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Aktuell wird darüber diskutiert, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) obere Einkommenschichten begünstige. Dem wird entgegengehalten, dass die Energiepolitik nicht auf die Einkommensverteilung gerichtet sei, dafür seien andere Politikbereiche verantwortlich. Wenn überhaupt, sollten die Begünstigungen für energieintensive Industrien im EEG in den Fokus genommen werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob das EEG sein eigentliches Ziel, die CO2-Vermeidung, mit effizienten Mitteln erreicht.

Ungleiche Belastung durch die Energiewende: Vor allem einkommensstarke Haushalte profitieren

Spätestens mit dem Energiekonzept der Bundesregierung vom Herbst 2010 und dem beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie im Frühsommer 2011 ist es politischer Konsens, dass die Energieversorgung und dabei vor allem die Stromerzeugung bis zur Mitte des Jahrhunderts weitgehend auf CO2-arme und insbesondere erneuerbare Energien umgestellt werden soll. Der Anteil erneuerbaren Stroms an der Bruttostromerzeugung soll sich innerhalb der nächsten acht Jahre von aktuell 20% auf knapp über 40% verdoppeln und bis 2050 auf 85% ansteigen. Um diese Ziele zu erreichen, setzt die Bundesregierung in erster Linie auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Durch dieses Förderinstrument konnte der Ausbau erneuerbarer Energien in den vergangenen zwölf Jahren deutlich beschleunigt werden. Auf der anderen Seite wurden Subventionen in Milliardenhöhe dafür aufgebracht – mit deutlich steigender Tendenz. Neben problematischen Anreizwirkungen werden immer wieder die unerwünschten Verteilungswirkungen der EEG-Finanzierung diskutiert, meist aber ohne die notwendigen empirischen Belege. Im Folgenden wird die Verteilungswirkung des EEG beispielhaft anhand einer empirischen Analyse der Förderung für Photovoltaik (PV) überprüft.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das EEG basiert auf Einspeisetarifen, die den Betreibern Erneuerbarer-Energien-Anlagen für jede erzeugte Kilowattstunde Strom gezahlt werden. Es umfasst im Wesentlichen Regelungen für den Vorrang erneuerbarer Energien bei Netzanschluss, Stromabnahme, -übertragung/-verteilung und -vergütung.1 Um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, wird den Anlagenbetreibern eine Mindestvergütung für regenerativ erzeugten Strom durch das EEG garantiert. Die Vergütungssätze unterscheiden sich nach Technologie und Anlagengröße. Sie werden in der Regel für 20 Jahre zugesichert und übersteigen den Marktpreis oft um ein Vielfaches. Der nach dem EEG abgenommene und vergütete Strom wird von den Netzbetreibern an der Strombörse zu Marktpreisen verkauft. Die Differenzkosten zwischen der durchschnittlich gezahlten Vergütung nach dem EEG und dem durchschnittlichen Marktpreis wird über ein Umlageverfahren auf die Stromverbraucher gewälzt (Ausgleichsmechanismus). Diese sogenannte EEG-Umlage beträgt derzeit (2012) 3,6 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde. Durch Ausnahmeregelungen ist eine teilweise Befreiung von der Zahlung der EEG-Umlage möglich (Ausgleichsregelung). Dies gilt insbesondere für stromintensiv produzierende Unternehmen.

Das wichtigste direkte Ergebnis des EEG ist der Anstieg der installierten Leistung. Die insgesamt installierte Leistung erneuerbarer Energien in Deutschland liegt aktuell bei 70 Gigawatt. Diese Leistung geht vor allem auf den Zubau von Windkraft- (41%) und PV-Anlagen (43%) zurück. Aus der Zunahme der installierten Leistung leiten sich ein Anstieg der erzeugten Strommenge aus erneuerbaren Quellen auf der einen und ein Anstieg der Einspeisevergütungen sowie der Subventionen auf der anderen Seite ab. Aufgrund der differenzierten Einspeisevergütung bildet die erzeugte Strommenge der einzelnen Technologien nicht ihren Anteil an der Einspeisevergütung ab. So lag z.B. der Anteil des 2011 durch PV-Anlagen erzeugten Stroms bei 21%. Gleichzeitig entfielen aber gut 45% der Vergütungen auf diese Technologie. Die Hälfte des EEG-Stroms stammte im selben Jahr hingegen aus Windkraftanlagen. Sie belasteten das EEG-Konto jedoch nur mit einem Anteil von 25%.2 Der starke Zubau der PV, insbesondere im ersten Halbjahr 2012, lässt erwarten, dass der Anteil der Vergütungen für PV-Anlagen weiterhin deutlich steigen wird.

Mit der Zunahme der Mengen sind die Preise für Erneuerbare-Energien-Anlagen gesunken. Zugleich konnte ihr Wirkungsgrad gesteigert werden. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Erträge der Anlagenbetreiber aus. Der Gesetzgeber berücksichtigt diese Entwicklung durch regelmäßige Anpassungen der EEG-Vergütungssätze. Das ursprüngliche EEG aus dem Jahr 2000 wurde im Laufe seiner Geschichte mehrmals novelliert. Umfassende Novellen wurden 2004, 2009 und 2012 durchgeführt. So wurde 2004 eine jährliche Degression für die Vergütungssätze eingeführt. Die gezahlten Vergütungen für neu installierte Anlagen sinken seither jährlich degressiv um einen festgelegten Prozentsatz. Der Prozentsatz ist technologieabhängig. Bei der PV erhöht oder verringert sich der Prozentsatz seit der Novelle im Jahr 2011 abhängig vom Zubau neuer Anlagen. Der Grund für diese Regelung ist die besonders hohe Lernrate bei der PV-Technologie. Mit jeder Verdopplung der insgesamt hergestellten Menge wurden die Produktionskosten um rund 25% gesenkt. Seit 2006 hat sich die weltweit installierte Leistung drei Mal verdoppelt (2008, 2010 und 2011). Die Preise für PV-Anlagen haben sich im gleichen Zeitraum entsprechend mehr als halbiert. Insbesondere 2009 hat eine starke Kostendegression bei PV-Anlagen stattgefunden (20%).

Auswirkungen

Die Zahlungen der Stromverbraucher durch die EEG-Umlage auf der einen und die Einnahmen der Anlagenbetreiber auf der anderen Seite führen zu erheblichen Verteilungswirkungen durch das EEG. Dabei ist die Einnahmeseite kaum hinreichend zu erfassen, da hier nicht nur die privaten Eigentümer von Erneuerbaren-Energien-Anlagen berücksichtigt werden müssten, sondern auch die Eigentümerstruktur größerer Unternehmen, die beispielsweise Windparks betreiben, Solaranlagen auf Werksdächern installieren oder Biomasseanlagen besitzen. Zudem müssten zuverlässige Daten über die Investitionen und die Renditen einzelner Projekte wie Windparks oder Biomassekraftwerke vorliegen. Möglich ist aber eine Betrachtung der Verteilungswirkungen, die sich aus den Zahlungen der privaten Haushalte für das EEG ergeben. Diesen Ausgaben können schließlich die durchschnittlichen Einnahmen privater PV-Anlagen gegenübergestellt werden.

Die folgenden Berechnungen basieren auf der aktuellsten Befragungswelle des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) des Jahres 2010, wobei das Einkommen und die Stromkosten jeweils auf das Jahr 2011 fortgeschrieben wurden.3 Für die Haushalte wird auf durchschnittliche Strompreise zurückgegriffen.4 Auch der Stromverbrauch wird mittels dieser unterstellten Durchschnittsstrompreise ermittelt, da die Mikrodaten nur Angaben über die monatlichen Stromkosten der Haushalte enthalten. Wie in Verteilungsanalysen üblich, wird ein bedarfsgewichtetes Haushaltsnettoeinkommen verwendet, um unterschiedliche Haushaltsgrößen und Skaleneffekte innerhalb von Haushalten zu berücksichtigen.5 Das resultierende Äquivalenzeinkommen wird schließlich jedem Haushaltsmitglied zugeordnet und lässt sich als bedarfsgemäß modifiziertes Pro-Kopf-Einkommen interpretieren. Auch die Stromkosten und die anteiligen EEG-Kosten werden bedarfsgewichtet, da der Stromverbrauch zwar mit zunehmender Haushaltsgröße steigt, aber nur unterproportional.

Tabelle 1
Verteilung der EEG-Umlage nach Einkommensdezilen 2011
Einkommen und Umlage pro Person (bedarfsgewichtet) je Monat
Einkommens­dezile Durch­schnittliche monatliche EEG-Umlage in Euro Anteil der EEG-Umlage am Einkommen des jeweiligen Dezils in %
1 5,85 0,94
2 5,66 0,55
3 5,75 0,46
4 5,77 0,40
5 5,77 0,35
6 6,18 0,34
7 5,99 0,29
8 6,37 0,27
9 6,31 0,23
10 7,20 0,17

Die Haushalte werden gemäß der Höhe ihrer bedarfsgewichteten Nettoeinkommen sortiert und in zehn gleich große Gruppen eingeteilt (Dezile); alle Werte beziehen sich auf Monatsangaben und Durchschnitte in den jeweiligen Einkommendezilen.

Quellen: Sozio-ökonomisches Panel; eigene Berechnungen.

Tabelle 1 zeigt die durchschnittlichen monatlichen EEG-Kosten sowie deren Anteile am Nettoeinkommen nach Dezilen des bedarfsgewichteten Nettoeinkommens. Das durchschnittliche bedarfsgewichtete Einkommen der ärmsten 10% der Bevölkerung beträgt 706 Euro, das des obersten und damit reichsten Dezils 4744 Euro. Zwar ist ein leichter Anstieg der EEG-Kosten in den höheren Einkommensdezilen zu erkennen, im Vergleich zum Einkommensanstieg ist dieser aber vergleichsweise gering. Für die ärmere Hälfte der Bevölkerung liegt die bedarfsgewichtete Pro-Kopf-EEG-Umlage knapp unter 6 Euro, die reichsten 10% der Bevölkerung zahlen 7,20 Euro. Die durchschnittlichen Haushaltswerte liegen jeweils etwa um den Faktor 1,5 höher (dies entspricht dem durchschnittlichen Bedarfsgewicht in Deutschland). Während die absoluten EEG-Kosten somit leicht mit zunehmenden Einkommen steigen, verdeutlicht eine relative Betrachtung die unverhältnismäßig hohe Belastung der Geringverdiener durch das EEG. Entsprechend weist Tabelle 1 ebenso die Anteile der EEG-Kosten eines Haushalts an seinem jeweiligen Nettoeinkommen aus. Es zeigt sich eine wesentlich höhere relative Belastung der einkommensschwachen Haushalte: Bei den einkommensschwächsten 10% der Haushalte fließt 2011 beinahe 1% der verfügbaren Einkommen in die EEG-Finanzierung, bei den Haushalten mit den höchsten Einkommen ist dieser Anteil mit nur 0,17% deutlich geringer.

Zudem ist zu beachten, dass bei dieser Betrachtung nur die Verteilungswirkungen der direkten EEG-Kosten für die privaten Haushalte erfasst werden. Die EEG-Förderung hat aber auch indirekte Effekte auf die Strompreise. Diese ergeben sich beispielsweise aus dem erforderlichen Netzausbau, aber auch aus der zusätzlichen Mehrwertbesteuerung. Werden diese Effekte berücksichtigt, fällt die relative Belastung der Haushalte mit niedrigem Einkommen noch höher aus. Bezogen auf die Einkommen der privaten Haushalte wirkt die Finanzierung der EEG-Umlage somit klar regressiv.

Die Einnahmen der Haushalte durch das EEG lassen sich anhand der Mikrodaten nicht vollständig abbilden, sie können aber beispielhaft für den Bereich der privaten PV-Anlagen berechnet werden. Die Verteilung der (privaten) Solarhaushalte wird wiederum auf Basis der SOEP-Daten ermittelt. Da Eigentümer von Solarthermieanlagen in den Mikrodaten nicht eindeutig von PV-Eignern unterschieden werden können, wird gemäß der Zahl der PV-Anlagen unter 30 Kilowatt eine zufällige Auswahl aus der Gesamtheit der Solarhaushalte gezogen. Robust gegenüber der jeweiligen Auswahl zeigt sich bei der Verteilung der Haushalte mit PV-Anlagen das erwartete Bild: In den unteren Einkommensbereichen sind keine bis sehr wenige Solarhaushalte verortet. Die Anzahl steigt dann beinahe kontinuierlich mit zunehmendem Einkommen an. Jeder Fünfte Solarhaushalt gehört zu den reichsten 10% der Bevölkerung.

Mittels der Panelstruktur der Mikrodaten kann ebenfalls abgeschätzt werden, zu welchem Zeitpunkt die Anlage in Betrieb genommen wurde. Dieser Zeitpunkt ist aus zwei Gründen relevant: Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme entscheidet erstens darüber, mit welchem Betrag jede erzeugte Kilowattstunde der Anlage über die nächsten 20 Jahre gefördert wird. Zweitens hängen die Investitionskosten für die Anlage und damit die Rentabilität für den Anlagenbetreiber vom Anschaffungszeitpunkt ab. Im Zeitablauf sinken sowohl die Fördersätze als auch die Kosten für die Anlage. Eine hohe Bruttorendite erzielt ein Anlagenbetreiber dann, wenn die Differenz zwischen der Förderung und dem Kaufpreis der Anlage möglichst groß ist. So konnte z.B. der Betreiber einer Anlage bis 30 Kilowatt das beste Verhältnis zwischen Fördersatz und Anlagenpreis zwischen der zweiten Jahreshälfte 2009 und der ersten Jahreshälfte 2010 erreichen. Ein (noch) hoher Fördersatz traf hier mit bereits deutlich gesunkenen Modulpreisen zusammen.

Der Ertrag der Anlage hängt neben dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme auch von weiteren Faktoren wie Standort und Ausrichtung der Anlage oder der verwendeten Technologie ab. In der folgenden Modellrechnung wird hierfür auf Durchschnittswerte zurückgegriffen. Dabei werden die Förderungen und Gewinne der Anlagenbetreiber einer PV-Anlage bis 30 Kilowatt gemäß des jeweiligen Anschaffungsjahres berechnet. Es werden nur diese kleineren Anlagen betrachtet, da sich die Analyse auf Privathaushalte beschränkt. Die Einnahmen ergeben sich aus einer durchschnittlichen Sonneneinstrahlung von 900 Kilowattstunden pro Jahr und installiertem Kilowatt6 sowie der für die Anlage gültigen Vergütung über 20 Jahre. Dabei wurde eine Diskontierungsrate von 2% angenommen. Den Einnahmen werden die entsprechenden Installationskosten gegenübergestellt, die jeweils quartalsweise vorliegen.7 Wegen der technischen Alterung und aufgrund von Verschmutzungen wird außerdem angenommen, dass der Stromertrag jährlich um 0,2% sinkt. Auf der Ausgabenseite fallen neben der Anfangsinvestition jährliche Betriebskosten an. Bei PV-Anlagen sind diese im Vergleich zu anderen Technologien zur Stromerzeugung gering. Sie wurden mit 30 Euro pro installiertem Kilowatt und Jahr bewertet. Es wird angenommen, dass die Betriebskosten jährlich um 2% steigen.8

Die Vergütungen der Anlagenbetreiber werden zu einem Großteil durch die EEG-Umlage finanziert. Bei der PV liegt der Subventionsanteil bei etwa 85%. Der Rest wird über die Erlöse des PV-Stroms am Strommarkt finanziert. Überträgt man die durchschnittlichen Vergütungssummen auf die Anlagenstruktur in den Mikrodaten, ergeben sich Förderkosten (Differenzkosten) von jährlich knapp über 3 Mrd. Euro, die an die privaten Haushalte fließen.9 Dies entspricht etwa 45% der gesamten Vergütungen/Subventionen für PV-Strom im Jahr 2011. Die Mikrodaten können somit den privaten PV-Anteil sehr gut abbilden, da dieser mit etwa 40%10 beziffert wird, kleinere Anlagen aber von höheren Fördersätzen profitieren. Entsprechend der Verteilung der Solarhaushalte fließt diese Fördersumme vorwiegend zu den Haushalten mit höheren Einkommen. Stellt man diesen Vergütungen die EEG-Kosten der privaten Haushalte gegenüber, die auf PV-Anlagen zurückzuführen sind (2011 approximativ 55% der gesamten EEG-Kosten)11, ergeben sich im Saldo nur für die ärmsten 20% der Haushalte negative Finanzierungssaldos. Insgesamt fließen durch den Betrieb von PV-Anlagen mehr Vergütungen an die privaten Haushalte, als sie über die EEG-Kosten finanzieren. Dies liegt an dem relativ höheren Anteil privater PV-Anlagen gegenüber dem Finanzierungsanteil der privaten Haushalte bei der EEG-Umlage. Zu rund zwei Dritteln wird die Umlage vom Industrie- und Dienstleistungssektor getragen.

Stehen diesen Vergütungssummen allerdings Investitions- und Betriebskosten der PV-Anlagen in ähnlicher Höhe gegenüber, profitieren auch die reichen Haushalte nicht von den Förderungen. Berücksichtigt man diese Kosten bei der modellhaften Kapitalwertberechnung und saldiert nur die Gewinne aus den PV-Anlagen mit den PV-induzierten EEG-Kosten der privaten Haushalte, dann profitiert keine Einkommensgruppe als Ganze: Über ihren Stromverbrauch beteiligen sich alle Haushalte an den EEG-Kosten, die Zahl der profitierenden Solarhaushalte ist aber vergleichsweise gering (auch im reichsten Dezil nur gut 5% der Haushalte). Dies gilt allerdings nur für die Einkommensgruppen insgesamt. Einzelne Haushalte mit einer PV-Anlage profitieren sehr wohl von der Förderung. Bei Inbetriebnahme einer 10-Kilowatt-Anlage im ersten Quartal 2010 und den oben genannten Annahmen kann der Eigentümer monatlich mit Gewinnen von rund 100 Euro rechnen. Diese liegen deutlich über seinem EEG-Beitrag. Hierbei bleibt sogar unberücksichtigt, dass die Anlage auch nach Ablauf der 20 Jahre weiterhin Einnahmen erzielen kann. Abbildung 1 zeigt, in welche Einkommensbereiche die jährlichen Gewinne aus den PV-Anlagen jeweils fließen. Insgesamt erwirtschaften etwa 1 Mio. Solarhaushalte in Deutschland jährliche Überschüsse von knapp 1 Mrd. Euro. Über die Hälfte dieser Überschüsse fließen in Haushalte der obersten drei Einkommensdezile. Die unteren Einkommensbereiche profitieren kaum. Nur ein geringer Teil der Überschüsse wird am Strommarkt erwirtschaftet, 85% der Gewinne fließen aus dem Fördertopf an vorwiegend einkommensstarke Haushalte.

Abbildung 1
Gewinne aus privaten Photovoltaikanlagen nach Einkommensdezilen 2011
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Einkommensdezile nach bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen; Gewinne beziehen sich auf die jährlichen Gesamtzahlungen innerhalb eines Einkommensdezils.

Quellen: Sozio-ökonomisches Panel; eigene Berechnungen.

Fazit

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist in Deutschland das zentrale politische Instrument zur Förderung regenerativer Energien in der Stromerzeugung. Mit dem im EEG verankerten Vorrang der erneuerbaren Energien im Stromnetz sowie der über eine Umlage finanzierten gesetzlich verankerten Vergütung, die über den Marktpreisen liegt, werden die alternativen Stromerzeugungstechniken gefördert.

Die Förderung der erneuerbaren Energien durch das EEG ist mit erheblichen Kosten verbunden. Allein 2011 wurden zusätzlich zum Stromwert Subventionen in Höhe von rund 13 Mrd. Euro gezahlt. Für einen typischen Haushalt bedeutet dies Kosten für die Förderung von EEG-Strom von gut 125 Euro im Jahr. Einkommensschwächere Haushalte müssen hierfür einen deutlich höheren Anteil am Haushaltseinkommen aufwenden als einkommensstärkere. Die EEG-Umlage hat damit eine unter Verteilungsgesichtspunkten eher unerwünschte regressive Wirkung. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass vor allem Haushalte mit überdurchschnittlichen Einkommen, insbesondere Hauseigentümer, von der EEG-Förderung profitieren.

  • 1 Vgl. z.B. T. Mennel: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz – Erfolgsgeschichte oder Kostenfalle?, in: Wirtschaftsdienst, 92. Jg. (2012), H. 13, S. 17-22.
  • 2 Vgl. Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber (EEG/KWK-G): EEG-Jahresabrechnung 2011, Stand 20.7.2012, http://www.eeg-kwk.net/de/file/eeg-ja_2011(3).pdf (2.8.2012).
  • 3 Das Einkommen wurde mit der Veränderungsrate des verfügbaren Einkommens aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung fortgeschrieben, vgl. Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Inlandsproduktberechnung, Erste Jahresergebnisse, Fachserie 18, Reihe 1.1, 2011, die Stromkosten mit der Steigerungsrate des Strompreises, vgl. BDEW: Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2011), Berlin 2012, S. 34.
  • 4 Hierbei wird ein Drei-Personen-Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 3500 kWh und einem Strompreis in Höhe von 24,95 Cent/kWh angenommen, vgl. ebenda.
  • 5 Zur Bedarfsgewichtung wird standardmäßig die modifizierte OECD-Äquivalenzskala herangezogen, bei der dem Haushaltsvorstand ein Gewicht von 1, jedem weiteren erwachsenen Haushaltsmitglied ein Gewicht von 0,5 und Kindern unter 14 Jahren ein Gewicht von 0,3 zugewiesen wird.
  • 6 Eine installierte Leistung von einem Kilowatt bedeutet, dass die PV-Anlage pro Stunde Sonneinstrahlung eine Energiemenge von einer Kilowattstunde erreicht. Eine 10-Kilowatt-Anlage kommt somit bei der angegebenen Sonneneinstrahlung auf 9000 Kilowattstunden Strom pro Jahr.
  • 7 Vgl. Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar): Statistische Zahlen der deutschen Solarstrombranche (Photovoltaik), Stand: Juni 2012, http://www.solarwirtschaft.de/fileadmin/media/pdf/bsw_solar_fakten_pv.pdf (21.6.2012).
  • 8 Vgl. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE): Studie Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Mai 2012, S. 9 ff.
  • 9 Hierbei wird die gesamte Vergütungssumme der Anlagen unter 30 Kilowatt durch die Anzahl dieser Anlagen geteilt. Jedem Solarhaushalt werden die durchschnittlich gezahlten Vergütungen gemäß Zeitpunkt der Inbetriebnahme zugewiesen. Die exakte Anlagengröße kann dabei nicht berücksichtigt werden. Der Verteilungseffekt wird dadurch tendenziell unterschätzt, da anzunehmen ist, dass reichere Haushalte über größere Anlagen verfügen.
  • 10 Vgl. Klaus Novy Institut (Hrsg.): Marktakteure Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Stromerzeugung, Köln 2011, S. 62.
  • 11 Vgl. BDEW, a.a.O., S. 31.

Verteilungseffekte des EEG: Kritik an den falschen Stellen

In der aktuell hitzig geführten Debatte um den richtigen Transformationspfad des Energiesektors hin zu klima- und umweltverträglichen Versorgungsstrukturen steht vor allem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) heftig in der Kritik.1 Eher neueren Datums ist dabei, dass auch an den durch das EEG tatsächlich oder vermeintlich induzierten Verteilungseffekten Anstoß genommen wird. Selbst in Qualitäts-Medien ist von der „größten sozialen Umverteilung von unten nach oben, die je von einer sozialdemokratischen Regierung mit ausgelöst wurde“2 die Rede – bei angeblich dreistelligen Milliardenbeträgen an Umverteilungsvolumen. Aber auch unter Ökonomen erzeugt das Thema Resonanz: So zeigt sich etwa der Wissenschaftliche Beirat beim Bundewirtschaftsministerium besorgt ob des „gewaltigen Umverteilungsprogramms“3 durch die Solarförderung. Studien und Stellungnahmen beklagen maliziös eine angebliche soziale Schieflage des EEG-getriebenen Energiewendemanövers.4 Doch ist die Förderung durch das EEG wirklich so ungerecht, wie die derzeitige Debatte vermuten lässt?

Der mittlerweile signifikante Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromerzeugung hat dazu geführt, dass Förderung und Vermarktung auch mit beachtlichen Zahlungsströmen verbunden sind. In deren Folge kommt es zu Veränderungen der Einkommensverteilung auf personeller wie auch auf regionaler Ebene. Die eigentlich wünschenswerte Debatte hierüber ist freilich oftmals von mangelnder Differenzierung zwischen Subvention und Umlage, Umverteilung und schlichter Leistungsabgeltung geprägt. So wird etwa die EEG-Umlage bisweilen kurzerhand als Umverteilungsmechanismus dargestellt.5 Doch der Geldfluss vom Konsumenten eines Guts hin zu dessen Produzenten ist zunächst einmal weder eine Besonderheit von Ökostrom noch stellt er per se eine Umverteilung dar. Denn es handelt sich ja nicht um eine bloße Einkommensverschiebung zwischen den betroffenen Akteuren, sondern um die Zahlung einer Vergütung für die Lieferung eines Gutes, nämlich Elektrizität. Und deren Erzeugung ist, gleich ob erneuerbar oder konventionell, mit Kosten verbunden, die durch den Verkauf gedeckt werden müssen.

Umverteilung von unten nach oben?

Besondere Aufmerksamkeit erregt dabei die Vorstellung, dass vermögende Hausbesitzer über die Solarförderung Renditechancen wahrnehmen, die im Wege der EEG-Umlage auch von ärmeren Stromkunden mitzufinanzieren sind. Doch dass die zum Aufbau der Energieinfrastruktur notwendigen Investitionen nur von Kapitalbesitzern vorgenommen werden können, ist eigentlich selbstverständlich, denn wer sonst sollte die beträchtlichen finanziellen Ressourcen für den Bau von Solar-, Windenergie- oder Biogasanlagen zur Verfügung stellen? Entsprechend müssen natürlich auch die Erlöse des Stromverkaufs diesen Investoren zufließen. Und doch scheint gerade dieser Umstand die Gemüter in besonderem Maße medientauglich zu erregen. Richtig ist: Die Vergütungssätze des EEG decken nicht nur die Kosten der Kapitalinvestition ab, sondern erlauben den Anlagenbetreibern selbstverständlich auch die Erzielung einer Rendite. Der Solarboom der letzten Jahre hat gezeigt, dass hier deutlich höhere Renditen als bei vergleichbar riskanten Investitionsmöglichkeiten realisiert werden konnten. Es ist dieser Renditeunterschied und nur dieser, der den Anlagenbetreibern einen tatsächlichen finanziellen Vorteil verschafft und mithin als Umverteilung klassifiziert werden könnte. Dabei handelt es sich jedoch mitnichten um die vollständige EEG-Umlage, wie bisweilen kurzerhand zur Dramatisierung unterstellt wird.

Doch dieser Renditevorteil muss auch vor dem Hintergrund des gesamtwirtschaftlichen Nutzens einer Investition in erneuerbare Energien gesehen werden: Denn die Erzeugung regenerativen Stroms ist mit einer Reihe positiver Externalitäten wie der Vermeidung von Treibhausgasemissionen und Nuklearrisiken sowie einer geringeren Importabhängigkeit verbunden. So betrachtet leisten die Investoren auch einen Dienst an der Gemeinschaft, der eine zusätzliche Rendite zumindest teilweise rechtfertigt.

Ein weiterer Aspekt der personellen Verteilungsdebatte ist die unterschiedliche relative Belastung von Haushalten mit differierenden Einkommen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des IW Köln im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) zeigt, wenig überraschend, dass ärmere Haushalte einen größeren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für die Zahlung der in ihrer Stromrechnung enthaltenen EEG-Umlage aufwenden müssen als wohlhabendere.6 Darauf aufbauend beklagt der Geschäftsführer des INSM, Hubertus Pellengahr, die Kosten der Energiewende als „sozial ungerecht“.7 Nach dieser Betrachtungslogik wären jedoch die Preise aller Güter mit geringer Einkommenselastizität, einschließlich des Brotpreises, wegen ihrer Regressionswirkung kritikwürdig ungerecht. Dies gilt im Übrigen auch für die Strompreise selbst, denn deren regressive Wirkung bleibt auch ohne EEG-Umlage bestehen. Von einer vergleichbaren öffentlichen Erregung bei anderen regressiven Gütern ist freilich bislang nichts bekannt – wenn auch mit Blick auf die Strompreise von Politik und Sozialverbänden zunehmend Rufe nach Sozialtarifen laut werden.8

Und seltsam: Während sich ordnungspolitisch ambitionierte Ökonomen bislang typischerweise gegen Preiseingriffe aus sozialpolitischen Gründen ausgesprochen und statt dessen zu Recht auf den Zuständigkeitsbereich der Sozialpolitik verwiesen haben, scheint in diesem speziellen Falle das soziale Preis-Ärgernis gerade recht zu kommen. Es kann jedoch nicht Zweck von Marktpreisen sein, die Unterschiede in den finanziellen Verhältnissen der Bevölkerung auszugleichen. Vielmehr sollen sie die wahren Kosten der Bereitstellung widerspiegeln. Die geforderten, sozial motivierten Eingriffe in die Preisbildung würden die Preise nur noch stärker verzerren, als dies ohnehin bereits der Fall ist. Aus der Ressourcenverantwortung gänzlich entlassen sollte man auch ärmere Haushalte nicht. Es ist durchaus zumutbar, auf höhere Preissignale zunächst mit der Überprüfung der Stromnachfrage zu reagieren. Schließlich sind marktwirtschaftlich vermittelte Stromsparanreize ein wichtiges Element der Energiewende. Das zu einer – marktwirtschaftlichen – Erreichung der Einsparziele dringend notwendige Knappheitssignal des Strompreises würde durch Sozialtarife gerade teilweise konterkariert. Bei definitiv verbleibenden Erschwinglichkeitsproblemen ist schließlich die Sozialpolitik gefordert; sie muss sicherstellen, dass Strom auch in Zukunft für leistungsschwächere Haushalte zugänglich bleibt. Ein mit steigenden Strompreisen ceteris paribus wachsendes Umsatzsteueraufkommen mag hier entsprechende Spielräume eröffnen.9

Dass nach dieser speziellen Betrachtungslogik „Reich“ von „Arm“ profitiert, ließe sich vielerorts beklagen: Busfahrer und Verkäuferinnen tragen bekanntlich auch die Steuervergünstigungen für Dienstwagenfahrer mit. Und die Krankenschwester finanziert mit ihren Steuerzahlungen angehenden Rechtsanwälten das Studium. Diese Beispiele machen klar, dass das EEG kein sozialpolitischer Irrläufer ist, der einsam gegen eherne Grundlagen unseres Gemeinwesens verstieße.

Überregionale Geldströme als Ausdruck unterschiedlicher Produktionsbedingungen

Neben den personellen Verteilungsaspekten sind auch die durch das EEG bewirkten Geldflüsse zwischen den Bundesländern häufig Ziel der Kritik. Bedingt durch die unterschiedliche regionale Verteilung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien kommt es auch zu entsprechenden Zahlungsströmen zwischen den Bundesländern. Ein Ende letzten Jahres veröffentlichtes Papier des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zeigt die EEG-induzierten Nettozahlungsströme zwischen den Bundesländern auf. Dazu wird den erhaltenen und um die Vermarktungserlöse sowie die vermiedenen Netzentgelte gekürzten Einspeisevergütungen eines Bundeslandes die Summe der von seinen Einwohnern gezahlten EEG-Umlage gegenüber gestellt. So betrachtet profitiert Bayern mit seiner Vielzahl von Solaranlagen besonders vom EEG, während Nordrhein-Westfalen als größter Stromverbraucher der mit Abstand größte Nettozahler ist.10 Dieser Umstand brachte jüngst NRW-Wirtschaftsminister Duin dazu, einen „länderübergreifenden Ausgleich der Ökostrom-Kosten“ zu fordern.11 Und Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender von E.ON, konstatiert kurzerhand, das EEG werfe den Länderfinanzausgleich „über den Haufen“.12 Doch diese Vergleiche hinken: Denn während der Finanzausgleich einen gezielten Teilausgleich in der Finanzkraft der Länder bezweckt, handelt es sich bei den kritisierten regionalen Verteilungseffekten des EEG um ebenso gewöhnliche wie unvermeidbare handelsinduzierte Geldflüsse zwischen privaten Wirtschaftsakteuren. Darin unterscheidet sich Ökostrom auch nicht von anderen Gütern, denn diese Geldströme sind Ausdruck der unterschiedlichen Produktionsbedingungen in den Bundesländern und zeigen womöglich nebenbei auch, dass – anders als häufig kritisiert – der EEG-Mechanismus die Stromerzeugung gerade an den geeigneteren Wind- und Sonnenstandorten fördert.

Wahre Umverteilung durch die besondere Ausgleichsregelung

Während in der Debatte um angebliche Verteilungsungerechtigkeiten des EEG oftmals Selbstverständlichkeiten zu Skandalen hochgespielt werden, wird ein anderer Verteilungsaspekt des EEG wesentlich seltener thematisiert. Die besondere Ausgleichsregelung in den §§ 40 ff. EEG befreit Schienenbahnen und das energieintensiv produzierende Gewerbe auf Antrag fast vollständig von der Zahlung der EEG-Umlage. Nach Angaben der Bundesnetzagentur werden die bevorteilten Unternehmen in diesem Jahr so um etwa 2,5 Mrd. Euro entlastet.13 Begründet wird dieses Privileg vom Gesetzgeber mit der Notwendigkeit, die „internationale und intermodale Wettbewerbsfähigkeit [der entsprechenden Unternehmen] zu erhalten“ (§ 40 Satz 2 EEG). Tatsächlich stehen jedoch gar nicht alle bevorzugten Unternehmen im internationalen Wettbewerb.14 Und während die besondere Ausgleichsregelung die internationale Wettbewerbsposition der privilegierten Unternehmen zu erhalten sucht, verzerrt sie gleichzeitig den intranationalen Wettbewerb: Denn jene Unternehmen, die die Anspruchsvoraussetzungen des § 41 EEG nicht erfüllen können, werden gleich doppelt bestraft: So sind sie nicht nur durch die Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage in voller Höhe benachteiligt, sondern der Umlagemechanismus des EEG sorgt dafür, dass durch die Befreiung der privilegierten Unternehmen die Belastung für alle anderen Stromverbraucher umso höher ausfällt. Ohne die Befreiungstatbestände der §§ 40 ff. EEG könnte die Umlage nach Berechnungen der Bundesnetzagentur um knapp 17% geringer ausfallen.15 Wenig überraschend ist vor diesem Hintergrund, dass die Ungleichbehandlung von Unternehmen unterschiedlicher Größe und Energieintensität mittlerweile dazu führt, dass – ähnlich wie im Steuerbereich – die Suche nach „Umlageschlupflöchern“ begonnen hat. So werden bereits in einigen Unternehmen bestimmte Unternehmensteile ausgelagert, um die Stromkosten-Wertschöpfungs-Relation des Betriebs auf das befreiungsrelevante Niveau anzuheben. Ähnliche Ausweichmöglichkeiten bestehen für die privaten Haushalte nicht, sodass zu erwarten ist, dass bei gleichzeitiger fortschreitender Ausweitung des Kreises privilegierter Stromverbraucher (so zuletzt geschehen im Rahmen der Neufassung des EEG 2012) der Großteil der EEG-induzierten Kosten auf ihren Schultern lasten wird. Hier findet also tatsächlich Umverteilung statt, die ökonomisch durchaus fragwürdig erscheint.

Fakt ist, dass die wahrlich generösen, kumulativen Subventionen für die deutsche Industrie im Bereich der Elektrizitätsversorgung – von Öko-Steuer über Netzentgelte bis EEG-Umlage – deren Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Vergleich in den letzten Jahren nicht nur erhalten, sondern sogar verbessert haben.16 Zugleich profitieren die großen Stromverbraucher durch den Merit-Order-Effekt erneuerbarer Energien zum Teil so stark von sinkenden Strompreisen an der Börse, dass die EEG-induzierte Ersparnis bei der Strombeschaffung die geleisteten EEG-Umlagen sogar überkompensiert.17 Vor diesem Hintergrund scheint es durchaus gerechtfertigt, auch die stromintensive Industrie in stärkerem Maße als bisher an der Finanzierung des EEG-Mechanismus zu beteiligen und so auch mehr Verteilungsgerechtigkeit herzustellen. Warum man hiervon eher wenig, von angeblichen sozialen Schieflagen der EEG-Umlage dafür umso mehr hört, lässt sich wohl nur noch interessenpolitisch erklären.

Partialbetrachtungen verzerren das Bild

Die Debatte um angebliche und tatsächliche Umverteilungen des EEG hat in den letzten Monaten stark an Dynamik gewonnen. Es ist zweifellos wichtig, die Verteilungswirkungen des EEG im Auge zu behalten. Jedoch sollte dabei nicht Verteilung mit Umverteilung gleichgesetzt werden, und Selbstverständlichkeiten sollten nicht zu Ungerechtigkeiten aufgebauscht werden. Auch sollte eine umfassende Betrachtung aller durch das EEG hervorgerufenen Verteilungsaspekte vorgenommen werden, um eine tatsächliche Bewertung der Verteilungswirkungen des EEG vornehmen zu können.

Das effektheischende Herausgreifen einzelner angeblich skandalöser Verteilungsaspekte ist in der Diskussion wenig hilfreich. So darf z.B. die Debatte um die regionale Verteilung nicht auf die mit der Stromvergütung verbundenen Zahlungsströme verkürzt werden, sondern muss die regionale Inzidenz aller Kosten und Nutzen des Ausbaus erneuerbarer Energien berücksichtigen. Eine solche Betrachtung geht weit über die bloße Stromvergütung hinaus. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Duin möge daher bei seiner Kritik am „EEG-Finanzausgleich“ auch bedenken, dass NRW nicht nur als größter Stromverbraucher einen Gutteil der EEG-Umlage finanziert, sondern als Bundesland mit der größten Stahlproduktion und als Standort von fünf der weltweit führenden Getriebezulieferer für Windkraftanlagen zugleich auch in ganz erheblichem Maße vom Ausbau der Erneuerbaren profitiert.18 Eine solche Gesamtbetrachtung führt unter Umständen zu ganz anderen Ergebnissen als rasch behauptete „Ungerechtigkeiten“, die oftmals nur das Resultat von Partialbetrachtungen sind. Eine Debatte um die Verteilungswirkungen des EEG ist zu begrüßen; sie sollte jedoch mit fairen Mitteln und unter Beachtung ökonomischer Standards geführt werden. Bislang jedenfalls wird dabei von offenbar interessierter Seite die öffentliche Aufmerksamkeit auf die falschen Stellen gelenkt.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Diskussion

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), einer der wichtigsten politischen Pfeiler auf denen die Energiewende in Deutschland ruht, galt lange Zeit als Jobwunder und Wachstumsmotor – insbesondere im Osten Deutschlands. Goldene Zeiten für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wurden prophezeit und eine langfristige Stellung als Weltmarktführer im Bereich der erneuerbaren Energien in Aussicht gestellt. Nun erschüttern zahlreiche Insolvenzen, vor allem in der Solarbranche, den Markt, und Aktien einst hoch gehandelter Solarunternehmen gelten als „Penny Stocks“. Vom Beitrag des EEG zur Stärkung des Standorts Deutschland wird immer weniger gesprochen, vielmehr treten zunehmend die Klagen der Industrie über die Mehrbelastungen aus der Erneuerbaren-Förderung in den Vordergrund.

Strom und Wärme, in diesem Punkt sind sich im Grunde alle einig, müssen bezahlbar bleiben. Dies gilt sowohl für die energieintensive Industrie, aber selbstverständlich auch für private Verbraucher. Zwar sind viele bereit, ein wenig mehr für klimafreundlichen Strom zu bezahlen, jedoch sollte die Energiewende nicht zur Armutsfalle werden. Falls nötig, so ist zu hören, müsse man über das Sozialsystem eine Umverteilung vornehmen, um steigende Strompreise für ärmere Haushalte zu kompensieren – der Umwelt zuliebe. Erneuerbare Energien sind aus der Nische herausgetreten, und das Volumen der Förderung steigt rasant an. Deshalb entfalten sich immer stärker Verteilungskonflikte, auf Haushaltsebene, auf der Ebene von Wirtschaftssektoren oder zwischen Regionen. Bevor aber die Frage nach der Verteilungswirkung des EEG beantwortet werden kann, ist zunächst zu klären, was eigentlich mit dem EEG erreicht wird. Mit anderen Worten: Wie viel Klimaschutz – denn das ist das eigentliche Ziel – wird durch das Gesetz derzeit erreicht und was sind die Kosten.

Die Ziele im Auge behalten

Im Jahr 2007 wurden, durch das EEG gefördert, 67 053 GWh Strom erzeugt. 2011 waren es bereits knapp 100 000 GWh.1 Damit decken die Erneuerbaren derzeit nach Angabe des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) etwa 20% des Strombedarfs in Deutschland ab.2 Das BMU geht weiterhin davon aus, dass 2011 rund 126 Mio. t CO2 durch das EEG eingespart werden konnten. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gab es 2011 EEG-Differenzkosten von gut 12,4 Mrd. Euro, das bezieht sich auf die Gesamtvergütung des EEG abzüglich des durchschnittlichen Börsenstrompreises. Setzt man diese Differenzkosten in Euro ins Verhältnis zur Vermeidungsmenge als CO2-Einsparung, so ergibt sich ein „Schattenpreis“ von knapp 100 Euro pro durch das EEG eingesparter Tonne CO2.

Allerdings kostet die Einsparung einer Tonne CO2 in der Industrie durch den europäischen Emissionshandel derzeit nur etwa 7 bis 8 Euro. Und ob es durch das EEG tatsächlich zu realen CO2-Minderungen kommt oder ob es lediglich zu einer räumlichen Verlagerung der Vermeidung unter der fixen Kappe des europäischen Emmissionshandels führt, ist zumindest fraglich. Die Nutzung vergleichsweise teurer Wege zur CO2-Minderung über das EEG ist der Ausgangspunkt aller Diskussionen über seine Verteilungswirkungen. Das System ist zu groß und zu teuer geworden. Der starke Ausbau der erneuerbaren Energien führt zu erheblichen Mehrkosten, die fair getragen werden müssen. Und auch die wirtschaftlichen Vorteile aus dem Fördersystem müssen gerecht verteilt werden.

Wer bezahlt für das EEG?

Die alle fünf Jahre erhobene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass der Energiekostenanteil vom Haushaltseinkommen abhängig ist. Mit anderen Worten, der Energiebedarf pro Haushalt steigt unterproportional zum Einkommen. Während Haushalte mit einem verfügbaren Einkommen von 3600 bis 5000 Euro im Jahr 2008 etwa 4,3% des Einkommens für Energie ausgeben, sind es bei Haushalten mit einem verfügbaren Einkommen von 900 bis 1300 Euro etwa 7,9%. Besonders stark trifft es etwa Alleinerziehende: Die Energieausgaben bei einer Alleinerziehenden mit zwei Kindern unter 18 Jahren und einem verfügbaren Einkommen von 900 bis 1300 Euro betragen gut 12% des Haushaltseinkommens.3

Seit 2008 haben die Strompreise für Haushaltskunden nun noch einmal kräftig angezogen. Sie stiegen um etwa 16,5% von durchschnittlich 21,72 ct/kWh (2008) auf 25,30 ct/kWh (2011).4 Im selben Zeitraum haben sich die Reallöhne nur um gut 1% erhöht.5 Im europäischen Vergleich sind die Stromkosten für private Haushalte in Deutschland damit überproportional angestiegen. Im Mittel betrugen die Strompreise in der EU 2008 etwa 15,15 ct/kWh und 2011 16,46 ct/kWh, was einen Anstieg der Strompreise für Haushaltskunden im EU-Durchschnitt von etwa 8,7% bedeutet. Durch den deutlichen Zubau Erneuerbarer, insbesondere im Bereich der Photovoltaik, werden die Kosten aus dem EEG für einen Haushalt in Deutschland, der etwa 3500 kWh pro Jahr verbraucht (etwa eine Familie mit Kindern), von durchschnittlich 72 Euro (2011) auf 123 Euro (2012) ansteigen.6 Auch in den nächsten Jahren wird der Anstieg der Strompreise weitergehen. Neben den Kosten für Beschaffung und Vertrieb und den Netznutzungsentgelten umfassen sie die KWK-Umlage, die Konzessionsabgabe, die Stromsteuer, die Mehrwertsteuer und eben die EEG-Umlage.

Von Zeit zu Zeit wird als Argument angeführt, dass das EEG-Bürgern ermöglicht, ihren Strom selbst zu produzieren. Diese „Bürgerbeteiligung“ stellt zwar vielfach tatsächlich ein wichtiges Merkmal der EEG-geförderten Energieerzeugung dar, etwa bei der Photovoltaik, jedoch bleibt zu bedenken, dass auch die Investition in eine Photovoltaikanlage oder einen Windfonds Kapital erfordert. In diesem Sinne beschränkt sich die Bürgerbeteiligung auf die sozialen Schichten, die Vermögen besitzen und bereit sind, Investitionen zu tätigen. In anderen Worten: Wohlhabende Bürger können sehr wohl vom EEG profitieren, während die ärmeren Schichten dafür zahlen.

Quersubventionierung CO2-intensiver Industrien

Während es also in den letzten Jahren zu einer deutlichen Steigerung der realen Energiekosten unter anderem durch das EEG kam, ist die Frage nach der tatsächlichen Einsparung von Treibhausgasen durch das EEG noch unbeantwortet. Grund dafür ist, dass die Menge der Gesamtemissionen in der Europäischen Union durch den europäischen Emissionshandel festgelegt ist. Bis 2012 dürfen jährlich maximal 2083 Mio. t CO2 emittiert werden. Ab 2013 wird die Obergrenze langsam herabgesetzt.7

Im europäischen Emmissionshandel wird eine maximale jährliche Menge an zulässigen Emissionen in der europäischen Industrie und Energieversorgung festgesetzt und für jede Tonne zulässiger CO2-Emissionen wird ein „Zertifikat“ ausgestellt. Große Industriebetriebe und Energieerzeuger müssen pro emittierte Tonne CO2 ein Zertifikat an die Regulierungsbehörden abgeben oder andernfalls empfindliche Strafen in Kauf nehmen. An sich funktioniert dieses System gut. Kommt es nun jedoch durch den Ausbau Erneuerbarer zu einer Absenkung der Emissionen, etwa durch verringerte Emissionen aus Kohle- oder Gaskraftwerken, so werden zwar weniger Emissionszertifikate von diesen verbraucht, die Menge an insgesamt zulässigen Emissionen in Europa bleibt aber unverändert. Emissionsrechte, die in Deutschland nicht verbraucht werden, können daher anderswo in Europa weiter genutzt werden. Dadurch werden die CO2-Emissionen insgesamt nicht reduziert, wenn man ganz Europa bzw. die Europäische Union betrachtet.

Dieser Mechanismus hat eine wichtige Verteilungswirkung: Eine sinkende Nachfrage nach Emissionsrechten in Deutschland lässt ihren Preis europaweit sinken und macht somit CO2-Emissionen in der Industrie und für Energieerzeuger insgesamt „günstiger“. Die Kosten und Mühen in Deutschland – finanziert insbesondere von den Haushalten – führen also zur impliziten Subvention von CO2-Emissionen andernorts. Dies ist ein zentrales Problem der Koordination deutscher und europäischer Klimapolitik, das dringend behoben werden muss, damit die Klimaschutzbemühungen in Deutschland tatsächlich Früchte tragen und es zu keiner „Quersubventionierung“ CO2-intensiver Industrien in der EU kommt.

Ausnahmeregeln für die Industrie

Neben den oben genannten Effekten genießt die Industrie in Deutschland noch weitere Vorzüge. Dazu zählen insbesondere Ausnahmeregelungen bei der Belastung durch EEG- und KWK-Abgaben, Netzentgelten, Stromsteuernachlass und Spitzensteuerausgleich. Zwar sind die Belastungen für jedes einzelne Unternehmen ab einem gewissen Energieverbrauch in absoluten Zahlen teilweise beachtlich, dennoch sind sie im relativen Vergleich geringer als bei privaten Haushalten. Vor allem Großverbraucher können von Ausnahmeregelungen profitieren. Statt einer EEG-Umlage von 3,59 ct/kWh (2012) zahlen industrielle Großverbraucher im Extremfall lediglich 0,05 ct/kWh. Die Ausnahmeregelungen haben einen finanziellen Umfang von rund 9 Mrd. Euro pro Jahr, die besonderen Ausgleichsregelungen bei der EEG-Umlage umfassen etwa 2 Mrd. Euro im Jahr.8

Während der Strompreis für Haushaltskunden etwa 25,30 ct/kWh betrug, liegen die Strompreise in Deutschland 2011 für einen Kunden mit einem Verbrauch von jährlich 70 000 bis 150 000 MWh im Bereich von 10,07 ct/kWh. Im europaweiten Vergleich sind es 7,61 ct/kWh.9 Die Preise für industrielle Großverbraucher unterscheiden sich zwischen Deutschland und dem EU-Durchschnitt weit weniger als die für private Verbraucher. Sehr große Stromverbraucher können sogar in die Nähe des Börsenpreises für Strom kommen, der bei etwa 5 ct/kWh liegt. Die unterschiedlichen Vergünstigungen führen zu sehr unterschiedlichen Strompreisen für beispielhafte Abnahmefälle bei Unternehmen: Während ein Stahlwerk für seinen Strom 2011 etwa 7,31 ct/kWh zahlte, fielen bei einem Chemiewerk 7,46 ct/kWh, einem Automobilwerk 13,21 ct/kWh, im Maschinenbau 14,75 ct/kWh, bei einem kleinen und mittleren Unternehmen 17,27 ct/kWh und im Kleingewerbe 17,84 ct/kWh an.10 Die Ausnahmeregelungen im EEG führen also nicht nur zu geringeren Anreizen zur Stromeinsparung und zu Mehrbelastungen bei den privaten Haushalten, sondern auch zu Mehrkosten bei nicht privilegierten Verbrauchern aus der Industrie und im Bereich Handel, Gewerbe, Dienstleistungen.

Die Ausnahmeregelungen werden mit der Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrien und die mögliche Verlagerung von CO2-Emissionen (englisch „Carbon leakage“) begründet. Da es kein internationales Abkommen zu Emissionsreduktionen gibt, tragen energieintensive Unternehmen in Ländern mit hohen Energie- und CO2-Preisen zusätzliche Kosten und büßen an Wettbewerbsfähigkeit ein. Dies führt zu mehr emissionsintensiver Produktion in Ländern mit weniger strikter Umweltregulierung und kann die Abwanderung der betroffenen Unternehmen auslösen. Ausnahmeregelungen können also durchaus ökonomisch sinnvoll sein, um die Umweltwirksamkeit einer subglobalen Klimapolitik zu sichern.

Allerdings sind diese Maßnahmen nur sinnvoll, wenn die Mehrkosten durch die Umweltregulierung nicht von den Produzenten an die Konsumenten weitergegeben bzw. überwälzt werden können. Nur dann vermindert Klimapolitik den Gewinn der Produzenten. Betrachtet man Produkte aus den potenziell gefährdeten Sektoren wie Glas, Keramik, Chemie, Aluminium, Eisen, Stahl, Zement und Papier detailliert, so zeigt sich, dass in vielen Bereichen eine weitgehende – in einigen Sektoren durchaus eine vollständige – Überwälzung möglich ist.11 Dieser Befund lässt befürchten, dass die in Deutschland herrschenden Ausnahmeregelungen auf Basis des Stromverbrauchs und des Anteils der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung nicht treffsicher sind.

Regionale und sektorale Verteilungseffekte

Die Förderung erneuerbarer Energien durch das EEG hat aber auch regionale Verteilungseffekte. Reist man durch Deutschland findet man im Norden Deutschlands vergleichsweise viele Windräder, während im Süden, etwa auf den Scheunendächern bayrischer Bauern, viele Solarkollektoren zu sehen sind. Den Eindruck regional stark unterschiedlicher Partizipation am EEG bestätigt eine Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft.12 Während einige Länder positive Nettozahlungsströme verbuchen können, etwa Bayern (1100,7 Mio. Euro), Schleswig-Holstein (378,5 Mio. Euro), Niedersachsen (355,4 Mio. Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (216,6 Mio. Euro), so sind andere Bundesländer mit geringerem Ausbaupotenzial für Erneuerbare Nettogeber. Dazu zählen vor allem Nordrhein-Westfalen (-2251,9 Mio. Euro), aber auch Länder wie Hessen (-291,3 Mio. Euro) und Baden-Württemberg (-361,6 Mio. Euro).

Eine Studie des ZEW, die in Kürze erscheinen wird, hat die Auswirkungen des EEG für das Land Baden-Württemberg genauer untersucht.13 Ziel war es vor allem zu unterscheiden, welche Wirtschaftssektoren am stärksten vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren und welche Sektoren weniger Nutzen aus der Energiewende ziehen können. Die Studie konzentrierte sich auf ein Szenario, das den Ausbau Erneuerbarer in Baden-Württemberg mit einem Anteil von 20% an der Stromerzeugung und 16% an der Wärmeerzeugung bis 2020 und keine Exporte an Ausrüstungsgegenständen für den Bau und Betrieb erneuerbarer Energien vorsah. Die Ergebnisse zeigen wenig überraschend, dass vor allem der Sektor der Energieerzeugung, sowie der Sektor der Finanzdienstleistungen von dem Ausbauziel für erneuerbare Energien profitieren. Alle anderen Bereiche verzeichnen entweder keinen Zuwachs durch den Ausbau oder spüren sogar negative Folgen.

Überraschend war, dass insbesondere der Bereich des Maschinenbaus mit negativen Folgen zu rechnen hätte. Grund dafür ist, dass Investitionen und Kaufkraft umgeleitet werden, wodurch sich die Situation für den in Baden-Württemberg traditionell starken Sektor verschlechtern würde. Zwar ergibt sich für Baden-Württemberg ein leicht positiver Nettoeinkommenseffekt, der Nettobeschäftigungssaldo ist jedoch leicht negativ. Viele Wirtschaftsbereiche müssen zu Gunsten der Erneuerbaren Einbußen hinnehmen. Eine Änderung der Situation ergibt sich dann, wenn Ausrüstungsgegenstände zum Bau und Betrieb erneuerbarer Energien exportiert werden. In diesem Fall kommt es durch die Exportnachfrage für alle Sektoren zu positiven Nettoumsatz- und Beschäftigungseffekten. Auch der Bereich Maschinenbau kann dann deutliche Umsatzzuwächse verbuchen. Die Förderung erneuerbarer Energien ist also kein wirtschaftlicher Selbstläufer: Durchweg positive wirtschaftliche Impulse werden nur dann generiert, wenn die erneuerbaren Energieträger selbst wirtschaftlich und die Ausrüster auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig sind.

Die jüngste Entwicklung in der Solarbranche zeigt, wie kritisch diese Annahme ist. China gewinnt einen zunehmend großen Marktanteil bei der Produktion von Solarmodulen. Das Ergebnis ist, dass deutsche Hersteller kaum mit den Preisen ihrer chinesischen Konkurrenten mithalten können. Die Förderung der Photovoltaik durch das EEG in Deutschland wirkt damit wie eine Fördermaßnahme für chinesische Arbeitsplätze.

Begrenzung der Verteilungskonflikte

Bisher wird durch das EEG eine Reihe von Energieträgern mit Nachdruck gefördert. Während allerdings Windenergie auf dem Festland und Wasserkraft mit vergleichsweise moderaten Kosten zu Buche schlagen, sind die Kosten für Photovoltaik knapp viermal so hoch. Zwar kann nach einer Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme14 bereits in gut fünf Jahren damit gerechnet werden, dass die Produktion von Windenergie auf dem Land günstiger ist als die von konventionellem Strom. Für Photovoltaik ist damit aber selbst an sonnenreichen Standorten in Deutschland nicht vor 2022 zu rechnen, bei Offshore-Wind sogar erst nach 2030. Es stellt sich also die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, die Produktion von Strom durch teure Technologien wie Photovoltaik und Offshore-Wind in Deutschland – wie augenblicklich angestrebt – weiter zu forcieren. Neben den Gesetzesinitiativen zur Förderung von Offshore-Wind wird nämlich auch die Kappe für die Photovoltaik für die nächsten Jahre haben erst einmal einen stark expansiven Effekt.

Besser wäre es, die erneuerbaren Energien gleichmäßig über einen längeren Zeitraum auszubauen – nicht nur um den Gleichklang mit der Entwicklung des Übertragungs- und Verteilnetzes zu sichern. Global gesehen bedeutet das nicht das Aus für diese Technologien, sondern vielmehr, dass sie effizient dort eingesetzt werden, wo sie jetzt schon rentabel sind. Im südlichen Mittelmeerraum können Photovoltaik-Anlagen z.B. jetzt schon häufig volkswirtschaftlich rentabel betrieben werden. Die Wirtschaftlichkeit dieser Investitionen hängt insbesondere von der Höhe des CO2-Preises im europäischen Emmissionshandel ab. Der CO2-Preis wird aber durch überschüssige Zuteilungen an Zertifikaten wie durch überlappende Regulierungen im Rahmen der Energieeffizienzregulierung und eben des EEG niedrig gehalten. Die Förderung der erneuerbaren Energien in Deutschland wirkt sich so nachteilig auf den Ausbau erneuerbarer Energien etwa in Spanien aus und fördert die konventionelle Stromerzeugung im Ausland. Eine Neuausrichtung des EEG – entweder im Rahmen eines europäischen Quotensystems oder besser durch eine Angleichung der Fördersätze hin zu einer einheitlichen Prämie für Erneuerbare und eine stärkere Forschungsförderung – scheint daher geboten. Dies würde auch die Umverteilung durch das EEG umfassend begrenzen.

Die Energiewendediskussion darf nicht zu einer interessengeleiteten Diskussion um die Verteilung der zusätzlichen Belastungen werden. Der mittelfristige Ausbau alternativer Energiequellen ist notwendig und sinnvoll. Dies wird in jedem Fall mittelfristig zu Mehrkosten führen. Um die langfristige Akzeptanz der Energiewende zu sichern, ist es daher dringend geboten, stärker auf die Kostenkontrolle bei der Förderung alternativer Energiequellen zu achten. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Anstrengungen, die in Deutschland zur Einsparung von Treibhausgasen unternommen werden, auch Früchte tragen. Deshalb ist eine Harmonisierung deutscher und europaweiter klimapolitischer Instrumente notwendig. Dies sind die zentralen Weichenstellungen, um unerwünschte Verteilungswirkungen der Förderung erneuerbarer Energien zu begrenzen.

Auch die Ausnahmeregelungen für die energieintensive Industrie sollten kritisch hinterfragt werden. Nur wer Kostenbelastungen im internationalen Wettbewerb nicht weitergeben kann, kommt für Ausnahmeregelungen in Betracht. Die Entlastungswirkungen auf den Strompreis, die von einer Rücknahme der Ausnahmeregelungen ausgehen können, sind jedoch sehr begrenzt. Sie dürften sich im Bereich von wenigen Zehntel Cents bewegen. Der Anstieg der EEG-Umlage durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien dürfte im Gegensatz dazu allein im nächsten Jahr einen Cent weit übersteigen.

  • 1 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2011), Berlin, Januar 2012.
  • 2 BMU: Erneuerbare Energien 2011, Daten des BMU zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2011 auf Grundlage der Angaben der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Energien-Statistik (AGEE-Stat), Berlin, März 2012.
  • 3 Destatis: Wirtschaftsrechnungen, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, Aufwendungen privater Haushalte für den privaten Konsum, Fachserie 15, H. 5, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008.
  • 4 Eurostat: Absolute und relative Bevölkerungsveränderung [demo_gind], letzte Aktualisierung am 25.4.2012; Eurostat: Strom –Haushaltabnehmer – halbjährliche Preise – Ab 2007, http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=nrg_pc_204&lang=de (12.4.2012).
  • 5 Destatis: Verdienste und Arbeitskosten, Reallohnindex und Index der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012, https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/VerdiensteArbeitskosten/ReallohnNetto/ReallohnindexPDF_5623209.pdf?__blob=publicationFile.
  • 6 M. Frondel, C. Ritter, C. M. Schmidt: Die Kosten des Klimaschutzes am Beispiel der Strompreise, RWI Positionen 45, 2011.
  • 7 EU: MEMO/08/796, Questions and Answers on the revised EU Emissions Trading System, Brüssel, Dezember 2008.
  • 8 FÖS, IZES: Strom- und Energiekosten der Industrie: Pauschale Vergünstigungen auf dem Prüfstand, Studie im Auftrag von Greenpeace, Berlin, Saarbrücken 2012.
  • 9 Eurostat: Absolute und relative Bevölkerungsveränderung …, a.a.O.; Eurostat: Strom – Haushaltabnehmer …, a.a.O.
  • 10 Prognos: Untersuchung einer Nachfolgeregelung zur Energie- und Stromsteuerentlastung, Studie im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Berlin 2011.
  • 11 A. Löschel, U. Oberndorfer, V. Alexeeva-Talebi: Understanding the competitiveness implications of future phases of EU ETS on the industrial sectors, Studie für das Department for Business, Innovation and Skills, London, November 2009.
  • 12 BDEW, a.a.O.
  • 13 P. Heindl, S. Voigt: Employment Effects of Regional Climate Policy: The Case of Renewable Energy Promotion by Feed-In Tariffs, ZEW Discussion Paper, 2012, im Erscheinen.
  • 14 Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme: Studie Stromgestehungskosten erneuerbare Energien, Freiburg, Mai 2012.

Title:Distributional Effects of the Renewable Energy Act

Abstract:The ongoing economic criticism of the German Renewable Energy Act (EEG) recently started focusing on distributional effects, too. A team of authors at the Cologne Institute for Economic Research is worried about high costs for electricity consumers. They argue since electric power consumption is only slightly correlated with income, the financial burden of the EEG is substantially higher for low-income households than for high-income households. This regressive effect is even increased since particularly high-income households have installed photovoltaic systems and thereby gain from green power subsidies. In contrast, other authors argue that this debate on distributional effects, while desirable, often scandalizes rather common issues of everyday economic events while ignoring the real EEG-induced redistribution effects, that is to say the EEG reallocation charge privilege for energy-intensive industries. These authors advise against drawing on partial analysis when discussing distribution-related issues of the EEG. A team of authors at the ZEW are concerned about the cost-efficiency of the EEG which is the underlying reason for the recent discussions on distributional effects. The energy transition will entail large additional cost which will have to be carried. Increasing the efficiency of governmental energy and climate policies will increase acceptance and attenuate distributional effects.


DOI: 10.1007/s10273-012-1413-0

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