung ist. Insofern hat in der kurzen Frist der weitere Zubau erneuerbarer Energien keinen Einfluss auf die Erfüllung des Förderzwecks. Daher könnte darüber nachgedacht werden, zukünftig stärker auf Direktsubventionen für Forschung und Entwicklung zu setzten und gleichzeitig die Einspeisevergütungen rascher zu senken als geplant. Dies würde die finanzielle Last der Endkunden verringern, ohne die Etablierung der erneuerbaren Energien zu gefährden. Eine stärkere Fokussierung auf Forschung und Entwicklung, die letztlich die Etablierung der erneuerbaren Energien beschleunigt, wäre auch vorteilhaft für die industriepolitische Komponente des EEG, also die Schaffung einer dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Erneuerbare-Energien-Branche.

Letztlich ist hier auch der politökonomische Aspekt der Förderung zu beachten: Mit dem stetigen Wachstum der Beschäftigung und dem damit verbundenen politischen Drohpotenzial besteht zusätzlich die Gefahr, eine dauerhafte Subventionswirtschaft zu etablieren, die sich eher um die Verteidigung der Subventionen bemüht als um die Marktintegration.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Phase der Etablierung der erneuerbaren Energien weitgehend abgeschlossen ist. Die weitere Förderung sollte sich darauf konzentrieren, die erneuerbaren Energien technisch und ökonomisch in die Energiesysteme einzubinden. Als Maß hierfür sollte nicht länger der bloße Anteil an der Energieversorgung zählen, sondern allein die Verdrängung der konventionellen Energieträger, also die Reduzierung der CO2-Emissionen und der Importabhängigkeit. Das Energiekonzept der Bundesregierung bietet interessante Ansätze. Nun kommt es darauf an, sinnvolle Maßnahmen umzusetzen.

  • 1 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
  • 2 Der Kapazitätseffekt misst, wie viel Watt erneuerbare Energien installiert werden müssen, um einen Watt konventionelle Stromerzeugung zu ersetzten.
  • 3 Vgl. z.B. G. Giebel: Wind Power has a Capacity Credit. A Catalogue of 50+ Supporting Studies, 2005, für einen Überblick über mehrere Untersuchungen. M. George, R. Banerjee: Analysis of impacts of wind integration in the Tamil Nadu grid, in: Energy Policy, 37. Jg. (2009), Nr. 9, untersuchen den indischen Markt und berechnen Werte von 5% bis 37%.
  • 4 Vgl. H. Weigt: Germany’s wind energy potential for fossil capacity replacement and cost saving, in: Applied Energy, 86. Jg. (2009), Nr. 10, S. 1857-1863.
  • 5 Vgl. z.B. Poul Alberg Østergaard: Transmission-grid requirements with scattered and fluctuating renewable electricity-sources, in: Applied Energy, 76. Jg. (2003), für eine Untersuchung des westdänischen Marktes.
  • 6 Vgl. H. Lund, E. Münster: Management of surplus electricity-production from a fluctuating renewable-energy source, in: Apllied Energy, 76. Jg. (2003).
  • 7 Vgl. H. Lund: Large-scale integration of wind power into different energy systems, in: Energy, 30. Jg. (2005).
  • 8 Vgl. z.B. F. Sensfuss, M. Ragwitz, M. Genoese: The merit-order effect: A detailed analysis of the price effect of renewable electricity generation in Germany, in: Energy Policy, 36. Jg. (2008).
  • 9 Vgl. T. Traber, C. Kemfert: Gone with the wind? — Electricity market prices and incentives to invest in thermal power plants under increasing wind energy supply, in: Energy Economics, 2010, im Erscheinen.
  • 10 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Einfluss der Förderung erneuerbarer Energien auf den Haushaltsstrompreis in den Jahren 2009 und 2010 – einschl. Ausblick auf das Jahr 2011, Stand 31.8.2010, Berlin.


DOI: 10.1007/s10273-010-1132-3