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Immer wieder entfacht in Deutschland eine Debatte über die Effektivität und Effizienz klimapolitischer Instrumente. Trotz der erst kürzlich verabschiedeten Gesetze zur Energiewende haben nun sowohl Beratungsgremien der Bundesregierung1 als auch Wirtschaftsminister Rösler2 eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefordert und sich statt fester Einspeisevergütungen für ein (am besten europaweites) Mengenmodell ausgesprochen, nach dem Energieversorger verpflichtet werden, einen bestimmten Teil ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen zu liefern. Diese Forderungen sind nicht neu. Vielmehr sind sie exemplarisch für einen grundsätzlichen wissenschaftlichen Dissens zur Instrumentierung der Klimapolitik. Dabei stehen die folgenden drei Fragen im Mittelpunkt:

  • Ist der Emissionshandel als alleiniges Klimapolitikinstrument ausreichend oder muss er durch gezielte Instrumente der Förderung von erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz flankiert werden?
  • Sind feste Einspeisevergütungen wie im EEG oder ein Quotensystem mit Zertifikathandel das bessere Instrument?
  • Sollte ein europaweit einheitliches Fördersystem eingeführt werden oder das Subsidiaritätsprinzip gelten?

In diesem Aufsatz wird belegt, dass für den im Energiekonzept angestrebten Ausbau regenerativer Erzeugungskapazitäten eine separate Förderung erneuerbarer Energien zusätzlich zum Emissionshandel erforderlich ist. Im zweiten Teil wird verdeutlicht, warum in Deutschland ein Systemwechsel vom EEG auf ein Mengenmodell nicht erstrebenswert ist. Abschließend wird vor einer zu schnellen europäischen Vereinheitlichung der nationalen Fördersysteme erneuerbarer Energien gewarnt.

Der Emissionshandel reicht nicht aus

Mit dem Beginn der ersten Phase des europäischen Emissionsrechtehandels 2005 wurde das zentrale Instrument der europäischen Klimaschutzpolitik eingeführt. In der Theorie führt der Emissionsrechtehandel zu einer kostenminimalen Erreichung des festgesetzten Vermeidungsziels. Zusätzliche Instrumente der Klimapolitik würden demzufolge die Kosten des Klimaschutzes unnötig erhöhen und die Effizienz der Klimapolitik behindern.3 Dabei steht besonders das EEG seit der Einführung des europäischen Emissionsrechtehandels im Kreuzfeuer der Befürworter einer monoinstrumentellen Klimaschutzpolitik. Durch das EEG würden zwar in Deutschland bei der Stromproduktion weniger CO2-Emissionen ausgestoßen, dies führe allerdings aufgrund der geringeren Nachfrage zu einem Preisverfall der Emissionsrechte. In der Folge könnten deutsche Emittenten in anderen Sektoren und allgemein Emittenten in anderen europäischen Ländern Verschmutzungsrechte günstiger erwerben. Die Menge der für Europa kumulierten Emissionen definiere sich weiterhin über die Zahl der ausgegebenen Zertifikate. Durch zusätzliche Maßnahmen würden lediglich die Kosten für die deutschen Stromverbraucher steigen.4

Abgesehen davon, dass der Emissionshandel nur private Kosten minimieren kann und über die Emissionen hinausgehende externe Kosten wie z.B. nicht einkalkulierte Sicherheitsrisiken der Nuklearenergie und das ungelöste Problem der Endlagerung nicht berücksichtigt,5 gibt es weitere Gründe für eine Flankierung des Emissionshandels sowohl durch Instrumente zur Förderung erneuerbarer Energien als auch zur Steigerung der Energieeffizienz. Im Folgenden werden besonders herausragende Argumente für einen Mix an Instrumenten aufgeführt.6 Diese gelten selbst dann, wenn der Emissionshandel nicht unter seinen derzeitigen Ausgestaltungsproblemen leiden würde.7

Lernkurven- und Skaleneffekte

Die Kritik am EEG geht von der Annahme vollkommener Märkte aus, in denen sich neue Technologien optimal zum gesamtwirtschaftlichen Vorteil durchsetzen. Vollständig neue Technologien haben jedoch – abgesehen von den bei allen Innovationen anfallenden FuE-Investitionen – einen Nachteil durch die fehlende Marktdurchdringung zu Beginn des Produktlebenszyklus. Sie erreichen erst durch Lernkurveneffekte und den Übergang zur Massenproduktion längerfristig sehr hohe Kosteneinsparungen nach vergleichsweise hohen Anfangsinvestitionen. Inkrementelle Innovationen erfordern dagegen häufig nur geringe Änderungen und können unter Umständen sehr schnell implementiert werden, sodass damit verbundene Kostensenkungen relativ schnell realisiert werden können.

Zwar erhöht der Emissionshandel die Chance des Einsatzes von Technologien, die ohne Berücksichtigung externer Effekte teurer wären als die etablierten Technologien. Da aber immer diejenige Technologie ausgewählt wird, die zum jeweiligen Zeitpunkt am günstigsten ist, kommen zunächst inkrementelle Innovationen zum Zug. Sogenannte Back-Stopp-Technologien oder radikale Innovationen sind gerade deshalb noch nicht wettbewerbsfähig, weil die Kostendegression durch Marktdurchdringung noch nicht begonnen werden konnte. Das Preissignal des Emissionshandels ist für eine Markteinführung solcher zunächst teuren Technologien zu schwach, auch wenn sich diese langfristig als die kostengünstigste Option herausstellen würden. Der kurzfristige Entscheidungshorizont privater Akteure führt stets zu einer Bevorzugung inkrementeller Innovationen. Um Kosteneinsparungen durch Lernkurven- und Skaleneffekte zu ermöglichen, müssen Technologien aber in großem Maßstab eingesetzt werden, auch wenn ihre Differenzkosten höher sind als das Preissignal des Emissionshandels.8 Da der Markt dies alleine nicht gewährleistet, ist eine Steuerung durch ein Förderinstrument wie das EEG erforderlich.

Pfadabhängigkeiten von Investitionen bei Unsicherheit

Für eine Kosten minimierende Emissionsvermeidung durch den Emissionshandel wird in der gängigen Theorie unterstellt, dass Unternehmen die ihnen zur Verfügung stehenden Vermeidungsmaßnahmen in eine Rangfolge bringen: zuerst die insgesamt kostengünstigsten Maßnahmen, mit denen ein bestimmtes Maß an Vermeidung erreicht werden kann, dann die etwas teureren, die weitere Emissionsreduktionen ermöglichen, und schließlich noch kostenaufwendigere. So werden zuerst alle kostengünstigen Möglichkeiten genutzt, bevor auf teurere zurückgegriffen wird. Tatsächlich aber bestehen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Maßnahmen. Teurere Alternativen, bei denen es zur Nutzung vollständig anderer Technologien kommt, machen die bisher getätigten Maßnahmen obsolet.

Wenn Unternehmen immer langfristig unter vollkommener Voraussicht planen können, würden sie mit diesem Problem nicht konfrontiert. Wenn sie wissen, wie sich über zukünftige Perioden der Zertifikatpreis und die Kosten der verschiedenen Alternativen entwickeln, wählen sie die Kombination von Alternativen, bei der sie über die Gesamtlaufzeit der Investitionen die niedrigsten Kosten haben. Wenn ihre Einschätzung die Realität richtig wiedergibt, wird das Emissionsziel auf dem langfristig kostengünstigsten Weg erreicht. Ist dies jedoch nicht der Fall, und die Unternehmen haben beispielsweise die Entwicklung der Zertifikatpreise unterschätzt, entstehen im Nachhinein unnötige Kosten.

Tatsächlich ist vollkommene Voraussicht weder für den Staat noch für private Akteure, weder in der Emissionsvermeidung noch bei rein kommerziellen Investitionen gegeben, sodass solche unnötigen Kosten immer wieder auftreten. Im Fall des Übergangs zu einer weitgehend dekarbonisierten Elektrizitätsversorgung gewinnen diese Probleme an Brisanz. Dies ergibt sich aus der Faktorspezifizität, d.h. dem Grad der alternativen Verwendbarkeit getätigter Investitionen.9 Investitionen in der Energiewirtschaft sind sehr oft gekennzeichnet von einem hohen Grad an Faktorspezifizität, sind also überwiegend nur für einen bestimmten Verwendungszweck vorgesehen und gelten, einmal getätigt, als irreversible Kosten (sunk costs).

Es ist davon auszugehen, dass die Preise für Emissionszertifikate bei einer schrittweisen Verschärfung des Emissionsminderungsziels steigen werden. Wenn Unternehmen sich aber hauptsächlich an den relativ niedrigen aktuellen Zertifikatkosten orientieren (oder den zukünftigen Zertifikatpreis stark unterschätzen), kommt es zu Investitionen, mit denen zwar Emissionen reduziert werden, die aber zum einen langfristig nicht ausreichend sind und zum anderen die relative Vorzüglichkeit weiterer Emissionsminderungsmaßnahmen zugunsten von Verbesserungen an den bestehenden Anlagen verändern. Investitionen in fundamental neue Technologien geraten zu kurz.

Zur Erläuterung dieses Problems sei angenommen, dass der durch ein Unternehmen A getätigte Bau eines sehr effizienten Kohlekraftwerks zum Ersatz eines alten Braunkohlekraftwerks für einen erwarteten eher niedrigen Zertifikatpreis p1 die optimale Lösung ist. Bei einem höheren Preis p2 hätte das Unternehmen aber eine andere Lösung gewählt, z.B. Investitionen in Gaskraftwerke oder aber auch Windenergie. Wenn aber der Preis nun unerwartet auf p2 steigt, sind die Investitionskosten in das Kohlekraftwerk sunk costs. Beim Vergleich der Kosten zur Anpassung an die neue Situation fallen sie nicht mehr ins Gewicht. Es werden also nur die zusätzlichen Kosten zur Aufrüstung des Kraftwerks – bei denen es sich wieder zu einem großen Teil um sehr spezifische Investitionen handelt – den Gesamtkosten für die Errichtung der Gaskraftwerke oder des Windparks gegenübergestellt. Dieser Vergleich führt zu einer tendenziellen Bevorzugung des Kohlekraftwerks und auch dann zur Nutzung dieses Kraftwerks, wenn dies bei einem Vollkostenvergleich, bei dem von Anfang an mit dem höheren Preis p2 gerechnet wurde, nicht die kostenminimale Vermeidungsalternative dargestellt hätte. Durch die ursprüngliche Fehleinschätzung kommt es demnach auch in der Zukunft zu einem Festhalten am gesamtgesellschaftlich langfristig suboptimalen Vermeidungspfad.

Die Problematik verschärft sich noch, wenn das Phänomen der Kostendegression durch Lernkurven und Skaleneffekte kombiniert mit dem Problem faktorspezifischer Investitionen auftritt. Denn dann ist es für die Unternehmen selbst bei vollständiger Voraussicht nicht effizient, neue Technologien einzusetzen, bevor es zur Kostendegression gekommen ist. Wenn diese aber zu einem späteren Zeitpunkt bei einem Vollkostenvergleich erreicht ist, dann konkurriert die neue Technologie immer noch mit ihren vollen Kosten gegen die zusätzlichen, inkrementellen Kosten zur Verringerung der Emissionen bereits bestehender Anlagen. Die etablierte Technologie erhält auf diese Art immer noch einen „Bestandsschutz“, der vom Emissionshandel allein nicht aufgehoben werden kann.

Beides führt dazu, dass neue Technologien gegenüber inkrementellen Veränderungen bestehender Anlagen vom Emissionshandelssystem benachteiligt werden. Deshalb bleiben zusätzliche Maßnahmen notwendig, wenn eine langfristig kostenminimale Emissionsverminderung erreicht werden soll.

Finanzierungsprobleme der Emissionsvermeidung

Im Grundmodell des Emissionshandels wird Finanzierungsproblemen keine Bedeutung beigemessen. Alle Investitionen, die eine entsprechende Kapitalrentabilität aufweisen, können theoretisch auch finanziert werden. Dies entspricht jedoch nicht der Realität. Banken können sich zwar die Übernahme höherer Kreditausfallrisiken durch entsprechend höhere Zinssätze vergüten lassen, sie sind aber schon aufgrund geltender Eigenkapitalvorschriften angehalten, relativ hohe Sicherheitsanforderungen an die Vergabe von Krediten zu stellen. Einer Studie des Chatham House zufolge ist es entscheidend, dass politische Maßnahmen die Faktoren adressieren, die in die Bewertung durch die Banken einfließen, wenn sie die Finanzierbarkeit von Projekten analysieren.10 Dabei müssen alle bestehenden Risiken berücksichtigt werden, auch solche, die durch staatliche Regulierung und Intervention sowie die Grenzen der bestehenden Infrastruktur entstehen. Von zentraler Bedeutung sind eindeutige Ziele sowie die langfristige politische Stabilität und die Präzision in der Ausgestaltung der Instrumente. Dies erklärt, warum der größte positive Einfluss auf die Investitionsfreudigkeit von Kapitalgebern bisher von einer Politik zur Förderung erneuerbarer Energien ausging, die verlässliche Einnahmen generierte wie feste Einspeisevergütungen.11

Zur Politischen Ökonomie des Emissionshandels

In einer Lehrbuchwelt wird das Klimaschutzziel quasi exogen festgelegt und durch den Emissionshandel pendelt sich der richtige, das gegebene Emissionsbudget ausschöpfende Preis fest. Dieser eine Preis entspricht im Markt der effizienten Kombination von Vermeidungsmaßnahmen. Verschiedene Instrumente führen zu unterschiedlichen Kostenniveaus für die einzelnen regulierten Teilbereiche, die in der Summe über dem effizienten Preis liegt. Befindet man sich aber in der politischen Realität, ist der Sachverhalt umgekehrt. Das Emissionsbudget des Emissionshandels richtet sich nach dem den politischen Akteuren und insbesondere den für die betroffenen Industriesektoren noch als nicht geschäftsschädigend zu vermittelnden Preis. In dieser Logik müssen nicht nur die Auseinandersetzungen um die Einführung des europäischen Emissionshandels interpretiert werden,12 sondern auch die Strategie der Europäischen Kommission, drei politische Ziele und drei Maßnahmenpakete gleichzeitig vorzulegen: das Klimaschutzziel, das Ausbauziel für erneuerbare Energien und das Energieeffizienzziel. In ihrem Impact Assessment hat die Europäische Kommission nachgewiesen, dass durch diese Kombination von Maßnahmen der antizipierte Zertifikatpreis um ca. 10 Euro/t CO2 sinkt. Damit konnte letztlich erfolgreich um die Akzeptanz des gesamten Paketes geworben werden.13 Ein monoinstrumenteller Ansatz hätte ein Scheitern der Reform des europäischen Emissionshandels von 2008 riskiert.

Eine frühzeitige Förderung erneuerbarer Energien hat außerdem den Vorteil, dass dadurch später ein starker Anstieg der Emissionspreise vermieden werden kann.14 Sie kann verhindern, dass die gesellschaftlichen Vermeidungskosten bei steigender Vermeidungsanforderung explosiv ansteigen, wenn inkrementelle Vermeidungsmaßnahmen nicht mehr ausreichen. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn der Emissionshandel – wie in der EU – so gestaltet ist, dass die Emissionsvermeidungsziele über die Zeit immer strikter festgelegt werden. Eine frühe Förderung vielversprechender Technologien kann damit die Erreichung strikter Emissionsziele mit geringerem Widerstand erlauben.

Marktversagen bei der Energieeffizienz

Neben dem Emissionshandel und einem Förderinstrument für erneuerbare Energien sind auch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz erforderlich. Die Stromnachfrage zu reduzieren ist die kostengünstigste verfügbare „Brückentechnologie“, um die Effizienz zu steigern und somit eine entscheidende Voraussetzung für die Transformation des Stromsystems. Bisher ist es noch nicht im notwendigen Umfang gelungen, die existierenden Potenziale zur Einsparung von Strom tatsächlich zu nutzen. Dass die wirtschaftlichen Potenziale der Effizienzsteigerung bisher nur in Ansätzen erschlossen worden sind, ist auf eine Reihe struktureller, ökonomischer und sozialpsychologischer Hemmnisse zurückzuführen. Hierzu gehören:15

  • Informations- und Motivationsdefizite, nicht nur auf der Verbraucherseite, sondern auch bei Anbietern von Geräten, Anlagen und Gebäuden,
  • Effekte durch die große Anzahl verstreuter, kleiner Potenziale beispielsweise bei Haushaltsgeräten, bei denen die relevanten Informationen zwar prinzipiell verfügbar sind, aber der Aufwand dem Einzelnen in Relation zur (erwarteten) Kostenersparnis zu groß erscheint,
  • gespaltene Anreize, etwa wenn derjenige, der in Effizienz investiert, später nicht von den Einsparungen profitiert (Investor-Nutzer-Dilemma),
  • Systemträgheit aufgrund langer Reinvestitions- und Instandsetzungszyklen z.B. bei Gebäuden und Anlagen,16
  • hohe Investitionskosten und Unsicherheit über die Dauer der Amortisationszeit,
  • finanzielle Einschränkungen, wie etwa Geldmangel bei privaten Haushalten in Verbindung mit einer höheren Priorität für kurzfristige Kostensenkung17 sowie
  • Risikoaversion auf der Nachfrage- und Anbieterseite in den Technikmärkten.18

Der Emissionshandel beseitigt diese Marktversagen nicht und somit sind weitere flankierende Instrumente grundsätzlich gerechtfertigt. Auch wenn das Handelssystem theoretisch in den im Handel beteiligten Sektoren durch eine Bepreisung der Emissionen einen Anreiz zu mehr Effizienz gibt und somit Wechselwirkungen zwischen dem Emissionshandel und weiteren Instrumenten möglich sind, gibt es selbst in diesen Sektoren Gründe für ein weiteres Eingreifen. Bei Privathaushalten kommt der Preiseffekt des Emissionshandels z.B. nicht mehr an. Dazu ist er zu gering. Durchschnittlich entstehen pro Person jährlich 0,75 t CO2-Äquivalente durch den Stromverbrauch der Haushalte.19 Wenn die Stromversorgungsunternehmen ihre Kosten für Emissionszertifikate zu 100% an ihre Kunden weitergeben, bedeutet dies bei einem Preis von derzeit nicht mehr als 10 Euro pro Emissionszertifikat Zusatzkosten für die Haushalte von umgerechnet 8 Euro im Jahr. Der Anreiz zu einem effizienteren Verhalten darf als außerordentlich gering eingestuft werden.

Zugleich gelten Einspar- und Effizienzmaßnahmen vielfach als No-Regret-Maßnahmen, die sich volkswirtschaftlich sogar rentieren. Dieses kostengünstige Vermeidungspotenzial wird durch den Emissionshandel nicht erfasst. Des Weiteren internalisiert der Emissionshandel ohnehin nur die CO2-Kosten – und das im gesamten Umfang auch nur im Optimalfall – nicht aber weitere externe Kosten eines höheren Stromverbrauchs. Hierzu gehören zunächst die Externalitäten jeglicher Stromerzeugung, sei es die Luftverschmutzung bei fossilen Energieträgern, ungedeckte Unfall- oder Langzeitrisiken bei der Atomenergie, oder die Landschaftseingriffe und Umweltfolgen von Landnutzungsänderungen bei erneuerbaren Energien. Wichtiger ist aber, dass ein gesteuerter Niedrigverbrauchspfad für Elektrizität auch die Grenzkosten für die Erzeugung erneuerbarer Energien deutlich niedriger hält als ein Hochverbrauchspfad.20 Die Ex-Ante Mobilisierung vorhandener kostengünstiger Sparpotenziale vermeidet also den Aufbau teurer Erzeugungskapazitäten und Infrastrukturen. Diese systemische Effizienz stellt sich beim Verlassen auf den Marktmechanismus erst als Folge einer Ex-Postanpassung ein.

Rebound-Effekte

Die Entwicklung der Stromnachfrage in Deutschland zeigt leider auch, dass Effizienzsteigerungen bei einzelnen Energieanwendungen nicht notwendigerweise auch den Gesamtenergieverbrauch senken. Häufig werden Einsparerfolge durch Mehrverbrauch oder zusätzliche Energieanwendungen wieder aufgehoben. Der Rebound-Effekt bezeichnet dabei den Anteil der auf der technischen Ebene eingesparten Energie, der durch die Steigerung der Nachfrage wieder kompensiert wird.21 Während es unterschiedliche Berechnungen für die Höhe des Rebound-Effektes gibt, ist entscheidend, dass er bei der Ausgestaltung politischer Maßnahmen Berücksichtigung findet. Allein durch den Emissionshandel, der im Stromsektor vor allem auf Effizienzverbesserungen setzt, aber nicht automatisch auch einem absoluten Rückgang der nachgefragten Menge an Elektrizität bewirkt, kann der Rebound-Effekt nur unzureichend in den Griff bekommen werden.

Mengenmodell würde die Energiewende gefährden

Als Antwort auf den erneuten Beschluss des Atomausstiegs in Deutschland, dem im Energiekonzept verankerten Ausbauplänen erneuerbarer Energien – 80% der Stromversorgung bis 2050 – und vor allem dem wiederholt weit über den Ausbauzielen liegendem Wachstum der Photovoltaik in Deutschland gerät nun vor allem die Kosteneffizienz des EEG in die Kritik.22 Als Alternative zum EEG wird als Fördersystem ein Mengen- bzw. Quotensystem inklusive Handel sogenannter grüner Zertifikate vorgeschlagen.23 Bei einem solchen System werden meist die Energieversorger verpflichtet, einen bestimmten Teil ihres an die Endverbraucher gelieferten Stroms durch erneuerbare Energien zu decken. Dafür müssen sie am Ende eines Abrechnungszeitraumes die zur Erreichung der Quote erforderliche Menge grüner Zertifikate vorweisen. Diese können sie auf Börsen von Stromproduzenten erwerben, die von den Übertragungsnetzbetreibern für eingespeisten regenerativ erzeugten Strom Zertifikate erhalten.

Die Fürsprecher dieses Instruments sind häufig die gleichen, die eigentlich eine monoinstrumentelle Klimapolitik in Form des Emissionshandels vorziehen.24 Der Vorschlag, ein Quotensystem einzuführen, mag daher bei manchen nur als ein weiterer Angriff auf den Ausbau regenerativer Energien gewertet werden. Es ist aber vor allem der Glaube an die Effizienz des freien Marktes und das Misstrauen vor technologiespezifischer Förderung, der diese Ansichten der Kritiker des EEG vereint. So argumentiert der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dass, wenn man sich neben dem Emissionshandel schon auf konkrete Ausbauziele erneuerbarer Energien einlässt, diese dann so kosteneffizient wie möglich erzielt werden sollten.25 Eine kostenminimale Erreichung wäre danach durch ein Quotensystem mit Grünzertifikathandel, am besten in einem europaweit harmonisierten Mechanismus, gewährleistet.

Der begrenzte Erfolg bestehender nationaler Quotensysteme lässt allerdings bezweifeln, dass eine Umstellung auf ein Quotensystem in Deutschland eine effektive und effiziente Alternative darstellt.26 Während in Deutschland unter dem EEG ein unvorhergesehener Ausbau erneuerbarer Energien stattfindet, sind die Wachstumsraten in den Ländern mit Quotensystemen bei weitem nicht so hoch. Vielmehr können Großbritannien, Belgien und Polen als EU-Sorgenkinder bei der Erfüllung der Erneuerbare-Energien-Ziele betrachtet werden. Schweden hat aufgrund kostengünstiger Potenziale zur Nutzung von Wasserkraft seit langem einen hohen Anteil an regenerativ erzeugter Elektrizität am Gesamtverbrauch (vgl. Abbildung 1), im Trend ist aber kein wirkliches Wachstum erkennbar (vgl. Abbildung 2). In Italien wird derzeit überlegt, ein neues Förderinstrument einzuführen. Großbritannien ist mittlerweile wegen der bescheidenen Erfolgsbilanz des Quotenmodells bei kleineren Anlagen auf das Modell des Einspeisetarifs umgeschwenkt.27 In Rumänien trat das Quotensystem erst am 19. Oktober 2011 in Kraft.28 Seine Effektivität wird sich daher erst noch beweisen müssen.

Abbildung 1
Strom aus erneuerbaren Energien
in % des Bruttostromverbrauchs
Weber Abb-1.ai

Quelle: Eurostat.

Abbildung 2
Primärproduktion von erneuerbaren Energien
in 1000 t Öläquivalent
Weber Abb-2.ai

Quelle: Eurostat.

Dass Quotensysteme in ihrer Effektivität in Frage gestellt werden müssen, ist eigentlich verwunderlich, wird doch die genauere Zielerreichung von Mengenregelungen als eines der großen Vorteile gegenüber Einspeisevergütungen gepriesen. Energieversorger können sich aber von ihren Verpflichtungen freikaufen. Dies ist z.B. in Großbritannien in relativ großen Mengen üblich. Zwischen 2003 und 2009 belief sich der Anteil der Quote, der durch die Abgabe grüner Zertifikate erfüllt wurde, zwischen 56% und 76%.29 Neben zu niedrigen Strafen werden auch andere Probleme wie fehlende Netzanschlüsse und langwierige Planungsverfahren für die Nichterreichung des Ausbauziels verantwortlich gemacht. Eine Korrektur möglicher Ausgestaltungsprobleme unterliegt daher einer hohen Komplexität.

Der Theorie nach sind Quotensysteme kosteneffizient, weil sich die erforderliche Vergütung frei auf einer Börse durch Angebot und Nachfrage nach grünen Zertifikaten bildet. Anders als Einspeisevergütungen, die Anreize zur Nutzung aller regenerativen Technologien setzen, führen Quotensysteme zu Investitionen in die jeweils kostengünstigste Technologie an den dafür geeignetsten Standorten. Statt nach Technologien differenzierter Vergütungssätze gibt es eine am Markt gebildete gemeinsame Vergütung für alle erneuerbaren Energieträger. Vorschläge für ein Quotensystem in Deutschland sind damit auch eine Antwort auf den Photovoltaik-Boom der letzten Jahre, der von vielen Ökonomen in Deutschland aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten äußerst kritisch betrachtet wird.30

Die Erfahrung mit den bestehenden Systemen lässt aber an der besseren Kosteneffizienz von Quotensystemen mit Grünzertifikathandel zweifeln. Die durchschnittliche Höhe der Förderung für Windenergie unter Quotensystemen – Summe aus Strom- und Zertifikatpreis – lag so z.B. eher über den Einspeisevergütungen in Deutschland.31 Zur Absicherung des zukünftigen Preisrisikos aufgrund der variierenden Einnahmen durch grüne Zertifikate veranschlagen Investoren (bzw. die Kredit gebenden Banken) Risikozuschläge und erhöhen damit die Kapitalkosten für den Bau von regenerativen Stromerzeugungsanlagen. Die Risikozuschläge sind vor allem ein Problem für kleinere Stromerzeuger, denen im Vergleich zu den großen Energieversorgern deutlich weniger Eigenkapitel zu Verfügung steht, die aber in Deutschland bisher ein zentraler Treiber des Ausbaus erneuerbarer Energien waren. Einspeisevergütungen haben im Gegensatz dazu den Vorteil, dass sie das finanzielle Risiko für Stromerzeuger und Investoren minimieren.

Darüber hinaus können Quotensysteme zu substantiellen Produzentenrenten führen, die die Gesamtkosten einer solchen Förderung für die Endverbraucher womöglich deutlich steigen lassen. Da der Grünzertifikatpreis immer durch die marginalen Kosten der letzten und damit am teuersten produzierten Einheit erneuerbaren Stroms gesetzt wird, werden Anlagenbetreiber mit geringeren Erzeugungskosten über das für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendige Ausmaß entlohnt. Dieser Nachteil eines Quotensystems wird umso gravierender je höher der gewünschte Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung ist, da bei einer steigenden Quote davon ausgegangen werden muss, dass auch auf teurere Technologien zurückgegriffen werden muss.

Ein weiteres Problem der Quotensysteme ist, dass zunächst teureren, aber womöglich zukünftig kostengünstigen Technologien nicht die Möglichkeit gegeben wird, Lernkurven zu durchlaufen. Befürworter von Quotensystem erkennen diesen Nachteil und empfehlen daher Forschungsförderung und die Finanzierung von Demonstrationsprojekten. Dies verkennt aber die Tatsache, dass Kostensenkungen insbesondere durch Markteinführung erzielt werden.32 Durch die zu späte Förderung von Zukunftstechnologien kann es zudem zu Preisschocks auf dem Zertifikatemarkt kommen, wenn aufgrund einer steigenden Quote auf bis dahin nicht genutzte, teurere Kapazitäten zurückgegriffen werden muss.

Ein möglicher Umstieg auf ein Quotensystem in Deutschland wird oft auch dadurch gerechtfertigt, dass erneuerbare Energien nach der Förderung durch das EEG nun technisch schon relativ weit entwickelt sind. Während dies für Onshore Windenergie der Fall sein mag, ist Offshore Windenergie aber z.B. noch in einer Lernphase. Unter einem Quotensystem würde sie zunächst nicht zum Zuge kommen, gleichzeitig besitzt sie aber ein enormes Potenzial in Deutschland, das ein integraler Bestandteil eines kosteneffizienten Energiemixes der Zukunft sein sollte.33

Sicherlich können Quotensysteme durch eine bessere Ausgestaltung an Effektivität und Effizienz gewinnen. So kann z.B. ein Mindestpreis Preisunsicherheiten abmildern. Außerdem ist es möglich, dass Anlagenbetreiber von teureren, aber zukünftig für erforderlich empfundenen Erzeugungstechnologien für jede produzierte kWh Strom mehr als ein Zertifikat erhalten. Quotensysteme aber selbst unter optimalen Bedingungen als das überlegene Instrument darzustellen, wäre fatal, da diese Ausgestaltungsverbesserungen die Probleme dieser Mechanismen nur abmildern, nicht aber beseitigen können.

Einspeisevergütungen hingegen sind ein deutsches Erfolgsrezept, das global von über 45 Ländern kopiert wurde34 und zu Ausbauraten erneuerbarer Energien führte, die für die angestrebte Energiewende der Bundesregierung erforderlich sind. Während die steigenden Kosten der Förderung, insbesondere der Photovoltaik, zweifelsohne ein Problem darstellen, so sollte eine Lösung innerhalb des bestehenden Systems gefunden werden.35 Stabilität der Förderpolitik trägt maßgeblich zum Erfolg bei der Marktentwicklung erneuerbarer Energien bei.36

Subsidiarität der Förderpolitik beibehalten

Die europäischen Gesetzgeber haben in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2009 – nach langen Konflikten – die Systementscheidung getroffen, die Frage der Förderinstrumente den Mitgliedstaaten oder regionalen Kooperationslösungen zwischen einzelnen Gruppen von Mitgliedstaaten zu überlassen.37 Ungeachtet der Instrumentenwahl führt ein harmonisierter Ansatz zu Kostensenkungen, die mit der Marktausweitung und einer Standortoptimierung im europäischen Wirtschaftsraum verbunden sind.38 Er wäre auch besser mit einem europäischen Binnenmarkt für Elektrizität vereinbar, da unterschiedliche nationale Förderregime dazu führen können, dass der grenzüberschreitende Handel mit Elektrizität behindert oder verzerrt wird. Zudem kann eine großräumige Verflechtung auch zusätzliche relativ kostengünstige Optionen des Lastausgleichs bieten, durch die Investitionen in Speicherkapazitäten erheblich reduziert werden können.39

Dennoch gibt es auch Argumente dafür, die bestehenden Arrangements der Richtlinie zur bi- und multilateralen Kooperation zu nutzen, anstatt eine europäische Harmonisierung anzustreben.40 Gegen die Option eines harmonisierten europäischen Quotensystems spricht der oben angesprochene begrenzte Erfolg entsprechender nationaler Systeme. Aber auch gegen die Einführung europäisch harmonisierter Einspeisevergütungen gibt es zumindest mittelfristig einige Gründe.

Wenn die jeweiligen technologiespezifischen Fördersätze hoch angesetzt sind, weil alle Mitgliedstaaten bei sich zu Hause einen gewissen Ausbau beanspruchen, dann kommt es zu erheblichen Mitnahmeeffekten in den Gunstregionen. Wenn sich der Fördersatz an den niedrigen Kosten der Gunstregionen ausrichtet, kommt es hingegen zur Konzentration von Anlagen in Ländern mit guten Standortbedingungen.41 Neben möglichen Akzeptanzproblemen bei der Bevölkerung in den überdurchschnittlich beanspruchten Regionen, kann außerdem ein Konflikt zwischen einer europäisch optimierten Standortwahl und eventuell ehrgeizigeren Ausbauplänen in einzelnen Mitgliedstaaten entstehen. Eine gesamteuropäische Standortoptimierung setzt zudem hinreichende Infrastrukturen für den fernräumigen Transport voraus. Solange diese nicht existieren, kann ihr Kostensenkungspotenzial nicht genutzt werden. Hiermit ist aber eher in Jahrzehnten zu rechnen, während derer der eher verbrauchsnahe Ausbau der erneuerbaren Energien nicht unterlassen werden sollte. Eine regional ausgewogene Entwicklung der erneuerbaren Energien, die gleichwohl auch unterschiedliche Kosten berücksichtigt, lässt sich aber auch im aktuellen Regulierungsrahmen mit europäischen Zielen und nationalen Fördermaßnahmen erreichen, wenn die Ausbauziele in Regionen mit günstigen Standortbedingungen ehrgeiziger sind, als in denen mit ungünstigen. So könnte z.B. Deutschland den Ausbau der Windenergie stärker vorantreiben, Spanien stärker auf Photovoltaik (PV) setzen.

Zu beachten sind auch die unterschiedlichen Entwicklungsphasen, in denen sich der Ausbau der erneuerbaren Energien in den einzelnen Mitgliedstaaten befindet. Das Förderinstrumentarium muss auf solche unterschiedlichen nationalen Bedingungen angepasst werden können und damit Gestaltungsspielräume für instrumentelle Experimente offen halten. Mittlerweile haben 21 EU-Staaten Einspeisevergütungen als zentrales Instrument oder als Teil eines Fördermix eingeführt – die detaillierte Ausgestaltung ist dabei aber unterschiedlich.42 Eine Harmonisierung dieser etablierten Systeme wäre unweigerlich mit erheblichem Aufwand und Konflikten verbunden, weil sich damit auch die zum Teil sehr langfristig gesetzten Rahmenbedingungen für Investoren verändern würden. Der Regimewechsel von einer nationalen zu einer europäischen Förderung würde eine Periode von Investitionsunsicherheit auslösen und damit das Wachstum der erneuerbaren Energien zumindest vorübergehend bremsen. Der resultierende unter hohem Aufwand ausgehandelte Kompromiss wäre dann voraussichtlich relativ innovationsresistent. Das Problem kaum lösbarer Konflikte zwischen den einzelnen etablierten nationalen Fördersystemen und einem harmonisierten europäischen Förderrahmen gilt im Übrigen erst recht für ein harmonisiertes Quotensystem, weil dieses notwendigerweise die nationalen Einspeisevergütungen durch flexible Quotenmarktpreise ersetzen würde.

Das europäische Förderregime für die erneuerbaren Energien sollte daher eher das Subsidiaritätsprinzip beachten und insbesondere „autonomieschonend“ und „gemeinschaftsverträglich“43 ausgestaltet werden. In dieser Hinsicht hat die Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2009 auf absehbare Zeit einen tragfähigen Kompromiss gefunden. Einerseits setzt sie auf differenzierte nationale Beiträge zum Gemeinschaftsziel eines 20%-Anteils. Die unterschiedlichen nationalen Beiträge ergeben sich aus den sehr heterogenen Ausgangsbedingungen und Potenzialen. Auch 2020 wird der Anteil der erneuerbaren Energien im Erzeugungsportfolio der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausfallen. Da jedoch alle Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen für ihre Ausbauziele ergreifen müssen, verhindert die Richtlinie zugleich ein zu weites Auseinanderklaffen der Kosten. Zusätzlich wäre eine Road Map 2030, wie vom Sachverständigenrat für Umweltfragen empfohlen,44 wünschenswert, denn sie kann zumindest indirekt dafür sorgen, dass – bei aller unvermeidlichen Differenzierung – eine Angleichung des Ausbautempos und eine Teilharmonisierung der Förderkosten erreicht wird. Sie erreicht damit eine gewisse Konvergenz trotz unterschiedlicher nationaler Förderansätze.45 Andererseits behalten die Mitgliedstaaten weiter das Recht, ihr nationales Förderinstrumentarium weiterzuentwickeln und dem jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstand beim Ausbau der erneuerbaren Energien anzupassen.

Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RL 2009/28/EG) erlaubt außerdem Abkommen zwischen Mitgliedstaaten zum statistischen Transfer nachgewiesener Energieerzeugung aus einem Land, das seine Ausbauziele übererfüllt, zu einem Defizitland (Art. 6), für gemeinsame Projekte (Art. 7) oder gemeinsame Fördermaßnahmen (Art. 11).46 Es besteht erheblicher Gestaltungsbedarf, um unerwünschte Wettbewerbseffekte, z.B. aufgrund der Überforderung von Nachbarländern durch den temporären Export überschüssigen intermittierenden Stroms oder für die Inanspruchnahme ausländischer Kapazitäten für die Residuallast zu regeln.

Zusammenfassung

Der geplante Umbau der Stromversorgung muss durch ein wirksames Instrumentarium flankiert werden. Die anhaltenden Diskussionen über die Effektivität und Effizienz der deutschen Förderpolitik belegen die Wichtigkeit der Debatte. Seriöse Politikberatung sollte dabei immer einen Realitätscheck theoretischer Konzepte vornehmen, bevor sie zu Handlungsempfehlungen kommt. Viele wirtschaftspolitische Ratgeber der Bundesregierung vernachlässigen diese Grundregel und kommen daher zu Politikempfehlungen, die weder für einen effektiven noch für einen dynamisch effizienten Klimaschutz zielführend sind.

Bei realitätsnahen Annahmen kommt man zu dem Ergebnis, dass eine alleinige Steuerung durch den Emissionshandel, selbst bei einer optimalen Ausgestaltung, nicht ausreichen wird, die Marktdiffusion kurzfristig noch relativ teurer regenerativer Stromerzeugungstechnologien voranzutreiben. Außerdem wird durch ihn kein optimales Maß an Stromeinsparungen angereizt. Es sind daher flankierende Instrumente zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Energieeffizienz eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Außerdem wurde anhand bisheriger praktischer Erfahrungen gezeigt, dass von einer Umstellung von einer Förderung durch feste Einspeisevergütungen zu einem Quotensystem mit Handel grüner Zertifikate in Deutschland abgeraten werden muss. Stattdessen ist es deutlich zielführender, etwaige Mängel innerhalb des bestehenden Systems durch geeignete Reformen zu beseitigen. Und schließlich wurde vor einer zu frühen weiterführenden Europäisierung der Förderpolitik gewarnt. Politische Priorität sollte in Europa lieber zunächst der adäquate Ausbau der Elektrizitätsnetze haben. Außerdem bietet das bestehende System schon heute ausreichend Möglichkeiten für länderübergreifende Kooperation.

  • 1 Monopolkommission: Energie 2011: Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten, 59. Sondergutachten der Monopolkommission, Baden-Baden 2011; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Energiepolitik: Erfolgreiche Energiewende nur im europäischen Kontext, in: Verantwortung für Europa wahrnehmen, Jahresgutachten 2011/2012, Wiesbaden 2011.
  • 2 J. Flauger, T. Sigmund, K. Stratmann: Die Energiewende ist eine Mammutaufgabe, in: Handelsblatt vom 17.1.2012, http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/philipp-roesler-die-energiewende-ist-eine-mammutaufgabe/6072010.html.
  • 3 H.-W. Sinn: Das Grüne Paradoxon. Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik, Berlin 2008; Monopolkommission: Strom und Gas 2009: Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb, 54. Sondergutachten der Monopolkommission, Baden-Baden 2009; Monopolkommission: Energie 2011 ..., a.a.O.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Zukunft nicht aufs Spiel setzen, Jahresgutachten 2009/10, Wiesbaden 2009; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Zur Förderung erneuerbarer Energien, Berlin 2004, http://www.vku.de/de/Energiewirtschaft/Handel_Vertr._Erzeugung/Erneuerbare_Energien_/EE_-_Hintergrundinfos/16.01.04_Gutachten_wiessenschaeg_17.pdf (12.3.2010); J. B. Donges, J. Eekhoff, L. P. Feld, W. Möschel, M. J. M. Neumann: Für einen wirksamen Klimaschutz, Stiftung Marktwirtschaft, Schriftenreihe 49, Berlin 2009; RWI: Die ökonomischen Wirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien. Erfahrungen aus Deutschland, Essen 2009.
  • 4 H.-W. Sinn, a.a.O; M. Frondel, N. Ritter: Deutschlands Art der Förderung erneuerbarer Energien: Nicht zur Nachahmung zu empfehlen, in: Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht, 33. Jg. (2010), H. 3, S. 261-281.
  • 5 E. Gawel, P. Lehmann: Macht der Emissionshandel die Förderung erneuerbarer Energien überflüssig?, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 61. Jg. (2011), H. 3, S. 24-28.
  • 6 K. Holm-Müller, M. Weber: Plädoyer für eine instrumentelle Flankierung des Emissionshandels im Elektrizitätssektor, http://www.umweltrat.de/cae/servlet/contentblob/1098104/publicationFile/88541/2010_06_Emissionshandel_Strom.pdf (18.8.2010); F. C. Matthes: Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten, Berlin u.a.O. 2010; M. Fischedick, S. Samadi: Die grundsätzliche wirtschaftstheoretische Kritik am Erneuerbare-Energien-Gesetz greift zu kurz, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 60. Jg. (2010), H. 1-2, S. 122-128.
  • 7 Vgl. für eine Diskussion und Reformvorschläge Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU): Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung, SRU Sondergutachten, Berlin 2011.
  • 8 IEA: Experience Curves For Energy Technology Policy, Paris 2000.
  • 9 O. E. Williamson: Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus: Unternehmen, Märkte, Kooperation, Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften, Bd. 64, Tübingen 1990, S. 60.
  • 10 K. Hamilton: Unlocking Finance for Clean Energy: The Need for ‚Investment Grade‘ Policy, Energy, Environment and Development Programme Paper 04/09, London 2009.
  • 11 Ebenda.
  • 12 S. Rudolph: Handelbare Emissionslizenzen. Die Politische Ökonomie eines umweltökonomischen Instruments in Theorie und Praxis, Marburg 2005; R. K. W. Wurzel: The Politics of Emissions Trading in Britain and Germany, London 2008; C. Hey: Rediscovery of hierarchy: The new EU climate policies, in: A. Bongardt, F. Torres (Hrsg.): EU environment policies and governance: Climate change and beyond, Hampshire 2009.
  • 13 Europäische Kommission: Impact Assessment. Document accompanying the Package of Implementation Measures for the EU’s objectives on Climate Change and Renewable Energy for 2020, SEC(2008) 85/3, Brüssel 2008.
  • 14 Vgl. dazu auch P. del Río González: Policy implications of potential conflicts between short-term and long-term efficiency in CO2 emissions abatement, in: Ecological Economics, 65. Jg. (2008), H. 2, S. 292-303.
  • 15 SRU: Umweltgutachten 2008. Umweltschutz im Zeichen des Klimawandels, Berlin 2008.
  • 16 Prognos AG, Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI): Energieszenarien für den Energiegipfel 2007 (Inklusive Anhang 2%-Variante), Endbericht, Basel, Köln 2007.
  • 17 H. Kaschenz, R. Albert, C. Mordziol, J. Schubert, U. Wachsmann, S. Schwermer, H. Berg: Stromsparen: Weniger Kosten, weniger Kraftwerke, weniger CO2 – Fakten und Argumente für das Handeln auf Verbraucherseite, Positionspapier, Umweltbundesamt, Dessau 2007.
  • 18 C. Barthel, C. Bunse, W. Irrek, S. Thomas: Optionen und Potenziale für Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen, Kurzfassung, Wuppertal 2006, S. 6.
  • 19 K. Schächtele, H. Hertle: Die CO2 Bilanz des Bürgers. Recherche für ein internetbasiertes Tool zur Erstellung persönlicher CO2 Bilanzen, Bundesumweltamt, Dessau 2007.
  • 20 Vgl. SRU: Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung ..., a.a.O., Kap. 3.
  • 21 S. Sorrell: The Rebound Effect: An assessment of the evidence for economy-wide energy savings from improved energy efficiency, UK Energy Research Centre, London 2007.
  • 22 M. Frondel, N. Ritter, N. Moore, C. Schmidt: Die Kosten des Klimaschutzes am Beispiel der Strompreise für private Haushalte, in: Zeitschrift für Energiewirtschaft, 35. Jg. (2011), S. 195-2007; M. Frondel, N. Ritter, C. Schmidt: Teure Grünstrom-Euphorie: Die Kosten der Energiewende, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 60. Jg. (2011), Nr. 12, S. 20-25; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Energiepolitik ..., a.a.O.
  • 23 Ebenda; Monopolkommission: Energie 2011 ..., a.a.O.
  • 24 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Energiepolitik ..., a.a.O.; Monopolkommission: Energie 2011 ..., a.a.O.; M. Fürsch, C. Golling, M. Nicolosi, R. Wissen, D. Lindenberger: European RES-E Policy Analysis. Eine modellbasierte Studie über die Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in Europa und die Auswirkungen auf den konventionellen Strommarkt, Köln 2010.
  • 25 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Energiepolitik ..., a.a.O., S. 255 f.
  • 26 A. Bergek, S. Jacobsson: Are tradable green certificates a cost-efficient policy driving technical change or a rent-generating machine? Lessons from Sweden 2003-2008, in: Energy Policy, 38. Jg. (2010), H. 3, S. 1255-1271; A. Bergek: The pitfalls of green innovation policy: the case of green certificates, Discussion Paper for the 6CP Workshop: Exploring the green paradigm, Utrecht 2010; D. Fouquet, T. B. Johansson: European renewable energy policy at crossroads. Focus on electricity support mechanisms, in: Energy Policy, 36. Jg. (2008), H. 11, S. 4079-4092; S. Jacobsson et al.: EU renewable energy support policy: Faith or facts?, in: Energy Policy, 37. Jg. (2009), H. 6, S. 2143-2146; V. Lauber: The Politics of European Union Policy on Support Schemes for Electrictiy from Renewable Energy Sources, in: L. Mez (Hrsg.): Green Power Markets: Support Schemes, Case Studies and Perspectives, Brentwood 2007, S. 9-29; W. M. Lafferty, A. Ruud: Introduction: Promoting green electricity in Europe: The challenge of integrating contextual factors, in: W. M. Lafferty, A. Ruud (Hrsg.): Promoting Sustainable Electricity in Europe. Challenging the Path Dependence of Dominant Energy Systems, Cheltenham 2008, S. 1-44; M. Ragwitz et al.: Monitoring und Bewertung der Förderinstrumente für Erneuerbare Energien in EU Mitgliedstaaten, Umweltbundesamt, 2006.
  • 27 Department of Energy and Climate Change (DECC): National Renewable Energy Action Plan for the Unitred Kindom, Article 4 of the Renewable Energy Directive 2009/28/EC, London 2010.
  • 28 Für eine Auflistung der verschiedenen Förderinstrumente in den EU-Mitgliedstaaten vgl. Rechtsquellen Erneuerbarer Energien, http://www.res-legal.de/index.php?id=1&L=1 (30.1.2012).
  • 29 Frontier Economics: Study on a market design for a renewable quota scheme, A final report prepared for Energie-Niederland, 2011, S. 153 f.
  • 30 M. Frondel, N. Ritter, N. Moore, C. Schmidt, a.a.O.; M. Frondel, N. Ritter, C. Schmidt, a.a.O.
  • 31 M. Ragwitz et al., a.a.O., S. 7.
  • 32 A. Bergek, a.a.O., S. 5.
  • 33 SRU: Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung ..., a.a.O.
  • 34 Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21): Renewables 2010, Global Status Report, Paris 2010, S. 38 f.
  • 35 Für Reformvorschläge vgl. ebenda; SRU: Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung ..., a.a.O., Kap. 8.
  • 36 M. Ragwitz et al., a.a.O., S. 6.
  • 37 M. Schöpe: The new EU Directive on Renewable Energies from the Perspective of a Member State, in: D. Fouquet et al. (Hrsg.): EU Energy Law, Vol. 3/3: The European Renewable Energy Yearbook, Leuven 2010, S. 177-198; C. Jones: A zero carbon energy policy for Europe: The only viable solution, in: ebenda, S. 21-101; C. Calliess, C. Hey: Erneuerbare Energien in der Europäischen Union und EEG: Eine Europäisierung von unten?, in: T. Müller, M. Schütt: 20 Jahre Recht der erneuerbaren Energien, Würzburg 2012, S. 219-253.
  • 38 M. Fürsch et al.: Fortentwicklung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) zur Marktdurchdringung erneuerbarer Energien im deutschen und europäischen Strommarkt, Karlsruhe u.a.O. 2007.
  • 39 European Climate Foundation (ECF), E3G, The Energy Research Centre of the Netherlands: Roadmap 2050: A practical guide to a prosperous, low-carbon Europe, 2. Jg., Policy recommendations, Den Haag 2010, http://www.roadmap2050.eu/attachments/files/Volume2_Policy.pdf (20.4.2010); ECF, McKinsey & Company, KEMA, The Energy Futures Lab at Imperial College London, Oxford Economics: Roadmap 2050: A practical guide to a prosperous, low-carbon Europe, 1. Jg., Technical analysis, Den Haag 2010, http://www.roadmap2050.eu/attachments/files/Volume1_fullreport_PressPack.pdf (20.4.2010); G. Czisch: Möglichkeiten des großräumigen (transeuropäischen) Ausgleichs von Schwankungen großer Teile intermittierender Elektrizitätseinspeisung aus regenerativen Energiequellen in Deutschland im Rahmen einer 100% regenerativen Stromerzeugung mit dem Zeithorizont 2050, Sachverständigenrat für Umweltfragen, Materialien zur Umweltforschung 40, Berlin 2009, http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/03_Materialien/2010_09_MAT40_Czisch.pdf?__blob=publicationFile (1.10.2010).
  • 40 M. Schöpe, a.a.O.; D. Fouquet, T. B. Johansson, a.a.O.
  • 41 F. Sensfuß et al., a.a.O., S. 54.
  • 42 M. Rathmann et al.: Renewable Energy policy Country Profiles, 2009 version, Ecofys, Fraunhofer ISI, Energy Economics Group, Lithuanian Energy Institute, Köln u.a.O. 2009.
  • 43 F. W. Scharpf: Governing in Europe. Effective and democratic?, Oxford 1999.
  • 44 Vgl. SRU: Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung ..., a.a.O., Kap. 6.
  • 45 A. Jordan, R. Hildingsson, J. Stripple: Renewable energies: A continuing balancing act?, in: A. Jordan et al. (Hrsg.): Climate Change Policy in the European Union, Confronting the Dilemmas of Mitigation and Adaptation, Cambridge 2010, S. 115.
  • 46 M. Schöpe, a.a.O.


DOI: 10.1007/s10273-012-1349-4