Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

Seit Anfang dieses Jahres wird in Deutschland der neue Rundfunkbeitrag erhoben. Im Unterschied zur vorher geltenden Rundfunkgebühr bemisst sich die Höhe der neuen Rundfunkabgabe nicht mehr nach der Zahl der vorgehaltenen Rundfunkgeräte. Sie richtet sich vielmehr an den Haushalten bzw. Betriebsstätten aus. Die entstehenden Zusatzbelastungen haben eine breite öffentliche Diskussion über die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung entfacht.

Die deutsche Rundfunklandschaft ist durch ein Nebenein­ander von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern charakterisiert. Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk bis Mitte der 1980er Jahre eine Monopolstellung innehatte, eroberten in den letzten 30 Jahren immer mehr private Sender den deutschen Rundfunkmarkt.1 Der Rundfunksektor umfasst das Fernsehen und den Hörfunk. Zu den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern gehören neben der ARD und dem ZDF mehr als 20 weitere Programmanbieter (dritte Programme, Spartenprogramme und Digitalkanäle). Neben den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern gibt es noch eine Vielzahl an privaten Wettbewerbern. Dazu gehören z.B. SAT.1 oder RTL, aber auch Bezahlfernsehangebote wie Sky oder nicht-kommerzielle Formate wie das Hochschulfernsehen.2

Der öffentlich-rechtliche Hörfunkbereich umfasst neben den drei deutschlandweiten, durch ARD und ZDF getragenen Programmangeboten Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und Deutschlandradio Wissen, mehr als 60 regionale Hörfunkprogramme. Im Vergleich zu den Öffentlich-Rechtlichen gibt es mittlerweile ein Vielfaches an privaten Hörfunkanbietern. Zu diesen zählen z.B. auch nicht-kommerzielle Angebote wie der Bürgerfunk. Bezahlhörfunkangebote konnten sich auf dem deutschen Markt bislang noch nicht erfolgreich etablieren.3

Die privaten Rundfunkunternehmen finanzieren sich größtenteils über Werbeeinnahmen. Neben den klassisch werbefinanzierten Rundfunksendern wie RTL gibt es – zumindest auf dem TV-Markt – aber auch Anbieter, deren Finanzierungsgrundlage alternative Geschäftsmodelle wie Pay-TV- oder Teleshopping-Formate sind. Die nicht-kommerziellen Anbieter finanzieren sich zum Teil auch über Sponsoring oder Spenden. Im Unterschied dazu erhalten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter größtenteils Rundfunkgebühren bzw. -beiträge. Die im Jahr 2011 für ARD, ZDF und Deutschlandradio erzielten Erlöse aus Rundfunkgebühren betrugen 7,53 Mrd. Euro.4 Rechtliche Grundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.

Die Rundfunkfinanzierungsreform

Ausgangspunkt der Reform der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung war eine Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz in Bad Pyrmont. Auf der im Herbst 2006 abgehaltenen Konferenz wurde die Rundfunkkommission der Länder mit der Erarbeitung alternativer Finanzierungsmodelle beauftragt. Anstoß der avisierten Finanzierungsreform war der Wunsch, den Verwaltungsaufwand und die Vollzugsdefizite bei der Gebührenerhebung zu verringern. Das Erhebungsverfahren sollte vereinfacht werden, indem die Rundfunkabgabe künftig vom Rundfunkgeräte-Besitz entkoppelt und der Beauftragtendienst entsprechend reduziert wird.5 Dafür erarbeitete die von den Bundesländern gebildete Arbeitsgruppe „Zukunft der Rundfunkgebühr“ vier verschiedene Finanzierungsalternativen. Dazu gehörten die Einführung einer Bürgerabgabe bzw. Kopfpauschale, die Einführung einer Haushalts- und Unternehmenspauschale sowie zwei über Steuern finanzierte Modelle. Diese Finanzierungsalternativen sollten eine aufkommensneutrale Reform ermöglichen, den privaten und nicht-privaten Bereich belasten, eine geräteunabhängige Erhebung vorsehen und keinen hohen Verwaltungsaufwand erfordern.6

Alternative Finanzierungsmodelle

  1. Zunächst wurden die ersatzlose Streichung der damaligen Rundfunkgebühr7 und die Einführung einer Bürger­abgabe (bzw. Kopfpauschale) vorgeschlagen. Diese hätte von allen Personen mit inländischem Wohnsitz ab Vollendung des 18. Lebensjahrs gezahlt werden müssen. Ohne Befreiungstatbestände rechnete die Arbeitsgruppe mit einem Monatsbetrag von etwa 9 Euro pro Kopf. Vorteil der Bürgerabgabe wäre eine Befreiung des Unternehmensbereichs gewesen, sodass pro Erwachsenem nur einmal eine Abgabe zu leisten gewesen wäre. Im Unterschied zur bisherigen GEZ-Gebühr wären aber nicht die Haushalte Anknüpfungspunkt der neuen Pauschale gewesen, sondern jeder volljährige Bürger. Die Finanzierungslast pro Haushalt hätte sich dementsprechend erhöht.8
  2. Anschließend wurde die Einführung einer Haushalts- und Unternehmensabgabe vorgeschlagen. Dieses Finanzierungsmodell wurde letztlich auch umgesetzt. Im privaten Bereich knüpft die Abgabe an die Wohnung und im nicht-privaten Bereich an die Betriebsstätte an. Die Realisierung dieses Finanzierungsmodells ist mit Mehrfachbelastungen verbunden, da jeder bereits als Privatperson zahlungspflichtig wird. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe bestanden zunächst auch hinsichtlich des Anknüpfungspunkts Probleme. Fraglich war z.B., ob im nicht-privaten Bereich der Firmensitz, die Betriebsstätte, die Filiale oder das Unternehmensgrundstück mit der Abgabe belastet werden sollte. Zudem sind mit dem Modellwechsel datenschutzrechtliche Probleme verbunden, da ein Datenabgleich mit den Einwohnermeldeämtern erforderlich wird. Im Vergleich zur geräteabhängigen Rundfunkgebühr ist die Zahl der beitragspflichtigen Bürger und Unternehmen mit der Einführung der geräteunabhängigen Abgabe gestiegen. Entsprechend hat sich auch der Erhebungsaufwand der ehemaligen Gebühreneinzugszentrale erhöht.9
  3. Weiterhin schlug die Arbeitsgruppe zwei Steuermodelle vor. Während der notwendige Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beim ersten Modell über bestehende Gemeinschaftssteuern von Bund und Ländern gedeckt werden sollte, bezog sich die Rundfunkfinanzierung des zweiten Modells ausschließlich auf Landessteuern. Beim ersten Modell wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunkbereich über eine Anhebung von Gemeinschaftssteuern – z.B. der Umsatz-, der Einkommen- oder der Körperschaftsteuer – finanziert worden. Nach dem zweiten Ansatz wären entweder alle oder nur eine Landessteuer erhöht worden. Die Belastungswirkungen einer Finanzierung über nur eine Landessteuer wären erheblich gewesen, z.B. hätte dies eine Verdoppelung der Kraftfahrzeugsteuer bedeuten können.
  4. Alternativ hätte auch eine neue (zweckgebundene) Landessteuer eingeführt werden können. Wie die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe hätten auch die vorgestellten Steuermodelle – in Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung – zu Mehrfachbelastungen des Einzelnen geführt. Möglicherweise wären mit der Gemeinschaftssteuerfinanzierung zudem Verteilungsprobleme verbunden gewesen, vor allem im Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten untereinander. Fraglich wäre zudem gewesen, wie die Finanzbedarfe bei konjunkturell bedingten Steuermindereinnahmen gedeckt worden wären und ob diese z.B. eine Nettokreditaufnahme durch die Länder rechtfertigen würden.10

Alle vier Finanzierungsalternativen stoßen zudem auf verfassungsrechtliche Probleme etwa in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz, da es aufgrund der geräteunabhängigen Erhebung zu einer endgültigen Entkoppelung von Rundfunkabgabe und tatsächlichem Rundfunkkonsum kommt.11 Letztlich wäre bei allen genannten Finanzierungsalternativen zu prüfen, ob es aufgrund von zu definierenden Bedürftigkeitstatbeständen Befreiungen geben soll und ob diese im Rahmen von sozialen Leistungen übernommen werden.12

Zu den Vorteilen aller Modellalternativen gehört, dass das Problem der „Schwarzseher“ bzw. „Schwarzhörer“ gelöst wird. Bei der Steuerfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würde zudem das Gebühreneinzugsverfahren entfallen.13 Der Vollständigkeit halber sind in Tabelle 1 die Nachteile der vorgestellten Modellalternativen zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 1
Nachteile alternativer Finanzierungsmodelle
Entstehende Nachteile bzw. Kosten Bürgerabgabe bzw. Kopfpauschale Haushalts- und Betriebsstättenabgabe Steuermodelle
Doppel- und Mehrfachbelastungen des Einzelnen - 1
Verfassungsrechtliche Hürden (Steuer)
Datenschutzrechtliche Probleme -
Erhöhter Erhebungsaufwand -
Übernahmepflicht im Rahmen sozialer Leistungen
Probleme bei der Bestimmung des Anknüpfungspunkts - 2
Verteilungsprobleme bei der Steuerfinanzierung - -
Risiko der Kreditfinanzierung - -

1 Die Entstehung von Doppel- und Mehrfachbelastungen ist von der Art der Steuerfinanzierung   (Gemeinschafts-/Landessteuer) abhängig.
2
Vornehmlich bei der Einführung einer Haushalts- und Betriebsstättensteuer.

Quelle: eigene Darstellung.

Einführung des Rundfunkbeitrags

Die Rundfunkkommission der Länder lehnte die Steuermodelle im Großen und Ganzen ab. Hintergrund der Ablehnung war mutmaßlich die Schwierigkeit, eine Steuerfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks politisch durchzusetzen. Die spürbare Mehrbelastung vieler privater Haushalte dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass man sich letztlich auch gegen die Kopfpauschale und für die Einführung einer geräteunabhängigen Haushalts- und Betriebsstättenpauschale entschieden hat.

Zum 1. Januar 2013 wurde das bisherige GEZ-Modell durch den neuen Rundfunkbeitrag abgelöst. Da der Rundfunkbeitrag unabhängig vom Besitz und von der Art des Empfangsgeräts erhoben wird, entfällt die bisherige Differenzierung der Beitragshöhe nach den Gerätearten.

Da nun alle Unternehmen und Haushalte pauschal und geräteunabhängig zur Rundfunkfinanzierung herangezogen werden, ist anzunehmen, dass die Öffentlich-Rechtlichen Mehreinnahmen generieren werden. Eine Studie der SIXT AG geht von jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 1,5 Mrd. Euro aus.14 Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ist deutlich vorsichtiger, prognostiziert für die laufende Beitragsperiode aber zumindest Mehreinnahmen in Höhe von 304 Mio. Euro.15 Beitragspotenziale bestehen nach Ansicht der KEF vor allem bei den Wohnungen und den betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen.16 Ob es infolge des Modellwechsels aber tatsächlich zu höheren Einnahmen kommt, wird derzeit im Rahmen einer Evaluierung geprüft. Die Ergebnisse dieser Evaluierung sind Gegenstand des 19. KEF-Berichts und liegen spätestens im März 2014 vor.17 Dies zöge dann entsprechende Konsequenzen nach sich: Im Protokoll zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag erklären Hamburg, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, dass „im Zuge der Neuordnung der Rundfunkfinanzierung entstehende Mehreinnahmen … für eine Reduzierung der Belastung von Bürgern und Unternehmen genutzt werden.“18

Beitragspflicht und Belastungswirkungen im privaten Bereich

Der neue Rundfunkbeitrag beläuft sich auf eine monatliche Grundpauschale in Höhe von 17,98 Euro. Diese muss jeder Haushalt entrichten – egal, wie viele Menschen in dem Haushalt leben und ob dort ein Rundfunkempfangsgerät vorhanden ist. Mit 17,98 Euro pro Monat entspricht die neue Beitragshöhe der ehemaligen Gesamtgebühr für Radio- und TV-Geräte. Im Bereich der privaten Haushalte ist die Wohnung Adressat der neuen Beitragspflicht. Der Beitrag deckt auch die privat genutzten Kraftfahrzeuge der Bewohner ab. Zweit-, Neben- und privat genutzte Ferienwohnungen sind hingegen zusätzlich voll beitragspflichtig. Bislang musste nur für die zum dauerhaften Verbleib vorgesehenen Rundfunkgeräte eine Rundfunkgebühr entrichtet werden. Zimmer oder Wohnungen in Gemeinschaftsunterkünften (Kasernen, Internate), leer stehende Wohnungen oder Gartenlauben können unter bestimmten Umständen freigestellt werden.19

Von der neuen Haushaltsabgabe profitieren vor allem Wohngemeinschaften, nichteheliche Lebensgemeinschaften und junge Erwachsene mit eigenem Einkommen, die noch bei den Eltern wohnen. Künftig muss nur noch ein Familienmitglied oder ein WG-Bewohner einen Rundfunkbeitrag für alle in der Wohnung lebenden Personen entrichten.

Zu den Verlierern des neuen Rundfunkbeitragsmodells gehören Menschen, die keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk konsumieren oder nur über ein Radio und/oder ein „neuartiges Rundfunkgerät“ verfügen. Erstere mussten bislang gar keine und letztere nur eine reduzierte Rundfunkgebühr in Höhe von 5,76 Euro pro Monat entrichten. Im Jahr 2011 nutzten etwa 2,4 Mio. Gebührenzahler lediglich ein Radio und/oder einen PC.20 Da Zweit-, Neben- und privat genutzte Ferienwohnungen ebenfalls voll beitragspflichtig sind, werden mehr als 2,1 Mio. Inhaber von Zweit- und privat genutzten Ferienwohnungen gleich mehrfach zur Rundfunkfinanzierung herangezogen. Zu den Verlierern des neuen Rundfunkbeitrags gehören aber auch Menschen mit Behinderung, die bislang von der alten Rundfunkgebühr befreit waren. Fortan müssen sich etwa 775 000 behinderte Menschen an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligen – wenn auch nur zu einem reduzierten Satz in Höhe von 5,99 Euro im Monat.21

Beitragspflicht und Belastungen im Unternehmensbereich

Im Unternehmensbereich ist die Gemeinschaft einer Betriebsstätte Adressat der neuen Beitragspflicht. Die Höhe des neuen Rundfunkbeitrags bemisst sich nach der Zahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge. Die Beitragshöhe pro Betriebsstätte orientiert sich an der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäftigten und der Bediensteten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Nicht mitgezählt werden Inhaber, Auszubildende und geringfügig Beschäftigte. In Abhängigkeit von der Zahl der Beschäftigten ergibt sich für eine Betriebsstätte die in Tabelle 2 dargestellte Beitragshöhe.22 Pro Betriebsstätte ist ein betrieblich genutztes Kraftfahrzeug beitragsfrei. Für jedes Weitere ist ein reduzierter Rundfunkbeitrag in Höhe von 5,99 Euro pro Monat zu entrichten.23 Vermieter von Hotel- und Gästezimmern oder von Ferienwohnungen müssen einen monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von 5,99 Euro pro Zimmer bzw. Wohnung leisten. Dabei ist jeweils das erste Zimmer bzw. die erste Wohnung pro Betriebsstätte beitragsfrei gestellt. Für jedes weitere Zimmer bzw. jede weitere Wohnung wird ein Betrag von 5,99 Euro pro Monat fällig. Diese Zusatzbeiträge müssen neben den üblichen Beiträgen für Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen gezahlt werden.24

Tabelle 2
Die Beitragsstaffelung für Betriebsstätten
Staffel Beschäftigte pro Betriebsstätte Beitragshöhe pro Monat in Euro
1 0 bis 8 5,99
2 9 bis 19 17,98
3 20 bis 49 35,96
4 50 bis 249 89,90
5 250 bis 499 179,80
6 500 bis 999 359,60
7 1000 bis 4999 719,20
8 5000 bis 9999 1438,40
9 10 000 bis 19 999 2157,60
10 ab 20 000 3236,40

Quelle: ARD, ZDF und Deutschlandradio: Der neue Rundfunkbeitrag, 2013, http://www.rundfunkbeitrag.de (18.6.2013).

Für Selbstständige, die zu Hause arbeiten, gibt es Entlastungen. Wird für die Wohnung bereits ein Rundfunkbeitrag gezahlt, muss kein zusätzlicher Beitrag entrichtet werden. Allerdings ist für das betrieblich genutzte Kraftfahrzeug ein Monatsbeitrag von 5,99 Euro zu zahlen. Für Saisonbetriebe und Einrichtungen des Gemeinwohls gelten Sonderregelungen.25

Zu den Verlierern des neuen Rundfunkbeitrags gehören also all die Unternehmen, die über viele und/oder personalintensive Betriebsstätten verfügen – klassischerweise also Filialbetriebe. Darüber hinaus erhöht sich infolge des Modellwechsels die Gebührenlast für Kraftfahrzeuge, die zu gewerblichen Zwecken oder für eine andere selbstständige Erwerbstätigkeit genutzt werden, von 5,76 auf 5,99 Euro pro Monat. Auch wenn das erste betrieblich genutzte Kraftfahrzeug vom neuen Rundfunkbeitrag befreit ist, wird eine Betriebsstätte gegenüber dem alten Modell ceteris paribus dann schlechter gestellt, wenn auf diese mindestens 27 PKW zugelassen sind. Zudem führt die Beitragsstaffelung nach der Beschäftigtenzahl tendenziell zu einer Diskriminierung personal- und einer Bevorteilung kapitalintensiver Betriebe. Hinzu kommt, dass der neue Rundfunkbeitrag unabhängig davon erhoben wird, ob es den Arbeitnehmern während der Arbeitszeit erlaubt ist, Rundfunkleistungen zu konsumieren.

Handlungsoptionen

Die Beitragspflicht für Unternehmen erscheint systematisch verfehlt, weil nunmehr grundsätzlich jeder Arbeitgeber und jeder Arbeitnehmer bereits als Privatperson beitragspflichtig ist. Es ist zudem davon auszugehen, dass die von den Unternehmen zu entrichtenden Rundfunkbeiträge auf die Kunden überwälzt werden oder die Beschäftigten treffen, weil sie die Spielräume einer möglichen Lohnerhöhung schmälern. Um Doppelbelastungen zu vermeiden, sollte der Unternehmenssektor daher prinzipiell von der Beitragspflicht ausgenommen werden. Die resultierenden Beitragsausfälle wären überschaubar und über Einsparungen aufzufangen.26 Zudem wäre ein entscheidender Beitrag zur Entbürokratisierung des öffentlich-rechtlichen Finanzierungssystems geleistet.

Handlungsoptionen bestehen auch bei den Privathaushalten. Da jede Person grundsätzlich nur einmal ein Nutzungsrecht zum Konsum öffentlich-rechtlicher Rundfunkleistungen in Anspruch nehmen kann, sollten Zweit-, Neben- und privat genutzte Ferienwohnungen beitragsbefreit werden. Schließlich erscheint es ungerecht, dass Berufspendler, die ohnehin schon eine Nebenwohnung finanzieren müssen, doppelt zahlen sollen.

Ökonomische Würdigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung

Um ungerechtfertigte Doppelbelastungen weitestgehend zu vermeiden, sollte das geplante Rundfunkbeitragsmodell kurzfristig zumindest nachgebessert werden. Dies ersetzt aber keine grundsätzliche Diskussion über die Rechtfertigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkbereichs. In seinen nunmehr 14 Rundfunkurteilen hat das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Sonderstellung zugebilligt. Da der Markt nicht in der Lage sei, die gebotene Vielfalt an Themen und Meinungen abzubilden, wurde durch den Gesetzgeber ein duales Rundfunksystem geschaffen, innerhalb dessen die öffentlich-rechtlichen Anbieter einen besonderen Schutz genießen. Dafür müssen diese den Grundversorgungsauftrag erfüllen. Der Grundversorgungsbegriff wurde allerdings weder im Grundgesetz noch im einfachen Recht spezifiziert. Im fünften Rundfunkurteil („Baden-Württemberg-Beschluss“) vom Frühjahr 1987 wird lediglich recht allgemein ausgeführt, dass Grundversorgung nicht mit einer Minimalversorgung gleichzusetzen sei und der Rundfunkbegriff „dynamisch“ und „entwicklungsoffen“ aufgefasst werden müsse.27

Die maßgeblichen Rundfunkurteile traf das Bundesverfassungsgericht in den 1970er und 1980er Jahren und damit zu einer Zeit, in der der deutsche Rundfunkmarkt durch eine geringe Zahl öffentlich-rechtlicher Anbieter gekennzeichnet, die Zahl der verfügbaren terrestrischen Frequenzen begrenzt und die Produktion von Rundfunkleistungen technisch schwierig und relativ kostenintensiv war. Da die duale Rundfunkordnung in Deutschland inzwischen veränderten Wettbewerbsbedingungen unterliegt und die technischen Möglichkeiten (Kabel, Satellit, Terrestrik oder Internet) für eine marktliche Bereitstellung von Rundfunkleistungen und einen funktionsfähigen Wettbewerb mittlerweile als gegeben angesehen werden können, steht die Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Daher sollte der Auftrag, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten übertragen wurde, schnellstmöglich und unter Berücksichtigung der sich ändernden Rahmenbedingungen überarbeitet und präzisiert werden.

  • 1 Vgl. N. Eickhof, H. Never: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk zwischen Anstaltsschutz und Wettbewerb, Potsdam 2000, S. 1 f.
  • 2 Vgl. http://www.die-medienanstalten.de/?id=761 (12.6.2013).
  • 3 Vgl. die medienanstalten: Jahrbuch 2011/2012, Berlin 2012, S. 254-292.
  • 4 Vgl. Gebühreneinzugszentrale (GEZ): Geschäftsbericht 2011, Köln 2012, S. 7.
  • 5 Vgl. Begründung zum Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag), http://www.ivd.net/fileadmin/user_upload/bundesverband/Der_IVD/Newsletter/2012-10-18_Rundfunkaenderungsstaatsvertrag.pdf (19.6.2013), S. 1 f.
  • 6 Vgl. AG Zukunft der Rundfunkgebühr: Dokumentation: Diskussionspapier der AG „Zukunft der Rundfunkgebühr“ der Bundesländer, in: Funk-Korrespondenz, 55. Jg. (2007), H. 39, S. 34-39.
  • 7 Der Name „Rundfunkgebühr“ ist insofern irreführend, als es sich bereits bei der alten „GEZ-Abgabe“ finanzwissenschaftlich um eine Art Beitrag handelte. Im Unterschied zu Gebühren sind bei Beiträgen Leistung und Gegenleistung voneinander entkoppelt. Auch bei einer geräteabhängigen Rundfunkabgabe wie der „GEZ“ ist es unerheblich, ob Rundfunkdienste tatsächlich in Anspruch genommen werden. Das Erwerben einer potenziellen Nutzungsmöglichkeit ist vielmehr Charakteristikum eines Beitrags.
  • 8 Vgl. AG Zukunft der Rundfunkgebühr, a.a.O.
  • 9 Ebenda. Nach Angaben der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) soll sich z.B. die Mitarbeiterkapazität der GEZ (jetzt: Beitragsservice) von 1041 im Jahr 2009 auf 1322 in den Jahren 2012 bis 2014 erhöhen. Vgl. KEF: 18. KEF-Bericht, Mainz 2011, S. 278.
  • 10 Vgl. AG Zukunft der Rundfunkgebühr, a.a.O.
  • 11 Dass die unterschiedslose Einbeziehung aller Unternehmen und Haushalte gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG verstößt, bemängeln z.B. auch Degenhart und Geuer. Degenhart hat ein Rechtsgutachten erstellt, innerhalb dessen er den neuen Rundfunkbeitrag für verfassungswidrig erklärt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Geuer, der eine Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof angestrengt hat. Vgl. C. Degenhart: Verfassungsfragen des Betriebsstättenbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, Frankfurt a.M. 2013, S. 3; und E. Geuer: Rechtsschutzmöglichkeiten von Unternehmen gegen den neuen Rundfunkbeitrag, Passau 2013, S. 4 f.
  • 12 Vgl. AG Zukunft der Rundfunkgebühr, a.a.O.; und A. Terschüren: Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland. Analyse der Neuordnung und Entwicklung eines idealtypischen Modells, Ilmenau 2013.
  • 13 Vgl. AG Zukunft der Rundfunkgebühr, a.a.O.
  • 14 Vgl. http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/neue-rundfunkgebuehr-wirtschaft-rebelliert-gegen-gierige-monster-ard-zdf/7756248.html (18.7.2013).
  • 15 Vgl. KEF: Pressemitteilung vom 8.1.2013, Mainz 2013.
  • 16 Vgl. KEF: 18. KEF-Bericht, Mainz 2011, S. 180-184.
  • 17 Vgl. KEF: Pressemitteilung vom 8.1.2013, Mainz 2013.
  • 18 Protokollerklärung der Freien und Hansestadt Hamburg, des Landes Niedersachsen, des Freistaates Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vom 15./21.12.2010, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 2011, S. 186.
  • 19 §§ 2 bis 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in der Fassung vom 13.12.2011, Gesetz und Verordnungsblatt NRW, S. 675.
  • 20 Vgl. J. Korte et al.: Kleine Anfrage. Datenschutzrechtliche Bedenken beim Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bundestagsdrucksache 17/8231, Berlin 2011, S. 1 f.
  • 21 Ebenda.
  • 22 §§ 5, 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in der Fassung vom 13.12.2011, Gesetz- und Verordnungsblatt NRW, S. 675.
  • 23 § 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, a.a.O.
  • 24 Ebenda.
  • 25 §§ 5, 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, a.a.O.
  • 26 In Bezug auf das frühere GEZ-Modell hätten sich die Beitragsausfälle infolge einer Befreiung des Unternehmensbereichs auf etwa 750 Mio. Euro pro Jahr beziffert. Insgesamt geht der Verband privater Rundfunk- und Telemedien beim öffentlich-rechtlichen Rundfunkbereich von einem Einsparpotenzial in Höhe von 1 Mrd. Euro pro Jahr aus. Siebenhaar beziffert das Einsparvolumen sogar auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Eine entsprechende Gegenfinanzierung der Beitragsausfälle wäre also durchaus möglich. Vgl. http://www.digitalfernsehen.de/Privatsender-ARD-und-ZDF-koennten-eine-Milliarde-sparen.news_942833.0.html (1.7.2013); und H.-P. Siebenhaar: Die Nimmersatten, Köln 2012, S. 176-212.
  • 27 Vgl. 5. Rundfunkurteil BVerfG 74, 297 „Baden-Württemberg-Beschluss“.

Title:Financing German Public Broadcasting

Abstract:Germany is characterised by a dualism between public and private broadcasting. Public broadcasting services, encompassing radio and television, are mainly financed by license fees. As a result of the revised Broadcasting Law, the former broadcasting fees were replaced on 1 January 2013 by a monthly broadcasting contribution paid by every household and company regardless of whether or when they use public broadcasting services. The new system resulted in higher fees for many people and a controversial public dispute. The author of this paper highlights some options to improve the current financing system.

Beitrag als PDF


DOI: 10.1007/s10273-013-1564-7