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Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden zum Großteil aus öffentlichen Mitteln von Bund und Ländern finanziert. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig expansiven Ausgabenpolitik für diesen Bereich werden hier die öffentlichen Zuwendungen für die Max-Planck-, Leibniz-, Helmholtz- und Fraunhofer-Gesellschaft einer Langzeitbetrachtung unterzogen. Dabei ist ein deutlicher Rückzug des Bundes aus der Finanzierungsverantwortung zulasten der Länder festzustellen.

Deutschland als rohstoffarmes Land kann seinen Wohlstand nur sichern, wenn es massiv in die Forschung und Entwicklung (FuE) und damit in künftige Technologien investiert. Über diesen Zusammenhang besteht in der Politik ein bemerkenswertes Einvernehmen über alle Parteigrenzen hinweg. So heißt es im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP für die aktuelle Legislaturperiode: „Forschung, Innovationen und neue Technologien sind die Grundlage für künftigen Wohlstand. Sie sind die Quellen von wirtschaftlichem Erfolg, von Wachstum und Beschäftigung. Zugleich helfen sie, den großen Herausforderungen unserer Zeit, dem Klima- und Umweltschutz, dem Kampf gegen Armut und Krankheiten wirksam zu begegnen.“1 Entsprechend der Vereinbarung sollen die Ausgaben des Bundes für Forschung (sowie die im Rahmen dieses Artikels nicht behandelte Bildung) bis 2013 um 12 Mrd. Euro steigen. Ganz ähnlich positioniert sich die Opposition: Die SPD sieht es als Verpflichtung gegenüber der kommenden Generation an, mehr Geld in Forschung zu investieren.2 Die Grünen fordern, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung müssten endlich die seit Jahren zugesagten 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen.3 Lediglich die Linke setzt einen graduell anderen Schwerpunkt, indem sie verstärkte Investitionen in die Forschung primär dazu nutzen will, Entwicklungsnachteile Ostdeutschlands auszugleichen.4

Auffällig an diesen Programmsätzen ist neben dem inhaltlichen Gleichklang vor allem die ausschließliche Konzentration auf die Inputseite der Forschungsförderung. Gefragt wird weder nach der Effizienz der Mittelverwendung noch nach Möglichkeiten, die Zielerreichung staatlicher Forschungspolitik zu messen und zu überprüfen. Auch gibt es keine Differenzierung danach, welche Bereiche der Wissenschaft in Bezug auf die erstrebten Ziele besonders förderungswürdig oder -bedürftig seien. Im Mittelpunkt steht vielmehr allein die Erhöhung der Ausgaben, die nach dem Motto „viel hilft viel“ als Wert an sich angesehen wird.

Der Beitrag untersucht, wie sich die Ausgaben für die öffentliche Forschungsförderung, insbesondere der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, unter diesen politischen Prämissen in den letzten Jahrzehnten tatsächlich entwickelt haben und welche Lasten dabei auf die staatlichen Ebenen Bund und Länder entfallen.

Organisation der öffentlichen Forschungsförderung

Bund und Länder haben nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes (GG) im Bereich der Forschungsförderung jeweils eigene Zuständigkeiten, die sich für den Bund aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG, für die Länder aus den Art. 30 und 70 GG ableiten. Tatsächlich aber griffen beide Ebenen schon früh über ihre originären Hoheitsbereiche hinaus und schlossen seit den 1950er Jahren Verwaltungsabkommen, um Fördermaßnahmen auch gemeinsam und kooperativ durchzuführen.5 Um verfassungsrechtliche Bedenken an dieser Zuständigkeitsverflechtung auszuräumen, wurde die Staatspraxis 1969 durch die Einfügung der sogenannten Gemeinschaftsaufgaben in das Grundgesetz abgesichert. Fortan war es Bund und Ländern nach Art. 91b GG gestattet, Vereinbarungen zur Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung abzuschließen. Die organisatorische Plattform für dieses Zusammenwirken bildete die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), die 1970 aufgrund eines Verwaltungsabkommens errichtet wurde.6

Im Zuge der ersten Föderalismusreform nach 2003 rangen Bund und Länder intensiv um eine stärkere Entflechtung ihrer Kompetenzen, was auch zu einer Anpassung des Art. 91b GG führte.7 Dabei entfielen die bislang in der Vorschrift erwähnte Bildungsplanung und der Hochschulbau als gemeinsame Aufgabe und gleichzeitig wurden die Kooperationsfelder bei der Forschungsförderung präzisiert. Somit blieb die historisch gewachsene gemeinsame Forschungsförderung in ihrem Kern erhalten und die Zusammenarbeit von Bund und Ländern wurde in diesem Bereich sogar gestärkt. Direkte organisatorische Auswirkungen hatte die Reform vor allem für die BLK, die wegen des Wegfalls der Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe mit Beginn des Jahres 2008 aufgelöst und durch eine verschlankte Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern ersetzt wurde. Kritische Stimmen sehen darin jedoch nur eine Umbenennung, zumal sich die Aufgaben nicht grundsätzlich geändert haben.8 Die GWK ist seitdem das zentrale Koordinierungsinstrument für die Ausführung der gemeinsam betriebenen Forschungsförderung,9 das auch die Beschlüsse zu den Haushalten der Einrichtungen herbeiführt.

Nach dem zugrundeliegenden Abkommen10 werden Bund und Länder in der GWK durch die Forschungs- und die Finanzministerien vertreten. Der Bund verfügt dabei über 16 Stimmen, die Länder über jeweils eine, die von Finanz- und Fachseite gemeinsam abgegeben werden muss. Notwendig ist in der Regel eine Mehrheit von 29 der insgesamt 32 Stimmen, also ein hohes Maß an Konsens. Deshalb bündeln sich in der Arbeit der GWK unterschiedliche Spannungsfelder: Sie muss in ihren Beschlüssen vertikale Konflikte zwischen Bund und Ländern ebenso bewältigen wie horizontale Differenzen zwischen Ländern mit unterschiedlichen Interessen oder unterschiedlicher parteipolitischer Ausrichtung. Hinzu kommt der übliche institutionelle Gegensatz zwischen den tendenziell ausgabefreudigen Fachpolitikern und der Finanzseite, die mit der neuen Schuldenregel noch stärker als bisher für eine restriktive Haushaltspolitik sorgen muss.

Allerdings verzichten die Finanzminister der Länderebene darauf, ihre Sitze in der GWK wahrzunehmen, was sie auch schon in der Vorläuferorganisation so praktizierten. Stattdessen versuchte die Länderfinanzseite mehrfach, ihr nicht genehme Vorhaben der GWK dadurch zu verhindern, dass sie sich an die Konferenz der Ministerpräsidenten wandte, die traditionell bei Konflikten zwischen verschiedenen Ministerkonferenzen entscheidet. Dies betraf etwa die Exzellenzinitiative oder den Pakt für Forschung und Innovation. Letztlich waren die Interventionen allerdings wenig erfolgreich, was aufgrund des einmütigen parteipolitischen Votums für höhere Forschungsausgaben nicht verwundert.

Systematisierung der öffentlichen Forschungsförderung

Die öffentliche Forschungsförderung wird nach inhaltlicher und statistischer Darstellung traditionell in drei Sachgebiete untergliedert:

  • Gemeinsame Forschungsförderung: Hierunter fallen die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen, die von Bund und Ländern gemeinsam getragen und finanziert werden. Ihre Haushalte werden in der GWK diskutiert und verabschiedet. Regelmäßig gibt es dabei politische Leitbeschlüsse, wonach die Zuführungen an die Organisationen über längere Zeiträume hinweg um jährlich feste Beträge angehoben werden. Gegenwärtig gilt der Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern, die Förderung im Pakt für Forschung und Innovation11 jährlich pauschal um 5% zu steigern, wobei konkrete Zusatzbedarfe außerhalb dieser Marge gesondert berücksichtigt werden sollen. Rechtlich verankert ist die gemeinsame Forschungsförderung in Art. 91b Abs. 1 Nr. 1 GG.
  • Hochschulforschung: Aufgrund der traditionellen Einheit von Forschung und Lehre liegt sie im Rahmen der Kultur- und Bildungshoheit vor allem in der Zuständigkeit der Länder, wird jedoch zunehmend durch Gemeinschaftsinitiativen aus der GWK und ihrem Umfeld beeinflusst und überlagert, etwa bei der Exzellenzinitiative oder dem Hochschulpakt mit seinen verschiedenen Säulen. Ihre rechtliche Legitimation ziehen die Aktivitäten aus Art. 91b Abs. 1 Nr. 2 und 3 GG.
  • Sonstige Forschungsförderung: Sie umfasst die staatlichen Einrichtungen und Programme (etwa bei der Ressortforschung), die überwiegend in Eigenverantwortung von Bund und Ländern durchgeführt werden. Art. 91b GG sowie die GWK sind hier kaum betroffen.

Insgesamt betrugen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2008 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) knapp 67 Mrd. Euro, wovon etwa 47 Mrd. Euro durch die Wirtschaft finanziert wurden. Die verbleibenden 20 Mrd. Euro stammen fast vollständig aus den Haushalten von Bund und Ländern.12 Die außeruniversitären Organisationen haben eine sehr hohe Bedeutung für die deutsche Forschungslandschaft: So sind bei ihnen 2008 insgesamt über 9,3 Mrd. Euro für FuE ausgegeben worden, an den Hochschulen selbst mit 11,1 Mrd. Euro nur unwesentlich mehr (vgl. Tabelle 1). Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Anzahl der Forscher, d.h., dem im Bereich FuE tätigen Personal abzüglich der Stellen im Bereich der Verwaltung und der Zentralen Dienste. Die gemeinsame Forschungsförderung verfügt hierbei über mehr als 40% der Personalressourcen, während die restlichen knapp 60% der Forscher an den Universitäten, Fach- und Kunsthochschulen angestellt sind. Die außeruniversitären Einrichtungen stehen damit kaum hinter den Hochschulen zurück.

Tabelle 1
Forscher und FuE-Ausgaben im deutschen Forschungssystem
  Forscher (in VZÄ) FuE-Ausgaben (in Mio. Euro)
  2000 2008 2000 2008
Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gesamt 48 830 55 610 6 870 9 350
Max-Planck-Gesellschaft 4 080 6 180 1 100 1 560
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz 5 530 5 860 770 1 020
Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren 10 890 12 910 2 280 2 990
Fraunhofer-Gesellschaft 4 700 7 110 790 1 400
Hochschulen 67 090 76 830 8 100 11 100

Quellen: BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabellen 1.6.2, 1.6.4, 1.7.6, 1.7.8 (19.12.2011); Bundesbericht Forschung 2004, Tabellen 21a, 33.

Kurzskizze des außeruniversitären Forschungssektors in Deutschland

Die gemeinsame Forschungsförderung nach Art. 91b Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst die vom Bund und den Ländern gemeinsam getragenen Forschungseinrichtungen und -vorhaben.13 Hierbei handelt es sich vor allem um die großen Forschungsorganisationen Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL), Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) und Fraunhofer-Gesellschaft (FhG), an deren Finanzierung Bund und Länder mit jeweils unterschiedlichen Quoten beteiligt sind. Die Dominanz dieser Forschungsorganisationen zeigt sich daran, dass 2010 allein 88% des Fördervolumens der gemeinsamen Forschungsförderung auf sie entfallen. Die verbleibenden 12% teilen sich die kleinen Einrichtungen und die Programmförderung, wobei die Exzellenzinitiative fast die Hälfte dieser Restmittel absorbiert.14

Zu den Organisationen im Einzelnen: Der Schwerpunkt der DFG liegt in der Förderung fremder Forschung und ist damit anders gelagert als bei den verbleibenden Institutionen, die selbst Forschung betreiben.15 Diese vier großen Forschungsorganisationen unterscheiden sich in ihrer Trägerstruktur und ihrem Forschungsverständnis ganz erheblich voneinander:16 Die Max-Planck- und die Fraunhofer-Gesellschaft sind Trägerorganisationen, denen rechtlich unselbstständige Institute angegliedert sind. Damit werden die Mitgliedseinrichtungen nicht direkt von den Zuwendungsgebern institutionell gefördert, sondern über ihre jeweilige Gesellschaft. Die MPG verfolgt die forschungspolitische Mission, Grundlagenforschung zu betreiben, um zukunftsweisende Erkenntnisse zu generieren. Das Forschungsziel der FhG unterscheidet sich davon grundlegend, indem sie anwendungsorientierte Auftragsforschung für Unternehmen und die öffentliche Hand durchführt.

Bei der Leibniz- und der Helmholtz-Gemeinschaft handelt es sich hingegen nicht um Trägerorganisationen, so dass aufgrund der rechtlichen Selbstständigkeit jede Einrichtung direkt gefördert wird und einen Wirtschaftsplan aufzustellen hat. Bei der WGL ist eine forschungspolitische Leitlinie kaum zu erkennen, da die einzelnen Institute aus einer Zusammenstellung von lose miteinander verbundenen Einrichtungen (der sogenannten „Blauen Liste“) hervorgegangen sind. Sie vereint heterogene Institute, die in erster Linie aufgrund der gemeinsamen Finanzierungsmodalitäten durch Bund und Länder zusammengefasst werden. Anders sieht es bei der HGF aus, deren Institute zwar auch rechtlich selbstständig sind, aber historisch eine starke forschungspolitische Klammer aufwiesen, da hierin die Zentren für Reaktorentwicklung und Kernphysik zusammengefasst waren. Nach dem weitgehenden Verlust der ursprünglichen Aufgaben sind heute in der HGF vor allem Großeinrichtungen mit umfangreichen Forschungsinfrastrukturen organisiert, die über ein weites Spektrum in der Grundlagen- und der angewandten Forschung verfügen.

Entwicklung der Finanzierung des außeruniversitären Forschungssektors

Die Aufwendungen von Bund und Ländern für die großen Forschungsorganisationen sind in den letzten Jahrzehnten erheblich angestiegen – von 1,3 Mrd. Euro (1975) auf voraussichtlich 9,1 Mrd. Euro (2015). Dies bedeutet ein Ausgabenwachstum von 590% (vgl. Abbildung 1). Im gleichen Zeitraum haben sich die Gesamtausgaben von Bund und Ländern lediglich um 320% erhöht. Möglich wurde der überproportionale Zuwachs durch politische Beschlüsse mit dem Ziel, die Haushalte der Forschungseinrichtungen über mehrere Jahre hinweg pauschal um etwa 5% zu steigern.17

Abbildung 1
Entwicklung der gemeinsamen Forschungsförderung von 1975 bis 2015
in Mio. Euro
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1 Minimalvariante gemäß Pakt für Forschung und Innovation.


Quellen: Deutscher Bundestag: Bundesberichte Forschung bzw. Bundesberichte Forschung und Innovation, Bundestagsdrucksache 08/3024, 09/1581, 10/1543, 10/5298, 11/2049, 11/6886, 12/5550, 13/4554, 14/4229, 14/9586, 15/3300, 16/3910, 16/9260, 17/1880; BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabelle 1.2.2 (11.1.2012); GWK: Gemeinsame Förderung des Bundes und der Länder auf der Grundlage des Artikels 91b GG, www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/GemFofoe-2010-2011.pdf und www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/GemFofoe-2011-2012.pdf (19.12.2011); GWK: Pakt für Forschung und Innovation, Beschluss der GWK vom 22.4.2009, www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/PFI-2011-2015.pdf (4.10.2011); eigene Berechnungen.

Interessant ist dabei neben der Gesamtbetrachtung vor allem die Analyse der relativen Zuwächse der einzelnen Forschungsorganisationen in den Jahren von 1975 bis 2015, zwischen denen sich deutliche Unterschiede zeigen:

  • Helmholtz-Gemeinschaft (Finanzierungsschlüssel 90% Bund – 10% Länder): Sie hat den geringsten Zuwachs mit nur 320% zu verzeichnen. Es ist zu erkennen, dass sie im Ausgangsjahr der Betrachtungen den größten Teil der Ausgaben an der gemeinsamen Forschungsförderung auf sich vereinen konnte. So kam die HGF im Jahr 1975 allein auf 50% der Mittel und hat ihren Anteil insbesondere seit der Wiedervereinigung deutlich verringern müssen. Der Tiefpunkt wurde 2008 erreicht, als der HGF-Anteil weniger als 29% betrug. Seitdem wächst er wieder langsam an und wird 2012 voraussichtlich bei über 31% liegen. Diese Zahlen lassen sich dadurch begründen, dass die Nachkriegsperiode in Deutschland stark von der Großforschung geprägt war,18 was sich auch in der Forschungsförderung widerspiegelte. Eine Änderung in der Technologiepolitik setzte mit Beginn der 1990er Jahre ein, die weniger auf Großprojekte als vielmehr auf neue strategische Forschungsfelder (beispielsweise Energie, Gesundheit und Verkehr) setzte. Dies hatte zur Folge, dass „das forschungspolitische Interesse des Bundes an der Steuerung einzelner HGF-Zentren spürbar nachließ“19 und die bedeutsame Bundesfinanzierung in den 1990er Jahren jährlich nur um 1,1% zugenommen hat. Bei der HGF wurde die institutionelle Förderung 2001 durch eine programmorientierte Förderung ersetzt, bei der sich einzelne Zentren um Programme bewerben müssen. Hierbei handelt es sich um erste Wettbewerbsansätze, die aber Veränderungen in der Finanzierungsstruktur aufgrund der Größe der Einrichtungen noch nicht sichtbar werden lassen.20
  • Max-Planck-Gesellschaft (50% Bund – 50% Länder): Deutlich höhere, dem Durchschnitt der gemeinsamen Förderung insgesamt entsprechende Zuwachsraten verzeichnet mit einem Plus von 570% die MPG. Ihr Anteil an den Mitteln der gemeinsamen Forschungsförderung durch Bund und Länder liegt in allen vier Dekaden stabil in einem Korridor von 16% bis 20%. Dennoch ist bemerkenswert, dass gerade der Verband dieser Einrichtungen die zweitniedrigste Ausgabenzuwachsrate aufweist – die MPG ist auf die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung ausgerichtet und hat damit neben der HGF ihren Forschungsschwerpunkt am Anfang der Wertschöpfungskette. Damit ergeben sich deutliche Hinweise, dass sich die Politik in ihrer Finanzierung von der Grundlagenforschung zunehmend abwendet und stattdessen stärker zur angewandten Forschung tendiert.
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (58% Bund – 42% Länder): Sie konnte ihre Ausgaben in der Zeit von 1975 bis 2015 um insgesamt 910% steigern. In den ersten drei Jahrzehnten bis einschließlich des Jahres 2002 lag der Anteil der DFG an der gemeinsamen Forschungsförderung konstant in einem Korridor von 20% bis 25%. Insbesondere 2007 kam es zu einem enormen Anstieg des DFG-Anteils an den Mitteln um vier Prozentpunkte auf nunmehr 30% der Gesamtausgaben der Forschungsförderung. Zu Beginn des Jahres 2012 werden sogar fast 34% der gesamten Mittel aus der staatlichen Forschungsförderung an die DFG überwiesen. Dieser Prozess ist politisch gewollt: Im Rahmen der Exzellenzinitiativen zur Förderung der universitären Spitzenforschung werden über die DFG Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte an Hochschulen gefördert. In der ersten Runde standen dafür in den Jahren ab 2006 insgesamt 1,9 Mrd. Euro zur Verfügung,21 in der zweiten Runde ab 2011 weitere 2,7 Mrd Euro.22 Weiterhin werden über die DFG Programmpauschalen im Rahmen des Hochschulpakts 2020 gewährt, mit denen indirekte Projektausgaben refinanziert werden können. In der Zeit von 2007 bis 2015 stehen dafür insgesamt fast 2,4 Mrd. Euro zur Verfügung, die der Bund komplett übernimmt.23
  • Leibniz-Gemeinschaft (50% Bund – 50% Länder): Die WGL verzeichnet Ausgabesteigerungen von 1050%. Diese sind in erster Linie durch einen Basiseffekt bedingt, da das Finanzierungsvolumen im Jahr 1975 unter 100 Mio. Euro betrug und damit nur 8% der gemeinsamen Forschungsförderung ausmachte. Dieses geringe Anteilsverhältnis blieb bis 1989 bestehen. Erst durch die Wiedervereinigung ist eine Reihe von ostdeutschen Forschungs- und Serviceeinrichtungen in die WGL aufgenommen worden, was den Anteil an der Forschungsförderung auf bis zu 16% in den 1990er Jahren gesteigert hat. Dies war politisch gewollt, da der Aufbau der ostdeutschen Forschungslandschaft über die WGL erfolgen sollte. Aufgrund forschungspolitischer Restriktionen – neue Institute konnten nach dem sogenannten Omnibusprinzip nur aufgenommen werden, wenn gleichzeitig ein anderes Institut geschlossen wurde, wogegen sich die Regionalpolitiker häufig zur Wehr setzten24 – hat es nachfolgend kaum Veränderungen gegeben. In den 2000er Jahren ist der Mittelanteil der WGL rückläufig und erreicht aktuell einen Wert von 12%. Dies ist Ausdruck des stärkeren Wachstums bei den anderen Organisationen. Die eingeführte institutionelle Evaluierung25 führt zwar zum Ausscheiden einzelner Institute, eine Konsolidierung im Sinne einer Budgetverringerung wird damit aber nicht beabsichtigt.
  • Fraunhofer-Gesellschaft (90% Bund – 10% Länder): Den höchsten Ausgabenzuwachs mit 2120% kann die FhG für sich verbuchen. Während in den 1970er Jahren der Anteil der FhG an den Ausgaben der gemeinsamen Forschungsförderung lediglich bei 2% lag, ist er in den letzten Jahren auf bis zu 9% angestiegen. Die Zahlen illustrieren zum einen, dass wiederum ein Basiseffekt für die starke Steigerungsrate verantwortlich ist. Zum anderen können aber auch inhaltliche Gründe angeführt werden: Da die Technisierung der Gesellschaft immer schneller voranschreitet und diese Institute die anwendungsnahe Wirtschaftsforschung auf Basis eigener technologischer Entwicklungen abdecken, sind die eingeworbenen Mittel der FhG entsprechend dynamisch angewachsen. Da die FhG leistungsabhängig finanziert wird (die Höhe der öffentlichen Grundfinanzierung bemisst sich anhand der Höhe der wirtschaftlichen Erträge aus ihrer Forschung),26 sind die Aufwendungen des Bundes und der Länder entsprechend angestiegen. Dieses Modell stellt eine sehr einfache Form der Erfolgsorientierung dar, das aufgrund der Leistungsstärke der FhG die öffentliche Hand aber teuer zu stehen kommt.

Insbesondere der unterproportionale Anstieg bei der quantitativ sehr bedeutsamen Helmholtz-Gemeinschaft ist für die Lastenverteilung im föderalen Verhältnis von Bund und Ländern von erheblicher Bedeutung, weil in diesem Bereich mit der geringsten Dynamik der Finanzierungsanteil des Bundes mit 90% besonders hoch ist. Dagegen schultern die Länder bei den Einrichtungen, die höhere Zuwächse zu verzeichnen haben, mit einem Finanzierungsschlüssel von oftmals 50% eine deutlich größere Finanzierungslast. Insgesamt führte damit das heterogene Ausgabenwachstum innerhalb der gemeinsamen Forschungsförderung zu einer Verschiebung der Finanzierungsproportionen im Bund-Länder-Verhältnis. So ist der Finanzierungsanteil der Länder von 25% im Jahr 1975 über durchschnittliche 28% in den 1980er Jahren auf mehr als 32% in den 2000er Jahren angestiegen; den höchsten relativen Anteil mussten die Länder mit 33% im Jahr 2000 aufbringen. Am Ende der Betrachtungsperiode wird ein Finanzierungsverhältnis von 30% für die Länder und 70% für den Bund erreicht. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich über den gesamten Zeitraum die Ausgaben für die Forschungsorganisationen gegenüber den Gesamtausgaben überproportional erhöht und zugleich von der Bundes- auf die Länderebene verlagert haben.

Erst in den letzten Jahren deutet sich ein leichtes Umschwenken an, da sich der Bund seit 2007 wieder finanziell stärker engagiert, was in erster Linie der DFG zugute kommt. Hierüber gelangen die Mittel aus der Exzellenzinitiative und aus Teilen des Hochschulpakts an die Zuwendungsempfänger. In der Zeit von 2006 bis 2011 hat sich die Zuteilung des Bundes an der DFG mehr als verdoppelt (von 815 Mio. Euro auf 1650 Mio. Euro). Diese enormen Zuwendungssteigerungen sind bei den Ländern in diesem drastischen Ausmaß nicht zu beobachten, da aufgrund von Bund-Länder-Sonderfinanzierungen abweichende Finanzierungsschlüssel gelten.

Die Asymmetrie im Ausgabenzuwachs zeigt sich in Abbildung 2, in der die Haushalts- und Wirtschaftsentwicklung von Ländern und Bund ins Verhältnis zur Finanzierung der gemeinsamen Forschungsförderung gesetzt wird. Die Abbildung bestätigt, dass die starken Budgetausweitungen überwiegend von den Ländern getragen wurden. Während sich die Aufwendungen beim Bund in etwa parallel zur allgemeinen Haushaltsentwicklung bewegen und erst seit 2007 den gemeinsamen Pfad verlassen, sind sie bei den Ländern schon seit Anfang der 1990er Jahre aus dem von Wirtschaftswachstum und Gesamtausgaben gezeichneten Korridor ausgebrochen und haben sich von der allgemeinen Haushaltsentwicklung entkoppelt.

Abbildung 2
Wirtschafts- und Haushaltsentwicklung sowie gemeinsame Forschungsförderung seit 1975
1975 = 100
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Quellen: Deutscher Bundestag: Bundesberichte Forschung bzw. Bundesberichte Forschung und Innovation, Bundestagsdrucksache 08/3024, 09/1581, 10/1543, 10/5298, 11/2049, 11/6886, 12/5550, 13/4554, 14/4229, 14/9586, 15/3300, 16/3910, 16/9260, 17/1880; BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabelle 1.2.2 (11.1.2012); Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Inlandsproduktsberechnung. Lange Reihen ab 1970. Fachserie 18, Reihe 1.5, Wiesbaden 2011; Statistisches Bundesamt: Rechnungsergebnisse der staatlichen Haushalte, Wiesbaden 1975 bis 1999 und Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts. Fachserie 14, Reihe 3.1, Wiesbaden 2000 bis 2008; Statistisches Bundesamt: Vierteljährliche Kassenergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts. Fachserie 14, Reihe 2, Wiesbaden 2009 bis 2010; eigene Berechnungen.

Mittelverteilung zwischen Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen

In der deutschen Forschungslandschaft stehen zwei institutionelle Bereiche miteinander im Wettbewerb: auf der einen Seite die außeruniversitären, staatlich finanzierten Einrichtungen und auf der anderen Seite die Hochschulen. Die beiden Organisationsblöcke werden in der Regel in einem Ministerium verwaltet und daher auch aus den Etatmitteln des gleichen Hauses (genannt Einzelplan) bedient. Dass die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern in den vergangenen Jahrzehnten außerordentlich stark angewachsen ist, bestätigt auch eine aktuelle Studie,27 die zu dem Ergebnis kommt, dass die außeruniversitäre Forschung in den letzten Jahren (2002 bis 2007) ein jahresdurchschnittliches Ausgabenwachstum von 3,2% verzeichnen konnte. Da aber das Volumen der Haushaltsmittel in den Wissenschafts- und Forschungsressorts der Länder insgesamt nicht eine solche Dynamik aufweisen konnte, muss sich diese Entwicklung zwangsläufig zulasten von anderen Wissenschaftsbereichen auswirken. So wurde in der gleichen Studie ermittelt, dass die Ausgaben für die Hochschulen in dem angegebenen Berichtszeitraum mit 1,9% pro Jahr deutlich verhaltener gestiegen sind.

Zur Abbildung des Gesamtetats der Länder für die Wissenschaft und Forschung wurden aus den Rechnungsergebnissen die bereinigten Ausgaben der zwei Aufgabenbereiche „Hochschulen (ohne Hochschulkliniken)“28 und „Wissenschaft, Forschung und Entwicklung außerhalb der Hochschulen“29 extrahiert und zu einem Gesamtbudget addiert. Dieser Gesamtzahl werden die Länderausgaben für die gemeinsame Forschungsförderung gegenübergestellt.30 Im Zeitraum 1975 bis 2008 nahmen die Länderausgaben für die außeruniversitären Einrichtungen in Deutschland um jahresdurchschnittlich 6,0% zu. Damit stiegen sie rascher als das Wissenschafts- und Forschungsbudget der Länder insgesamt, das im gleichen Zeitraum ein Ausgabenwachstum von lediglich 4,0% pro Jahr erreichte. Beim Bund treten diese Unterschiede nicht zutage: Er hat seine gesamten Mittel für Wissenschaft und Forschung ebenfalls um durchschnittlich 4,0% pro Jahr gesteigert, die Ausgabensteigerungen des Bundes für die vier großen Forschungseinrichtungen (MPG, FhG, HGF, WGL) stehen damit aber nahezu im Einklang (+4,1%). Budgetverdrängungseffekte aufgrund der überproportionalen Forschungsförderung sind damit ausschließlich ein Länderproblem. Wie sich die Anteilsverschiebung im Zeitverlauf darstellt und welche Dimension sie annimmt, ist in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3
Anteil der außeruniversitären Forschungsförderung am Länderbudget für Wissenschaft und Forschung
in %
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Quellen: Deutscher Bundestag: Bundesberichte Forschung bzw. Bundesberichte Forschung und Innovation, Bundestagsdrucksache 08/3024, 09/1581, 10/1543, 10/5298, 11/2049, 11/6886, 12/5550, 13/4554, 14/4229, 14/9586, 15/3300, 16/3910, 16/9260, 17/1880; Statistisches Bundesamt: Rechnungsergebnisse der staatlichen Haushalte, Wiesbaden 1975 bis 1999 und Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts. Fachserie 14, Reihe 3.1. Wiesbaden 2000 bis 2008; eigene Berechnungen.

Es bestätigt sich die Vermutung, dass die Aufwendungen der Länder für die Einrichtungen der vier großen Forschungsorganisationen in den letzten Jahrzehnten angestiegen sind. Dabei sind drei Phasen zu unterscheiden: Von 1975 bis 1983 kam es zu einem sehr dynamischen Anstieg des Anteils der außeruniversitären Forschungsförderung am Länderbudget für Wissenschaft und Forschung von etwa 3,5% auf deutlich über 5,0%. In dieser Zeit betrug das jährliche Wachstum der Haushaltsmittel von MPG, FhG, HGF und WGL fast 10%, denen aber auch Ausgabensteigerungen der öffentlichen Haushalte von etwa 6% gegenüberstanden (Hochinflation der 1970er Jahre). Lediglich die Gesamtaufwendungen der Länder für Wissenschaft und Forschung sind hinter diesen Zuwachsraten weit zurückgeblieben, was die Anteilserhöhung erklärt. Während der nächsten zwei Jahrzehnte hat sich – mit Ausnahme des Jahres 1991, das durch die deutsche Wiedervereinigung verzerrt ist – der Wert der gemeinsamen Forschungsförderung von knapp über 5,0% gehalten. Seit dem Jahr 2002 steigt der Anteil der Forschungseinrichtungen am Forschungsbudget der Länder wieder an, nun aber kontinuierlich, stetig und sehr dynamisch. Das Neue an der aktuellen Entwicklung ist, dass die Aufwendungen der Länder für Wissenschaft und Forschung gegenüber den Gesamtausgaben bereits überproportional wachsen, darunter die Ausgaben für die gemeinsame Forschungsförderung aber nochmals überproportional gegenüber den Wissenschaftsausgaben. Damit kommt es zu einer doppelten Entkopplung der gemeinsamen Forschungsförderung – sowohl von der allgemeinen Haushaltsentwicklung als auch von den Mitteln des Forschungs- und Wissenschaftsressorts. Im Jahr 2008 hat der Wert einen neuen Höhepunkt von 6,6% erreicht und die im Pakt für Forschung und Innovation vorgezeichnete weitere Entwicklung der gemeinsamen Forschungsförderung wird auch in den kommenden Jahren zu neuen Spitzenwerten führen.

Nun mag der Einwand erhoben werden, dass der außeruniversitäre Forschungssektor mit noch nicht einmal 7% nur einen relativ unbedeutenden Anteil an der Finanzierungslast der 16 Länder ausmacht. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass bei einem Gesamtvolumen der Länder für die Wissenschaft und Forschung von 20 Mrd. Euro im Jahr 2008 ein Zehntel Prozentpunkt bereits Verschiebungen in Höhe von 20 Mio. Euro nach sich zieht – was die Gesamtausgaben einer kleinen Universität wie in Flensburg oder Vechta abdeckt –, erscheinen die Beträge nicht mehr so unbedeutend. Ein weiteres Zahlen- und Gedankenspiel mag die Relevanz noch untermauern: Wären die Länderausgaben für die vier großen Forschungsorganisationen von 2007 auf 2008 nur in dem Maße angestiegen wie die Ländergesamtausgaben für Wissenschaft und Forschung, hätten die Institute der MPG, FhG, HGF und WGL allein im Jahr 2008 insgesamt 98 Mio. Euro weniger zur Verfügung gehabt. Mit dieser potenziellen Umschichtung könnten die Gesamtausgaben einer mittelgroßen deutschen Universität wie der in Mannheim mit ihren über 10 000 Studierenden komplett bestritten werden.

An welcher Stelle die Mittel nun besser eingesetzt sind – ob in der außeruniversitären Forschung und damit in der Weiterentwicklung der technologischen Leistungsfähigkeit oder in den Hochschulen mit ihrer Doppelfunktion von Forschung und akademischer Ausbildung –, vermag dieser Beitrag nicht zu beantworten, und das ist auch nicht seine Aufgabe. Hiermit soll nur illustriert werden, dass Mittelausweitungen eines Bereichs bei einem begrenzten Budget zwangsläufig auf Kosten anderer Bereiche ausfallen müssen. Gerade bei den Ländern als Träger der Hochschulen sind überproportionale finanzielle Anstrengungen zugunsten der Wissenschaftsorganisationen auch in Zukunft nur zulasten der Universitäten und Fachhochschulen zu realisieren.

Analyse der gesamten FuE-Aufwendungen

In diesem letzten Abschnitt werden die gesamten öffentlichen FuE-Aufwendungen (gemeinsame Forschungsförderung, Hochschulforschung und sonstige Forschungsförderung) in den Blick genommen, die eine weitere zentrale Größe in der öffentlichen Debatte darstellen. Der Befund eines asymmetrischen Kostenaufwuchses und einer damit einhergehenden Lastenverschiebung vom Bund auf die Länder bestätigt sich auch bei Betrachtung der FuE-Ausgaben insgesamt, wenngleich bei geringerer Wachstumsdynamik (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4
Volumen und Anteile von Bund und Ländern an den FuE-Ausgaben seit 1985
in Mrd. Euro
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Quellen: Deutscher Bundestag: Bundesberichte Forschung bzw. Bundesberichte Forschung und Innovation, Bundestagsdrucksache 08/3024, 09/1581, 10/1543, 10/5298, 11/2049, 11/6886, 12/5550, 13/4554, 14/4229, 14/9586, 15/3300, 16/3910, 16/9260, 17/1880; BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabellen 1.2.1, 1.2.4 (11.1.2012); eigene Berechnungen.

Die öffentlichen Aufwendungen für FuE (einschließlich gemeinsamer Forschungsförderung) sind in der Zeit von 1985 bis 2008 um etwa 90% von 10,6 Mrd. Euro auf 19,9 Mrd. Euro angestiegen. Der Anteil der Länder beträgt aktuell etwa 8,9 Mrd. Euro. Damit sind die Ausgaben in diesem Bereich im Vergleich zu den staatlichen Gesamtausgaben (+130%) unterproportional gewachsen. Verdrängungseffekte innerhalb der Haushalte entstanden, anders als bei der gemeinsamen Forschungsförderung, nicht. Deutliche Verschiebungen gab es indes im Verhältnis zwischen Bund und Ländern: Während der Bund zu Beginn des Betrachtungszeitraums mit 64% noch fast zwei Drittel der Ausgaben trug, ist sein Anteil am aktuellen Rand auf 55% abgesunken. Korrespondierend erhöhten die Länder ihre Zuschüsse von 36% auf nunmehr 45%. Wie aus der Zeitreihe ersichtlich, hat der Bund seinen Etat für FuE im Zeitraum unmittelbar nach der Wiedervereinigung deutlich aufgestockt, das Niveau in den folgenden zehn Jahren jedoch zunächst wieder abgesenkt und dann faktisch eingefroren. Die Steigerung der öffentlichen Ausgaben für FuE in den 1990er Jahren erfolgte damit fast ausschließlich durch die Länder. Erst seit 2006 wächst das Engagement des Bundes, ohne jedoch das Ausgangsniveau zu erreichen. Würde man bei den aktuellen Gesamtausgaben der öffentlichen FuE-Förderung die Ausgabenrelation des Jahres 1985 wieder herstellen wollen, so müsste der Bund gegenüber dem Status quo 1,8 Mrd. Euro zusätzlich finanzieren und den Ländern zugestehen, ihre Finanzierung um den gleichen Betrag abzusenken.

Das Spiegelbild dieser Entwicklung in den allgemeinen finanzwirtschaftlichen Kenngrößen zeigt Abbildung 5. Während sich die Ausgaben für FuE bei den Ländern weitgehend parallel zum BIP und dem Volumen des Gesamthaushalts bewegen, bleiben die FuE-Ausgaben des Bundes hinter den Gesamtausgaben und der Wirtschaftsentwicklung zurück.

Abbildung 5
Wirtschafts- und Haushaltsentwicklung sowie FuE-Ausgaben bei Ländern und Bund seit 1985
1985 = 100
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Quellen: Deutscher Bundestag: Bundesberichte Forschung bzw. Bundesberichte Forschung und Innovation, Bundestagsdrucksache 08/3024, 09/1581, 10/1543, 10/5298, 11/2049, 11/6886, 12/5550, 13/4554, 14/4229, 14/9586, 15/3300, 16/3910, 16/9260, 17/1880; BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabellen 1.2.1, 1.2.4 (11.1.2012); Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Inlandsproduktsberechnung. Lange Reihen ab 1970. Fachserie 18, Reihe 1.5, Wiesbaden 2011; Statistisches Bundesamt: Rechnungsergebnisse der staatlichen Haushalte, Wiesbaden 1975 bis 1999 und Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts. Fachserie 14, Reihe 3.1, Wiesbaden 2000 bis 2008; eigene Berechnungen.

Fazit und Ausblick

In dem vorliegenden Beitrag konnte gezeigt werden, dass sich die überregionale Forschungsförderung von Bund und Ländern nach Art. 91b GG in den vergangenen Jahrzehnten sehr dynamisch entwickelt hat. Der Bund hat jedoch jahrzehntelang die gemeinsame Forschungsförderung nicht in dem Maße ausgebaut wie die Länder, die ihre Anteilsfinanzierung an den großen Forschungseinrichtungen gegenüber der allgemeinen Haushaltsentwicklung auf der einen Seite und der Entwicklung des Etats für Bildung und Forschung auf der anderen Seite deutlich stärker erhöht haben. Ob diese überproportionalen Leistungen zugunsten der außeruniversitären Forschung der richtige Weg sind, soll und kann dieser Beitrag nicht beurteilen. Es muss aber klar sein, dass diese erheblichen Anstrengungen der Länder nur zulasten anderer Aufgabenbereiche möglich sind. So konnte illustriert werden, dass der Zuwachs bei der Max-Planck-, Leibniz-, Helmholtz- und Fraunhofer-Gesellschaft zulasten der finanziellen Lage an den Hochschulen ging.

Erst seit 2007 holt der Bund mit seinen deutlich gesteigerten Finanzierungsanstrengungen auf; gleichzeitig setzt er aber in den Gremien die Länder unter Druck, damit sie ebenso viel zulegen wie er – missachtet dabei aber Tatsache, dass die Länder bereits eine viel höhere Basis erreicht haben. So hat sich der Bund bei der gesamten FuE-Finanzierung in den letzten 25 Jahren soweit aus seiner finanziellen Verantwortung zurückgezogen, dass er zunächst eine Nachfinanzierung von 1,8 Mrd. Euro tätigen müsste, um den Status quo von Mitte der 1980er Jahre wieder herzustellen. Um solchen Ungleichgewichten in Zukunft besser vorbeugen zu können, sollten die Finanzministerien der Länder die Möglichkeit in Erwägung ziehen, ihre Sitze in der GWK wahrzunehmen. Auch wäre damit die Option, im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung verstärkt Wettbewerbs- und Evaluationskriterien zu etablieren, um sich von der unreflektierten Inputorientierung im Forschungsbereich loszusagen, verbunden. Ansätze und erste Erfahrungen liegen bei den betrachteten Organisationen bereits vor.

Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wieder.

  • 1CDU/CSU, FDP: Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26. Oktober 2009, S. 63.
  • 2 Vgl. SPD: Hamburger Programm, Das Grundsatzprogramm der SPD vom Oktober 2007, S. 46.
  • 3 Vgl. Bündnis 90/Die Grünen: Der grüne neue Gesellschaftsvertrag, Bundeswahlprogramm 2009, S. 109.
  • 4 Vgl. Die Linke: Programm der Partei Die Linke vom Oktober 2011, S. 41.
  • 5 Vgl. H.-W. Hohn: Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, in: D. Simon, A. Knie, S. Hornbostel (Hrsg.): Handbuch Wissenschaftspolitik, Wiesbaden 2010, S. 457-477.
  • 6 Vgl. U. Volkmann, in: v. Mangoldt, Klein, Starck, GG III, Art. 91b Rdnr. 1-2.
  • 7 Im Januar 2012 hat Schleswig-Holstein dem Bundesrat einen Antrag zugeleitet, um den Art. 91b GG erneut anzupassen. Das Land möchte eine Bundesratsinitiative dazu nutzen, die vor wenigen Jahren beschlossenen Kompetenz- und Finanzierungsregelungen so umzugestalten, dass unter anderem der Bund künftig wieder stärker in die Verantwortung genommen werden kann. Vgl. Bundesrat: Entschließung des Bundesrates zum Bildungsföderalismus, BR-Drs. 43/12.
  • 8 Vgl. A. Stucke: Staatliche Akteure in der Wissenschaftspolitik, in: D. Simon, A. Knie, S. Hornbostel (Hrsg.), a.a.O., S. 363-376.
  • 9 Vgl. U. Volkmann, a.a.O., Rdnr. 7.
  • 10 GWK-Abkommen vom 19.9.2007, Bundesanzeiger 2007, Nr. 195, S. 7787.
  • 11 GWK: Pakt für Forschung und Innovation, Beschluss der GWK vom 22.4.2009, www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/PFI-2011-2015.pdf (4.10.2011).
  • 12 Vgl. BMBF: Daten-Portal, www.bmbf.de/daten-portal/index.html, Tabelle 1.1.2 (11.1.2012).
  • 13 Vgl. U. Volkmann, a.a.O., Rdnr. 10.
  • 14 Vgl. GWK: Gemeinsame Forschungsförderung des Bundes und der Länder. Finanzströme im Jahr 2010, Überarbeitete Fassung, Bonn 2011, S. 8.
  • 15 Die sonstigen Einrichtungen in der außeruniversitären Forschungslandschaft werden an dieser Stelle nicht behandelt. Für eine umfassende Analyse siehe W. Polt et al.: Das deutsche Forschungs- und Innovationssystem. Ein internationaler Systemvergleich zur Rolle von Wissenschaft, Interaktionen und Governance für die technologische Leistungsfähigkeit, Wien u.a.O. 2009.
  • 16 Vgl. T. Heinze, N. Arnold: Governanceregimes im Wandel. Eine Analyse des außeruniversitären, staatlich finanzierten Forschungssektors in Deutschland, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 4/2008, S. 686-722.
  • 17 Zuletzt im Pakt für Forschung und Innovation vom 22.4.2009, a.a.O.
  • 18 Vgl. M. Kölbel: Das Wachstum der Wissenschaft in Deutschland 1650-2000, in: Gesellschaft für Wissenschaftsforschung: Wissenschaft und Innovation, Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2001, Berlin 2002, S. 113-128.
  • 19 T. Heinze, N. Arnold, a.a.O., S. 708.
  • 20 Vgl. T. Groß, N. Arnold: Regelungsstrukturen der außeruniversitären Forschung. Organisation und Finanzierung der Forschungseinrichtungen in Deutschland, Baden-Baden 2007, S. 143.
  • 21 Vgl. Exzellenzvereinbarung vom 18.7.2005, Bundesanzeiger 2005, Nr. 167, S. 13347.
  • 22 Vgl. Exzellenzvereinbarung II vom 24.6.2009, Bundesanzeiger 2009, Nr. 103, S. 2416.
  • 23 Vgl. Verwaltungsvereinbarung über den Hochschulpakt 2020, Bundesanzeiger 2007, Nr. 171, S. 7480; und Verwaltungsvereinbarung über den Hochschulpakt 2020 (zweite Programmphase), http://www.bmbf.de/pubRD/verwaltungsvereinbarung_hochschulpakt_zweite_programmphase.pdf (11.1.2012).
  • 24 Vgl. D. Braun: Staatliche Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen am Beispiel der Niederlande und Deutschlands. Kritische Begutachtung eines Förderinstruments, Bern 2001, S. 59 ff.
  • 25 T. Heinze, N. Arnold, a.a.O., S. 712.
  • 26 Vgl. T. Groß, N. Arnold, a.a.O., S. 41 ff.
  • 27 Vgl. W. Polt et al., a.a.O., S. 41.
  • 28 Funktionen 112 und 13 abzüglich 132 (bis 2001) bzw. Funktionen 13 abzüglich 132 und 138 (ab 2002).
  • 29 Funktion 16/17.
  • 30 Aus zwei Gründen konnten die Ausgaben der Forschungsförderung nicht der Finanzstatistik entnommen werden: Einerseits gab es vor 2002 keine trennscharfe institutionelle Funktionskennziffer und andererseits zeigt die Buchungspraxis, dass die mittlerweile eingerichtete Kennziffer zur gemeinsamen Forschungsförderung nicht immer sachgerecht bedient wurde und wird. Bei der Ermittlung des Anteilsverhältnisses der gemeinsamen Forschungsförderung am Gesamtetat für Wissenschaft und Forschung wurde bewusst auf die Einbeziehung der DFG verzichtet, da sie Gelder sowohl an außeruniversitäre Einrichtungen als auch an Hochschulen vergibt und somit nicht die Institution im Vordergrund steht.


DOI: 10.1007/s10273-012-1361-8