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In Deutschland, wie auch in anderen Ländern, werden die Netzentgelte in der Energiewirtschaft über eine Revenue-Cap-Regulierung geregelt. Derartige Anreizsysteme können mit zu geringen Investitionsanreizen verbunden sein. In den entsprechenden Regulierungssystemen werden deshalb zunehmend kostenbasierte Instrumente eingesetzt. Der Autor stellt diese vor und kommt zu dem Ergebnis, dass es bei der Wahl der Instrumente zu Zielkonflikten zwischen Effizienz und Investitionssicherheit kommen kann.

In diesem Beitrag werden relevante internationale Erfahrungen einer Investitionsregulierung ausgewertet. Diese Regulierungen versuchen – mehr oder minder umfassend – vor dem Hintergrund relevanter Investitionsbedürfnisse zu einem integrativeren Ansatz einer Anreizregulierung zu kommen. Die konkreten Ansätze, inklusive des neuen britischen Systems RIIO (Revenue using Incentives to deliver Innovation and Outputs), sind dabei recht unterschiedlich und deren Eignung hängt vom Entwicklungsstand einer Anreizregulierung sowie der Betonung von Effizienz- oder Effektivitätsaspekten ab.

Rate-of-return-adders

Ziel der Investitionsregulierung ist es, Unsicherheiten auf der Seite der Investoren zu begegnen, so dass diese volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionsniveaus realisieren. Investitionen können zurückhaltend ausfallen, wenn sie vom Umfang her nicht durch die Erlösvorgabe angemessen berücksichtigt werden und/oder die finanziellen Mittel aus neuen Investitionen innerhalb einer laufenden Regulierungsperiode nur zeitverzögert zurückfließen, so dass die zu erwartende Eigenkapitelverzinsung beeinflusst wird.1

Rate-of-return-adders werden international häufig angewendet. Sie setzen direkte Anreize, indem sie die zulässigen Erlöse durch verschiedene Instrumente unmittelbar erhöhen. Adders werden vor allem im Rahmen der Kostenregulierung, z.B. in den USA, angewendet, sie sind aber auch bei einer Anreizregulierung denkbar. Durch Adders werden spezifische finanzielle Verbesserungen bei Investitionen gesetzt. Wesentliche Ausgestaltungsmerkmale sind:

  • eine erhöhte Rendite auf das Eigenkapital für neue Investitionen,
  • die vollständige Erstattung von Genehmigungskosten, wenn diese verhältnismäßig sind,
  • Steuerermäßigungen,
  • erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten.

In den USA entscheidet der zuständige Regulierer über die Anwendung dieser Instrumente, indem er sie im Einzelfall prüft. Aktuelle Fälle können über die Praxis der Federal Energy Regulatory Commission skizziert werden. So wurden den Netzbetreibern Otter Tail Power Co. und der Great River Energy die Kosten für Anlagen im Bau auf Antrag vollständig erstattet. Die Baltimore Gas & Electric Company sowie die Public Service Electric and Gas Company erhielten einen Rate-of-return-adder von 150-Basispunkten, d.h. eine um 1,5 Prozentpunkte höhere als die ansonsten zulässige Eigenkapitalverzinsung. Vergleichbare Elemente gibt es in Europa z.B. bei der französischen Gasnetzregulierung. Ähnliche Instrumente werden in Italien angewendet, wo ebenfalls im Einzelfall geprüft wurde. Die Zuschläge beliefen sich zunächst auf 125 Basispunkte und wurden für bestimmte systemrelevante Investitionen inzwischen auf 300 Basispunkte erhöht.2

Durch die Erhöhung der Eigenkapitalrendite nimmt der Anreiz, in die Netze zu investieren, zu. Adders sind grundsätzlich im Rahmen einer Anreizregulierung denkbar, indem vor allem die erlaubte Eigenkapitalverzinsung und somit die geltende Gesamtkapitalverzinsung für ausgewählte Projekte erhöht wird. Ob die gewählte höhere Eigenkapitalverzinsung die richtige ist, bleibt jedoch unklar. Hohe Zuschläge können hierbei durch industriepolitische Ziele bedingt sein, sie mögen gegebenenfalls auch durch ein hohes Wettbewerbsrisiko einzelner Projekte zu erklären sein. Adders setzen implizit Anreize zum bevorzugten Einsatz von Kapital, die prinzipiell dem über den Averch-Johnson-Effekt beschriebenen Effekt gleichen.3 Dies beruht darauf, dass Investitionen eine bessere als marktgerechte Verzinsung erhalten. Hierfür sollte prinzipiell eine volkswirtschaftliche Rechtfertigung vorliegen.

Investitionsbudgets

Der Regulator kann auch Investitionsprojekte ex-ante genehmigen und deren Kosten zeitweise von der Anreizregulierung getrennt behandeln. In Deutschland werden hierfür Investitionsbudgets angewendet, um die Kapitalkosten (CAPEX) bei Netzerweiterungen und -integrationen zeitnäher zu vergüten.4 Investitionsbudgets sind überwiegend bei den Übertragungsnetzen zu finden, aber auch Verteilnetzbetreiber können für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien bzw. bei der Kraft-Wärme-Koppelung Anträge auf Investitionsbudgets stellen, soweit die betreffenden Investitionskosten nicht durch andere Instrumente des Erweiterungsfaktors abgedeckt sind. Der Regulierer prüft umfangreich, ob die angesetzten Investitionen notwendig und effizient sind. Die Prüfung besteht aus (i) einer technischen Beschreibung des Projektes inklusive Timing, (ii) dem Nachweis der (technischen) Notwendigkeit, (iii) technischen Kalkulationen, welche die Notwendigkeit belegen, (iv) einer wirtschaftlichen Bewertung des Projektes (inkl. OPEX), (v) Analyse von möglichen Alternativen sowie Beschreibung des Zusammenwirkens mit bekannten Investitionsprojekten und (vi) einer detaillierten Beschreibung der bevorzugten Alternative.

Die genehmigten Kapitalkosten werden zur nächsten Regulierungsperiode in die Kapitalbasis übernommen und werden dann erneut geprüft. Hier wird bei den Übertragungsnetzbetreibern das vorsichtige E3-Benchmarkingmodell5 verwendet, das die Netztopologie nicht in Frage stellt. Da sich die Verteilnetze besser vergleichen lassen, wird die Effizienz anders bewertet. Die Regulierer bewerten in Deutschland auf der Grundlage zweier Kostenbasen und zweier statistischer Methoden, wobei das beste Ergebnis verwendet wird. Dieses Vorgehen ist ebenfalls vorsichtig, stellt aber nicht die Annahme auf, dass die Netztopologie an sich akzeptiert ist. Es birgt somit höhere Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Attraktivität einer Investition.

Durch Investitionsbudgets fließen die finanziellen Mittel früher an den Investor zurück, da die Investitionskosten anderenfalls teils erst zur nächsten Regulierungsperiode anerkannt würden.6 Damit setzt der Regulierer Investitionsanreize. In Deutschland wird versucht, nur Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen zu fördern, was in der Abgrenzung von Ersatzinvestitionen nicht einfach umzusetzen ist. Investitionsbudgets verschaffen dem Regulierer ferner einen besseren Einblick in die Kostenstrukturen. Sie können aber – in Abhängigkeit von der Detailprüfung – mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden sein. In Deutschland sind Investitionsbudgets zudem zeitlich beschränkt, und ihre Anreizwirkung ist von der Effizienzbewertung des Benchmarkings überlagert, in das auch die neuen Investitionen in den folgenden Regulierungsperioden einbezogen werden (d.h. neue und alte Investitionen werden zusammen bewertet).7

Finanzielle Mikroanreize

Rate-of-return-adders und Investitionsbudgets setzen auf geprüfte Kosten bzw. Plankosten auf. Die Netzbetreiber haben grundsätzlich einen Anreiz, die indizierten Kosten zu überhöhen. Diesem Informationsvorteil wird in Deutschland durch das Benchmarking gegengesteuert. Zugleich birgt ein solches Vergleichsverfahren, das das Marktergebnis abbilden soll, ein regulatorisches Risiko, weil das Ergebnis für den einzelnen Netzbetreiber unbekannt ist. Eine relevante Unsicherheit entsteht vor allem, wenn ex post bereits getroffene kostenwirksame Entscheidungen der Netzplanung hinterfragt werden. In der Regulierungsökonomie sind deshalb alternative Instrumente zur Reduktion der Informationsasymmetrie wie Sliding Scales bzw. Menu-Regulierung entwickelt worden.

Ein Sliding Scale funktioniert z.B. wie folgt: Der Regulator schätzt die zu erwartenden Kosten und setzt um diesen Zielwert ein Band, gekennzeichnet durch die Spalten „Gewinn-Cap“ und „Verlustgrenze“. Der Cap beschreibt, welchen maximalen Gewinn ein Netzbetreiber durch Kostenunterschreitungen erreichen kann. Die Verlustgrenze bezeichnet, welchen maximalen Verlust er durch eine Zielkostenüberschreitung erleiden kann.8 Zudem wird der Grad der Aufteilung der Vor-/Nachteile von Kostenüber- und -unterschreitungen zwischen Unternehmen und Verbraucher über Aufteilungsfaktoren beschrieben. Liegen die tatsächlichen Kosten unterhalb des erwarteten Wertes, so muss das Unternehmen nur teilweise seine Erlösvorstellungen reduzieren, d.h. es hat einen Vorteil an der Kostenunterschreitung. Zugleich wird durch eine Senkung der Kosten ein Teil des Effizienzgewinnes an den Endverbraucher weitergegeben. Liegt im umgekehrten Fall der Wert oberhalb des Erwartungswertes, so kann das Unternehmen die Erlösvorstellungen teils nach oben anpassen. Insofern wird hier ein Risikoanteil vom Endverbraucher übernommen. Alle Werte außerhalb der definierten maximalen Gewinne/Verluste führen zu einer vollständigen Überwälzung an den Endverbraucher, d.h. keinen weiteren Änderungen für die Unternehmensseite. Grundsätzlich sind außerhalb der durch die via Cap und Verlustgrenze definierten Bereiche auch andere Ausgestaltungen denkbar.

Aus Tabelle 1 mit dem Sliding Scale für Systemdienstleistungen in Großbritannien ist gut ersichtlich, dass hier ein Bonus-Malussystem durch ex ante gesetzte Kostenziele definiert wird. Die letzte Spalte bezeichnet die realisierten Gewinne bzw. Verluste des Netzbetreibers (NGET), die innerhalb des durch Cap und Verlustgrenze gezogenen Rahmens liegen. Die Entwicklung zeigt dabei, dass – so die Kostenziele unterschritten wurden – oft eine Anpassung der Ziele nach unten hin stattgefunden hat (Vergleich der Spalten „realisierte Kosten“ und „Zielwert“). Der Ausbau erneuerbarer Energien in den letzten Jahren hat allerdings wieder zu einer Anpassung nach oben geführt.9

Tabelle 1
Sliding-Scale-Anreizmechanismus für National Grid Electricity Transmission (NGET)
Jahr Zielwert Aufteilungsfaktoren Gewinn-Cap Verlustgrenze Realisierte Kosten Realisierter Gewinn/ Verlust
  (Mio. Pfund) Unten (%) Oben (%)     (Mio. Pfund) (Mio. Pfund)
2001/2 382 40 12 46,3 -15,4 263 46,3
2002/3 367 60 50 60 -45 285,6 48,6
2003/4 340 50 50 40 -40 280,8 32,2
2004/5 320 40 40 40 -40 289,2 12,2
2005/6 378 40 20 40 -20 427,2 -4
2006/7 Keine Vereinbarung getroffen 495 -
2007/8 430-445 20 20 10 10 451 -1,2
2008/9 530-545 25 25 15 15 827 -15
2009/10 571,43 - 601,43 25 15 15 15 441 15

Quelle: Darstellung siehe Ofgem, Consultation ef: 14 /09 National Grid Electricity Transmission and National Grid Gas System Operator incentives from 1 April 2009, London, Februar 2009, S. 12, http://www.ofgem.gov.uk/Markets/WhlMkts/EffSystemOps/SystOpIncent/Documents1/Final%20proposals%20consultation%20document.pdf.

Eine ökonomisch anspruchsvolle Weiterentwicklung ist die Menu-Regulierung, die mehrere Sliding Scales kombiniert. Sie werden dabei so verknüpft, dass ein risikoneutrales Unternehmen sich am besten stellt, wenn es das Scale wählt, welches als Kostenziel die von ihm erwarteten Kosten hat. Dies sei an einem Tableau erklärt, das für die Verteilnetzbetreiber in Großbritannien gilt (vgl. Tabelle 2). Das Tableau basiert auf Experteneinschätzungen und Kostenmodellen, welche die Plankosten des Unternehmens bewerten. Die erste Zeile beschreibt das Verhältnis von Plankosten des Netzbetreibers zu der Einschätzung des Regulierers. Aus diesen Informationen wird ein Anreizschema definiert, das neben einem Aufteilungsfaktor bei Kostenunterschreitung (Effizienzanreiz) ein Bonus-Malus-Term als weiteren finanziellen Anreiz enthält sowie eine Obergrenze für die erlaubten (genehmigten) Kosten. Diese Elemente hängen in ihrer Ausprägung davon ab, welches Sliding Scale – d.h. welche Spalte – gewählt wird. Diese Wahl erfolgt über die finale Angabe der Plankosten und deren Verhältnis im Vergleich zur Einschätzung des Regulierers. Die Zahlen der Matrix stellen schließlich die Nettogewinne und -verluste bei den Investitionen dar und spiegeln die Strafen und Belohnungen für Budgetüber- und unterschreitungen. Eine negative/positive Zahl bedeutet faktisch, dass eine geringere/höhere Kapitalverzinsung als normalerweise erlaubt über das Menu genehmigt wird.

Tabelle 2
Menu-Regulierung für Verteilnetze in Großbritannien
Kosteneinschätzung (VNB/PB Experten) 100 105 110 115 120 125 130 135 140
Effizienzanreiz 40% 38% 35% 33% 30% 28% 25% 23% 20%
Zusätzliches Einkommen 2,5 2,1 1,6 1,1 0,6 -0,1 -0,8 -1,6 -2,4
Erlaubte Ausgaben 105 106,25 107,5 108,75 110 111,25 112,5 113,75 115
Realisierte Ausgaben                  
70 16,5 15,7 14,8 13,7 12,6 11,3 9,9 8,3 6,6
80 12,5 11,9 11,3 10,5 9,6 8,5 7,4 6,0 4,6
90 8,5 8,2 7,8 7,2 6,6 5,8 4,9 3,8 2,6
100 4,5 4,4 4,3 4,0 3,6 3,0 2,4 1,5 0,6
105 2,5 2,6 2,5 2,3 2,1 1,7 1,1 0,4 -0,4
110 0,5 0,7 0,8 0,7 0,6 0,3 -0,1 -0,7 -1,4
115 -1,5 -1,2 -1,0 -0,9 -0,9 -1,1 -1,4 -1,8 -2,4
120 -3,5 -3,1 -2,7 -2,5 -2,4 -2,5 -2,6 -3,0 -3,4
125 -5,5 -4,9 -4,5 -4,2 -3,9 -3,8 -3,9 -4,1 -4,4
130 -7,5 -6,8 -6,2 -5,8 -5,4 -5,2 -5,1 -5,2 -5,4
135 -9,5 -8,7 -8,0 -7,4 -6,9 -6,6 -6,4 -6,3 -6,4
140 -11,5 -10,6 -9,7 -9,0 -8,4 -8,0 -7,6 -7,5 -7,4

Quelle: Darstellung nach Ofgem: Electricity Distribution Price Control Review; Policy Paper, Ref. 159/08, London 2008, Tabelle 1, Anhang 9, S. 110.

Die Matrix zeigt z.B., dass sich ein Unternehmen mit einem Erwartungswert der Kosten, der genau der Einschätzung des Regulierers entspricht (bzw. um 5% höher ist), d.h. einem Verhältniswert von 100 (105), am besten stellt, wenn es die erste (zweite) Spalte wählt. So erhält es in diesem Fall einen Zusatz von 4,5 (2,6). Bei einer höheren Angabe der erwarteten Kosten, d.h. bei Wahl einer weiter rechts liegenden Spalte, würde es sich bei gleichen realisierten Kosten schlechter stellen (Vergleich innerhalb der Zeile der realisierten Kosten). Unterschreitungen der erwarteten Kosten werden zusätzlich belohnt.10 Spieltheoretisch betrachtet hat ein Unternehmen so den Anreiz, seine wahren erwarteten Kosten zu enthüllen. Dies ist für ein risikoneutrales Unternehmen eine dominante Strategie, d.h. eine eindeutig beste Wahl. Eine Auswertung der von den Verteilnetzbetreibern gewählten Sliding Scales innerhalb der Menu-Regulierung zeigt, dass die Unternehmen nicht selten dazu tendieren, höhere Plankosten als der Regulierer zu veranschlagen, diese Kostenziele aber in der Regel unterschritten werden, da sie nicht alle möglichen Kostensenkungspotenziale bedenken. Ein solches Ergebnis widerspricht prinzipiell nicht dem theoretischen Hintergrund, weil sich Kostenreduktionsmöglichkeiten erst bei der Umsetzung vollständig zeigen bzw. die Unternehmen risikoavers sind.

Der Vorteil der beiden Ansätze ist eine attraktive Verzinsung, wenn die gesetzten Kostenziele unterboten werden. Zudem enthalten sie klare Bewertungsziele und vermeiden damit Ex-post-Unsicherheiten. Bei der Menu-Regulierung wägt der Netzbetreiber endogen das Risiko in der gewählten Erlösobergrenzenregulierung ab, indem er ein bestimmtes Sliding Scale wählt, das entweder eher kostenorientiert (d.h. Wahl einer Spalte weiter rechts) oder erlösorientiert (d.h. Wahl einer Spalte weiter links) ist. Ein Grundproblem beim Design des Menus ist allerdings, dass bei der Dimensionierung des Tableaus eine erste Schätzung über die zu erwartenden Kosten einzuholen ist. Dies ist unter Umständen nicht einfach und beschränkt den Anwendungsbereich auf finanziell umfassende und hinreichend vergleichbare Investitionsprojekte. Dabei bestimmt die Dimensionierung des Tableaus die konkreten finanziellen Anreize. Es stellt sich somit die Frage, wie ohne eine externe Einschätzung des Zielkostenniveaus geeignete Anreize beim Start einer Menu-Regulierung zu setzen sind. Geeignete Kostenniveaus könnten z.B. über Ausschreibungen bestimmt werden. Ausschreibungen sind aber nicht einsetzbar, wenn deren Ergebnisse nicht umgesetzt werden. Sie sind bestenfalls als ein alternatives Instrument für die Vergabe von Investitionsprojekten zu sehen.

Verhandlungen

Über Verhandlungen können ebenfalls Investitionsanreize gesetzt werden, wenn individuell mit dem Investor attraktive Konditionen vereinbart werden. Solche Anreize können bestimmte Adders sein, Bonus-Malus-Schemata oder sonstige vorteilhafte Bedingungen. Verhandlungen sind attraktiv, wenn die Kostenüberprüfbarkeit schlecht bzw. die Regulierungskosten sehr hoch sind, z.B. aufgrund von erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Netzbetreibern. In den USA und Kanada sind Verhandlungen ein nicht selten verwendetes Regulierungsinstrument. Hierbei wird die Verbraucherseite durch Consumer councils vertreten. In der US-amerikanischen Regulierung ist dabei speziell die Rolle des Office of Public Counsel (OPC) bemerkenswert.11 Das OPC ist eine Verbrauchervertretung, die bei Tarif-Hearings oder auch in individuellen Entscheidungen des Regulierers als Advokat der Verbraucher herangezogen wird. In Florida konnte das OPC innerhalb der letzten 25 Jahre erhebliche Preisreduktionen bewirken. Die Ergebnisse kamen in individuellen Verhandlungen mit dem Netzbetreiber zustande und wurden dem Regulierer zur Überprüfung und Genehmigung zugeleitet. Auch in Großbritannien wird in dem neuen Regulierungsregime eine stärkere Beteiligung der Stakeholder stattfinden. Ziel ist vor allem eine individuellere Behandlung der Interessen der Netzbetreiber und der Stakeholder.12

Die Bedeutung von Investitionsplanungen

Investitionsplanungen sind Verfahren, in denen die Notwendigkeit und volkswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einzelner Erweiterungsoptionen der Netze umfassend untersucht wird. Solche Prüfungen werden Regulatory Tests genannt. Investitionsplanungen können mittelbar als ein Anreizinstrument gesehen werden, soweit sie die Investitionssicherheit eines Investors in einem regulierten Rahmen erhöhen; sie gehören zu dem weiteren Rahmen bei der Setzung von Investitionsanreizen und sind diesem vorgelagert.

Regulatory Tests werden in Australien, Neuseeland und den USA verwendet. Sie stellen eine erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse der Alternativen der Netzausbauplaung dar, die dazu dienen soll, die volkswirtschaftlich beste Alternative zu finden, wobei die Versorgungssicherheit explizit berücksichtigt wird. Dies geschieht in Australien über zwei Schritte, bei denen zwischen Tests aus Sicht der Versorgungssicherheit und ökonomischen Tests unterschieden wird. Eine Analyse des regulatorischen Tests in Australien13 zeigt bezüglich der Integration dieser beiden Elemente, dass die Versorgungssicherheit vorwiegend durch die Erfüllung technischer Vorgaben gegeben ist, während der ökonomische Teil eine Vielzahl von Kriterien enthält, wie die Kosten- und Nutzenkategorien, die bei der Ermittlung des Net Present Values14 von unterschiedlichen Alternativen als wesentliches Entscheidungskriterium herangezogen werden.15 Haben Investitionen die Prüfungen des regulatorischen Tests bestanden, sind sie genehmigungsfähig, wobei die Alternative einer Nichterweiterung mit bewertet wird. Bei der ökonomischen Analyse können grundsätzlich dynamische Effekte (vor allem Wettbewerbsveränderungen) mitberücksichtigt werden, dies ist allerdings bis heute nicht gängige Praxis.16

Regulatorische Tests stellen ein Bewertungsinstrument dar, das insofern zur Effizienz von Investitionen anleitet, als Alternativen der Netzausbauplanung ausscheiden, die nicht als sinnvoll anerkannt werden. Somit haben sie eine Selektionswirkung, wobei die konkrete Kosteneffizienz noch wenig thematisiert wird. Die weitere Prüfung kann sich dann alleine auf die Kosteneffizienz fokussieren, z.B. über die Verwendung geeigneter Benchmarkingmodelle wie E3-Grid. In der Summe verschafft ein solches Vorgehen den Netzgesellschaften eine erhöhte Investitionssicherheit, da die Netzausbauplanung nach Durchlaufen des Tests als akzeptiert und gesetzt betrachtet werden kann. Regulatory Tests sind offensichtlich auf volkswirtschaftlich bedeutsame Investitionen begrenzt.

Anreize für Merchant Investors

Investitionen können prinzipiell auch durch Merchant Investors umgesetzt werden, d.h. durch private Investoren, die von der Preisarbitrage profitieren und deren Tarife nicht reguliert werden. Solche private Investoren können in die Netzplanung integriert werden. Die Organisation beim Unternehmen PJM in den USA zeigt z.B., wie eine Kombination von Regulierung und Merchant investments gestaltet werden kann. PJM betreibt ein Independant-System-Operator-(ISO)-Modell, das weit reichende Entscheidungskompetenzen an den ISO gibt. Hierbei wird ein dreistufiges Verfahren angewendet:17

  • In der ersten Stufe werden Daten über die Engpasskosten gesammelt. Sind die Kosten gemessen über das Produkt der Preisdifferenzen zwischen zwei Marktgebieten und der zum Preisausgleich veranschlagten Menge höher als die Netzausbaukosten, so ist der Netzausbau wirtschaftlich attraktiv.
  • Innerhalb eines Jahres können dann potenzielle Merchant Investors Angebote für den Ausbau unterbreiten.
  • Findet sich in dieser Zeit kein attraktives Angebot, wird das Netz durch den Netzbetreiber selbst ausgebaut.

Durch dieses Schema wird die Investitionssicherheit erhöht und über eine vorliegende Preisdifferenz hinaus ein Investitionsanreiz gesetzt. Zudem ist eine Integration aufgrund der externen Effekte auf den Stromtransport in den mit den Merchant Lines verbundenen Übertragungsnetzen auch aus netztechnischer Sicht attraktiv. Vorteile einer solchen Vorabintegration von privaten Investoren zeigt der Fall Murraylink aus Australien. Murraylink ist ein unreguliertes ca. 180 km langes 220 MW Gleichstrom-Kabel, das Victoria und South Australia verbindet. Während der Bauphase von Murraylink wurde zugleich ein regulierter Interkonnektor genehmigt, der das Geschäftsmodell untergrub, indem er die Gewinnerzielungsmöglichkeiten via Arbitrage durch den Kapazitätsausbau wesentlich schmälerte. Infolgedessen beantragte Murraylink eine Konversion von einem unregulierten zu einen regulierten Status, die auch vom australischen Regulierer genehmigt wurde. Eine solche Konversion ist dann zu befürworten, wenn die Ausgangsplanung einer Merchant Line wirtschaftlich überzeugend war, was bei Murraylink nicht der Fall gewesen sein soll.18 Auch der regulierte Interkonnektor wäre bei einer wirtschaftlichen Bewertung nicht zu befürworten gewesen, wenn neben den Renten der Konsumenten auch die der Produzenten herangezogen worden wären.

Dieser Fall und weitere aus Europa19 verdeutlichen, dass die wirtschaftliche Attraktivität von Merchant Investments auf der Konstanz von hinreichenden Preisdifferenzen zwischen einzelnen Marktgebieten beruht. Merchant Lines unterliegen somit dem Risiko des Ausbaus alternativer Verbindungslinien, was zur Folge hat, dass die geforderte Kapitalverzinsung für die Risikokompensation erhöht wird. Zugleich werden Merchant Lines nicht bestrebt sein, Verbindungskapazitäten aufzubauen, die zu einem vollständigen Preisausgleich führen, weil auch hiermit das Geschäftsmodell unrealisierbar wird. Es kann deshalb attraktiv sein, einen Independant System Operator (oder den Übertragungsnetzbetreiber) in die Planung einzubeziehen.

Effizienz versus Effektivität der Instrumente

Für die Praxis ist es wichtig, ob die Effizienz bzw. der Effektivität eines Instrumentes betont wird. Hinsichtlich der Forderung nach Effizienz ist die Einführung von Mikroanreizen attraktiv,20 falls geeignete Zielgrößen ex ante bestimmt werden können und der hierzu notwendige Aufwand angemessen ist. Sliding Scales können auf einzelne Kostenpositionen gut spezifiziert werden, wie z.B. die Systemdienstleistungskosten, aber auch auf einzelne informative Prozesse wie z.B. die Prognose der Marktentwicklung. Sind die wirtschaftlichen Hintergründe von Investitionsvorhaben hinreichend vergleichbar und die Ausmaße der Projekte hinreichend groß, so kann eine Menu-Regulierung verwendet werden. Das Design eines Menus ist dabei komplex und erfordert eine gute Kostenkenntnis. Menus können vor allem für größere Investitionsprojekte verwendet werden, bei denen die Zielkosten hinreichend gut geschätzt werden können, d.h. über unterschiedliche Netzbetreiber vergleichbare Prozesse zugrundeliegen. Eine Menu-Regulierung ist allerdings inkompatibel mit einem Benchmarking, da hier in zweifacher Weise Zielgrößen gesetzt werden, deren Anreize sich überlagern.

Bei den ad hoc als effektiv zu bewertenden Rate-of-return-adders ist eine Effizienzbewertung schwierig. Grundsätzlich hängt deren Effizienz von der Strenge der vorherigen Kostenprüfung des Regulierers ab. Zusätzlich stellt sich die Frage nach der adäquaten Höhe des Adders. Adders bergen somit die Gefahr einer Fehlsteuerung aus Effizienzsicht. Auch die Gewährung von Investitionsbudgets sagt wenig über deren Effizienz. Sie können allerdings mit zusätzlichen Anreizen zur effizienten Durchführung des Investitionsprojektes verbunden werden, z.B. mit Sliding Scales. Zudem liegt der Fokus eindeutig auf der Verbesserung des Rückflusses und nicht auf einer unmittelbaren Erhöhung der Kapitalverzinsung. Aus Effizienzsicht hilft in Ergänzung zu einem Investitionsbudget ein Benchmarking, das allerdings mit einer Bewertungsunsicherheit für das regulierte Unternehmen verbunden sein und somit die Effektivität des Instrumentes mindern kann.

Mikroanreize, Investitionsbudgets und Rate-of-return-adders sind Instrumente, die nicht beantworten, ob eine Investition notwendig ist. Sofern diese Frage nicht dem Markt überlassen wird, kann der Staat einen Entscheidungsprozess als weiteren Schritt voraussetzen. Eine solche Betrachtung ist bei volkswirtschaftlich bedeutenden Investitionen sinnvoll, d.h. vor allem im Kontext mit Übertragungsnetzen. Regulatory Tests können bei umfassenden Investitionen als ein wichtiges Instrument für Regulierer sein, da sie Basisinformationen über die volkswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit verschaffen.

Benchmarking und Regierungsrisiko

Der Netzbetreiber achtet nicht nur darauf, dass das eingesetzte Kapital angemessen verzinst wird, sondern auch, wie sicher seine Investition ist. Dies lässt sich neben der Kostenkontrolle auch aus dem Effizienzvergleich ablesen. Ein Benchmarking hat zwei grundlegend wichtige Bewertungselemente:

  • die Bestimmung der relativen Effizienz gegenüber anderen Netzbetreibern und
  • das Zusammenwirken der Investition mit dem gesamten Bewertungsrahmen im Benchmarking, woraus sich die Frage ergibt, wie eine Investition die Effizienzbewertung verändert.

Zugleich bietet das Benchmarking die Chance, Effizienzpotenziale auszunutzen und Gewinne zu steigern. Es setzt Effizienzanreize bei unvermeidbaren Investitionen, bewirkt aber Zurückhaltung bei Investitionen, deren Bewertung durch den Regulierer aus Unternehmenssicht mit Unsicherheiten verbunden ist. Hierdurch kann allerdings das Timing einer Investition unvorteilhaft beeinflusst werden, wenn ökonomisch sinnvolle Investitionen vertagt werden. In Deutschland wird einer solchen Unsicherheit durch das E3-Modell begegnet, das Strukturen nicht in Frage stellt. Allerdings ist der Zusammenhang der Förderung von neuem und altem Kapital im Benchmarking nicht unbedingt eindeutig zu antizipieren. Im Übertragungsnetzbereich könnten negative Anreize vorab dadurch abgemildert werden, dass ein Benchmarking sich nur auf die Betriebskosten (OPEX) bezieht. Dann ist gefordert, dass eine Kostenkontrolle der Kapitalkosten (CAPEX) hinreichend streng ausfällt, besonders hinsichtlich der Deklarierung von Kosten als OPEX oder CAPEX, und dass diese Kontrolle die Investitionsbudgets umfasst.21

Erweiterung oder Ersatz – sinnvolle Differenzierungen?

Anreize für Netzerweiterungen können zudem unter der Maßgabe gestaltet werden, dass der geltende Regulierungsrahmen schon einen finanziellen Spielraum für Ersatzinvestitionen bietet. Dies kann implizieren, dass Erweiterungsinvestitionen getrennt von Ersatzinvestitionen erfasst werden. In der regulatorischen Praxis kann dies problematisch sein, wenn eine Differenzierung vor dem Hintergrund der asymmetrischen Information zu aufwändig ist oder grundsätzlich wegen einer schwierigen Differenzierbarkeit scheitert. Im Kontext von Investitionsbudgets könnte es deshalb vorteilhaft sein, alle neuen CAPEX undifferenziert zu fördern. Hierdurch wird der finanzielle Rückfluss für alle CAPEX vorgezogen, und die finanzielle Attraktivität einer Investition erhöht.

Neue Ansätze im RIIO-Modell?

In Großbritannien hat das RIIO-Modell eine zukunftsbezogene Neuorientierung der Regulierung zum Ziel und ist als ein umgreifendes regulierungspolitisches Update des geltenden anreizorientierten Systems zu sehen. Hierbei geht es vor dem Hintergrund einer Dekarbonisierung der britischen Volkswirtschaft nicht zuletzt um Fragen von Investitionsanreizen.22 Der neue Politikansatz beinhaltet eine Fülle von Detailvorschlägen, wie die geltende Revenue-Cap-Regulierung weiter zu entwickelt ist. Zu deren besseren Einordnung ist hervorzuheben, dass das bisherige System im Wesentlichen durch bislang getrennte kostenorientierte CAPEX und vergleichsorientierte OPEX-Anreize („block building approach“)23 geprägt ist. Ferner gibt es bereits eine Anwendung von Sliding Scales für individuelle Anreize bei einzelnen Kostenpositionen und eine Menu-Regulierung für neue Investitionen auf der Verteilnetzebene. Ausschreibungen werden für Offshore-Windprojekte und deren Netzintegration verwendet. Somit setzt das neue System schon auf einer vergleichsweise differenzierten Regulierung auf.

Auffällig bei der Analyse des Handbuchs zur Einführung des RIIO-Modells ist eine Verlängerung der Regulierungsperiode von fünf auf acht Jahre. Dies setzt grundsätzlich einen Anreiz für ein weniger kurzfristiges Investitionsverhalten. In der Halbzeit dieser längeren Regulierungsperiode soll ein Review stattfinden, bei dem notwendige Anpassungen des Regulierungsrahmens vorgenommen werden können, die Fehleinschätzungen des Regulierers oder nicht antizipierte Mengen- oder Kosteneffekte korrigieren. Hierdurch wird erreicht, dass Unsicherheiten aus dem regulatorischen Handeln verringert werden und die Netzbetreiber Vertrauen bilden. Zudem werden sechs Outputkategorien definiert:

  • Kundenzufriedenheit,
  • Verlässlichkeit und Verfügbarkeit,
  • Sicherheit,
  • Anschlussbedingungen,
  • Umweltwirkungen und
  • soziale Verpflichtungen,

deren exakte Operationalisierung im Genehmigungsverfahren noch aussteht. Die Idee des Ansatzes ist, die Folgen von Investitionen (bzw. Innovationen) umfänglicher einzubeziehen, indem vor allem die Ergebnisse in der folgenden Regulierungsperiode als sekundärer Output berücksichtigt werden.

Durch das RIIO kann über Unsicherheitsmechanismen und Volumenmechanismen die Erlösgenehmigung innerhalb der Regulierungsperioden flexibler angepasst werden. Hier sind unterschiedliche Ausgestaltungen vorgesehen. Durch sie soll das regulatorische Risiko maßgeblich reduziert werden. Bei den Investitionskosten sind dabei speziell die Mechanismen relevant, die es ermöglichen, die Erlösobergrenze anzupassen, wenn die Kundenzufriedenheit oder ein anderer primärer Output erreicht oder übererfüllt worden ist (bzw. Kosten anfallen, die bei der Regulatory Review nicht berücksichtigt wurden, vorausgesetzt diese sind effizient), bzw. wenn neue Dienstleistungen angeboten werden. Ein zusätzlicher spezieller Investitionsanreiz ist dabei, dass Investitionen, die sich in der regulierten Kapitalbasis befinden, keinem zusätzlichen Risiko zu unterwerfen sind. Ferner soll die Qualitätsregulierung ausgebaut werden. Das RIIO-Handbuch zeigt somit zusätzliche Möglichkeiten, individuell auf Veränderungen des Netzes, der erbrachten Dienstleistungen und damit der Kosten zu reagieren.

Fazit

Die Einführung von kostenbasierten Elementen in die Investitionsregulierung führt zu zusätzlichen Investitionsanreizen. Bei der Wahl eines Instruments zur Förderung der Investitionen ist zu beachten, dass in der Praxis leicht ein Zielkonflikt zwischen Effizienz und Investitionssicherheit entstehen kann. Dies zeigt, dass es keinen Königsweg gibt und Instrumente nach den politischen Zielen und dem Entwicklungsstand der Regulierung zu wählen sind.

Rate-of-return-adders sind sehr effektiv. Sie erfordern allerdings eine strenge Kostenkontrolle, damit das Instrument aus Effizienzsicht akzeptabel ist. Die Effektivität resultiert daraus, dass Adders eine höhere Kapitalverzinsung gewährleisten und Regulierungsrisiken kompensieren. Die volkswirtschaftliche Angemessenheit der höheren Verzinsung bleibt allerdings oft ungeklärt. Investitionsbudgets können ebenfalls eine höhere Kapitalverzinsung bewirken. Sie können aber auch allein dafür eingesetzt werden, um Zeitverzug beim Rückfluss der finanziellen Mittel zu vermeiden und zudem mit zusätzlichen Effizienzanreizen versehen werden. Dazu gehört auch ein späteres Benchmarking. Investitionsbudgets sind für Projekte von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung attraktiv, vor allem bei den Übertragungsnetzen.

Grundsätzlich nicht einfach aufzulösen sind bei der Bewertung der Instrumente die Forderung der Netzbetreiber nach einer möglichst sicheren Verzinsung des eingesetzten Kapitals, die investitionsfördernd wirkt, und die Forderung nach Effizienz, die in der Regulierungspraxis zu einem umfassenden Einsatz von Benchmarkingmethoden geführt hat. Ein zusätzliches Benchmarking wirkt dabei effizienzerhöhend, kann aber bei den Investoren zu Unsicherheiten führen, vor allem bei einem Gesamtkosten-Benchmarking. Überlegenswert erscheint es, einen solchen Vergleich bei den Übertragungsnetzbetreibern alleine auf die OPEX zu beschränken, falls eine ausreichende Kontrolle der OPEX-CAPEX-Allokation möglich ist, um ein opportunistisches Verhalten der Netzbetreiber zu beschränken.24

Mikroanreize mindern regulatorische Unsicherheiten aus einem Benchmarking, da dieses zumindest nicht mit einer Menu-Regulierung gekoppelt werden kann und gegebenenfalls auch die Wirkung von Sliding Scales überlagert. Auch bei Sliding Scales ist ein Einsatz wirksamer, der sich auf Kapitalbasen bezieht, die nicht einem weiteren Benchmarking unterliegen. Hier stellt sich aber die Frage nach der geeigneten Dimensionierung, die eine hinreichende Kenntnis der zu erwartenden (effizienten) Kosten auf der Seite des Regulieres voraussetzt. Mit der Zeit sollte speziell eine Menu-Regulierung die Kenntnis des Regulierers verbessern, sofern die effizienten Netzkosten nicht allzu volatil sind. Allerdings ist diese Regulierungsform nicht einfach zu implementieren und abhängig von dem Pfad der Regulierungsentwicklung. Strategische Anreize, die aus einer getrennten OPEX- und CAPEX-Regulierung resultieren können, sind grundsätzlich zu beachten und unter Umständen ist entsprechend gegenzusteuern. Zudem ist zu überlegen, wie Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen möglichst einheitlich gefördert werden können, da diese in der Praxis nicht einfach differenzierbar sind.

Die aktuelle Entwicklung in Großbritannien zeigt, dass einige generelle Änderungen des Regulierungsrahmens denkbar sind, die grundsätzlich investitionsstimulierend wirken können. Hierunter fällt vor allem die Verlängerung der Regulierungsperioden, die bei einer fortgeschrittenen Anreizregulierung eingeführt werden kann und die umfassendere Anpassung und Überprüfung der gewählten Erlösobergrenze innerhalb einer Periode. Dies wirkt einem möglichen Zeitverzug des Rückflusses der finanziellen Mittel an einen Investor entgegen. Ferner sind die Stakeholder stärker einzubeziehen und die Investitionsprojekte differenzierter zu bewerten, was in Großbritannien noch im Detail auszufüllen ist.25

Dieser Artikel stellt die persönliche Ansicht des Autors dar und nicht eine fachliche Bewertung aus der Sicht des Bundesamtes.

  • 1 Zur einleitenden Übersicht sei insbesondere auf den Artikel von G. Guthrie: Regulating Infrastructure: The Impact on Risk and Investment, in: Journal of Economic Literature, 44. Jg., S. 925-972, verwiesen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die dort dargestellte Analyse vor allem auf die kostenreduzierende Wirkung von Investitionen bezieht. Diese liegt (dynamisch gesehen) in der Energiewirtschaft ebenfalls vor, hinzu kommt allerdings der maßgebliche Fakt, dass Investitionen auch die regulierte Kostenbasis erhöhen.
  • 2 Vgl. die Jahresberichte der Commission de Régulation d’ energie.
  • 3 Ebenso sehen dies G. Brunekeeft, R. Meyer: Regulation and Regulatory Risk in the Face of Large Transmission Investments, Bremer Energy Working Papers, Nr. 5, S. 7 f., Februar 2011. Der Averch-Johnson-Effekt (A-J-Effekt) beschreibt die Neigung des regulierten Unternehmens bei einer Rate-of-return-Regulierung mehr zu investieren als volkswirtschaftlich sinnvoll wäre. Das klassische Papier zum A-J-Effekt ist H. Averch, L. L. Johnson: Behavior of a firm under regulatory constraints, in: American Economic Review, 52. Jg. (1962), S. 1052-1069.
  • 4 Grundsätzlich vergleichbare Instrumente, allerdings mit anderer Bezeichnung, gab es auch in anderen europäischen Staaten.
  • 5 Zu Details http://e3grid.sumicsid.com/.
  • 6 Wann dieser stattfindet, hängt unmittelbar von der Ausgestaltung des Timings des finanziellen Rückflusses via Investitionsbudget ab. Hieraus kann sich ein Zeitverzug ergeben. Dem wird entgegnet, wenn das Investitionsbudget zunächst auf Plankosten aufsetzt. Zur Analyse des Timings von Investitionen siehe G. Brunekreeft, J. Borrmann: The Effect of Monopoly Regulation on the Timing of Investment, Bremer Energy Working Papers, Nr. 1, Februar 2010.
  • 7 Dies ist grundsätzlich sachgerecht, da ansonsten eine neuerliche Effizienzbewertung von Netzen wenig sinnvoll wäre.
  • 8 Wird für den Zielwert zusätzlich ein sogenanntes Totband (dead band) festgelegt, dann werden hier alle Kosten in dem betreffenden Intervall (ohne weitere Aufteilung) anerkannt.
  • 9 Bonus-Malus-Systeme können sich neben der Festlegung auf bestimmte Leistungen sich auch – wie beispielsweise in den Niederlanden bei dem Interkonnektor NorNed zwischen Niederlanden und Norwegen – auf die Zeitplanung eines Netzausbaus beziehen. Vgl. hierzu auch DTe: Decision on the application by TenneT for permission to finance the NorNed cable in accordance with section 31 (6) of the Electricity Act of 1998, Dezember 2004.
  • 10 Dies ist dadurch erkennbar, dass bei niedrigeren Kosten generell die Kapitalverzinsung steigt.
  • 11 Vgl. S. Littlechild: Stipulations, the consumer advocate and utility regulation in Florida, Electricity Policy Research Group Working Paper, Nr. EPRG 06/15, Cambridge, Februar 2006.
  • 12 Der Vorteil von Verhandlungen liegt darin, dass beide Seiten bei einer Einigung hinreichende Vorteile aus dem Ergebnis ziehen müssen. Insofern geht es bei dem Einsatz von Verhandlungen nicht zuletzt um eine geschickte Austarierung der Verhandlungsmacht, die sich wesentlich danach bestimmt, was das zu erwartende Ergebnis ohne Erfolg in der Verhandlung wäre und welchen Druck die beiden Seiten aufeinander bzw. der Regulierer ausüben können. Letzteres bestimmt die Verteilung der Vorteile aus einem Projekt. Dem Regulierer kommt hier neben der Kontrollfunktion auch eine Schiedsrichterfunktion zu. Vgl. S. Littlechild, N. Cornwal: Potential scope for user participation in the GB energy regulatory framework, with particular reference to the next Transmission Price Control Review, Report for Ofgem, 2009.
  • 13 Siehe hierzu Australian Energy Market Commission: National Transmission Planning Arrangements, Final Report to MCE, 30.6.2008.
  • 14 Siehe hierzu die Beschreibung auf http://ecom.sumicsid.com/ bzw. zur Anwendung in den Niederlanden http://www.energiekamer.nl/images/Addendum%20F%20Sensitivity%20analysis%20by%20SumicSid%20AB_tcm7-98492.pdf.
  • 15 Integrativer als der australische ist der neuseeländische Ansatz einer stärker miteinander verzahnten Bewertung. Hierbei wird versucht, den Reliability-Test und den Market-Benefit-Test umfassender zu verbinden. Es wird dazu ein minimaler technischer Standard für die Stromübertragung in jedem Netzteil gefordert. Nutzen und Kosten von Optionen, die über diesen hinausgehen, werden ökonomisch bewertet. Die ökonomische Bewertung findet vor dem Hintergrund einer Szenarioanalyse statt, in der einzelne Szenarien mit Eintrittswahrscheinlichkeiten versehen sind, so dass sich die zu erwartenden Vorteile kalkulieren lassen. Dabei gehen unterschiedliche Versorgungsstandards in die Bewertung ein.
  • 16 Vgl. M. De Nooij: Social cost benefit analysis if interconnector investment: A critical appraisal, Bremer Energy Working Papers, Nr. 2, 2010.
  • 17 Vgl. hierzu PJM: Summary of PJM’s Regional Transmission Expansion Plan (RTEP), 2010; sowie PJM: Manual 14B: PJM Region Transmission Planning Process, 2008.
  • 18 Vgl. S. Littlechild: Regulated and Merchant Interconnectors in Australia: SNI and Murraylink Revisited, Cambridge Working Papers in Economics, CWPE 0410, 2004.
  • 19 Vergleichbare Erfahrungen zu dem Fall Murraylink gibt es auch in Europa. So wurde das NorNed-Kabel von dem schwedischen Unternehmen Statkraft und dem niederländischen Partnerunternehmen NEA geplant. Die beiden Unternehmen nahmen dabei an, dass die Merchant Line von der Regulierung ausgenommen wird. Nach Vertragsschluss stellte sich jedoch heraus, dass die Regulierungsbehörden einen Third Part Access zu strikten Bedingungen verordnen wollten. Hierdurch waren die Renten aus dem Projekt bedroht, und es wurde von den Übertragungsnetzbetreibern TenneT und Statnett SF übernommen.
  • 20 Vgl. hierzu P. L. Joskow: Incentive Regulation in Theory and Practise: Electricity Distribution and Transmission Networks, MIT Center for Energy and Environmental Policy Research, Cambridge 2006.
  • 21 Weitergehend könnten Investitionsanreize erwogen werden, die eine frühzeitige Investition begünstigen.
  • 22 Das hierzu von Ofgem entwickelte Handbuch ist dabei weniger als ein konkretes ausdifferenziertes Regulierungsregime zu verstehen als eine detaillierte Beschreibung zukünftiger Optionen, die noch einer weiteren Konkretisierung bedarf. Vgl. http://www.ofgem.gov.uk/networks/rpix20/consultdocs/Documents1/RIIO%20handbook.pdf.
  • 23 Von dieser soll jedoch abgegangen und auf ein TOTEX-Benchmarking umgeschwenkt werden.
  • 24 Ein solches Benchmarking sollte nicht-mechanistisch sein, so die zu erwartenden Ergebnisse ein erhebliche Spannbreite haben und gegebenenfalls auch nicht sehr robust sind.
  • 25 Ein „individualisierter“ Ansatz kann in Großbritannien umgesetzt werden, da die Zahl der Netzbetreiber deutlich geringer ist als z.B. in Deutschland und der Schweiz. Dies spricht aber nicht grundsätzlich gegen eine Individualisierung in Ländern mit einer hohen Zahl von Netzbetreibern, solange eine Fallbetrachtung sich genügend einfach typisieren lässt. Zugleich ist zu berücksichtigen, dass ein System mit vielen Stellschrauben leicht unübersichtlich wird. Insofern ist eine sinnvolle Auswahl neuer Elemente zu treffen.

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DOI: 10.1007/s10273-011-1301-z