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Export- und Importaktvitäten sind auf gesamtwirtschaftlicher Ebene sowie aufgeschlüsselt nach Warengruppen im Rahmen der Außenhandelsstatistik und in den Input-Output-Tabellen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gut dokumentiert. So wurden im Jahr 2009 Waren im Wert von 808 Mrd. Euro aus Deutschland exportiert und Waren im Wert von 674 Mrd. Euro importiert.1 Zusätzlich liegen im Bereich der Exportaktivitäten auch für die Unternehmens- und Betriebsebene bereits seit längerer Zeit zahlreiche Dokumentationen und Analysen auf Basis von Firmendaten der amtlichen Statistik vor.2 Wenig bekannt ist jedoch darüber, wie sich das Zusammenspiel von Import- und Exportaktivitäten auf Unternehmensebene zeigt und wie dynamisch die Beteiligung an Export- und Importaktivitäten auf Unternehmensebene ist.

In jüngster Zeit werden daher in der mikroökonometrischen Literatur zum internationalen Handel zunehmend sowohl die Export- als auch Importaktivitäten von Unternehmen betrachtet, um ein umfassenderes Bild von der Beteiligung an internationalen Aktivitäten auf Unternehmensebene zu bekommen. Daran anschließend präsentiert der vorliegende Artikel empirische Befunde über die Verbreitung von Export- und Importaktivitäten in deutschen Industrieunternehmen. In einem ersten Schritt werden die Querschnittsdatensätze der Umsatzsteuerstatistik 2001 bis 2006 und die darin enthaltenen Angaben über die Warenexporte sowie die Importaktivitäten der Unternehmen genutzt, um vier Internationalisierungstypen zu unterscheiden:

  • Unternehmen, die weder exportieren noch importieren,
  • Unternehmen, die nur exportieren,
  • Unternehmen, die nur importieren und
  • Unternehmen, die sowohl exportieren als auch importieren.3

In einem zweiten Schritt wird das Umsatzsteuerpanel genutzt, um die Entwicklung der Export- und Importbeteiligung auf Unternehmensebene im Zeitraum 2001 bis 2006 zu betrachten und um somit Aussagen über die Dynamik in diesem Bereich zu treffen.

Deutlicher Niveauunterschied zwischen Ost und West

Auf Basis der Querschnittsdaten der Umsatzsteuerstatistik wird im Folgenden ein Überblick über die Import- und Exportbeteiligung im Verarbeitenden Gewerbe in den Jahren 2001 und 2006 gegeben. Da sich für Ost- und Westdeutschland auch gut 15 Jahre nach der Wiedervereinigung noch deutliche Niveauunterschiede bezüglich der Import- und Exportbeteiligung zeigen, sind die Ergebnisse für beide Regionen separat dargestellt. Abbildung 1 zeigt, dass 2006 der Anteil von Unternehmen, die sowohl exportieren als auch importieren, in Ostdeutschland um knapp sieben Prozentpunkte niedriger ist als in Westdeutschland. Im Einklang damit ist im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe der Anteil der Unternehmen, die weder ex- noch importieren, um gut acht Prozentpunkte höher als im westdeutschen Verarbeitenden Gewerbe. Im Vergleich zur Import- und Exportbeteiligung im Jahr 2001 ist eine leichte Annäherung zwischen Ost- und Westdeutschland zu beobachten. Insgesamt zeigt sich in beiden Teilen Deutschlands eine deutliche Zunahme der international aktiven Unternehmen im betrachteten Zeitraum. So stieg der Anteil der Firmen, die Export- und/ oder Importaktivitäten aufweisen, in den Jahren 2001 bis 2006 um knapp acht Prozentpunkte in Ostdeutschland und um fast sieben Prozentpunkte in Westdeutschland an. Besonders ausgeprägt ist die Zunahme in der Gruppe der Unternehmen, die sowohl exportieren als auch importieren.

Abbildung 1
Export- und Importbeteiligung im ost- und westdeutschen Verarbeitenden Gewerbe1
in %
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1 Betrachtet wurden Unternehmen mit Lieferungen und Leistungen in Höhe von 18 060 Euro und mehr (in Preisen von 2005). Organschaften wurden von der Untersuchung ausgeschlossen.

Quellen: Eigene Berechnungen auf Basis des Umsatzsteuerstatistikpanels 2001-2006.

Einmal international aktiv, immer international aktiv

Durch die Verknüpfung der Querschnittsdaten der Umsatzsteuerstatistik ergibt sich ein Paneldatensatz, der für jedes im Betrachtungszeitraum umsatzsteuerpflichtige Unternehmen Informationen im Zeitverlauf enthält. Damit ist es möglich, auch die Dynamik im Verhalten der Unternehmen näher darzustellen. Im ersten Schritt lassen sich für die Unternehmen, für die im Datensatz Angaben für jedes Jahr zwischen 2001 und 2006 vorliegen, Muster der internationalen Aktivität erstellen. Nach diesen Mustern lassen sich die Unternehmen in fünf Gruppen einteilen. Und zwar in Unternehmen, die im Zeitraum 2001 bis 2006

  1. in keinem Jahr exportiert oder importiert haben,
  2. in jedem Jahr exportiert, jedoch nie importiert haben,
  3. in jedem Jahr importiert, jedoch nie exportiert haben,
  4. in jedem Jahr sowohl exportiert als auch importiert haben,
  5. mindestens einmal ihren Internationalisierungstyp geändert haben.

Während in den Gruppen 1 bis 4 der Internationalisierungstyp der Unternehmen zwischen 2001 und 2006 stabil bleibt, zeigt sich in der letzten Gruppe die Dynamik von internationalen Aktivitäten auf Unternehmensebene. Hierzu gehören z.B. Unternehmen, die im Jahr 2001 exportierten, in den Jahren 2002 und 2003 importierten und exportierten und dann in den Jahren 2004 bis 2006 nur Exportaktivitäten aufwiesen. Einen Überblick über die Verteilung der genannten fünf Gruppen liefert die Abbildung 2 für Westdeutschland und Ostdeutschland.

Mit Blick auf den inneren Kreis der Diagramme wird ersichtlich, dass im Zeitraum von 2001 bis 2006 53% der ostdeutschen und gut 43% der westdeutschen Industrieunternehmen in keinem der betrachteten Berichtsjahre Export- oder Importaktivitäten hatten. Demgegenüber stehen 8% der Unternehmen in Ostdeutschland und 15% der Unternehmen in Westdeutschland, die in jedem Jahr sowohl exportiert als auch importiert haben. Für beide Teile Deutschlands zeigt sich, dass die internationalen Aktivitäten der Unternehmen hauptsächlich durch Stabilität geprägt sind. In Westdeutschland änderten gut 64% der Unternehmen ihren Internationalisierungstyp über den ganzen Betrachtungszeitraum hinweg nicht. In Ostdeutschland änderten analog dazu 66% der Unternehmen ihren Status zwischen 2001 und 2006 nicht. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass in beiden Teilen Deutschlands gut ein Drittel der betrachteten Unternehmen ihren Zustand mindestens einmal zwischen 2001 und 2006 gewechselt haben.

Zusätzlich zum Anteil an allen Unternehmen ist in den äußeren Kreisen der Diagramme für jede der fünf Gruppen der Anteil am gesamten Umsatz aller Unternehmen 2006 angeben. Dadurch wird deutlich, dass im hier betrachteten Verarbeitenden Gewerbe die Gruppe der Unternehmen, die im gesamten Betrachtungszeitraum sowohl ex- als auch importierten, den größten Anteil am gesamten Umsatz stellt. In Westdeutschland sind dies beachtliche 80% des gesamten Umsatzes und in Ostdeutschland 57% des gesamten Umsatzes.

Abbildung 2
Beteiligung an internationalen Aktivitäten west- und ostdeutscher Industrieunternehmen1
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1 Betrachtet wurden nur Unternehmen, für die im Datensatz Angaben für jedes Jahr zwischen 2001 und 2006 vorliegen (balanced panel), die ihren Unternehmenssitz im gesamten Zeitraum in West- bzw. Ostdeutschland hatten und deren Lieferungen und Leistungen 18 060 Euro und mehr (in Preisen von 2005) betragen. Organschaften wurden von der Untersuchung ausgeschlossen.

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Umsatzsteuerstatistikpanels 2001-2006.

Ein- und Austritte bei Exporten und Importen

Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung der Dynamik von Export- und Importaktivitäten bieten Übergangsmatrizen. Die Tabelle zeigt, wie viele Unternehmen zwischen 2001 und 2006 ihren Status (weder Exporteur noch Importeur, nur Exporteur, nur Importeur, sowohl Exporteur als auch Importeur) gewechselt haben. Von den Unternehmen, die in beiden Jahren aktiv waren, bilden die Unternehmen, die ihren Status nicht gewechselt haben, in beiden Regionen Deutschlands die größte Gruppe. Diese Status-Stabilität ist besonders ausgeprägt unter den Unternehmen, die sowohl exportieren als auch importieren. Unternehmen, die zwischen 2001 und 2006 ausgeschieden sind, finden sich in allen vier Kategorien; hierbei muss es sich nicht um Unternehmensschließungen handeln, die Unternehmen können auch durch ein Unterschreiten der Abschneidegrenze des Umsatzes aus der hier betrachteten Grundgesamtheit herausfallen oder etwa durch eine Fusionen in einem neuen Unternehmen aufgehen. Der Anteil dieser Unternehmen an allen Unternehmen ist mit 30,6% in Ostdeutschland leicht höher als in Westdeutschland (27,4%).

Übergangsmatrix 2001/2006 für Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes in West- und Ostdeutschland1

  Unternehmensstatus 2006
Nicht aktiv Kein Außenhandel Nur Exporte Nur Importe Exporte und Importe Gesamt
Unternehmens­status 2001 West Ost West Ost West Ost West Ost West Ost West Ost
Nicht aktiv     44 648 9 361 5 911 864 8 143 1 811 12 550 1 855 71 252 13 891
   in % Spalte     33,7 33,8 29,3 33,6 31,3 33,6 27,2 33,0 23,0 23,3
   in % Zeile     62,7 67,4 8,3 6,2 11,4 13,0 17,6 13,4 100,0 100,0
Kein Außenhandel 64 602 14 919 77 830 16 678 4 503 716 7 291 1 585 1 972 345 156 198 34 243
   in % Spalte 76,2 81,9 58,7 60,2 22,3 27,8 28 29,4 4,3 6,1 50,5 57,5
   in % Zeile 41,4 43,6 49,8 48,7 2,9 2,1 4,7 4,6 1,3 1,0 100,0 100,0
Nur Exporte 5 247 699 3 808 472 6 684 614 723 103 3 321 392 19 783 2 280
   in % Spalte 6,2 3,8 2,9 1,7 33,2 23,9 2,8 1,9 7,2 7,0 6,4 3,8
   in % Zeile 26,5 30,7 19,2 20,7 33,8 26,9 3,7 4,5 16,8 17,2 100,0 100,0
Nur Importe 5 611 1 411 4 753 1 023 684 114 7 890 1 637 2 689 558 21 627 4 743
   in % Spalte 6,6 7,7 3,6 3,7 3,4 4,4 30,3 30,3 5,8 9,9 7,0 8,0
   in % Zeile 25,9 29,7 22,0 21,6 3,2 2,4 36,5 34,5 12,4 11,8 100,0 100,0
Exporte und Importe 9 276 1 197 1 559 179 2 366 264 1 959 260 25 538 2 476 40 698 4 376
   in % Spalte 10,9 6,6 1,2 0,6 11,7 10,3 7,5 4,8 55,4 44,0 13,1 7,4
   in % Zeile 22,8 27,4 3,8 4,1 5,8 6,0 4,8 5,9 62,8 56,6 100,0 100,0
Gesamt 84 736 18 226 132 598 27 713 20 148 2 572 26 006 5 396 46 070 5 626 309 558 59 533
   in % Spalte 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
   in % Zeile 27,4 30,6 42,8 46,6 6,5 4,3 8,4 9,1 14,9 9,5 100,0 100,0

1 Betrachtet wurden Unternehmen mit Lieferungen und Leistungen in Höhe von 18 060 Euro und mehr (in Preisen von 2005). Organschaften wurden von der Untersuchung ausgeschlossen.

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Umsatzsteuerstatistikpanels 2001-2006.

Statuswechsel zwischen den vier Kategorien finden sich ebenfalls in beiden Teilen Deutschlands, wobei allerdings ein Wechsel aus der Kategorie „weder Exporteur noch Importeur“ in die Kategorie „sowohl Exporteur als auch Importeur“ ebenso ein seltenes Ereignis ist wie der Statuswechsel in umgekehrter Richtung. Von den Unternehmen, die 2001 noch nicht als aktiv erfasst waren, haben 2006 in Westdeutschland gut 37% international gehandelt – dieser Anteil ist leicht höher als in Ostdeutschland, wo dies nur für knapp 33% dieser Unternehmen zutraf. Bemerkenswert ist, dass von den „Neueinsteigern“ die meisten sowohl exportieren als auch importieren – diese „born globals“ machen in Westdeutschland immerhin knapp 18% aller 2001 noch nicht als aktiv erfassten Unternehmen aus. In Ostdeutschland beträgt der Anteil gut 13%.

  • 1 Vgl. S. Meyer: Der deutsche Außenhandel im Sog der Weltwirtschaftskrise. Entwicklungen im Jahr 2009, in: Wirtschaft und Statistik, 4/2010, S. 360-369.
  • 2 Siehe z.B. A. B. Bernard, B. Jensen, S. J. Redding, P. K. Schoot: Firms in International Trade, in: Journal of Economic Perspectives, 21. Jg., Nr. 3, S. 105-130; sowie für einen Literaturüberblick A. Vogel, J. Wagner: Higher Productivity in importing German Manufacturing firms: Self-selection, Learning from Importing, or Both?, in: Review of World Economics, 145/4, S. 641-665.
  • 3 Nähere Informationen zur Identifizierung der Internationalisierungstypen mit Hilfe der Umsatzsteuerstatistik finden sich bei A. Vogel, F. Burg, S. Dittrich, J. Wagner: Zur Dynamik der Export- und Importbeteiligung deutscher Industrieunternehmen – Empirische Befunde aus dem Umsatzsteuerpanel 2001-2006, in: Wirtschaft und Statistik, 11/2009, S. 1109-1116.

Beitrag als PDF


DOI: 10.1007/s10273-010-1161-y