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Ende Juli haben die Euro-Regierungschefs ein zusätzliches sehr umfangreiches Rettungspaket für Griechenland beschlossen. Der EU-Gipfel konnte die Märkte allerdings nicht beruhigen. Diese enttäuschende Reaktion heizt die Diskussion auf politischer Ebene, aber auch in der Wirtschaftswissenschaft weiter an. Wie ist die Beteiligung des Privatsektors an der Krisenbewältigung zu bewerten? Wie stark wird der Steuerzahler belastet? Was ist von Eurobonds oder einer europäischen Wirtschaftsregierung mit weitreichenden Kompetenzen zu halten? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Autoren der folgenden Aufsätze.

Im späten Mittelalter übernahmen viele europäische Staaten und insbesondere Deutschland das römische Recht. Es konzentrierte Rechte und Pflichten nicht mehr bei der Gemeinschaft, sondern beim Individuum. Vorher galten germanische Rechtstraditionen von Stammes- und Clangemeinschaften, wie man sie weltweit in traditionellen Gesellschaften findet. Es sind Überlebenskulturen, die auf Stammessolidarität und Sippenhaftung beruhten. Jeder steht für jeden ein. Alles was am Tage gejagt wird, wird abends geteilt. Solche Gesellschaften streuen erfolgreich Risiken. Die Kehrseite ist, dass die Gesetze des Clans einen Konformismus erzwingen, der Innovationen, Wachstum und Wohlstand so gut wie unmöglich macht. Das römische Recht war eine kulturelle Errungenschaft, die den Aufstieg Europas vom Armenhaus zum Status der reichsten Länder der Welt ermöglicht hat. Es erlaubte den Individuen, Risiken einzugehen und alleine für sie einzustehen, ohne dabei ständig von den Mitgliedern der Sippe überwacht, kontrolliert und bevormundet zu werden.

Das Konzept der Eurobonds

Mit dem auf Individuen zugeschnittenen Vertrags- und Eigentumsrecht verschwand der Solidaritätsgedanke nicht aus der Rechtsordnung moderner Gesellschaften. Er verlor aber seinen alle Lebensbereiche durchdringenden Charakter. Die Normen des Rechts differenzierten sich in jene, die den Reichtum der Nation mehren und entsprechende Anreize vermitteln und in jene, die Reichtum umverteilen. Letztere sind an verfassungsrechtliche Regeln gebunden, insbesondere an die Eigentumsgarantie und das Budgetrecht des Parlaments. Heute werden zur Lösung der Schuldenkrise in den Staaten der Eurozone Eurobonds vorgeschlagen. Mit ihnen würden wir auf einem zentralen Feld zum Recht von Stammesgesellschaften zurückkehren. Jeder Staat soll für die Schulden jedes anderen Staats einstehen. Beim Eurobond haften alle Mitgliedstaaten der europäischen Währungsunion gemeinsam für den Kredit, den der einzelne Staat aufnimmt. Der Name Eurobond ist daher irreführend. Er suggeriert, dass es sich um Anleihen in Euro handelt, während tatsächlich die Gruppenhaftung aller Staaten für Staatsschulden der Eurozone eingeführt werden soll. Ein richtiger Name wäre daher Gruppenhaftungsbond.

Was würde geschehen, wenn alle Staatsschulden der Eurozone in Eurobonds umgewandelt würden? Die Zinssätze für griechische, irische, portugiesische und italienische Staatsanleihen würden mit dem abnehmenden Insolvenzrisiko drastisch sinken. Die Zinssätze der Anleihen in Deutschland oder den Niederlanden würden dagegen wegen des erhöhten Risikos steigen. Insgesamt wäre dies eine sehr große Entlastung für die Krisenstaaten. Staaten, die jetzt 8% oder 14% Zinsen für ihre Kredite zahlen, kämen dann mit 3% oder 4% zurecht. Vielleicht könnten sie das – mit Ausnahme Griechenlands – bewältigen. Das führt die Proponenten dazu, in den Eurobonds den Befreiungsschlag in der Krise zu sehen. Die reichen und solventen Staaten müssten allerdings mehr bezahlen, da sie zusätzliche Risiken eingingen, die im Zinssatz eingepreist werden. Würden die Zinsen für deutsche Staatsanleihen dadurch um einen Prozentpunkt über den Zinssatz ohne Gruppenhaftung steigen, weil Deutschland in die Mithaftung für alle anderen genommen wird, machte das im Jahr etwa 20 Mrd. Euro aus. Dies ist 1% der gesamten Staatsverschuldung Deutschlands am Ende des Jahres 2010.1 Dieser Betrag würde Deutschland nicht in schwere Not bringen, ist aber immerhin mehr als siebenmal so hoch wie die gesamten Bafög-Ausgaben des Bundes und der Länder 2010.2 Er würde auch ausreichen, alle deutschen Universitäten zu sanieren.

Dies ist zudem eine zurückhaltende Schätzung.3 Die von der europäischen Kommission aufgelegten Eurobonds, für die alle Mitgliedstaaten haften, weisen gegenüber deutschen Staatsanleihen bereits einen um 0,6 Prozentpunkte erhöhten Zinssatz auf. Bei einer Umwandlung aller Staatsschulden in der Eurozone erhöht sich das Risiko der gewährleistenden Staaten aber um ein Vielfaches,4 wobei niemand genau weiß, wie die Finanzmärkte das Risiko einer deutschen Staatsinsolvenz einschätzen, wenn Deutschland die Haftung für die Staatsschulden anderer Länder übernimmt. Zudem gehen derartige Schätzungen noch davon aus, dass Eurobonds die Zinssätze für private Kredite unangetastet lassen. Das ist kaum anzunehmen. Zwar werden private Schuldner nicht in die Mithaftung für die Schulden anderer Staaten genommen. Da aber der Staat eine zusätzliche Haftung übernimmt, die den gesamten deutschen Wirtschaftsraum einem zusätzlichen Länderrisiko aussetzt, werden auch die Zinsen für private Kredite ansteigen. Eurobonds belasten daher sowohl Steuerzahler und Empfänger von Staatsleistungen als auch private Kreditnehmer in Deutschland. Sollten sich diese Risiken zudem jemals verwirklichen, wagt man sich die Folgen auf die Höhe der Steuern und die Leistungsfähigkeit des Staates, insbesondere auf das Renten- und Sozialleistungsniveau, kaum auszumalen.5

Gemeinschaftliche Finanzpolitik als Lösung?

Wäre der Euro damit gerettet? Das hängt ganz davon ab, wie viel Autonomie bei den Nationalstaaten der Eurozone zur Aufnahme von Staatsschulden nach der Einführung der Eurobonds verbleibt. Wenn sonst alles beim Alten bliebe, könnte jeder Staat sich verschulden wie er will. Er wird europäische Stabilitätskriterien nicht einhalten, weil die Sanktionen wie in der Vergangenheit auch weiterhin unglaubwürdig sind und nicht greifen. Dann bestehen für die schwachen Länder große Anreize, sich weiter über alle Maßen zu verschulden, weil im Fall der Staatsinsolvenz die Kosten auf die reichen Länder abgeladen werden können. Kurzfristig würden die Eurobonds eine Entlastung bringen, langfristig könnten sie aber ein flächendeckendes Finanzchaos in der Eurozone anrichten, falls die Staaten der Eurozone weiterhin Haushaltsdefizite ohne die Kontrolle der übrigen Mitglieder produzieren könnten.

Ist das zu pessimistisch gesehen? Wird hier nicht das Homo-oeconomicus-Modell des rationalen egoistischen Menschen einfach auf Staaten übertragen, die durch Verträge und vielfache Formen der Kooperation aneinander gebunden sind und sich daher vertrauen können? So zu denken, wäre grob fahrlässig, und entspricht nicht den Erfahrungen der Vergangenheit, angefangen vom Schicksal des Stabilitäts- und Wachstumspakts bis hin zu den gefälschten statistischen Angaben Griechenlands.

Die Problematik einer ungehemmten Defizitwirtschaft, die durch Eurobonds finanziert wird, sehen auch deren Befürworter. Viele schlagen daher eine gemeinschaftliche Finanzpolitik der Euroländer mit einem europäischen Finanzminister vor. Im Kern ist damit die Aufgabe der nationalen Autonomie in Fragen der Schuldenaufnahme gemeint. Kein Mitgliedstaat dürfte mehr zusätzliche Schulden ohne Zustimmung der anderen Staaten aufnehmen. Will ein Land ausscheren, müssten alle anderen die Möglichkeit haben, es effektiv daran zu hindern. Wenn viele ausscheren wollen, müssten die kreditwürdigsten Länder Deutschland und die Niederlande alle anderen daran hindern, ihre Schulden zu erhöhen. Im Prinzip geht das nur, wenn jeder Mitgliedstaat nur noch über ein einziges Bankkonto mit einer Kreditlinie verfügt, die in Brüssel einvernehmlich festgelegt wird. Ähnlich wie in einer traditionellen Clangesellschaft ein eiserner Mechanismus den Gruppenkonformismus als Komplement zur Gruppenhaftung erzwingt, würde in Europa ein Brüsseler Diktat die finanzielle Disziplin der Mitgliedsländer verwirklichen müssen. Deutschland mit der größten und kreditwürdigsten Volkswirtschaft Europas würde dabei die Rolle des Präzeptors und Hegemons übernehmen. Das ist eine Rolle, die weder in Deutschland noch außerhalb Deutschlands angestrebt wird, und die wohl auch kaum ein Land der Eurozone zu ertragen bereit wäre. Ein solches Diktat wäre aber so unausweichlich wie die Gesetze eines Clans. Zudem wäre dies mit einer grundlegenden Änderung der europäischen Verträge verbunden, die in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden und sich in vielen Mitgliedstaaten dem Test eines Referendums aussetzen müssten.

Der Juncker-Vorschlag

Vor dieser Konsequenz scheuen die meisten Befürworter der Eurobonds zurück. Sie machen zwar präzise Vorschläge hinsichtlich der Eurobonds, bleiben aber wolkig, wenn es um die Beendigung der nationalen Haushaltswirtschaft geht. Der luxemburgische Ministerpräsident und Vorsitzende der Eurogruppe Jean Claude Juncker schlägt vor, nicht alle Staatsschulden in Eurobonds umzuwandeln, sondern nur bis zu einem Volumen von 60% des Sozialprodukts eines Staates.6 Hat ein Land z.B. 120% Staatsschulden, so würden davon die Hälfte in Eurobonds umgewandelt. Die restliche Hälfte hätte weiterhin dieses Land als einzigen Schuldner. Die Gläubiger müssten dann – so der Plan – damit rechnen, dass dieser Teil der Staatsschulden nicht bedient wird, wenn er auf ein nicht nachhaltiges Niveau steigt. Sie würden dem Land entweder keine Kredite mehr gewähren oder nur mit hohen Risikoaufschlägen, was wie eine automatische Schuldenbremse wirkt. Der Juncker-Vorschlag hätte den Reiz, dass in den hochverschuldeten Ländern Irland, Portugal, Griechenland oder Italien die Zinsen für etwa die Hälfte der Staatsschulden halbiert oder gar gedrittelt würden, während die Zinsen in den kreditwürdigeren Staaten weniger stark steigen würden. Die Belastung des deutschen Steuerzahlers wäre geringer als bei einer Umwandlung aller Staatsschulden der Eurozone in Eurobonds. Aber auch dann würden für den deutschen Staat voraussichtlich Mehrzahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe jährlich anfallen.

Dieser Vorschlag könnte zur Lösung beitragen, wenn sichergestellt ist, dass die garantierten Schulden vorrangig und die nicht garantierten Schulden nachrangig bedient werden. Im Fall der Insolvenz eines Mitgliedstaats dürfte es keinen Beistandsmechanismus geben. Die Schulden des insolventen Staates müssten zu Lasten der Gläubiger und zu Lasten der künftigen Kreditwürdigkeit des Schuldnerstaats teilweise erlassen werden.

Geordnetes Insolvenzverfahren erforderlich

Dies ist aber – innerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Union – eine Illusion und damit die große Schwäche dieses Vorschlags. Es steht vielmehr zu befürchten, dass sich die schwachen Schuldnerstaaten weiterhin übermäßig verschulden werden, und die Gläubiger, d.h. Banken, Hedgefonds, Pensionsfonds und Privatanleger, diesem Drang nachkommen, weil sie – wie bereits in der Vergangenheit – zu Recht darauf spekulieren können, im Krisenfall von den Staaten der Eurozone herausgepaukt zu werden. Denn die Behandlung einer Staatsinsolvenz mit Zahlungsunfähigkeit in der Eurozone ist kein rechtsförmiges Verfahren, das nach Rechtsnormen und Rechtsprinzipien von einem unabhängigen Gericht durchgeführt wird. Alle Entscheidungen werden vielmehr von den Finanzministern politisch getroffen. Die schwachen Staaten bilden die Mehrheit und ihnen ist es in der Vergangenheit gelungen, zusammen mit der Finanzlobby jede Staatsinsolvenz mit Schuldenerlass für den Schuldnerstaat zu verhindern. Die Kosten und Risiken haben Gläubiger und Schuldnerstaaten den Mitgliedstaaten und der Europäischen Zentralbank und somit den Bürgern der Eurozone aufgebürdet. Nichts spricht dafür, dass dies nach Einführung von Eurobonds anders sein wird. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die Schuldnerstaaten sich auf ein geordnetes, nicht politisiertes Staatsinsolvenzverfahren einlassen würden, das die Gläubiger zur Kasse bittet und ihnen die Haftung für die staatlichen Kredite zuweist. Sie wollen den politischen Hebel nicht aus der Hand geben.

Die Europäische Zentralbank hat bereits heute den Ruf ihrer Unabhängigkeit dadurch gefährdet, dass sie auf politischen Druck hin Staatsanleihen kauft, die eigentlich nicht beleihungsfähig sind. Von Mai 2010 bis zum 22. August 2011 betrug das Volumen fast 110,5 Mrd. Euro.7 Müssen diese Anleihen abgeschrieben werden, belastet dies unmittelbar die europäischen Steuerzahler ebenso wie die Empfänger von Staatsleistungen, da die Mitgliedstaaten auf Gewinnausschüttungen der Zentralbank verzichten oder sogar Kapital nachschießen müssen, wenn die Zentralbank überschuldet ist.

Der von den Staats- und Regierungschefs der Eurozone im März und Juli 2011 beschlossene Stabilisierungsmechanismus ist ebenfalls nicht dazu angetan, die Skepsis zu überwinden. Er hat zwar die Form eines Staatsinsolvenzverfahrens8 und sieht neben Beistandskrediten die Beteiligung der Gläubiger im Fall von Staatsinsolvenzkrisen in der Eurozone vor, überlässt aber alle Entscheidungen den Finanzministern und damit der Politik. Deutschland hat zwar eine Vetoposition bei der Entscheidung über einen Beistandskredit und kann damit die Beteiligung der Gläubiger und die Restrukturierung von Staatskrediten erzwingen. Diese Machtposition kann es aber nur in Ausnahmefällen einsetzen, wenn es sich nicht dauerhaft in Europa isolieren will.

Auch die jüngsten Absichtserklärungen auf dem deutsch-französischen Gipfeltreffen im August 2011 in Paris sind nicht glaubwürdig. Sie schlagen eine Schuldenbremse durch nationales Verfassungsrecht in den Mitgliedstaaten der Eurozone nach deutschem Vorbild vor. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit die ständige Ausweitung der Staatsschulden trotz einschlägiger verfassungsrechtlicher Normen nicht verhindern können. Der Test, ob es dies in Zukunft – gestützt auf die neu eingeführte verfassungsrechtliche Schuldenbremse – vermag, steht noch aus. Glaubwürdig wäre zur Zeit nur eine Regelung, welche die nationalen Haushaltsdefizite der Verfügung der Nationalstaaten effektiv entziehen würde. Was bisher vorgeschlagen wurde ist nicht glaubwürdiger als der Wachstums- und Stabilitätspakt, der seine Bewährungsprobe nicht bestanden hat.

Solidarität der EU-Staaten bei Schuldenerlassen

Auch ohne Eurobonds ist europäische Solidarität möglich. Diese ist unumstritten. Solidarität ist als Rechtsprinzip fest in den europäischen Verträgen verankert. Beispielsweise sind der Strukturfonds und der Agrarfonds Ausdruck dieses Prinzips. Die Europäischen Verträge sehen aber ausdrücklich keine Gruppenhaftung zugunsten von Banken und anderen Gläubigern vor. Viele derjenigen, die heute Eurobonds als Zeichen der Solidarität mit Griechenland fordern, verkennen, dass sie faktisch für eine weitere staatliche Stützung privater Gläubiger und der Finanzindustrie plädieren.

Statt die Staatsschulden durch Gruppenhaftung zu vergesellschaften, sollten die europäischen Staaten die insolventen Schuldnerländer veranlassen, ihre Zahlungsunfähigkeit offen zu erklären, Insolvenz anzumelden und ihre Schuldenlast in Verhandlungen mit den Gläubigern auf ein tragfähiges Maß zu verringern. Die Kosten für diesen Schuldenerlass müssten die Gläubiger tragen, die damit, wie es die marktwirtschaftliche Ordnung vorsieht, mit der Haftung für eingegangene Risiken belastet würden. Aber auch das Schuldnerland hätte bei einer Restrukturierung der Schulden Lasten zu übernehmen, da es seinen Ruf erst in einem langwierigen Prozess wieder herstellen kann. Dabei können und sollten die europäischen Staaten dem Schuldnerland helfen, wie es dem Solidaritätsprinzip entspricht. Käme es bei einer Staatsinsolvenz zum Zusammenbruch von Finanzinstituten, sollten diese in die Insolvenz gehen. Wenn Einlagen der Bankkunden nicht anders gerettet werden können und die Geldversorgung gefährdet wird, sollten europäische Staaten Kreditinstitute zwar mit Steuergeldern retten, nicht aber das Vermögen der Bankaktionäre und Eigentümer von Banken schützen. Heute dagegen stellt sich der Eindruck ein, dass insolvente und schwächelnde Staaten im Verein mit der Finanzlobby die übrigen Staaten der Eurozone und sogar die rechtlich unabhängige Europäische Zentralbank fest in den Griff nehmen. Sie versuchen, alle Risiken, die sie selbst auf eigene Rechnung eingegangen sind, den Steuerzahlern und den Empfängern von Staatsleistungen aufzubürden.

  • 1 Am 31.12.2010 betrug die gesamte Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland 1998,8 Mrd. Euro, vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom 21.2.2011, www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2011/02/PD11__069__713.psml.
  • 2 Die Bafög-Ausgaben betrugen 2010 2873 Mio. Euro, vgl. Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr.269 vom 19.7.2011.
  • 3 Das Bundesministerium der Finanzen hat im August eine Schätzung vorgelegt, wonach die zusätzlichen Kosten der deutschen Staatsverschuldung im Zuge einer sukzessiven Einführung von Eurobonds innerhalb eines Zehnjahreszeitraums auf 20 bis 25 Mrd. Euro jährlich ansteigen werden, vgl. Die Welt vom 20.8.2011.
  • 4 Die im Dezember 2015 fällige Anleihe der EU zur Stabilisierung Irlands im Rahmen des Finanzmarktstabilitätsfonds (EFSF) wird von allen Mitgliedstaaten der Eurozone garantiert und ist daher bereits ein Eurobond. Sie weist gegenüber vergleichbaren deutschen Staatsanleihen ein um 0,6 Prozentpunkte erhöhtes Zinsniveau auf. (Vgl. o.V.: EU-Anleihen bieten interessanten Renditeaufschlag, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.1.2011.) Diese Zinsdifferenz entstand bereits, obwohl die Einstandspflicht vom Umfang her nur ein kleiner Bruchteil dessen ist, was bei einer Umwandlung aller oder eines großen Teils der europäischen Staatsschulden in Eurobonds zu erwarten wäre. Allein die Staatsschulden von Griechenland, Italien, Spanien Portugal und Irland, für die Deutschland bei Einführung von Eurobonds in die Mithaftung genommen würde, betrugen Ende 2010 3532 Billionen Euro. (Vgl. Eurostat: Öffentliches Defizit im Euroraum und in der EU, Pressemitteilung vom 26.4.2011.) Es ist zu erwarten, dass bei einer Risikoübernahme in diesem Umfang die Zinsaufschläge drastisch höher ausfallen werden als bei den Anleihen der EFSF. Im Rahmen der EFSF hat die Bundesrepublik Garantien für Krisenstaaten in Höhe von 119 Mrd. Euro übernommen. (Vgl. EFSF, www.efsf.europa.eu/attachment/faq_en.pdf) Der Garantieumfang gegenüber den gefährdeten Staaten würde sich bei einer Umwandlung aller Staatsschulden in Eurobonds ungefähr verachtfachen, wenn Deutschland den gleichen Anteil dieser Risiken übernähme wie bei der EFSF.
  • 5 2011 hat der Bundeshaushalt ein Gesamtvolumen von 305 Mrd Euro. Die Ausgaben des Ministeriums für Arbeit und Soziales machen davon 131 Mrd., die des Familienministeriums 6 Mrd., die des Gesundheitsministeriums 16 Mrd. und die des Wissenschaftsministeriums 11 Mrd. Euro aus. (Vgl. Bundesministerium der Finanzen: Bundeshaushaltsplan 2011, Gesamtplan des Haushaltsplans 2011, S. 6) Bei einer Verwirklichung der Risiken aus Eurobonds ist der Sozialstaat in der heutigen Form nicht mehr finanzierbar.
  • 6 Ursprünglich wurde dieser Vorschlag von Jaques Delpha und Jakob von Weizsäcker unterbreitet. Vgl. J. Delpla, J. von Weizsäcker: The Blue Bond Proposal, Bruegel Policy Brief 2010/03. Viele ähnliche Vorschläge kommen auch aus dem wissenschaftlichen Bereich. So z.B. S. Eijffinger: Eurobonds nogtoekomstmuziek, in: ZakelijgNieuiws vom 4.8.2011; J. Delpha, J. von Weizsäcker: Das Blue Bond-Konzept und seine Implikationen, Friedrich Ebert Stiftung, Perspektiven, Juni 2011; W. Bonstra: Can Eurobonds solve EMU’s problems? Rabobank, August 2011; P. de Grauwe: Managing a fragile Eurozone, in: CESifo Forum, 12(2), 2011, S. 40-45; G. Horn: Die schwachen Argumente der Eurobonds-Gegner, in: Die Zeit-Online, 24.8.2011.
  • 7 Finanznachrichten vom 24.8.2011.
  • 8 European Council: Conclusions, 24./25.3.2011, Appendix I und II.


DOI: 10.1007/s10273-011-1272-0