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Die Ursachen der Finanzkrise werden in der wissenschaftlichen Debatte sehr unterschiedlich beschrieben. Der Autor vertritt die Auffassung, dass die Finanzkrise im Wesentlichen aus einem fundamentalen Mangel an „sicheren“ Aktiva resultiert. Schutzmechanismen für institutionelle Investoren im Geldmarkt, die wie die traditionelle Einlagensicherung funktionieren, könnten einen wesentlichen Beitrag zur Auflösung der Finanzkrise leisten.

Was ist die tiefere Ursache der Finanzkrise? Eine These, für die zunehmend mehr spricht, ist die des MIT-Ökonomen Ricardo Caballero, wonach ein Schlüsselfaktor für das Entstehen der Finanzkrise ein seit Ende der 1990er Jahre bestehendes massives Ungleichgewicht zwischen der Nachfrage nach „sicheren“ Investitionsmöglichkeiten (insbesondere Anleihen) und dem diesbezüglichen Angebot ist.1 Ein Argument dafür ist: Die USA hatten nach Ausbruch der Finanzkrise 2007 trotz ihres immensen Leistungsbilanzdefizits eben nicht unter einer Kapitalflucht zu leiden. Dies wäre zu erwarten gewesen, denn der US-Dollar hatte aufgrund der Krise erhebliches Abwertungspotenzial; tatsächlich ist er aber bislang stabil und der Markt für US-Treasuries hat sich sogar als stark gezeigt.

Es kam nicht zu einer Flucht aus dem US-Dollar, weil die Schwellenländer und die Rohstoffproduzenten seit Ende der 90er Jahre im Zuge ihrer wirtschaftlichen Entwicklung eine hohe Nachfrage nach sicheren Aktiva entwickelten, die aber durch ihre relativ unterentwickelten Finanzmärkte nicht adäquat befriedigt werden konnte. Diese Überschussnachfrage nach vornehmlich sicheren Anleihen ist wiederum das Spiegelbild der sogenannten globalen Ungleichgewichte in Form von Kapital- und Leistungsbilanzungleichgewichten zwischen Asien (vor allem China) einerseits und den USA andererseits. Denn die hohen Ersparnisse der Schwellenländer wurden insbesondere in die hochliquiden Märkte für US-Treasuries kanalisiert. Der globale Sparüberschuss produzierte wiederum das historisch gesehen sehr niedrige Realzinsniveau, das in Folge die spekulativen Blasen auf den Aktien- und Kreditmärkten seit Ende der 1990er Jahren anheizte. Da selbst der hochliquide US-Treasury-Markt für die hohe Nachfrage von Investoren nach sicheren Anleihen aber zu klein war, wurde diese Nachfrage vom Bankensystem (verstanden hier als die Summe aus traditionellem Banken- und Schattenbankensystem) dadurch befriedigt, dass es neue „sichere“ AAA-Aktiva im Subprime-Segment auf dem US-Immobilienmarkt schuf. Der Anreiz für die Banken, solche AAA-gerateten Produkte zu produzieren, war angesichts der großen Nachfrage nach sicheren Anleihen einfach zu groß, als dass sie dem hätten widerstehen können. Dieses Problem hat sich auch nach dem Platzen der Subprime-Blase nicht aufgelöst. Der Bedarf an sicheren Anleihen ist trotz aller staatlicher Stützungsmaßnahmen unverändert hoch.2

Die Schwellenländer sind somit für die globalen Ungleichgewichte verantwortlich, denn sie haben ihre Sozialsysteme nur unzureichend entwickelt, was ihre Bevölkerung zum Sparen zwingt, und sie verfügen nicht über ausgebaute Finanzmärkte. Die USA trugen – wie der ehemalige Chefvolkswirt des IWF, Raghuram Rajan,3 konstatiert – durch die verstärkte Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung zu den globalen Ungleichgewichten bei. Dieser Trend zwang die US-Administration quasi dazu, eine verstärkte Wohnungsbauförderung für die unterprivilegierten Schichten – dem „Subprime-Segment“ des Wohnungsmarkts – einzuleiten. Die zunehmende Ungleichheit ist wiederum in erster Linie durch den technologischen Fortschritt und die Steuerpolitik bedingt.4

Welche Rolle spielte hierbei Europa? Die neuere Forschung zeigt,5 dass insbesondere europäische Banken für die laxen Kreditkonditionen in den USA vor Ausbruch der Krise verantwortlich waren. Indem die europäischen Töchter von US-Banken Finanzmittel in die USA transferierten – der US-Dollar spielte hier seine fatale Rolle als Quasi-Weltwährung –, feuerten sie dort den Kreditboom an. Global agierende europäische Banken finanzierten ihre Aktivitäten, indem sie den US-Wholesale-Markt (also US-Geldmarktfonds) anzapften: Europäische Banken besorgten sich Finanzmittel vom Wholesale-Markt in den USA und vergaben diese an US-Kunden. Diese Aktivitäten der europäischen Banken können erstens durch die Basel-II-Regulierungen begründet werden, die von den europäischen Regierungen relativ euphorisch adaptiert wurden und die Anreize gaben, Aktiva aus den Bilanzen in sogenannte Special Purpose Vehicles im Schattenbankensystem auszulagern, um hierdurch Eigenkapital zu sparen. Das rapide Wachstum im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr nach Einführung des Euro 1999 war der zweite Grund für die Aktivität der europäischen Banken im US-Subprime-Markt, denn mit der Einführung des Euro erhöhten sich die Überkapazitäten im europäischen Bankensektor und damit der dort herrschende Margendruck. Die Überkapazitäten im europäischen Bankensektor senkten die Kreditvergabestandards und führten zu riskanten Investitionen im US-Immobilienmarkt.

Trugen die Schwellenländer somit in erster Linie zu den globalen Ungleichgewichten bei, indem sie US-Treasuries und Anleihen von Government Sponsored Entities (GSE) wie der staatlich geförderten US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac hielten, so sind die europäischen Länder dahingehend für die Exzesse im US-Subprime-Markt verantwortlich, dass die europäischen Banken vornehmlich in US-Subprime-Produkte investierten. Insgesamt sind sowohl der globale Sparüberschuss als auch die Überkapazität im Bankensektor Europas gleichermaßen für die Finanzkrise verantwortlich. Eine entscheidende Rolle für die Finanzkrise spielten hier die Schattenbanken.

Der Schattenbankensektor im Überblick

Das Schattenbankensystem spielte eine entscheidende Rolle für den Ausbruch und die Entwicklung der Finanzkrise. Unter dem Schattenbankensystem versteht man alle Akteure, die bankähnliche Funktionen wahrnehmen, aber nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen. Anders als die Bezeichnung nahelegt, agieren Schattenbanken zumeist nicht in einer legalen Grauzone, sondern auf festem Rechtsgrund. Sie sind typischerweise spezialisierte Akteure, an die regulierte Banken bestimmte Aktivitäten auslagern.6

Das Schattenbankensystem bezieht sich somit auf die Kreditintermediation, die außerhalb des traditionellen Bankensystems stattfindet und Fristigkeitsstruktur und Liquidität transformiert. Zu ihren Aktivitäten gehören die Geschäfte von Geldmarktfonds, die Kreditvergabe nicht regulierter Finanzierungsgesellschaften, die Emission von Commercial Papers – gedeckt durch längerfristige Aktiva – durch spezialisierte Conduits und Investment–vehikel, und die Finanzierung von Sekuritisierungsaktivitäten durch die Repo-Märkte. Das Schattenbankensystem ist eng mit dem regulatorischen System verbunden. Große Banken generieren erhebliche Gewinne aus Schattenbankenaktivitäten und halten sowohl direktes als auch indirektes Kreditexposure gegenüber den Schattenbanken.7

Das Schattenbankensystem hat, wie das traditionelle Bankensystem, drei Akteure: Sparer, Schuldner und – statt Banken – die Schattenbanken oder, besser gesagt, Finanzierungsgesellschaften mit Nichtbankencharakter. Im Gegensatz zum traditionellen Bankensystem legen die Sparer ihre Finanzmittel nicht auf Sparkonten, sondern bei Geldmarktfonds an. Diese investieren die Finanzmittel wiederum in Verbindlichkeiten der Schattenbanken. Im Gegensatz zum traditionellen Bankensystem wird die Kreditintermediation nicht unter einem Dach, sondern in einer langen, oft sehr intransparenten Kette von Nichtbanken vollzogen.8 Der entscheidende Unterschied zwischen dem traditionellen und dem Schattenbankensystem ist, dass das traditionelle Bankensystem kurzfristig angelegte Ersparnisse in langfristige Investitionen transformiert, das Schattenbankensystem dagegen genau das Gegenteil macht, nämlich langfristige Kredite in kurzfristige Geldmarktinstrumente umwandelt, so dass sich Finanzinstitute auf Tagesbasis refinanzieren können.9 Der springende Punkt ist hier, dass die „Sparer“ bzw. die Geldmarktfonds hoch volatile Akteure sind, die oft einem Herdentrieb unterliegen und damit einen Bank Run produzieren können, und gleichzeitig durch die lange Kette der Kreditintermediation jede Menge an Anreizproblemen bei den Akteuren erzeugt wird.

Das traditionelle Bankensystem finanziert sich üblicherweise über die Einlagen der kleinen Geldanleger, das Schattenbankensystem dagegen über die Emission von Geldmarktinstrumenten an Geldmarktfonds (vgl. Abbildung 1). Geldmarktfonds haben somit die kleinen Geldanleger als Gläubiger der Banken ersetzt. Denn aufgrund der Deregulierung des Bankensektors (vor allem in den USA) seit Mitte der 1970er Jahre und des damit impliziten Margendrucks konnten es sich die Banken nicht mehr leisten, Kredite passiv auf der Bilanz zu halten. Es war daher für sie sinnvoll, Kredite über einen komplexen Verbriefungsprozess an institutionelle Investoren zu veräußern, um hiermit ihr Kreditgeschäft zu finanzieren.10 Das Schattenbankensystem ist in den USA gegenüber anderen Finanzintermediären dominant, steht in der Eurozone dagegen nur an zweiter Stelle hinter dem traditionellen Bankensystem.11 Die Intransparenz des Schattenbankensystems hat zur Folge, dass nicht wirklich klar ist, ob sich das Schattenbankensystem am aktuellen Rand wieder erholt hat. Folgt man der Abgrenzung von Poszar et al.12, so befindet sich das US-Schattenbankensystem immer noch im Deleveraging-Prozess (vgl. Abbildungen 2 und 3).13

Abbildung 1
Die stilisierte moderne Finanzintermediationskette
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Anmerkung: ABS = Asset Backed Securities, MBS = Mortgage Backed Securities.

Quelle: T. Adrian, H. S. Shin: The Changing Nature of Financial Intermediation and the Financial Crisis of 2007-09, Federal Reserve Bank of New York, Staff Report Nr. 439, März 2010, überarbeitet April 2010, S. 4.

Abbildung 2
Entwicklung des traditionellen und des Schattenbankensystems in den USA
in Billionen US-$
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Quelle: Z. Pozsar, T. Adrian, A. Ashcraft, H. Boesky: Shadow Banking, Federal Reserve Bank of New York, Staff Report Nr. 458, Juli 2010, S. 5.

Abbildung 3
Anteile des Schattenbankensystems (Bilanzsummen) in verschiedenen Jurisdiktionen 2010
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Quelle: Financial Stability Board: Shadow Banking: Strengthening Oversight and Regulation – Recommendations of the Financial Stability Board, 27.10.2011, S. 31.

Die Rolle des Geldmarktes für die Schattenbanken

Das traditionelle und das Schattenbankensystem sind derart eng miteinander verbunden, dass beide Systeme nicht sinnvoll zu unterscheiden sind.14 Der Internationale Währungsfonds15 hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in den letzten Jahren nicht nur ein gestiegenes Angebot, sondern auch eine gestiegene Nachfrage nach seinen Dienstleistungen für die Expansion des Schattenbankensystems verantwortlich ist. Zwar habe die verstärkte Suche der Investoren nach Rendite und Arbitragegelegenheiten das Wachstum der Geldmarktfonds, die Nutzung von Repo-Instrumenten und damit das Schattenbankensystem befeuert. Aber nicht nur Renditegier, sondern auch das Bedürfnis nach Sicherheit und damit die Suche nach Alternativen zu besicherten Depositen seitens institutioneller Cash Pools16 hätten zum Aufstieg des Schattenbankensystems geführt, da dieses den Bedarf an „sicheren“ Alternativen zu traditionellen Depositen befriedigt habe.

Die in den letzten Jahren anschwellenden institutionellen Cash Pools sind durch die Globalisierung sowie die steigende Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung verursacht. Aber auch ein zentralisierteres Liquiditätsmanagement von Investmentfonds und der größere Rückgriff auf Derivate bei Investitionen (z.B. bei Exchange Traded Funds), die getrennt verwaltet werden müssen, spielen bei dem Aufstieg der Cash Pools eine Rolle. Das Managementziel hohe Sicherheit ist entscheidend für 90% der institutionellen Cash Pools.

Überschussnachfrage nach Sicherheit

Institutionelle Cash Pools fungieren quasi als die Depositen des Schattenbankensystems. Diese haben bei Investitionen eine Präferenz für Sicherheit. Vor Ausbruch der Finanzkrise konnten die Cash Pools diese Sicherheit durch das traditionelle Instrument der Einlagen in Höhe des von ihnen benötigten Volumens nicht erhalten, da die Einlagensicherung in den USA nicht genügend Deckungsmasse enthielt. Um diese Sicherheit dennoch zu bekommen, rekurrierten die Cash Pools auf drei Arten von Instrumenten des Geldmarkts:

  1. staatsgarantierte Instrumente: dazu gehören Treasury Bills, Discounted Notes von Agencies, und besicherte Einlagen;
  2. privat garantierte Instrumente: dazu zählen Repo-Instrumente und Asset-Backed-Security-Papiere und
  3. nicht garantierte Geldmarktinstrumente: das sind nicht besicherte Depositen und Commercial Papers.

Diese drei Geldarten sind jeweils Verbindlichkeiten der US-Regierung, des Schattenbankensystems und des traditionellen Bankensystems. Das Angebot und die Nachfrage an/nach diesen Instrumenten ist nicht gleichmäßig verteilt. So besteht eine Überschussnachfrage nach staatlich garantierten Instrumenten. Nicht garantierte Instrumente konnten nicht als vollkommenes Substitut dienen, da bei institutionellen Cash Pools das Risikomanagement verhindert, dass zuviel unbesichertes Exposure gegenüber Banken aufgenommen wird.

Das Schattenbankensystem entstand somit als Reaktion auf die Überschussnachfrage nach besicherten Investitionsinstrumenten. Die Lücke füllten die durch das Schattenbankensystem geschaffenen Repos und Asset-Backed-Securities. Diese Instrumente wurden wiederum mit staatlichen und privatwirtschaftlichen Garantien besichert, ihre Liquidität durch staatlich gesicherte Banken gestärkt. Investoren fassten aufgrund dieser Schutzpuffer wiederum privatwirtschaftlich garantierte Geldmarktinstrumente, die Schattenbanken emittiert hatten, im Vergleich zu unbesicherten Depositen als sicherer auf. Denn die privatwirtschaftlich besicherten Instrumente waren letztendlich durch die Banken und den Sovereign abgesichert – so jedenfalls die (aus heutiger Sicht naive) Annahme.

Entscheidend für den Ausbruch der Finanzkrise war, dass Bank Runs im Schattenbankensystem stattfinden können, weil es zur Einlagensicherung für die Sparer im Interbankenmarkt kein Äquivalent gibt. Demzufolge war es nur folgerichtig, dass die Geldmarktfonds 2007 beim kleinsten Zweifel an der Solvenz eines potenziellen Kontrahenten (Schuldners) im Interbankenmarkt diesem das Geld vorenthielten bzw. entzogen. Analog zur Großen Depression der 1930er Jahre, als die Kleinsparer mit einem Bank Run den Kollaps des damaligen Bankensystems produzierten, kam es in der Finanzkrise von heute somit zu einer Flucht der Geldmarktfonds aus dem Schattenbankensystem.17

Implikationen der zunehmenden Bedeutung des Schattenbankensystems

Zum Schluss sollen einige Implikationen der zunehmenden Bedeutung des Schattenbankensystems vorgestellt werden:

  • Die Banken befinden sich (insbesondere in der Peripherie Europas) momentan in erster Linie in einer Refinanzierungs- und Rekapitalisierungskrise. Der Kern der globalen Finanzkrise ist aber eine Einlagenkrise im Schattenbankensystem. Denn das Weltfinanzsystem ist dem permanenten Risiko ausgesetzt, einen Bank Run zu erleben – anders als in den 1930er Jahren aber nicht einen Bank Run von Retail-Kunden. Die Gefahr besteht derzeit in einem Run institutioneller Kunden auf das Schattenbankensystem: Institutionelle Cash Pools managen in der Regel die Finanzmittel von Retail-Kunden. Auch wenn die Retail-Kunden im Schattenbankensystem keinen Bank Run verursachen (können), so kann dies doch in ihrem Namen geschehen: ein Bank Run im Schattenbankensystem wird durch die Manager dieser Cash Pools initiiert, wenn sie glauben, dies sei im Interesse der Retail-Kunden. Schon bei kleinster Unsicherheit über mögliche Kontrahentenrisiken im Repo-Markt werden ebendiese aus Banken mit potenziellen Problemen fliehen.
  • Je größer die institutionellen Cash Pools und ihre Nachfrage nach besicherten Einlagenalternativen in Relation zum Angebot an kurzfristigen, staatlich garantierten Anlageinstrumenten, umso ineffektiver sind die traditionelle Einlagensicherung und die Funktion des Lender of Last Resort der Zentralbanken als stabilisierende Kräfte in Zeiten der Krise.
  • Wenn der Repo-Markt wie jeder Bankenmarkt inhärent anfällig für Bank Runs ist, sollte er dementsprechend reguliert werden. Die Regulierung sollte sich hierbei auf die Sicherung der Verfügbarkeit von ausreichend qualitativ hochwertigen Sicherheiten fokussieren, um so die Einlagengeber im Repo-Markt zu beruhigen.
  • Die letztendliche Garantie der privatwirtschaftlich garantierten Geldmarktinstrumente durch den Sovereign impliziert im Endeffekt, dass eine Lösung und eine Regulierung des Schattenbankensystems die Bilanzbilder der Sovereigns berücksichtigen muss. Wenn eine globale Überschussnachfrage nach US-Treasury-Bills besteht, so ist eine Ausweitung der Emission dieses Instrumententyps sicher für eine Lösung der globalen Finanzkrise notwendig.18
  • Die Geldnachfrage institutioneller Cash Pools wird nicht durch Depositen, sondern in erster Linie durch Geldarten, die in den USA nicht zum Geldmengenaggregat M2 zu zählen sind, befriedigt. Zu M2 zählen nicht die Verbindlichkeiten der Zentralbank gegenüber den Schattenbanken. Diese waren – wenn überhaupt – in der Geldmenge M3 zu finden.19 Aber nicht einmal das Konzept M3 mag weit genug gewesen sein, um die Geschäfte der Schattenbanken einzufangen. Poszar und Singh stellen in einem IWF-Arbeitspapier ein Konzept der Umlaufgeschwindigkeit von Sicherheiten dar, das dem traditionellen Konzept der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes vergleichbar ist, wie im Rahmen eines Leverage-Prozesses des Bankensystems die von Schattenbanken geschaffenen Sicherheiten sich multiplizieren. Damit wäre der erste Schritt zur Verhinderung zukünftiger Finanzkrisen die Messung des Bestands an Sicherheiten als Bestandteil des Geldangebots. Geldmengenaggregate wären in diesem Sinne in erhöhtem Maße mit großer Vorsicht bei der Prognose der Konsumentenpreisinflation zu betrachten, hätten aber einen Nutzen bei der Abschätzung makroprudenzieller Risiken.20
  • Die Basel-II-Regulierungsvorschriften haben an der Expansion des Schattenbankensektors keinen geringen Anteil gehabt, indem sie den Banken einen Anreiz dazu gaben, Aktiva aus den Bilanzen in den Schattenbankensektor zu transferieren, um somit Kapital zu sparen. Die Basel-III-Regulierungsvorschriften werden aufgrund der geforderten höheren Kapitalanforderungen aller Voraussicht nach denselben Effekt haben.

Die in diesem Papier vertretenen Ansichten entsprechen nicht notwendigerweise denen der Landesbank Baden-Württemberg.

  • 1 Vgl. R. Caballero: Commentary on „Global Imbalances and the Financial Crisis“, Federal Reserve Bank of San Francisco, Asia Economic Policy Conference, Oktober 2009, http://econ-www.mit.edu/faculty/caball/publications.
  • 2 Vgl. A. M. Taylor: Comment on „The Liquidation of Government Debt“, in: C. M. Reinhart, M. B. Sbrancia (Hrsg.): The Liquidation of Government Debt, BIS Working Papers Nr. 363, November 2011, S. 52.
  • 3 Vgl. R. Rajan: Fault Lines: How Hidden Fractures Still Threaten the World Economy, Princeton 2010.
  • 4 Vgl. aber R. J. Gordon: Has the Rise in American Inequality Been Exaggerated?, Northwestern University and NBER, überarbeitet 28.8.2009, http://faculty-web.at.northwestern.edu/economics/gordon/SFONBER_Combined_090902.pdf.
  • 5 Vgl. H. S. Shin: Global Banking Glut and Loan Risk Premium, Princeton University, November 2011, http://www.princeton.edu/~hsshin/www/mundell_fleming_lecture.pdf.
  • 6 J. Weidmann: Systemrelevante Finanzinstitute und Schattenbanken: Wie werden systemische Risiken begrenzt?, Eingangsstatement auf dem CDU/CSU-Kongress zur Finanzmarktregulierung in Berlin am 29.6.2011, Deutsche Bundesbank, S. 5.
  • 7 Vgl. Z. Pozsar, T. Adrian, A. Ashcraft, H. Boesky: Shadow Banking, Federal Reserve Bank of New York Staff Report Nr. 458, Juli 2010, S. 11-20.
  • 8 Vgl. ebenda, S. 11-12.
  • 9 Vgl. Z. Pozsar, M. Singh: The Nonbank-Bank Nexus and the Shadow Banking System, IMF Working Paper WP Nr. 11/289, S. 7.
  • 10 Vgl. G. Gorton: Slapped in the Face by the Invisible Hand: Banking and the Panic of 2007, Prepared for the Federal Reserve Bank of Atlanta’s 2009 Financial Markets Conference: Financial Innovation and Crisis, 11.-13.5.2009, Version vom 9.5.2009, S. 23-29. Die Basel-II-Regulierungsvorschriften haben an der Expansion des Schattenbankensektors keinen geringen Anteil gehabt, da sie den Banken einen Anreiz dazu gaben, Aktiva aus den Bilanzen in den Schattenbankensektor zu transferieren, um hierdurch Kapital zu sparen. Vgl. H. S. Shin: Global Banking Glut and Loan Risk Premium, 2011 Mundell-Fleming Lecture Conference Draft, S. 8, http://www.princeton.edu/~hsshin/www/mundell_fleming_lecture.pdf.
  • 11 Vgl. Financial Stability Board: Shadow Banking: Strengthening Oversight and Regulation – Recommendations of the Financial Stability Board, 27.10.2011, S. 27-33. Innerhalb der Eurozone existieren aber erhebliche Unterschiede. So ist z.B. auch in den Niederlanden das Schattenbankensystem dominant, in Deutschland dagegen ist das traditionelle Bankensystem mit weitem Abstand der dominante Finanzintermediär; vgl. ebenda, S. 29-30.
  • 12 Z. Pozsar et al.: Shadow Banking ..., a.a.O.
  • 13 Siehe aber Financial Stability Board, a.a.O.; und O.V.: Traditional lenders shiver as shadow banking grows, in: Financial Times vom 28.12.2011.
  • 14 Vgl. hierzu auch B. J. Noeth, R. Sengupta: Is Shadow Banking Really Banking?, in: The Regional Economist, Oktober 2011, S. 8-13.
  • 15 Vgl. im Folgenden Z. Pozsar: Institutional Cash Pools and the Triffin Dilemma of the U.S. Banking System, WP Nr. 11/190, August 2011.
  • 16 Institutionelle Cash Pools sind zentral verwaltete, kurzfristige Finanzmittel von global agierenden Corporates und institutionellen Investoren (Vermögensverwaltungsgesellschaften, Pensionsfonds, etc.), vgl. ebenda, S. 4.
  • 17 Zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei der internationalen Transmission der Effekte der Finanzkrisen von 1931 und 2008 vgl. W. A. Allen, R. Moessner: The international propagation of the financial crisis of 2008 and a comparison with 1931, BIS Working Papers Nr. 348, Juli 2011.
  • 18 Vgl. Z. Pozsar: Can shadow banking be addressed without the balance sheet of the sovereign?, VOX, 16.11.2011, http://www.voxeu.org/index.php?q=node/7278.
  • 19 2006 hat die Federal Reserve aus Kostengründen die Messung von M3 eingestellt.
  • 20 Vgl. auch Z. Pozsar, M. Singh, a.a.O.; M. Singh: Velocity of Pledged Collateral: Analysis and Implications, IMF Working Paper WP Nr. 11/256; sowie K. Evans: Should Fed Refocus on Money Supply?, in: Wall Street Journal vom 8.12.2011, http://blogs.wsj.com/economics/2011/12/08/should-fed-refocus-on-money-supply/.

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DOI: 10.1007/s10273-012-1334-y

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