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Die Bundesregierung hat vor Kurzem eine „Digitale Agenda“ vorgelegt. Intelligente Hard- und Software und die Verknüpfung immer größerer Datensätze bieten erhebliche ökonomische Potenziale und bilden die Basis für Innovationen. Allerdings müssen hierfür auch die technischen Voraussetzungen gegeben sein. Der Autor sieht Deutschland im internationalen Vergleich gut aufgestellt, mahnt aber weitere Investitionen an.

Die Digitalisierung aller Kommunikationsvorgänge (z.B. verstärkte Nutzung von Smartphones, Machine-to-Machine-Kommunikation, Industrie 4.0 etc.) stellt Wirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die technologische Entwicklung und deren Nutzung ermöglichen sowohl in der Industrie als auch in privaten Haushalten neue Geschäftsmodelle. Das ständig steigende Datenvolumen bietet völlig neue Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Big Data, Cloud Computing etc.). Die Chancen, Gefahren und Herausforderungen, die hiermit verbunden sind, werden von wissenschaftlicher, politischer und journalistischer Seite kontrovers diskutiert. Auch die Bundesregierung hat die besondere Bedeutung erkannt und am 20.8.2014 ihren Entwurf einer „Digitalen Agenda“ vorgestellt.1 Der digitalen Wirtschaft wird somit eine hohe Priorität innerhalb der Wirtschaftspolitik eingeräumt.

Grundvoraussetzung für die Ausschöpfung der Potenziale der Digitalisierung ist jedoch die dahinterstehende Infrastruktur. Schnelle Internetverbindungen sind notwendig, um die entsprechenden Anwendungen transportabel und nutzbar zu machen. Um den Netzausbau in Deutschland voranzutreiben, wurde das bisherige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung um den Bereich „Breitbandausbau“ erweitert und in Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) umbenannt. Um unter anderem die Ziele der Breitbandstrategie der Bundesregierung zu erreichen,2 hat das BMVI die sogenannte „Netzallianz“3 ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Wirtschaft sollen die notwendigen Investitionen in die Netzinfrastruktur vorgenommen werden.

Breitband

In den letzten Jahren ist der Breitbandausbau in Deutschland gut vorangekommen. Bis zu Downloadgeschwindigkeiten von ≥ 6 Mbit/s kann von einer flächendeckenden Verfügbarkeit gesprochen werden (vgl. Tabelle 1).4 In Zukunft werden jedoch höhere Übertragungsgeschwindigkeiten benötigt, da die Internetnutzung immer breitbandintensiver wird. So werden z.B. verstärkt Video­streamingdienste in Anspruch genommen. Aber auch die Tatsache, dass in einem Haushalt mehrere Endgeräte (PC, Tablet, Smartphone etc.) über WLAN auf einen Internetzugang zugreifen, erfordert höhere Bandbreiten. Immerhin haben 58,4% aller Haushalte Downloadgeschwindigkeiten von ≥ 50 Mbit/s. Die Bundesregierung hatte sich zwar ursprünglich zum Ziel gesetzt, Ende 2014 eine 75%ige Verfügbarkeit dieser Geschwindigkeit zu erreichen. Dieses Ziel wird aber voraussichtlich nicht erreicht werden, auch wenn bis dahin der Anteil noch steigt.

Tabelle 1
Verfügbare Downloadgeschwindigkeiten, 2013
Downloadgeschwindigkeit Verfügbarkeit (Haushalte) in %
≥ 1 Mbit/s 99,8
≥ 2 Mbit/s 98,1
≥ 6 Mbit/s 91,7
≥ 16 Mbit/s 77,2
≥ 50 Mbit/s 58,4

Quelle: Bundesnetzagentur: Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2012/13, Bonn 2013, S. 84.

Dabei ist die Verfügbarkeit nicht mit der tatsächlichen Nutzung zu verwechseln. Auch wenn potenziell höhere Bandbreiten zur Verfügung stehen, greift ein Großteil der Endverbraucher nicht auf dieses Potenzial zurück. Nur 53,4% aller Haushalte nutzen Downloadgeschwindigkeiten von ≥ 10 Mbit/s (vgl. Tabelle 2), obwohl über 80%5 aller Haushalte dies könnten. Die Nachfrage hinkt aktuell also dem Angebot hinterher. Dieses ist vor allem bei den Forderungen bezüglich des weiteren Breitbandausbaus zu berücksichtigen. Ein flächendeckender Glasfaserausbau mit Downloadgeschwindigkeiten von ≥ 100 Mbit/s wäre zwar wünschenswert, doch aktuell mangels Nachfrage ineffizient. Viel wichtiger wäre es, noch nicht ausreichend erschlossene Gebiete anzubinden und dann nach und nach die Bandbreite flächendeckend zu erhöhen. Hierdurch würde sich das Angebot an der Nachfrage orientieren und die jeweils aktuellste Technik beim Ausbau eingesetzt werden.

Tabelle 2
Anteil der genutzten Bandbreiten, 2013
Downloadgeschwindigkeit Anteil (Haushalte) in %
> 1 Mbit/s < 2 Mbit/s 6,3
2 Mbit/s 8,3
> 2 Mbit/s < 10 Mbit/s 32,0
10 Mbit/s < 30 Mbit/s 39,4
30 Mbit/s < 100 Mbit/s 12,2
> 100 Mbit/s 1,8

Quelle: Bundesnetzagentur: Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2012/13, Bonn 2013, S. 85.

Mit der ständig steigenden Verwendung internetfähiger Endgeräte wird sich wohl auch das Nutzungsverhalten verändern. Der Fernsehkonsum richtet sich nicht mehr nach den vorgegebenen Ausstrahlungszeiten der Fernsehsender, sondern die Endverbraucher stellen sich ihr TV-Programm zeitunabhängig z.B. über Mediatheken über die Internetverbindungen zusammen. Dieses wird die Nachfrage nach Bandbreite genauso wie die parallele Nutzung mehrerer Endgeräte in einem Haushalt erhöhen.

Die Bundesregierung arbeitet im Rahmen ihrer „Digitalen Agenda“6 an Maßnahmen, um die fortschreitende Digitalisierung von Produktionsprozessen und die Nutzung digitaler Anwendungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu unterstützen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich zu stärken. Hierdurch wird sich auch die Nachfrage nach breitbandintensiven Diensten erhöhen. Durch die richtigen Rahmenbedingungen können neue Anwendungen entstehen, die sich am Markt etablieren und so eine zusätzliche Nachfrage nach schnellen Internetverbindungen generieren. Ein Beispiel könnte der verstärkte Einsatz von Telemedizin sein, die besonders bandbreiten- und latenzzeitensensibel ist. Auch durch die Strategie „Intelligente Vernetzung“7 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sollen neue Anwendungsmöglichkeiten erschlossen und für die breite Bevölkerung nutzbar gemacht werden.

Die Differenz zwischen Nachfrage und Angebot mindert die Anreize für den weiteren Ausbau der Netzinfrastruktur. Der Netzausbau wird von privatwirtschaftlichen Unternehmen finanziert.8 Investitionen werden jedoch nur dort getätigt, wo mit einer positiven Kapitalrendite gerechnet wird. Eine solche ist jedoch nicht zu erwarten, wenn die Endverbraucher keine Verträge über schnellere und höherpreisige Internetverbindungen abschließen.

Im internationalen Vergleich steht Deutschland gut da. Auffällig ist, dass die USA bei der Verfügbarkeit von DSL deutlich hinter den führenden Nationen zurückliegen (vgl. Abbildung 1). Die USA weisen jedoch einen hohen Anteil von Kabelverbindungen (vgl. Abbildung 3) auf. Beim Vergleich der Verfügbarkeit schneller Internetverbindungen sollten – sofern verfügbar – alle Technologien berücksichtigt werden. In den letzten zehn Jahren konnte in den meisten Industriestaaten eine nahezu flächendeckende Verfügbarkeit von DSL hergestellt werden.

Abbildung 1
Verfügbarkeit von DSL

in %

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Quelle: eigene Darstellung; OECD: OECD Communications Outlook 2013, Paris 2013, S. 131.

Bei einem Vergleich der Verfügbarkeit schneller Internetverbindungen sind stets auch die nationalen Besonderheiten zu berücksichtigen. So lässt sich Japan mit seiner hohen Bevölkerungsdichte entlang der Küstenregion einfacher erschließen als ein Flächenstaat wie z.B. Spanien. Wenn in einem Flächenstaat wie z.B. Schweden ein hoher Anteil der Bevölkerung in einem Ballungsraum – z.B. Stockholm – lebt, so kann durch die Erschließung dieses Ballungsraumes schon eine hohe Gesamtverfügbarkeit schneller Internetverbindungen erreicht werden. Gegebenenfalls könnten wirtschaftspolitische oder regulatorische Maßnahmen für eine gleichmäßigere geografische Verteilung der Netzkapazität sorgen.

Auch bei den durchschnittlich realisierten Downloadgeschwindigkeiten steht Deutschland relativ gut da (vgl. Abbildung 2). Großbritannien, Polen, Frankreich, Spanien und Italien weisen bei allen drei Datenquellen niedrigere Werte als Deutschland auf. Deutschland und die USA befinden sich etwa gleichauf. Japan und Südkorea haben durchschnittlich höhere Downloadgeschwindigkeiten als Deutschland. Abbildung 2 zeigt, dass zwischen vertraglich vereinbarter Downloadgeschwindigkeit und letztlich realisierter Downloadgeschwindigkeit eine Diskrepanz besteht. Bei abgeschlossenen Internetverträgen wird die Downloadgeschwindigkeit immer mit „bis zu“ angegeben, so dass sich in Stoßzeiten auch geringere Bandbreiten rechtfertigen lassen. Für den Endverbraucher, der auch die vertraglich vereinbarte Downloadgeschwindigkeit vollumfänglich in Anspruch nehmen möchte, ist es von großer Bedeutung, dass ihm die gewünschte Downloadgeschwindigkeit auch permanent zur Verfügung steht.

Abbildung 2
Downloadgeschwindigkeiten

in Mbit/s, 1. Quartal 2012

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Datenquellen: Akamai: großer US-amerikanischer Netzwerkbetreiber und -optimierer; Ookla: eine Firma zur Messung und Steigerung der Leistungsfähigkeit des Internets und von Netzwerken; M-Labs: ein Zusammenschluss verschiedener Firmen und Institutionen. M-Labs sammelt Daten zur Leistungsfähigkeit des Internets, wertet diese aus und stellt diese frei zur Verfügung.

Quelle: eigene Darstellung; OECD: OECD Communications Outlook 2013, Paris 2013, S. 135.

Bei einem Vergleich wird häufig erwähnt, dass Deutschland beim Glasfaserausbau hinter Ländern wie Rumänien liegt.9 Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass Rumänien bis zum Zusammenbruch des Ostblocks nur über eine unzureichende Infrastruktur verfügte und diese erst in den letzten Jahren nach und nach aufbauen musste. Hierbei wurde dann direkt ein Technologiesprung auf die aktuellste Technik vorgenommen. Deutschland wies jedoch eine bestehende Infrastruktur auf, so dass hier nur geringe Anpassungen nötig waren. Ein allzu schneller Ausbau wäre aufgrund der geringen Nachfrage auch ineffizient gewesen. Mit anziehender Nachfrage ist es jedoch wichtig, dass Deutschland bei den weiteren Ausbauschritten voranschreitet und die Netzinfrastruktur an die künftig zu erwartende Nachfrage und benötigte Bandbreite anpasst.

Die hohe Verfügbarkeit und die relativ hohen Downloadgeschwindigkeiten spiegeln sich auch in der Breitbandpenetration wider (vgl. Abbildung 3). Besonders auffällig ist, dass trotz hoher Verfügbarkeit und Durchschnittsgeschwindigkeit, die Breitbandpenetration in Japan hinter der Spitzengruppe zurückliegt. Für Deutschland ist der hohe Anteil von DSL bzw. der niedrige Anteil von Glasfaser­anschlüssen hervorzuheben. Nachdem Deutschland zunächst eine relativ geringe Breitbandpenetration aufwies, gehört es seit 2007 zur Spitzengruppe. Mit der nunmehr erreichten flächendeckenden Verfügbarkeit von ≥ 1 Mbit/s bzw. 2 Mbit/s ist ein erstes Etappenziel erreicht. Der nächste Schritt muss darauf abzielen, die verfügbaren Downloadgeschwindigkeiten flächendeckend zu erhöhen.

Abbildung 3
Breitbandpenetration pro 100 Einwohner
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Anmerkung: Die OECD definiert Breitband als ein Netz ab einer Downloadgeschwindigkeit von ≥ 256 kbit/s.

Quelle: eigene Darstellung; OECD Broadband Statistics, http://www.oecd.org/sti/broadband/oecdbroadbandportal.htm (28.4.2014).

Auch im europäischen Vergleich werden die zur Verfügung stehenden Kapazitäten in Deutschland unterdurchschnittlich genutzt (vgl. Abbildung 4). Europaweit weisen etwa 48,6% aller Internetverbindungen (vertraglich vereinbarte) Downloadgeschwindigkeiten von 10 Mbit/sMbit/s oder mehr auf. Deutschland liegt mit einem Anteil von 31,2% weit hinter Großbritannien, Frankreich und Spanien zurück. Um den Anteil schneller Internetverbindungen zu erhöhen, bedarf es einer höheren Nachfrage und Zahlungsbereitschaft. Aufgrund eines veränderten Nutzungsverhaltens ist jedoch davon auszugehen, dass in Zukunft die Nachfrage nach schnellen Internetverbindungen steigen wird.

Abbildung 4
Marktanteile nach Downloadgeschwindigkeiten

in %, Januar 2012

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Quelle: eigene Darstellung; OECD Broadband Statistics, http://www.oecd.org/sti/broadband/oecdbroadbandportal.htm (28.4.2014).

Investitionen

Um die Telekommunikationsinfrastruktur auf die Herausforderungen der digitalen Zukunft auszurichten, sind Investitionen in die Netze notwendig. So wird beispielsweise geschätzt, dass es etwa 5 Mrd. Euro kosten würde, eine flächendeckende Versorgung von ≥ 50 Mbit/s für 75% der Haushalte zu erreichen.10 Die Erschließung von 95% der Haushalte würde etwa 12 Mrd. Euro und 100% würde etwa 20 Mrd. Euro kosten. Die Erschließung der letzten 5% der Haushalte würde also Zusatzkosten in Höhe von 8 Mrd. Euro mit sich bringen. Ein flächendeckender Glasfaserausbau (FTTH-Ausbau) wird mit Kosten zwischen 85,5 Mrd. Euro und 93,8 Mrd. Euro veranschlagt.

Das Investitionsniveau in Deutschland ist seit Jahren niedriger als das anderer Länder und als der OECD-Durchschnitt (vgl. Abbildung 5). Dies ist schwer und auch nur temporär zu erklären. Deutschlands Investitionsniveau ist bereits seit 1998 unterdurchschnittlich. Da seit der aufkommenden Verbreitung des Internet Mitte der 1990er Jahre die Anforderungen an die Telekommunikationsinfrastruktur stetig gestiegen sind, sind entsprechend hohe Investitionen notwendig. So müssen die Netze auf das zu erwartende Datenvolumen ausgelegt werden und entsprechende Übertragungsgeschwindigkeiten bieten, so dass alle gewünschten Dienste und Anwendungen in entsprechender Qualität genutzt werden können. Auch muss der ländliche Raum an das „schnelle“ Internet angeschlossen werden. Die Wettbewerber der Deutschen Telekom AG tätigen etwa 53% der Investitionen in die Telekommunikationsinfrastruktur.11

Abbildung 5
Öffentliche Telekommunikationsinvestitionen

in % vom Umsatz

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Quelle: eigene Darstellung; OECD: OECD Communications Outlook 2013, Paris 2013, S. 83.

Im Rahmen der Telekommunikationsregulierung wird eine Vielzahl von Entgelten (z.B. Teilnehmeranschlussleitung (TAL-)Entgelt, Entgelte für die Netzzusammenschaltung etc.) regulativ vorgegeben. Ein Ziel der Regulierung sind niedrige Endkundenpreise. Diese reduzieren jedoch auch die Refinanzierungsmöglichkeiten am Endkundenmarkt. Die Regulierung muss somit so ausgestaltet sein, dass ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ausgeschlossen ist, aber dennoch hinreichend Refinanzierungsmöglichkeiten bestehen. Dort wo auch unter günstigen Voraussetzungen Wirtschaftlichkeitslücken bestehen – ein Ausbau also nicht rentabel ist – könnten staatliche Förderungen und Beihilfen weitere Investitionen ermöglichen.12

Kosten

Die Tatsache, dass die potenziell verfügbaren Downloadgeschwindigkeiten vom Endverbraucher nicht in vollem Umfang genutzt werden, hängt zumindest in Deutschland nicht von den dafür verlangten Entgelten ab. Sowohl Festnetztelefonie als auch Internetzugang sind verhältnismäßig günstig und befinden sich unterhalb des OECD-Durchschnitts. Die Kosten für einen Festnetzanschluss sowie 60 Gespräche im Monat schlagen in Deutschland mit etwa 31,31 US-$ (Kaufkraftparität) zu Buche (vgl. Abbildung 6). Spitzenreiter ist Spanien, aber auch Polen, wo erwartet werden könnte, dass aufgrund geringerer Lebenshaltungskosten niedrigere Entgelte verlangt werden, weist Kosten auf, die um etwa ein Drittel höher liegen als in Deutschland. Bei alternierenden Vergleichen (also eine niedrigere oder höhere Zahl an Gesprächen pro Monat) schneidet Deutschland ebenfalls relativ gut ab.

Abbildung 6
Preise Festnetztelefon pro Monat

in US-Dollar (Kaufkraftparität), August 2012

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Anmerkung: Die Kosten (inklusive Mehrwertsteuer) umfassen die Fixkosten sowie die variablen Kosten für 60 Gespräche im Monat.

Quelle: eigene Darstellung; OECD: OECD Communications Outlook 2013, Paris 2013, S. 233.

Der Zugang zum Internet ist in Deutschland ebenfalls vergleichsweise günstig (vgl. Tabelle 3). Endverbraucher in Spanien müssen mehr als das Doppelte für einen vergleichbaren Internetzugang bezahlen. Aber auch in den USA liegen die Kosten etwa um 75% höher als in Deutschland. Relativ günstig ist der Internetzugang in Südkorea. Die günstige Kostenstruktur in Deutschland ist Ausdruck eines funktionierenden Wettbewerbs. Die regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland sorgen für ausreichende Konkurrenz und hinreichenden Wettbewerbsdruck, der zu innovativen Produkten und niedrigen Preisen führt. Angesichts des aktuell erreichten Preisniveaus stellt sich die Frage, ob weiter sinkende Preise eine Zielsetzung der Regulierung sein sollten. Gerade angesichts anstehender Investitionen sollten regulativ nicht zu viel Finanzkapazitäten aus dem Markt gezogen werden.

Tabelle 3
Preise des Internetzugangs, September 2012
33 GB, ≥ 15 Mbit/s
  Anbieter Produkt kbit/s Preis ADSL (A), Glasfaser (G), Kabel (K)
Up/Down US-Dollar US-Dollar (Kaufkraftparität)
Spanien Orange ADSL máxima velocidad 1024 / 20 480 57,36 56,79 A
USA Verizon High Speed Internet Enhanced 1126 / 15 360 43,99 43,99 A
OECD Durchschnitt   40,33 38,06  
Frankreich Free Zone Dégroupées ADSL 1024 / 28 672 39,02 34,84 A
Italien Fastweb Joy 1024 / 20 480 32,20 33,20 A
Japan BB Excite/NTT-East BB Excite ADSL (FLET More II (40 Mbps Type)) 1024 / 40 960 44,30 29,73 A
Großbritannien Sky Broadband Unlimited with Sky Talk Freetime 1300 / 20 480 36,13 27,37 A
Polen UPC Fiber Power 15Mb/s 1500 / 15 000 16,09 27,28 G
Deutschland Kabel Deutschland Internetanschluss 16 1000 / 16 000 26,36 25,10 K
Südkorea KT Special/Light + PSTN … / 100 000 13,24 16,35 G

Quelle: eigene Darstellung; OECD: OECD Communications Outlook 2013, Paris 2013, S. 253.

Marktstruktur

Im Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission zum Digital Single Market13 wird auch beklagt, dass der europäische Telekommunikationsmarkt zu fragmentiert sei. Während die USA vier bis fünf landesweite Telekommunikationsanbieter aufweisen, sei der europäische Telekommunikationsmarkt auf mehrere hundert Anbieter zersplittert. Die Europäische Kommission bevorzugt eine Konsolidierung, auf wenige große pan-europäische Anbieter. Hierdurch soll auch die Gefahr einer Übernahme durch US-amerikanische oder chinesische Anbieter gebannt werden. Zudem können wenige große Anbieter viel besser die anstehenden Investitionen tätigen. Dieser Einwand bedarf einer genaueren Analyse.

Es mag zwar richtig sein, dass in den USA vier bis fünf landesweite Telekommunikationsanbieter am Markt tätig sind. Daneben gibt es jedoch über 1000 regionale und lokale Festnetzanbieter und über 33 000 Kabelanbieter (vgl. Tabelle 4). Im Vergleich zum europäischen Markt weisen die USA somit eine viel größere Zahl an Telekommunikationsanbietern auf. Tatsache ist jedoch, dass es in Europa keinen vollumfänglich europaweit tätigen Telekommunikationsanbieter gibt. Nichtsdestotrotz gibt es einige europäische Telekommunikationsanbieter, die auch im europäischen Ausland aktiv sind. So ist z.B. die Deutsche Telekom AG in Griechenland, Großbritannien, Kroatien, Rumänien, Slowakei und Ungarn als Festnetzbetreiber tätig. Über ihre Tochtergesellschaft T-Mobile ist die Deutsche Telekom AG darüber hinaus auch in den meisten Ländern Europas als Mobilfunkanbieter aktiv. Die fünf größten Mobilfunkanbieter Europas (Vodafone, Telefoníca, Orange, T-Mobile, Telecom Italia) machen etwa zwei Drittel des europäischen Mobilfunkmarktes unter sich aus.14 Es kann somit von einer Konzentration auf wenige große Telekommunikationsunternehmen auch auf dem europäischen Markt gesprochen werden.

Tabelle 4
Zahl der Festnetz-, Mobilfunk- und Kabelnetz­betreiber in ausgewählten OECD-Ländern, 2009
Land Festnetz MNO1 MVNO2 Kabelanbieter
Deutschland 64 4 2 400
Frankreich 42 4 18 1
Italien 33 4 15 2
Japan 21 6   510
Polen 173 5 15 284
Spanien 349 (91 davon aktiv) 4 221 (20 davon aktiv) 368 (87 davon aktiv)
Südkorea 3 3 0 100
USA 1 521 101 43 33 858
Großbritannien 120 4 30+ 2

1 MNO steht für Mobile Network Operator. 2 MVNO steht für Mobile Virtual Network Operator.

Quelle: OECD: OECD Communications Outlook 2011, Paris 2011, S. 56.

Den Telekommunikationsunternehmen steht es frei, sich im Rahmen des Wettbewerbs- und Kartellrechts zusammenzuschließen und zu konsolidieren. Hierbei sind sie den gleichen Vorschriften wie andere Branchen unterworfen. Eine telekommunikationsspezifische Regulierung im Bereich von Zusammenschlüssen und Übernahmen findet nicht statt. Eine Marktkonsolidierung sollte sich jedoch aus dem Markt heraus ergeben und im Einklang mit dem Wettbewerbs- und Kartellrecht stehen.

Unter den nach Umsatz 20 größten Telekommunikationsunternehmen der Welt befinden sich sechs europäische Unternehmen (vgl. Abbildung 7). Von diesen sechs gehören vier zu den zehn größten der Welt. Hervorzuheben ist die eindeutige Positionierung von NTT und AT&T an der Spitze der Rangliste. Aufgrund der eigenen Unternehmensgröße und der Tatsache, dass es sich bei den größten europäischen Telekommunikationsunternehmen zum überwiegenden Teil um ehemalige Staatsunternehmen (sogenannte Incumbents) handelt, ist eine Übernahme durch US-amerikanische oder asiatische Telekommunikationsunternehmen aus wirtschaftlichen und/oder politischen Gründen nicht zu befürchten.

Abbildung 7
Umsätze der größten Telekommunikationsunternehmen der Welt, 2011

in Mrd. Euro

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Quelle: eigene Darstellung; Etno: Third Annual Economic Report 2012, Brüssel 2012, S. 26.

Fazit

Der deutsche Telekommunikationsmarkt steht im internationalen Vergleich gut da. Schnelle Internetzugänge sind überwiegend flächendeckend verfügbar. Die durchschnittliche Downloadgeschwindigkeit gehört mit zu den höchsten in Europa. Auch die Breitbandpenetration liegt über dem OECD-Schnitt. Die europäischen Telekommunikationsunternehmen gehören mit zu den größten der Welt und weisen ein EBITDA auf, das mit dem US-amerikanischer und asiatischer Telekommunikationsunternehmen vergleichbar ist. Auch ist der europäische Markt nicht stärker fragmentiert als der US-amerikanische. Lediglich (komplett) europaweit tätige Telekommunikationsunternehmen haben sich noch nicht etabliert.

Um den Herausforderungen der Digitalisierung proaktiv zu begegnen, sind weitere Investitionen in die Telekommunikationsinfrastruktur notwendig. In diesem Bereich wies Deutschland im internationalen Vergleich in den letzten Jahren stets unterdurchschnittliche Werte auf. Ein Ansatz, um Investitionen zu fördern, könnte auch in einer Stimulierung der Nachfrage liegen. Innovative Geschäftsmodelle könnten eine höhere Nachfrage und Zahlungsbereitschaft nach sich ziehen. Ob hier dann der (datenschutz- und/oder medienrechtliche) Rahmen angepasst werden müsste, um etwaige Geschäftsmodelle in Deutschland voranzutreiben, soll an dieser Stelle nicht beantwortet werden.

Der Aufsatz stellt die alleinige Meinung des Autors dar. Der Autor bedankt sich bei Melanie Jackenkroll für ihre konstruktiven Hinweise.

  • 1 Vgl. http://www.digitale-agenda.de (20.8.2014).
  • 2 Vgl. Breitbandstrategie der Bundesregierung, http://www.bmwi.de/Dateien/BBA/PDF/breitbandstrategie-der-bundesregierung,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (22.4.2014).
  • 3 Vgl. http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/Digitales/startschuss-fuer-die-netzallianz-digitales-deutschland-2014-03-07.html (23.4.2014).
  • 4 Es ist davon auszugehen, dass sich die Werte der Verfügbarkeit in den letzten Monaten weiter erhöht haben.
  • 5 Der Wert von über 80% ergibt sich aus einer Interpolation aus Tabelle 1.
  • 6 Vgl. http://www.digitale-agenda.de (28.8.2014).
  • 7 Vgl. http://www.bmwi.de/DE/Themen/Digitale-Welt/Digitale-Infrastrukturen/intelligente-vernetzung.html (22.4.2014).
  • 8 In Gebieten, in denen sich ein Ausbau wirtschaftlich nicht rentiert, könnten Förderungen unterstützend herangezogen werden.
  • 9 Vgl. z.B. http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13823087/Deutsch­land-verliert-Anschluss-ans-Internet-Zeitalter.html (22.4.2014).
  • 10 Vgl. TÜV Rheinland: Szenarien und Kosten für eine kosteneffiziente flächendeckende Versorgung der bislang noch nicht mit mindestens 50 Mbit/s versorgten Regionen, Berlin 2013.
  • 11 Vgl. Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM): 15. Marktanalyse Deutschland, Berlin 2013, http://www.vatm.de/fileadmin/publikationen/studien/2013_TK-Marktstudie.pdf (23.4.2014).
  • 12 Aktuell wird z.B. diskutiert, die Frequenzerlöse aus der Versteigerung freiwerdender Frequenzen als Fördermittel zur Verfügung zu stellen.
  • 13 Vgl. Vorschlag der Europäischen Kommission zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents, COM (2013) 627 final.
  • 14 Vgl. Gemalto: Truly Mobile – The Netsize Guide by Gemalto, Meudon (Frankreich) 2011.

Title:The German Market for Telecommunications Compared to the European and International Market

Abstract:According to current discussions, the German and European market for telecommunications is not as competitive as in the US or Asia. This paper shows – based on official data – that Germany has a high availability of broadband internet connections. It is not the availability but the usage that lags behind. Fixed telephone calls as well as broadband internet connections are rather cheap in Germany, but to be prepared for the digitalisation of the economy and society, more investments in infrastructure are needed. Surprisingly the US does have a higher number of network providers than Europe. What is missing in Europe is a provider that covers all countries of the European Union; current EBITDA does not show that the European market is too fragmented to make a profit.

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DOI: 10.1007/s10273-014-1730-6