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Die Übernahme deutscher Firmen durch ausländische Investoren und die allgemeine Präsenz derselben wird zwiespältig beurteilt: Auf der einen Seite werden Investitionen gefördert, um von Produktivitäts-Spillovern zu profitieren, andererseits wird befürchtet, dass es unter anderem zu einem unerwünschten Technologietransfer ins Ausland kommt. Der Autor stellt in einer empirischen Analyse fest, dass ausländische Firmen im Vergleich zu deutschen trotz überlegener Produktivität geringere Gewinne berichten, und dass nach einer ausländischen Übernahme im Durchschnitt keine Produktivitätssteigerungen, dafür aber negative Beschäftigungseffekte zu beobachten sind.

Ausländische Unternehmen sind in Deutschland seit jeher Gegenstand polarisierender und bisweilen polemischer öffentlicher und politischer Debatten. Aus Sicht empirischer Wirtschaftsforschung sind diese Unternehmen schon deshalb ein interessantes Untersuchungsobjekt.1 Aktuell sind es chinesische Investoren, die durch Unternehmensübernahmen im deutschen produzierenden Gewerbe Ängste vor einem Ausverkauf deutscher Wettbewerbsvorteile schüren. Einer Studie von Friebel und Heinz ist zu entnehmen, dass deutsche Printmedien häufiger über Massenentlassungen ausländischer Unternehmen als über solche von deutschen Unternehmen berichten, und auch der Sachverständigenrat spricht in seinem Jahresgutachten 2007/2008 von „diffusen Bedrohungsszenarien“ und „Schutzbedürfnissen vor vermeintlich feindlichen Ausländern“.2 Diese Debatten haben 2009 unter anderem zur Änderung des deutschen Außenwirtschaftsgesetzes geführt, nach der Investoren aus dem Nicht-EU-Ausland nach bestimmten Kriterien an Unternehmensübernahmen gehindert werden können. Ob diese Ängste gerechtfertigt sind, muss dahingestellt bleiben, denn es ist festzuhalten, dass zur Aktivität ausländischer Unternehmen in Deutschland erstaunlich wenige quantitative empirische Studien vorliegen.

Das ist nicht nur wegen der Debatte erstaunlich, sondern auch weil Deutschland mit einem Bestand von 714 Mrd. US-$ zu den wichtigsten Empfängerländern ausländischer Direktinvestitionen zählt (Platz 6 auf der Liste des World Investment Report der UNCTAD) und ausländische Unternehmen im nicht-finanziellen Sektor etwa 13% der Arbeitnehmer beschäftigen. Bei Berücksichtigung von Umsätzen und Bruttowertschöpfung entfällt auf ausländische Unternehmen sogar ein Anteil von mehr als 20%.3

Derartige Informationen zur Präsenz von ausländischen Unternehmen in der deutschen Wirtschaft sind erst seit kurzem verfügbar. Im Folgenden werden die Kernergebnisse der ersten ökonometrischen Auswertungen dieser neuen Datenbasis vorgestellt und diskutiert. Dabei stehen vor allem die folgenden Fragestellungen im Vordergrund:

  1. Wie sieht die Performance (Produktivität und Rentabilität) ausländischer Unternehmen relativ zu ihren deutschen Wettbewerbern aus?
  2. Welche Unternehmen werden in Deutschland von ausländischen Investoren gekauft und welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die übernommenen Unternehmen?

Neue Datenbasis

Seit 2010 sind in der deutschen amtlichen Unternehmensstatistik Informationen zu Kontrollbeziehungen einzelner Einheiten vorhanden. Zudem kann ermittelt werden, aus welchem Land ein Unternehmen kontrolliert wird und welchen Typs die kontrollierende Einheit ist. Letztere wird dabei nach dem Konzept der ultimativ kontrollierenden Einheit bestimmt, nach der die Kontrollbeziehungen bis zur letzten, nicht wiederum kontrollierten Einheit, zurückverfolgt werden. Damit wurde der Verordnung (EG) Nr. 716/2007 nachgekommen, die europaweit vergleichbare Statistiken über auslandskontrollierte Unternehmen fordert – die sogenannten Foreign AffiliaTe Statistics (FATS). Neben der Monopolkommission, die auf dieser Grundlage bereits Konzentrationsstatistiken erstellt, sind die hier vorgestellten Ergebnisse die ersten ökonometrischen Auswertungen dieser neuen Datenbasis.4 Es kann angenommen werden, dass die FAT-Statistiken in Zukunft an Relevanz gewinnen werden, zumal sie als Grundlage für den Aufbau eines sogenannten EuroGroups-Registers, das Unternehmensverflechtungen im gesamten EU-Raum abbilden soll, dienen sollen. Allerdings wird sich wohl auch erst in Zukunft entscheiden, ob die Repräsentativität der Daten – besonders auf niedriger Aggregationsebene – allen Anforderungen gewachsen ist.

Die Informationen zu Unternehmensverflechtungen aus der FATS-Aufbereitung für die Berichtsjahre 2007 und 2008 wurden im Rahmen des AFiD-Projektes (Amtliche Firmendaten für Deutschland) der Statistischen Ämter mit der „Kostenstrukturerhebung im Verarbeitenden Gewerbe sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden“ und der Strukturstatistik im Dienstleistungsbereich verknüpft.5

Performanceprämien ausländischer Unternehmen

Obwohl ausländische Direktinvestitionen in der politischen Debatte häufig negativ beurteilt werden, geben Staaten beachtliche Summen für ihre Anwerbung aus. In Deutschland geschieht das z.B. durch die Investitionsförderungsagentur Germany Trade&Invest. Man erhofft sich davon, neben Beschäftigungseffekten, vor allem auch positive Produktivitäts-Spillover-Effekte. Dabei sollen einheimische Unternehmen von der überlegenen Performance ausländischer Unternehmen profitieren, z.B. indem sie sich an einer effizienteren Produktions- oder Managementtechnik orientieren. Voraussetzung für das Eintreten solcher positiver externer Effekte ist dabei, dass ausländische gegenüber inländischen Unternehmen über Wettbewerbsvorteile verfügen. Gibt es diese aber tatsächlich in Deutschland? Und wenn ja, in Bezug auf welche Performancekennzahlen und in welchem Ausmaß? Internationale empirische Studien liefern zu dieser Frage ambivalente Ergebnisse und für Deutschland liegen bislang nur wenige Untersuchungen vor.6

Nach der klassischen Theorie internationaler Unternehmungen erwächst ausländischen Unternehmen in fremden Märkten zunächst ein Nachteil durch Informationsasymmetrien. Beispiele hierfür sind sowohl Transport- und Kommunikationshindernisse, als auch höhere Suchkosten auf Faktormärkten. Da ausländische Unternehmen zumeist Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen sind, profitieren sie gleichzeitig von Wettbewerbsvorteilen des eigenen Unternehmensverbundes. Multinationale Unternehmen verfügen generell über ausgeprägte Wettbewerbsvorteile gegenüber solchen, die keine multinationale Unternehmen sind. Diese Vorteile sind entweder der Grund für ihre internationale Expansion (z.B. effizientere Produktionstechnologien, etablierte Markennamen oder organisatorische Überlegenheit) oder erwachsen direkt aus der Multinationalität (z.B. dadurch, dass sie Aktivitäten grenzübergreifend organisieren und dabei jeweils ortsspezifische Vorteile nutzen können). Die Vorteile für ausländische Unternehmen aus der Partizipation an einem multinationalen Unternehmensverbund sind in der Regel größer als die Nachteile durch das Operieren in fremden Märkten. Folglich wird in der überwiegenden Zahl verfügbarer empirischer Studien zum Thema a priori von Performanceprämien auslandskontrollierter Unternehmen ausgegangen. Aus theoretischer Perspektive greift diese Schlussfolgerung jedoch zu kurz: trägt man der heute komplexen Arbeitsteilung innerhalb von Unternehmensgruppen Rechnung und berücksichtigt heterogene Rollenverteilungen (z.B. durch Exportplattformen und Technology-Seeking-Strategien), ist es schwierig, konkrete Annahmen über Performancedifferentiale zu treffen.

Um potenzielle Performanceunterschiede zu ermitteln, wurden für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor jeweils getrennte Regressionsschätzungen durchgeführt. Dabei wurden nicht nur generelle Unterschiede zwischen Wirtschaftszweigen sowie die Unternehmensgröße berücksichtigt, sondern es war darüber hinaus möglich, die Vergleichsgruppe auf solche Unternehmen zu begrenzen, die ebenfalls – wie ihre ausländischen Konkurrenten – von Netzwerkeffekten profitieren: abhängige Unternehmen mit einem deutschen Gruppenoberhaupt.7 Zusätzlich wurden Untergruppen mit verschiedenen Internationalisierungsgraden gebildet – gemessen an den im Ausland generierten Umsatzanteilen.

Tabelle 1
Performanceprämien ausländischer Unternehmen
  Kontrollgruppe deutscher Unternehmen
  Alle abhängigen Exportierende Exportquote ≥ 30%
Dienstleistungssektor (N) 11 334 4 109 2 127
Arbeitsproduktivität (Euro) 32 015*** 25 275*** 1 462
Umsatzrendite (Prozentpunkte) -2,05*** -0,26 -4,48***
Verarbeitendes Gewerbe (N) 9 424 7 900 4 866
Arbeitsproduktivität (Euro) 14 054*** 11 629*** 5 112***
Umsatzrendite (Prozentpunkte) -0,83 -1,03* -1,78**

Anmerkung: Angegeben sind Koeffizienten der Schätzungen für 2008 mit folgenden statistischen Signifikanzniveaus: 10% (*), 5% (**) und 1% (***).

Tabelle 1 zeigt die geschätzten Performanceprämien für ausländische Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor.8 Die Arbeitsproduktivitätsprämie ist in beiden Sektoren nicht nur statistisch signifikant, sondern auch ökonomisch höchst relevant: Ausländische Unternehmen sind im Dienstleistungssektor ceteris paribus durchschnittlich um 32 000 Euro produktiver als deutsche Unternehmen (pro Beschäftigtem und Jahr). Im Verarbeitenden Gewerbe sind es immerhin noch 14 000 Euro. Diese Werte entsprechen ungefähr 36% bzw. 23% (gemessen an den Durchschnittswerten der Vergleichsgruppe). Weiterhin wird deutlich, dass die Prämie mit steigendem Internationalisierungsgrad der Kontrollgruppe abnimmt und im Dienstleistungssektor sogar statistisch insignifikant wird. Dies entspricht zum einen der theoretischen Überlegung, dass Multinationalität bzw. Internationalität ein wichtiger Erklärungsfaktor für Performancedifferentiale ist, zum anderen deckt sich dies mit neueren Ergebnissen zu heterogenen Firmen und Internationalisierung, die zeigen, dass erst die überdurchschnittlich produktiven Firmen es sich leisten können grenzübergreifend tätig zu sein.

Ergebnisse zur Umsatzrentabilität zeigen negative Werte, die im Dienstleistungssektor auch statistisch signifikant sind. Zwei Prozentpunkte entsprechen hier etwa 10%. Das ist zunächst verwunderlich, da bei einer überlegenen Produktivität auch mehr Gewinne angenommen werden sollten. Diese Befunde könnten allerdings auch auf steuerlich motivierte Gewinnverlagerungen hindeuten, ein sogenanntes Profit-Shifting. Dass dieses Bild im Dienstleistungssektor deutlicher ausfällt verwundert nicht, da dort auch mehr kreativer Spielraum für Verrechnungspreisgestaltung angenommen werden kann.

Um Heterogenität innerhalb der Gruppe auslandskontrollierter Unternehmen und möglichen Ursprungslandeffekten Rechnung zu tragen, wurden die Performanceprämien zusätzlich getrennt nach Ursprungsländern und Typen der Gruppenoberhäupter geschätzt. Ein wesentliches Ergebnis ist z.B., dass die Produktivitätsprämien zwar nicht exklusiv für US-Firmen gelten, jedoch maßgeblich durch diese getrieben werden. Im Verarbeitenden Gewerbe wurde die Performance zudem nach dem Typ der Gruppenoberhäupter untersucht: im speziellen werden hier Portfolioinvestoren (z.B. Banken und Versicherungen) und Direktinvestoren (andere produzierende Unternehmen) gegenübergestellt. Es zeigt sich dabei, dass Unternehmen, die von Finanzinstitutionen kontrolliert werden, die Performanceprämien treiben. Dieser Befund könnte auf eine Selektionsverzerrung der Prämien hindeuten, da angenommen werden kann, dass ausländische Finanzinstitutionen deutsche Unternehmen hauptsächlich dann erwerben, wenn diese bereits eine überdurchschnittliche Performance aufweisen.

Selektivität ausländischer Investoren

Kausalanalytisch liegt eine Selektionsverzerrung vor, wenn Performancevorteile nicht auf die Auslandskontrolle per se zurückgeführt werden können, sondern auch unabhängig von diesem Merkmal bestehen würden. Dies wäre dann der Fall, wenn ausländische Investoren Unternehmen in Deutschland kaufen, die ohnehin schon produktiver sind, also bereits bevor sie sich in ausländischer Hand befanden.

Die Frage nach einer Selektionsverzerrung kann zunächst mit einem klaren Ja beantwortet werden: Unternehmen, die in der Folgeperiode vom Ausland übernommen werden, sind – gemessen am Durchschnitt – um 25 000 Euro produktiver als die Kontrollgruppe nicht-übernommener Unternehmen, sie liegen also etwa um 40% über dem Durchschnitt. Weiterhin konnte in Regressionsschätzungen der Übernahmewahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass eine Präferenz für Zielunternehmen mit einer besonders geringen Rentabilität besteht. Ein solches Lemon-Grabbing speziell durch ausländische Investoren könnte durch Informationsnachteile und dem daraus resultierenden Ziel, Risken zu minimieren, erklärt werden.9

Negative Beschäftigungseffekte nach ausländischen Übernahmen

Ein weiteres Problem bei der Identifizierung von Kausalbeziehungen in nicht-experimentellen Daten ist das generelle Evaluationsproblem und beschreibt die Nicht-Beobachtbarkeit der kontrafaktischen Situation. Im vorliegenden Fall also die Performance von Unternehmen, die vom Ausland übernommen wurden, wenn sie nicht übernommen worden wären.

In der hier vorgestellten Studie wurden dazu Auswirkungen ausländischer Übernahmen im deutschen Verarbeitenden Gewerbe auf die Unternehmens­performance der Folgejahre daraufhin untersucht, welchen durchschnittlichen Effekt eine ausländische Übernahme hat. Für die Untersuchung wurden die Jahre 2007 bis 2009 berücksichtigt. Um das Problem der Selektion und der unbeobachtbaren kontrafaktischen Situation in den Griff zu bekommen, wurde ein Propensity-Score-Matching-Ansatz mit Difference-in-Differences-Schätzer angewendet. Dabei wird die kontrafaktische Kontrollgruppe behelfsweise aus der Population deutscher nicht-übernommener Unternehmen generiert, die vor der Übernahmeperiode bezüglich einschlägiger Merkmale mit übernommenen Unternehmen vergleichbar waren. Um weiterhin unbeobachtete Einflussfaktoren zu berücksichtigen, werden die Änderungsraten über die Folgejahre einer Übernahme betrachtet. Dieser Ansatz wird häufig genutzt, und dennoch vernachlässigt die weit überwiegende Anzahl vorliegender Studien einen wesentlichen Punkt: Um sich Kausaleffekten einer Auslandsübernahme auf die Unternehmensperformance zu nähern, dürfen nicht nur übernommene mit nicht-übernommenen Einheiten verglichen werden. Vielmehr müssen Auslandsübernahmen Inlandsübernahmen gegenübergestellt werden, um generelle Übernahmeeffekte zu berücksichtigen – unabhängig von der Art des Investors.

Tabelle 2
Übernahmeeffekte im Verarbeitenden Gewerbe

Arbeitsproduktivität (in 1000 Euro)

Matching-Algorithmus ATT Standardfehler |t-/z-Wert|
Auslandsübernahmen
1-NN 7,71 16,16 0,48
3-NN0,05 -0,41 13,11 0,03
5-NN0,05 5,41 12,76 0,42
10-NN0,05 2,15 12,77 0,17
Radius0,001 0,03 11,56 0,00
Radius0,002 7,33 12,83 0,57
Inlandsübernahmen
1-NN 35,42 12,47 2,84
3-NN0,05 14,93 12,15 1,23
5-NN0,05 18,96 10,36 1,83
10-NN0,05 17,28 10,09 1,71
Radius0,001 17,55 9,77 1,80
Radius0,002 15,72 9,01 1,74


Beschäftigungseffekte (Personen)

Matching-Algorithmus ATT Standardfehler |t-/z-Wert|
Auslandsübernahmen
1-NN -39,04 13,76 2,84
3-NN0,05 -31,23 12,59 2,48
5-NN0,05 -32,21 13,23 2,43
10-NN0,05 -31,70 13,62 2,33
Radius0,001 -18,41 8,57 2,15
Radius0,002 -36,13 15,92 2,27
Inlandsübernahmen
1-NN -19,02 6,99 2,72
3-NN0,05 -14,11 6,44 2,19
5-NN0,05 -17,15 6,65 2,58
10-NN0,05 -14,04 6,22 2,26
Radius0,001 -10,00 5,38 1,86
Radius0,002 -12,27 5,26 2,33

Anmerkungen: Bei den Matching-Algorithmen handelt es sich um die Verfahren Nearest Neighbor (NN) und Radius. Für beide Verfahren ist die maximal zulässige Abweichung der Propensity Score, für ersteres zusätzlich die Anzahl der jeweils zugeordneten Fälle aus der Kontrollgruppe angegeben. Weiterhin handelt es sich um analytische Standardfehler (NN) und solche aus Bootstrapping-Verfahren (Radius).

Tabelle 2 zeigt die durchschnittlichen Effekte von In- und Auslandsübernahmen auf die Zieleinheiten („average treatment on the treated“ – ATT) im deutschen Verarbeitenden Gewerbe nach verschiedenen Matching-Algorithmen zur Generierung einer behelfsweisen Kontrollgruppe:10 In den Ergebnissen für Auslandsübernahmen ist deutlich zu erkennen, dass der ATT für Produktivität – hier gemessen in 1000 Euro – quantitativ nicht besonders hoch ist und auch die Standardfehler hohe Werte aufweisen. Zeigt sich bei Inlandsübernahmen ein ähnliches Bild? Eher nicht, hier sieht man deutlich höhere Effekte die auch bezüglich ihrer statistischen Signifikanz robuster erscheinen. Je nach Matching-Algorithmus variiert die durchschnittliche Produktivitätssteigerung nach Inlandsübernahmen zwischen 15 000 und 35 000 Euro pro Jahr und beschäftigter Person. Dieses Ergebnis könnte demnach für negative Produktivitätseffekte durch Auslandskontrolle sprechen.

Betrachtet man die Schätzungen für Beschäftigungseffekte, fallen zum einen insgesamt höhere statistische Sig­nifikanzlevel auf, und es fällt zum anderen auf, dass die Effekte für beide Übernahmetypen negativ sind. Allerdings sind die negativen Effekte bei Auslandsübernahmen ausgeprägter: Hier geht die Beschäftigung nach einer Übernahme um durchschnittlich 18 bis 39 Personen zurück. Das ist fast das Doppelte als bei Inlandsübernahmen.

Geht man davon aus, dass es sich hierbei um Kündigungen zur Produktivitätssteigerung handelt, dann schlagen sich deutsche Investoren diesbezüglich besser als ausländische. Eine solche Interpretation würde für deutliche Nachteile ausländischer Investoren auf deutschen Märkten sprechen und damit die theoretische Annahme von Nachteilen aufgrund von Marktunkenntnis stützen. Dieses Ergebnis ist besonders auch deshalb interessant, weil das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erst kürzlich Ergebnisse publiziert hat, nach denen ausländische Übernahmen in Deutschland gerade keine Beschäftigungseffekte, dafür aber signifikante Produktivitätssteigerungen zur Folge haben.11 Hier wird deutlich, dass in Deutschland die wirtschaftliche Aktivität auslandskontrollierter Unternehmen keineswegs ausreichend untersucht ist und besonders vor dem Hintergrund globaler Kräfteverschiebungen kontinuierlicher Aufmerksamkeit bedarf.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass ausländische Unternehmen in Deutschland in der Tat über ausgeprägte Produktivitätsvorteile verfügen und damit das Potenzial bergen, sich auf direktem oder indirektem Wege positiv auf die deutsche Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auszuwirken. Gleichzeitig dürfen aber, z.B. bei der Anwerbung ausländischer Direkt­investitionen, mögliche Negativfolgen, wie z.B. das Verschieben von Unternehmensgewinnen in Länder mit niedrigerer Steuerbelastung oder negative Beschäftigungseffekte nach Übernahmen, nicht vernachlässigt werden.

  • 1 Bei ausländischen Unternehmen handelt es sich im vorliegenden Kontext um in Deutschland ansässige Unternehmen, die von institutionellen Einheiten aus dem Ausland kontrolliert werden. Kontrolle beschreibt dabei die Fähigkeit, die allgemeine Unternehmenspolitik festzulegen, und geht in der Regel mit einem Besitz von mehr als 50% der Unternehmensanteile einher.
  • 2 Vgl. G. Friebel, M. Heinz: Media Slant Against Foreign Owners: Downsizing, IZA Discussion Paper, Nr. 6859, September 2012; und Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen – Jahresgutachten 2007/08, Wiesbaden 2007, S. 388.
  • 3 Vgl. UNCTAD: World Investment Report – Towards a New Generation of Investment Policies, United Nations, Genf 2012, Anhang Tabelle I.2; M. Nahm: Inward-FATS – Auslandskontrollierte Unternehmen in Deutschland 2008, in: Wirtschaft und Statistik, Nr. 09/2011, S. 899-906.
  • 4 Zu Details und zur Zugänglichkeit der Informationen zu Unternehmensgruppen in der amtlichen Strukturstatistik siehe J. P. Weche Gelübcke: Ownership Patterns and Enterprise Groups in German Structural Business Statistics, in: Schmollers Jahrbuch/Journal of Applied Social Science Studies, 131. Jg. (2011), H. 4, S. 635-647.
  • 5 Eine Beschreibung des AFiD-Projektes findet sich bei A. Malchin, R. Voshage: Official Firm Data for Germany, in: Schmollers Jahrbuch/Journal of Applied Social Science Studies, 129. Jg. (2009), H. 3, S. 501-513.
  • 6 Einen Literaturüberblick bietet C. Bellak: How Domestic and Foreign Firms Differ and Why does it Matter?, in: Journal of Economic Surveys, 18. Jg. (2004), H. 4, S. 483-514.
  • 7 Das verwendete Modell schätzt die jeweilige Performancegröße und berücksichtigt dabei Struktureffekte in Form von Indikatorvariablen für Wirtschaftszweige, die nach der Klassifizierung der Europäischen Gemeinschaft auf zweistelligem Niveau abgebildet werden, und Größeneffekte, gemessen als Zahl der Beschäftigten sowie die quadrierte Zahl der Beschäftigten. Für alle hier besprochenen Ergebnisse wurde als Schätzer die Methode der kleinsten Quadrate verwendet.
  • 8 Eine ausführliche Besprechung und Schätzungen weiterer Performancekennzahlen (Exportverhalten, Lohn- und Gehaltszahlungen, Unternehmensgröße und Investitionen in Forschung und Entwicklung) finden sich in J. P. Weche Gelübcke: The Performance of Foreign Affiliates in German Manufacturing: Evidence from a new Database, in: The Review of World Economics, 149. Jg. (2013), H. 1, S. 151-182; und J. P. Weche Gelübcke: Foreign Ownership and Firm Performance in German Services: First Evidence based on Official Statistics, in: The Service Industries Journal, 33. Jg. (2013), H. 7 (im Erscheinen).
  • 9 Für Details siehe J. P. Weche Gelübcke: Foreign and Domestic Takeovers in Germany: Cherry-picking and Lemon-grabbing, University of Lüneburg Working Paper Series in Economics, Nr. 240, 2012.
  • 10 Zunächst wurde für jedes Unternehmen die Übernahmewahrscheinlichkeit mit Hilfe eines Regressionsansatzes geschätzt. Das Matching, also die Zuordnung von nicht-übernommenen Unternehmen zu Übernahmen zur Bildung einer Kontrollgruppe, erfolgte dann über die individuelle Übernahmewahrscheinlichkeit, den Propensity Score. Für sensitivitätsanalytische Zwecke wurden insgesamt zehn verschiedene Algorithmen angewandt, die sich nach Anzahl und Abweichungsgrad voneinander unterscheiden. Der ATT gibt somit die Differenz der durchschnittlichen Änderungsraten zwischen Übernahmefällen und Kontrollgruppe an. Für weitere Details siehe J. P. Weche Gelübcke: Foreign and Domestic Takeovers in Germany: First Comparative Evidence on the Post-acquisition Target Performance using new Data, University of Lüneburg Working Paper Series in Economics, Nr. 249, 2012.
  • 11 Vgl. A. Mattes: Foreign Takeovers: No Negative Effects on Employment and Productivity, in: DIW Wochenbericht, Nr. 32/2010, 6, S. 239-244.

Title:Foreign Enterprises and Takeover Consequences: New Evidence for Germany

Abstract:Surprisingly, relatively little is known about foreign-controlled firms’ activities in the German economy, although Germany is one of the most important FDI inflow countries worldwide. Recently, a new database on foreign ownership became available in the framework of German official statistics. The first econometric analyses of this database find evidence for the superior productivity and significantly lower profitability of foreign firms compared to their German counterparts. Furthermore, foreign takeovers are on average followed by much larger employment declines than German takeovers and show no productivity improvements.


DOI: 10.1007/s10273-013-1517-1