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Nach über 20 Jahren Diskussionen liegen derzeit drei Modelle zur Reform der Grundsteuer vor. Sie basieren auf wert- und flächenbezogenen Bemessungsgrundlagen sowie einer Kombination aus beiden. Die Rechnungen zum regionalen Aufkommen belegen, dass die wertbasierten Modelle mit der höheren Verteilungsgerechtigkeit von den finanzstarken Ländern im Länderfinanzausgleich abgelehnt werden, weil sie dann höhere Transferzahlungen an die finanzschwachen Länder leisten müssten.

Die Grundsteuer steht in Deutschland bereits seit über 20 Jahren zur Diskussion. Sie knüpft an völlig veraltete Einheitswerte an (1964 für West- und 1934 für Ostdeutschland). Sie führt deshalb zu einer ungleichen individuellen Besteuerung gleicher Verkehrswerte. Wegen dieser Verletzung des Gleichheitsgebots ist ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.1 Eine Neuordnung erscheint überfällig.

Nach vielen Jahren mit Verhandlungen unter den Bundesländern liegen seit einiger Zeit drei Vorschläge auf dem Tisch: Modell A verfolgt einen Verkehrswertansatz, Modell B ist eine verkehrswertunabhängige Flächensteuer, und Modell C verknüpft beide Ansätze. Die Modelle unterscheiden sich nicht nur im Hinblick auf die individuellen Verteilungswirkungen, sondern insbesondere auch hinsichtlich der interregionalen Verteilung der Grundbeträge, welche die kommunale Steuerkraft zwischen verschiedenen Kommunen bestimmt und damit auch die Höhe der im Länderfinanzausgleich anzusetzenden Finanzkraft der Länder. Soweit die Gemeinden die Veränderungen ihrer Bemessungsgrundlagen bei der Grundsteuer in der Summe durch einen anderen Hebe­satz ausgleichen, beschränken sich die – möglicherweise nicht unbedeutenden – interkommunalen Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich. Die Reform der Grundsteuer verändert aber auch je nach gewähltem Modell die Finanzkraft der Länder, die sich auf ein Reformmodell einigen müssen, nachdem der Bund ihnen die Verantwortung für einen Konsens zuweist.2

Der vorliegende Beitrag untersucht die Auswirkungen der drei Reformmodelle hinsichtlich ihrer Eignung als kommunale Steuer und die jeweiligen interpersonellen Veränderungen. Durch eine Modellrechnung werden außerdem die jeweiligen Veränderungen im Länderfinanzausgleich hochgerechnet, welche die Schwierigkeit und die Dauer des Einigungsprozesses erklärt. Die Analysen beziehen sich nur auf die Grundsteuer B (bebautes und unbebautes Land). Die Grundsteuer A (Forst- und Landwirtschaft) spielt eine zu vernachlässigende fiskalische Rolle, zudem sind Statistiken zur Berechnung der Effekte nicht verfügbar. Neben den drei Reformmodellen der Bundesländer gibt es diverse weitere Reformansätze, die allerdings von keinem Land unterstützt werden, so dass sich die Betrachtung in diesem Artikel auf diese drei Modelle beschränkt.

Die Grundsteuer als kommunale Steuer in der Kritik

Die Grundsteuer machte 2012 mit 11,6 Mrd. Euro fast 15% der kommunalen Gesamtsteuereinnahmen aus. Sie ist damit neben der Gewerbesteuer die wichtigste Steuereinnahmequelle der Kommunen, die über das Hebesatzrecht mit einem autonomen Gestaltungsrecht für die Städte und Gemeinden ausgestattet sind. Wegen der Immobilität ihrer Bemessungsgrundlage ist sie im interkommunalen Standortwettbewerb von hoher Bedeutung. Durch den Wegfall der Gewerbekapitalertragsteuer hat sich das früher einmal vollständige kommunale Ertragsteuersystem auf die Grund- und Gewerbeertragsteuer reduziert.3

Eine Rechtfertigung für die Grundsteuer und vor allem auch für ihre Anknüpfung an Immobilienwerte/Objekterträge liegt in der kommunalen Bereitstellung öffentlicher Güter. Nach Fischel kapitalisieren sich insbesondere kommunale Dienstleistungen in den Grund- und Bodenwerten.4 Das Phänomen könnte als „getting-richer-while-sleeping-Phänomen“ bezeichnet werden.5 Die Grund- und Immobilienbesitzer erhalten Renten, die nicht notwendigerweise auf ihre Initiative zurückzuführen sind. Die Kommunen sind daher bestrebt diese Renten in Form der Grundsteuer abzuschöpfen. Die Grundsteuer kann folglich als eine Steuer auf eine „unverdiente“ ökonomische Rente verstanden werden, die zur Finanzierung kommunaler Leistungen herangezogen wird.

Da die Bereitstellung öffentlicher Güter zwischen den Kommunen variiert, haben die Kommunen über ein Hebe­satzrecht die Möglichkeit die dadurch implizierten Ausgabenbelastungen auszugleichen. Die Hebesatzunterschiede werden bei der Betrachtung ländlicher und städtischer Kommunen evident: Während die Landeshauptstadt München einen Hebesatz von 535% hat, liegt dieser in den Umlandgemeinden zwischen 200% (Grünwald) und 310% (Olching).6

Tabelle 1
Durchschnittliche Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer 1970 bis 2011
in %
  Grundsteuer A Grundsteuer B Gewerbesteuer
1970 219 245 287
1980 250 274 330
1990 263 306 364
2000 279 367 389
2010 302 410 390
2011 311 425 392
Index 1970 = 100
1970 100,0 100,0 100,0
1980 114,0 111,9 115,0
1990 119,7 125,1 126,8
2000 127,0 149,8 135,5
2010 137,4 167,2 136,0
2011 142,2 173,6 137,0

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen.

Veraltete, nicht dynamische Bemessungsgrundlagen und deren Immobilität schlagen sich in den Hebesätzen nieder (vgl. Tabelle 1). Seit 1970 haben die Hebesätze der Grundsteuer A und der Gewerbesteuer um ca. 30% zugelegt, die Hebesätze der Grundsteuer B stiegen im Bundesdurchschnitt um 74%. Die hohen Hebesätze der Grundsteuer B stehen symptomatisch für die Probleme der Grundsteuer. Gemäß Bewertungsgesetz hätten die Einheitswerte in Westdeutschland in Zeitabständen von je sechs Jahren erneut bestimmt werden müssen. Dies ist aufgrund hoher administrativer Kosten unterblieben.7 Die fehlende Dynamisierung wurde durch insgesamt steigende Hebesätze ausgeglichen. Da die individuelle Wertentwicklung jedoch vor allem je nach Lage der Grundstücke stark unterschiedlich ist, führt die unterlassene Neubewertung zu einer zunehmenden steuerlichen Ungleichbehandlung. Auch die Wertansätze für Bebauung und Ausstattung sind nicht linear gewachsen. Insgesamt machen derzeit die veralteten Einheitswerte im Durchschnitt zwischen 1/10 und 1/20 der tatsächlich bezahlten Kaufpreise aus.8 Die Einheitswerte spiegeln somit weder das Niveau noch die Relation der tatsächlichen Grundstücks- und Immobilienwerte untereinander angemessen wider, so dass der Gleichheitsgrundsatz massiv verletzt sein dürfte.

Die Reformmodelle

Schon 2011 hatten die Finanzminister der Länder in Arbeitsgruppen Reformvorschläge für die Grundsteuer ausgearbeitet. Die angeführten Reformmodelle werden in der länderoffenen Arbeitsgruppe unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen und unter Beteiligung des Bundesministeriums der Finanzen bewertet und Vorschläge für das weitere Vorgehen erarbeitet.9 Die Reformmodelle unterscheiden sich in der Festlegung der Bemessungsgrundlage und der Rechtfertigung der Steuerbelastung:10

  • Im Verkehrswertmodell von Bremen, Berlin, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen (Modell A)11 wird der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage herangezogen. Das Reformmodell greift die Empfehlung der OECD auf, die eine stärkere Berücksichtigung der Verkehrswerte als Bemessungsgrundlage fordert.12 Die Wertermittlung erfolgt somit durch Heranziehung von Merkmalen, die den Wert des Grundstücks wiedergeben: Lage, Grundstücksgröße, Grundstücks-/Gebäudeart, Wohn-/Nutzfläche und Baujahr. Diese individuellen Merkmalsdaten werden mit Vergleichsdaten des Immobilienmarktes (Kaufpreissammlungen) auf Basis von Regressionsanalysen verknüpft (sogenannter Vergleichsfaktor). Daneben ergeben sich Korrekturfaktoren, die sich aus dem Baujahr des Gebäudes und der Grundstücksgröße ableiten.
  • Das wertunabhängige Modell von Baden-Württemberg, Bayern und Hessen (Modell B)13 verlässt die bisherige und die in den anderen Reformmodellen geforderte Anknüpfung der Grundsteuer an den Wert der Immobilie. Vielmehr wird von den Erfindern eine Analogie zum kommunalen Beitragsrecht, zum Äquivalenzprinzip konstruiert. Die Grundsteuer würde ihren Steuercharakter behalten, da der Steuerzahlung keine direkten Gegenleistungen gegenüberstehen. Die Bemessungsgrundlage basiert bei diesem Modell auf den wertunabhängigen physischen Flächenmerkmalen der Grundstücke und der aufstehenden Gebäude. Der Ansatz geht von steigenden kommunalen Ausgaben (beispielsweise Infrastruktur) mit der Grundstücksfläche aus. Die Bemessungsgrundlage ist hierbei das Ergebnis aus der Multiplikation von Flächengrößen und einer nutzungsabhängigen Äquivalenzzahl (0,20 Euro/m2 für Wohnzwecke bzw. 0,40 Euro/m2 für nicht für Wohnzwecke genutzte Gebäudeflächen und 0,02 Euro/m2 für Grundstücksflächen).
  • Als Bemessungsgrundlage im gebäudewertunabhängigen Kombinationsmodell von Thüringen (Modell C)14 werden die Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert (wertabhängig) und die Gebäudefläche mit nutzungsbezogenem Äquivalenzwert (wertunabhängig) herangezogen. Dabei werden die Gebäudeflächen wie im vorhergehenden Modell nach Wohn- und Nicht-Wohnnutzung unterschieden. In diesem Modell wird davon ausgegangen, dass der Wert der Gebäude maßgeblich durch den Eigentümer, der Wert des Grundstücks durch die Gemeinde determiniert wird. Die Heranziehung des Bodenrichtwertes berücksichtigt die im Bodenwert kapitalisierten kommunalen Leistungen. Die Gebäudefläche wird ähnlich zum Südländermodell berücksichtigt, was das Maß der Nutzung der Infrastruktur wiedergeben soll.

Beurteilung der Grundsteuerreformmodelle aus finanzwissenschaftlicher Sicht

Es gibt Stimmen, die für die Abschaffung der Grundsteuer plädieren.15 Dies steht allerdings im Widerspruch zum Kriterium des Interessenausgleichs zwischen den Nutzergruppen kommunaler Leistungen. Bei allen drei Modellen ist die Beweglichkeit über das kommunale Hebesatzrecht unverändert zum Status quo gegeben. Unter dem Aspekt der Aufkommensstetigkeit ist Modell A und (in geringerem Maße) C zu bevorzugen, da die Berücksichtigung der Marktwerte zumindest in den Zentren steigende Bemessungsgrundlagen garantiert.

Alle drei Modelle sind gegenüber dem sehr aufwendigen Einheitswertverfahren deutlich kostengünstiger (Erhebungsbilligkeit), wobei das Modell B, das keine Fortschreibung der Wertverhältnisse erforderlich macht, verwaltungsbilliger als Modell A und C ist. Allerdings können auf Basis der Verkehrswerte (Modell A) weitere Steuern erhoben werden (derzeit: die Erbschaft- und Schenkungsteuer), so dass sich hier Synergieeffekte ergeben könnten. Im Hinblick auf die Transparenz ist Modell B aufgrund seiner einfachen und unmittelbar nachvollziehbaren Handhabung zu bevorzugen. Modell A ist für den Eigentümer hingegen eher intransparent, da die Bewertung auf Regressionsmodellen (Vergleichsfaktor) basiert. Die zugrunde liegenden Daten in Modell C (Bodenrichtwerte und Äquivalenzzahlen) sind dagegen leicht nachzuvollziehen.

Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist im Modell A und (in geringerem Maße) im Modell C realisiert, da die Boden- und Gebäudewerte einen nahezu perfekten Indikator für die Zahlungsfähigkeit der Eigentümer respektive – wie derzeit im Fall der Überwälzung auf die Mieter – der Nutzer darstellen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ist das Modell A unbedenklich, denn das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung zur Erbschaftsteuer vom 7.11.2006 erklärt, dass „für die einzelnen zu einer Erbschaft gehörenden wirtschaftlichen Einheiten und Wirtschaftsgüter Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden“.16 Das dürfte dann wohl auch für das Verhältnis zwischen verschiedenen Steuerobjekten einer anderen Steuer, hier: der Grundsteuer, zutreffen. Modell C und Modell B sind diesbezüglich kritischer zu beurteilen, da die Bemessungsgrundlagen die Wertdifferenzen zwischen den Immobilien innerhalb einer Kommune nur teilweise oder gar nicht mehr abbilden. Soweit die Argumentation der Befürworter von Modell B, die Fläche würde – analog zum Beitragsrecht – das Volumen der bezogenen lokalen Leistungen repräsentieren, überhaupt überzeugen könnte, so wäre das verfassungsrechtlich dominierende Leistungsfähigkeitsprinzip angesichts der Differenzen zwischen den Grundstückspreisen innerhalb größerer Kommunen eindeutig verletzt. Tabelle 2 fasst die Vorteile (+++) und Nachteile (---) der einzelnen Modelle hinsichtlich der Kriterien für gute Gemeindesteuern17 zusammen.

Tabelle 2
Finanzwissenschaftliche Einschätzung der Reformmodelle
  A B C
Verkehrswertmodell Wertunabhängiges
Modell
Kombinationsmodell
Leistungsfähigkeitsprinzip +++ --- +/-
Erhebungsbilligkeit ++- +++ ++-
Transparenz für Steuerpflichtige +-- +++ +++
Wachstumsreagibilität      
Agglomerationen +++ --- +++
Schrumpfende Regionen1 +++ --- +/-
Beweglichkeit (Hebesatzrecht) +++ +++ +++

1 Wachstumsreagibilität ist bei A und teilweise bei C gegeben, allerdings vermindert sich das Steueraufkommen.

Daten und Modellrechnungen

Für eine detaillierte regionalisierte Berechnung der Grundsteuerreformmodelle ist die verfügbare Datengrundlage nicht ausreichend. Auf der Basis der amtlichen Statistik für Grundstücks- und Gebäudeflächen kombiniert mit regionalisierten Immobilienpreisen18 kann gleichwohl eine Schätzung der Reformeffekte auf die Finanzkraft der Kommunen nach Bundesländern durchgeführt werden. Die Modelle A1 und C1 basieren auf den Baulandpreisen des Immobilienmarktberichts (Immo), A2 und C2 auf Baulandpreisen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Daher werden die wertbasierten Modelle A und C jeweils mit beiden Flächenpreisvarianten in Tabelle 5 und 6 berechnet. Die nicht zur Verfügung stehenden Daten bezüglich der gewerblich genutzten Gebäudeflächen wurden aus den zugrunde liegenden Daten (Grundstücksfläche Gewerbe) abgeleitet.

Tabelle 3 dokumentiert die „Ausstattung“ der Länder mit ihren jeweiligen Wohn- und Gewerbeflächen sowie Grundstücksflächen. Die durchschnittlichen Wohnflächenpreise sind in Westdeutschland und den Stadtstaaten höher als in Ostdeutschland (vgl. Tabelle 4). Als Ursachen können die demografische Entwicklung und höhere Immobilienpreise in den Agglomerationen sowie in den reicheren Bundesländern angeführt werden.

Tabelle 3
Flächengrößen Wohnen und Gewerbe 2011
  Wohnen   Gewerbe
  Wohnfläche Grundstücksfläche Wohnen   Gewerbefläche Grundstücksfläche Gewerbe
  in 1000 m2 m2 je Wohnung m2 je Einwohner in 1000 m2 m2 je Einwohner   in 1000 m2 m2 je Einwohner in 1000 m2 m2 je Einwohner
BW 464 938 92,4 43,2 1 447 134,6   150 667 14,0 452 42,0
BY 567 075 93,5 45,2 1 951 155,6   140 333 11,2 421 33,6
BE 134 514 70,7 38,9 210 60,7   11 667 3,4 35 10,1
BB 101 336 78,8 40,5 607 242,5   74 250 29,7 297 118,7
HB 27 381 76,9 41,4 64 96,8   8 333 12,6 25 37,8
HH 65 084 72,6 36,4 162 90,7   14 000 7,8 42 23,5
HE 265 652 91,8 43,8 910 150,0   50 333 8,3 151 24,9
MV 66 069 73,3 40,2 335 204,0   42 333 25,8 127 77,3
NI 367 427 96,0 46,4 1 972 249,1   142 667 18,0 428 54,1
NW 735 387 85,3 41,2 2 253 126,3   188 667 10,6 566 31,7
RP 194 567 99,1 48,6 602 150,3   46 667 11,7 140 35,0
SL 50 330 97,6 49,4 115 113,0   14 333 14,1 43 42,2
SN 163 535 70,3 39,4 390 94,0   64 667 15,6 194 46,8
ST 98 199 75,2 42,1 367 157,2   62 333 26,7 187 80,1
SH 124 291 87,9 43,9 665 234,7   35 667 12,6 107 37,8
TH 90 403 77,4 40,4 117 52,3   27 333 12,2 82 36,7
D 3 516 188 86,9 43,0 12 167 148,8   1 074 250 13,4 3 297 40,3

Länderabkürzungen hier und im Folgenden: BW = Baden-Württemberg, BY = Bayern, BE = Berlin, BB = Brandenburg, HB = Bremen, HH = Hamburg, HE = Hessen, MV = Mecklenburg-Vorpommern, NI = Niedersachsen, NW = Nordrhein-Westfalen, RP = Rheinland-Pfalz, SL = Saarland, SN = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, SH = Schleswig-Holstein, TH = Thüringen, D = Deutschland.

Quellen: Wohnfläche: Statistisches Bundesamt; Gewerbefläche: eigene Berechnungen aus verfügbaren Daten.

Die Steuergrundbeträge der Reformmodelle wurden über die auf Länderebene aggregierten Flächendaten und Immobilienpreise ermittelt. Die Annahme der Aufkommensneutralität zum Referenzjahr 2010 macht es erforderlich, dass die gewichteten Hebesätze unter der Ansetzung einer einheitlichen Steuermesszahl von 3,5‰ auf die mit Wertansätzen belegten Tarifteile in den verschiedenen Modellen angewandt werden. Die Grundsteuerkraft als Bestandteil der kommunalen Finanzkraft, die zu 64% auf die Länderfinanzkraft im Länderfinanzausgleich angerechnet wird, wurde mit dem für die einzelnen Reformmodelle jeweils ermittelten gewogenen bundesdurchschnittlichen Hebesatz gewichtet.

Tabelle 4
Flächenpreise Wohnen und Gewerbe 2010/2011
Euro/m2
  Wohnen Gewerbe
  Grundstücks-
fläche
Gebäudefläche Grundstücks-
fläche
Gebäudefläche
  Immo Destatis Immo Immo Destatis Immo
BW 160 195 735 80 98 368
BY 115 223 698 58 112 349
BE 175 241 963 88 121 481
BB 45 52 838 23 26 419
HB 120 154 680 60 77 340
HH 255 489 1045 128 245 523
HE 150 190 855 75 95 428
MV 45 62 718 23 31 359
NI 75 73 663 38 37 331
NW 170 151 620 85 75 310
RP 105 115 778 53 58 389
SL 75 79 650 38 39 325
SN 40 38 745 20 19 373
ST 40 24 510 20 12 255
SH 85 109 843 43 54 421
TH 40 33 635 20 17 318
D 116 130 714 58 65 357

Quellen: Immobilienmarktbericht Deutschland 2011 (Immo), Statistisches Bundesamt 2010 (Destatis).

Auswirkungen der Modelle auf die kommunale Steuerkraft

Die Reformmodelle zeichnen sich durch eine hohe Varianz der aggregierten Grundbeträge je Einwohner aus. Hierbei verzeichnen die Modelle A1/A2 die höchsten Werte aufgrund der zugrunde liegenden Marktpreise. Das Modell B hingegen hat die geringsten Steuermesszahlen aufgrund der niedrigen Äquivalenzzahlen. Die Steuermesszahlen der Modelle C1/C2 liegen erwartungsgemäß zwischen den Werten der Modelle A und B. In einzelnen ostdeutschen Ländern, die extrem niedrige Grundstückspreise haben, liegen die Werte sogar noch unter denen des geltenden Rechts.

Die hohen Steuermesszahlen der Modelle A haben zudem zur Folge, dass geringe landesdurchschnittliche Hebesätze ausreichen, um das länderspezifische Grundsteueraufkommen von 2010 zu erreichen. Die Hebesätze in Modell A lassen sich aufgrund der hohen Marktwerte auf deutlich unter 100% im Bundesdurchschnitt zurückführen (A1: 70%, A2: 64%). Bei Modell B hingegen steigen die Hebesätze drastisch an – im Bundesdurchschnitt auf 777%. Berlin, Hamburg und Bremen erreichen „Spitzenwerte“ von 2069%, 1899% und 1494%. Diese Hebesätze werden keine politische Mehrheit finden, wenngleich sie durch höhere Äquivalenzzahlen gemindert werden können – allerdings nicht in einem für die Politik akzeptablem Maße. Im Bundesdurchschnitt erzielen die Modelle C1/C2 Hebesätze von ca. 100% (C1: 120%, C2: 100%).

Gewichtet man die neuen aggregierten Grundbeträge mit dem jeweils bundesdurchschnittlichen Hebesatz, der zum gleichen bundesweiten Aufkommen wie 2010 führt, lassen sich die interkommunalen Verteilungswirkungen zwischen den Ländern absehen (vgl. Tabelle 5). Überraschenderweise erzielt das marktwertbasierte Modell A1 sehr ähnliche kommunale Finanzkraftbeträge je Einwohner wie das derzeitige Grundsteuermodell – dies gilt insbesondere für Baden-Württemberg (-0,63 Euro/Kopf), Bayern (1,31 Euro/Kopf) und Sachsen (2,47 Euro/Kopf, vgl. Tabelle 6). Gegenüber dem Modell A1 können die Stadtstaaten Hamburg und Berlin sowie Bayern im Modell A2 ihre kommunale Finanzkraft deutlich verbessern. Aber für einige ostdeutsche Länder – insbesondere Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen – und die wirtschaftlich schwachen Regionen im Westen (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Saarland) zeigen sich Verschlechterungen der kommunalen Finanzkraft im Modell A2.

Tabelle 5
Aggregierte Grundsteuerfinanzkraft 2010 (Ist) und in den Reformmodellen
  2010 Modell A1
(Immo)
Modell A2
(Destatis)
Modell B Modell C1
(Immo)
Modell C2
(Destatis)
  Euro je Einwohner in % des LD Euro je Einwohner in % des LD Euro je Einwohner in % des LD Euro je Einwohner in % des LD Euro je Einwohner in % des LD Euro je Einwohner in % des LD
BW 151,0 112,7 150,4 112,2 151,4 113,0 135,0 100,7 167,1 124,6 166,5 124,3
BY 133,2 99,4 134,5 100,3 166,3 124,1 131,9 98,4 135,7 101,2 206,4 154,0
BE 109,2 81,5 122,9 91,7 123,4 92,1 81,1 60,5 80,3 59,9 88,6 66,1
BB 99,3 74,1 145,8 108,8 139,7 104,2 202,1 150,8 105,8 79,0 99,0 73,9
HB 167,5 125,0 112,8 84,1 112,9 84,3 121,6 90,7 99,7 74,4 102,3 76,3
HH 179,7 134,0 166,2 124,0 207,5 154,9 97,0 72,4 169,9 126,8 261,3 195,0
HE 149,9 111,8 159,0 118,6 161,6 120,6 119,1 88,9 161,3 120,3 166,7 124,4
MV 97,8 73,0 119,3 89,0 119,5 89,2 180,5 134,7 87,9 65,6 93,7 69,9
NI 149,6 111,6 139,7 104,2 128,0 95,5 171,1 127,7 144,5 107,9 117,7 87,8
NW 137,4 102,6 128,9 96,2 113,1 84,4 119,1 88,8 160,5 119,8 119,9 89,4
RP 133,1 99,3 145,8 108,8 138,7 103,5 137,9 102,9 123,4 92,1 111,4 83,1
SL 128,3 95,7 113,8 84,9 106,3 79,3 141,5 105,6 79,2 59,1 68,4 51,0
SN 94,5 70,5 97,0 72,4 89,2 66,5 128,0 95,5 45,3 33,8 36,5 27,3
ST 94,0 70,1 87,9 65,6 74,2 55,3 179,1 133,6 70,5 52,6 42,8 31,9
SH 146,4 109,2 155,2 115,8 157,1 117,2 146,8 109,5 146,4 109,2 152,1 113,5
TH 92,5 69,0 78,8 58,8 71,7 53,5 111,9 83,5 32,7 24,4 24,7 18,4
D 134,0 100,0 134,0 100,0 134,0 100,0 134,0 100,0 134,0 100,0 134,0 100,0
σ 27,2 20,3 25,0 18,6 34,6 25,8 31,1 23,2 42,9 32,0 62,0 45,6

LD = Länderdurchschnitt.

Quelle: eigene Berechnungen.

Das Modell B reduziert erwartungsgemäß die aggregierte kommunale Grundsteuerkraft der reichen Bundesländer und der Stadtstaaten, insbesondere von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen. Auch Nordrhein-Westfalen verliert Finanzkraft je Einwohner, während in den ärmeren, insbesondere den ostdeutschen Ländern, die kommunale Finanzkraft je Einwohner zunimmt. Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz könnten ihre relative Position in etwa beibehalten.

Die moderaten Immo-Bodenrichtwerte sind in Modell C1 zum Teil sehr nahe an den derzeitigen Werten. Die Destatis-Bodenrichtwerte hingegen ergeben eine größere Divergenz. Die höchste kommunale Finanzkraft erzielen in Modell C1 Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, während die Kommunen in Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die größten Verlierer wären. In Modell C2 zählen die Kommunen in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen zu den Gewinnern, während Berlin, Rheinland-Pfalz, Saarland und insbesondere Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen verlieren.

Ohne dass derzeit eine gemeindescharfe Abschätzung der Auswirkungen der Reformmodelle auf die Grundsteuerkraft durchgeführt werden kann, ist zu erwarten, dass sich auch innerhalb der Bundesländer die Befunde analog der Länderaggregate wiederfinden werden. Die boden- und gebäudewertabhängigen Modelle werden die Finanzkraft zwischen reichen Agglomerationen und dünn besiedelten Räumen aufspreizen, die flächenbasierten Modelle die Unterschiede dagegen eher kleiner machen. Die Finanzkraftunterschiede zwischen den Kommunen könnten durch die dann realisierten Hebesätze wieder ausgeglichen werden, so dass sich die Veränderungen auf der Ebene der Immobilienbesitzer innerhalb einer Kommune, aber dann auch über Mehr- oder Minderzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich abbilden werden. Inwieweit sich daraus zusätzlicher Reformbedarf im kommunalen Finanzausgleich der Flächenländer ergibt, muss abgewartet werden.

Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich

Größer und schwieriger zu verhandeln, dürften die Veränderungen einer Grundsteuerreform im Länderfinanzausgleich sein. Tabelle 6 enthält die Veränderungen, die sich in einer Simulationsrechnung für den Länderfinanzausgleich 2010 ergeben haben. Finanzausgleichsrelevant sind zunächst die Veränderungen der kommunalen Finanzkraft für die einzelnen Bundesländer, die dann zu Minder- und Mehrzuweisungen im horizontalen Finanzausgleich und gegebenenfalls auch bei Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen führen, ohne dass sich für die Länder selbst eine andere originäre Steuerkraft ergeben würde.

Für Bayern würde die Umsetzung von Modell A2 bzw. C2 zu steigenden Finanzausgleichszahlungen in Höhe von 158 Mio. Euro oder gar 396 Mio. Euro führen – zusätzlich zu den 3,5 Mrd. Euro, die Bayern 2010 zu entrichten hatte. Baden-Württemberg müsste in C1 bzw. C2 91 bzw. 61 Mio. Euro mehr bezahlen. Auf Hessen würden mit den Modellen A und C steigende Finanzausgleichszahlungen von bis zu 46 Mio. Euro zukommen. Hamburg müsste seine Finanzausgleichszahlungen im Vergleich zu den Zahlungen in 2010 um 49 Mio. Euro in Modell C2 erhöhen.

Tabelle 6
Auswirkungen einer Grundsteuerreform auf die kommunale Finanzkraft und den Länderfinanzausgleich
in Mio. Euro und in Euro je Einwohner
  NW BY BW NI HE SN RP ST SH TH BB MV SL BE HH HB
Modell A1
kommunale Finanzkraft -152,2 16,3 -6,8 -78,3 55,3 10,3 50,8 -14,1 25,0 -30,6 116,4 35,3 -14,8 47,6 -24,0 -36,2
je Einwohner -8,53 1,31 -0,63 -9,87 9,12 2,47 12,67 -6,00 8,84 -13,66 46,43 21,42 -14,49 13,82 -13,51 -54,83
horizontale Transfers 48,7 6,2 9,7 26,8 -18,8 -4,7 -19,6 6,5 -8,5 14,1 -52,7 -16,3 6,2 -22,8 8,0 17,4
je Einwohner 2,73 0,49 0,90 3,37 -3,10 -1,14 -4,89 2,76 -3,02 6,29 -21,01 -9,92 6,11 -6,63 4,52 26,32
vertikale Transfers 37,8 0 0 18,1 0 -1,4 -10,0 2,0 -5,8 4,3 -16,9 -4,9 2,5 -5,9 0 4,5
je Einwohner 2,11 0,00 0,00 2,28 0,00 -0,35 -2,49 0,83 -2,04 1,90 -6,74 -2,93 2,45 -1,71 0,00 6,80
Modell A2
kommunale Finanzkraft -435,3 415,6 4,2 -171,0 71,1 -22,2 22,4 -46,2 30,4 -46,4 101,2 35,6 -22,4 49,3 49,8 -36,0
je Einwohner -24,38 33,20 0,39 -21,55 11,73 -5,36 5,58 -19,72 10,74 -20,72 40,34 21,63 -21,99 14,32 27,99 -54,64
horizontale Transfers 141,2 -157,7 14,6 58,9 -15,9 10,2 -8,7 21,3 -10,4 21,4 -45,8 -16,5 9,5 -23,7 -15,8 17,3
je Einwohner 7,91 -12,60 1,36 7,43 -2,62 2,46 -2,17 9,09 -3,66 9,55 -18,27 -10,02 9,32 -6,87 -8,88 26,23
vertikale Transfers 106,5 0 0 39,1 0 3,1 -4,4 6,4 -7,1 6,4 -14,7 -4,9 3,8 -6,1 0 4,5
je Einwohner 5,97 0,00 0,00 4,93 0,00 0,75 -1,09 2,74 -2,49 2,88 -5,85 -2,96 3,68 -1,78 0,00 6,78
Modell B
kommunale Finanzkraft -328,3 -15,6 -172,6 170,4 -186,5 138,9 19,0 198,7 992 43,4 257,5 135,7 13,4 -97,1 -147,7 -30,3
je Einwohner -18,39 -1,25 -16,05 21,48 -30,76 33,45 4,75 84,76 0,35 19,35 102,69 82,41 13,17 -28,20 -83,00 -45,95
horizontale Transfers 105,9 27,3 86,9 -56,8 96,2 -63,7 -7,4 -91,0 -341 -19,9 -116,2 -62,6 -5,6 46,6 46,1 14,5
je Einwohner 5,93 2,18 8,08 -7,16 15,86 -15,34 -1,84 -38,82 -0,12 -8,90 -46,32 -38,04 -5,46 13,53 25,90 22,06
vertikale Transfers 80,7 0 0 -40,5 0 -19,5 -3,7 -28,0 -228 -6,1 -37,7 -18,8 -2,4 12,0 0 3,8
pro Kopf 4,52 0,00 0,00 -5,11 0,00 -4,70 -0,93 -11,96 -0,08 -2,70 -15,04 -11,39 -2,30 3,50 0,00 5,70
Modell C1
kommunale Finanzkraft 411,4 31,2 172,3 -39,9 69,1 -204,3 -38,9 -54,8 -15 -133,8 16,5 -16,4 -49,9 -100,2 -17,4 -44,8
je Einwohner 23,05 2,49 16,03 -5,04 11,39 -49,19 -9,70 -23,37 -0,01 -59,69 6,57 -9,93 -48,97 -29,08 -9,80 -67,93
horizontale Transfers -128,1 -41,4 -91,2 13,6 -45,8 94,2 15,2 25,3 5 61,8 -7,5 7,6 21,5 48,1 5,2 21,5
je Einwohner -7,18 -3,31 -8,48 1,71 -7,55 22,68 3,80 10,78 0,00 27,57 -2,98 4,61 21,12 13,96 2,93 32,60
vertikale Transfers -104,8 0 0 9,3 0 28,3 7,5 7,6 3 18,5 -2,4 2,2 8,1 12,4 0 5,6
je Einwohner -5,87 0,00 0,00 1,17 0,00 6,82 1,86 3,24 0,00 8,23 -0,95 1,35 7,92 3,61 0,00 8,42
Modell C2
kommunale Finanzkraft -313,8 917,6 166,6 -252,6 102,0 -240,5 -87,0 -119,6 16,2 -151,6 -665 -6,9 -61,0 -71,4 145,9 -43,1
je Einwohner -17,58 73,29 15,50 -31,85 16,82 -57,91 -21,70 -51,00 5,73 -67,65 -0,27 -4,18 -59,85 -20,74 81,98 -65,31
horizontale Transfers 101,2 -396,2 -60,6 87,8 -33,0 111,0 34,4 55,2 -5,6 70,1 302 3,2 26,5 34,3 -49,3 20,7
je Einwohner 5,67 -31,65 -5,63 11,7 -5,44 26,71 8,58 23,55 -1,96 31,27 0,12 1,94 25,98 9,95 -27,69 31,35
vertikale Transfers 77,2 0 0 57,3 0 33,3 16,5 16,5 -3,7 20,9 96 938 9,7 8,9 0 5,3
je Einwohner 4,33 0,00 0,00 7,22 0,00 8,02 4,11 7,04 -1,32 9,32 0,04 0,57 9,55 2,57 0,00 8,10

Quelle: eigene Berechnungen.

Bei Modell B könnte das größte Zahlerland Bayern seine Zahlungen um 27 Mio. Euro, Baden-Württemberg um 87 Mio. Euro und Hessen – das dritte Unterstützerland des Modells – sogar um 96 Mio. Euro reduzieren. Einige Empfängerländer wie Berlin, Schleswig-Holstein und Sachsen, die das Modell A vorgeschlagen haben, verlieren indes überwiegend beim Finanzausgleich im Modell A und gewinnen beim Modell C, wo sie in der Regel höhere Ausgleichszahlungen erwarten können. In Modell C1 und C2 würde Thüringen sowohl im Finanzausgleich als auch bei den Bundesergänzungszuweisungen zwischen 80 (C1) und 91 Mio. Euro (C2) gewinnen.

Insoweit kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Mehrzahl der Unterstützer für die einzelnen Modelle ihren eigenen Vorteil im Blick haben. Vor diesem Hintergrund ist auch die Position des Bundes zu bedenken, der je nach Modell über ein Mehr oder Minder bei den Bundesergänzungszuweisungen an den Reformkosten beteiligt ist. Bei den Modellen B und C1 sinkt das Volumen der Bundesergänzungszuweisungen um 60 Mio. bzw. 7,7 Mio. Euro, bei den anderen verkehrswertbasierten Modellen hingegen steigt das Zuweisungsvolumen aus dem Bundeshaushalt um 24 Mio. Euro (A1), 133 Mio. Euro (A2) oder gar 243 Mio. Euro (C2).

Konsequenzen und Empfehlungen

Kaum jemand bestreitet noch die Notwendigkeit einer Reform der Grundsteuer. Erstaunlich ist allerdings, dass sich die Diskussion zwischen den Ländern seit mehr als 20 Jahren um die mehr oder weniger gleichen Modelle dreht. Eine Einigung lässt immer noch auf sich warten. Die präsentierten Modellrechnungen legen nahe, dass die „überkreuzten“ Ausgleichswirkungen im Länderfinanzausgleich hierbei eine entscheidende Rolle spielen.

Aus finanzwissenschaftlicher Sicht zeigt das wertunabhängige Modell zwar zunächst Vorteile aufgrund seiner Einfachheit und Transparenz. Allerdings werden dadurch kaum die Wertrelationen der Immobilien untereinander innerhalb einer Kommune abgebildet, so dass die Verfassungskonformität dieses Modells bezweifelt werden muss. Unklar ist bislang, ob das Modell C durch wertangemessene und gegebenenfalls an die lokalen Immobilienpreisniveaus angepasste Steuersätze auf Wohn- und Betriebsflächen den Verkehrswerten angenähert werden könnte und damit seine Vorteile einer einfacheren Verwaltung durchschlagen könnten. In jedem Fall sollte unter dem Aspekt der Gruppenäquivalenz kommunaler Steuern nicht übersehen werden, dass eine an Verkehrswerten orientierte kommunale Grundsteuer wie in Modell A auch die Aufgabe einer „kleinen Vermögensteuer“ zur Finanzierung kommunaler Leistungen übernehmen könnte und sollte. Für die Modelle A und C sollte die Möglichkeit einer regelmäßigen Anpassung an Wertveränderungen z.B. alle fünf Jahre, ohne dass der Fiskus und die Steuerzahler einen übermäßigen Aufwand dabei zu tragen hätten, als ausschließendes Kriterium angelegt werden.

Die größte Hürde für eine Reform der Grundsteuer, nämlich die Veränderungen der Zahlungen im Länderfinanzausgleich und damit für die Länderhaushalte, dürfte bei einer isolierten Reform nahezu unüberwindbar sein, soweit sie nicht über Kompromisse abgearbeitet werden, die die Reform selbst wieder nachhaltig beschädigen. Eine Lösung hierfür könnte darin bestehen, die Grundsteuerreform in die Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs mit Geltung ab dem Jahr 2020 einzubeziehen. Veränderte Transferzahlungen durch die Grundsteuerreform könnten dann mit anderen Verhandlungsergebnissen saldiert werden. Ein zukunftsweisender Solidarpakt III muss ohnehin viele Probleme der Kommunalfinanzen lösen, damit die Finanzverfassung die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Standorte bei gleichzeitiger Erhaltung nationaler Solidarität sichern kann. Die Reform der Grundsteuer gehört zu dieser Agenda 2020 unverzichtbar dazu.

  • 1 Bundesverfassungsgericht: Az. 2 BvR 287/11.
  • 2 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD: Deutschlands Zukunft gestalten, Berlin 2013, S. 66.
  • 3 K. Littmann: Ertragsteuern, in: F. Neumark (Hrsg.): Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, 3. Aufl., Tübingen 1980, S. 565 ff.
  • 4 W. A. Fischel: Municipal corporations, homeowners and the benefit view of the property tax, in: W. E. Oates (Hrsg.): Property taxation and local government finance, Lincoln Institute of Land Policy, 2001, S. 33-77.
  • 5 C. L. Harriss: A Conversation with C. Lowell Harriss, in: W. E. Oates (Hrsg.), a.a.O., S. 15.
  • 6 Statistisches Bundesamt: Hebesätze der Realsteuern – Ausgabe 2012.
  • 7 Dies zeigt sich an der jährlichen Aktualisierungsrate der 35 Mio. Grundstücke, die trotz 4000 Mitarbeitern bei lediglich 7% liegt. Im Zeitraum von sechs Jahren wären weniger als die Hälfte der 35 Mio. Grundstücke neubewertet.
  • 8 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen: Reform der Grundsteuer, 2010, S. 1.
  • 9 Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe: Bewertung der Ansätze einer Grundsteuerreform und weitere Verfahrensvorschläge, 2011.
  • 10 Vgl. im Einzelnen auch D. Löhr: (Grund-)Steuerreform – Die Diskussion der länderoffenen Arbeitsgruppe der Finanzminister, in: Wirtschaftsdienst, 92. Jg. (2012), H. 12, S. 815-821.
  • 11 Arbeitsgruppe der Länder Bremen, Berlin, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen: Grundsteuer auf der Basis von Verkehrswerten, Machbarkeitsstudie, Kurzfassung, 2010.
  • 12 OECD: Economic Surveys, Germany, Paris 2012.
  • 13 Arbeitsgruppe der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen: Eckpunkte für eine vereinfachte Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip, August 2010.
  • 14 Finanzministerium Thüringen: Reform der Grundsteuer, Gebäudewert­unabhängiges Kombinationsmodell, Erfurt, Januar 2011.
  • 15 O. Schulemann: Reform der Grundsteuer, Handlungsbedarf und Reformoptionen, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Heft Nr. 109, 2011.
  • 16 Bundesverfassungsgericht: 1 BvL 10/02 vom 7.11.2006, Ziff. 103.
  • 17 Vgl. H. Zimmermann: Kommunalfinanzen, 2009, S. 139 ff.
  • 18 Statistisches Bundesamt: Fachserie 5, Reihe 3; Fachserie 3, Reihe 5.1.; Arbeitskreis Oberer Gutachterausschüsse: Immobilienmarktbericht Deutschland 2010. Eine zweite Rechnung wurde auf der Basis der Kaufpreisauswertung des Statistischen Bundesamts (Fachserie 17, Reihe 5) für 2010 durchgeführt.

Title:Property Tax Reform in Germany: A Never-Ending Story?

Abstract:For many years property tax in its current form has been exhibiting increasing problems. There are three reform models currently being discussed that differ in their respective tax bases using either property values or areas, or both. They create different individual tax burdens and amounts of tax revenue in each state compared to the current property tax amount which alters local tax capacity within the fiscal equalisation system among the 16 states. The calculations on regional local tax revenue prove that the value-based models which promote greater equity are being neglected by the financially strong states. This is because they would be forced to provide higher transfer payments to the financially weaker states.


DOI: 10.1007/s10273-014-1742-2

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