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Das vergangene Jahr 2014 hat nicht den erwarteten überzeugenden Aufschwung gebracht, sondern tendenziell die Seitwärtsbewegung des Vorjahres fortgesetzt. Für 2015 sehen die einzelnen Branchen weiterhin Unsicherheiten. Auf der einen Seite wird die Entwicklung der Ausfuhren durch die anhaltende Krise des Euroraums, durch geopolitische Risiken und eine nachlassende konjunkturelle Dynamik in den Schwellenländern gefährdet. Andererseits erhöht der gefallene Eurokurs die Auslandsnachfrage, die niedrigen Rohstoffpreise können sich als Konjunkturprogramm auswirken und die niedrigen Zinsen sind gute Voraussetzungen für die Finanzierung von Investitionen. Diese werden von der Versicherungswirtschaft allerdings als wesentliche Herausforderung angesehen.

Die Erwartungen der Bauindustrie für das Jahr 2015

Im abgelaufenen Jahr wurde die Produktion im deutschen Bauhauptgewerbe einmal mehr stark durch äußere Einflüsse geprägt. Anders als 2013 erlaubten die exzellenten Witterungsbedingungen auch zu Jahresbeginn eine durchgehende Produktion, vor allem im Tiefbau. Nur jedes vierte Bauunternehmen gab für das 1. Quartal an, durch Witterungseinflüsse in seiner Produktion behindert worden zu sein. Dies war einer der niedrigsten Werte der vergangenen 20 Jahre.

Vom hohen Produktionsplus von 25% in den ersten drei Monaten zehrte dann die Branche für den Rest des Jahres. Zwar gingen im Jahresverlauf die Wachstumsraten beim baugewerblichen Umsatz zurück, dennoch konnte sich die Branche nach zehn Monaten über ein Umsatzplus von 5,6% freuen. Für das Gesamtjahr 2014 dürfte ein Umsatzplus von ca. 4% in den Büchern stehen. Damit wurde die Prognose der Deutschen Bauindustrie zu Jahresbeginn 2014 leicht übertroffen.

Die – gegenüber dem starken zweiten Halbjahr 2013 – schwächere Entwicklung 2014 wirkte sich auf die Stimmungslage in der Branche aus. Während im November 2014 die Geschäftserwartungen auf dem gleichen Niveau lagen wie 2013, wurde die aktuelle Geschäftslage etwas schlechter eingeschätzt.

Weiterhin positiv entwickelte sich die Beschäftigung im Bauhauptgewerbe. 2014 markierte bereits das sechste Jahr einer ununterbrochenen Beschäftigungszunahme in der Branche. Im Jahresdurchschnitt legte die Zahl der Beschäftigten nochmals leicht auf 760 000 zu. Damit wurden innerhalb von sechs Jahren immerhin 55 000 neue Stellen geschaffen.

Gleichzeitig ging die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter im Jahresdurchschnitt weiter zurück und lag mit knapp 37 000 um gut 5% unter dem Vorjahresniveau. In der DIHK-Herbstumfrage sah denn auch jede zweite Baufirma 2015 im Fachkräftemangel ein Risiko bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihres Unternehmens. Per Saldo will die Branche zudem im neuen Jahr die Beschäftigung noch einmal ausweiten.

Baujahr 2015: Wachstum auf niedrigerem Niveau

Die Rahmenbedingungen für die Bautätigkeit im neuen Jahr sind zum Jahreswechsel uneinheitlich. Im außenwirtschaftlichen Bereich sorgen Eurokrise und der Konflikt in der Ukraine für ein negatives Umfeld. Hinzu kommen „hausgemachte“ Hürden wie Mindestlohn, Rentenbeschlüsse und Mietpreisbremse, was auch zu negativen Kommentaren der Wirtschaftsforschungsinstitute1 und des Sachverständigenrates2 zur Wirtschaftspolitik der großen Koalition führte.

Während Bundesbank und Sachverständigenrat für 2015 ein reales Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von nur 1,0% prognostizierten, haben zuletzt Banken-Volkswirte sowie Wirtschaftsforschungsinstitute eine Wachstumsrate von 1,5% vorhergesagt. Diese wird vor allem mit den positiven Auswirkungen stark rückläufiger Energiepreise begründet.

Wohnungsbau bleibt Treiber der Baukonjunktur

Wie bereits in den vergangenen fünf Jahren wird auch 2015 der Wohnungsbau die Entwicklung im Bauhauptgewerbe maßgeblich antreiben. Alle Vorlaufindikatoren waren positiv:

  • genehmigte Neubauwohnungen, Januar bis Oktober 2014: +4,4%,
  • Auftragseingang, Januar bis Oktober 2014: +3,2%,
  • Auftragsbestand, Ende September 2014: +4,3%.

Zwar dürften die äußerst positiven Rahmenbedingungen auch im neuen Jahr erhalten bleiben. Eine anhaltend hohe Zuwanderung nach Deutschland, ein stabiler Arbeitsmarkt verbunden mit steigenden Einkommenserwartungen der privaten Haushalte, ein historisch niedriges Zinsniveau für Hypothekarkredite und äußerst geringe Renditen auf alternative, sichere Kapitalanlagen treiben den Neubau weiter an. Allerdings wird das Wachstum die hohen Vorjahreswerte nicht mehr erreichen.

Mittlerweile belastet die Entwicklung im Eigenheimbau die Produktion. Von Januar bis Oktober 2014 lag die Zahl der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser um rund 3% niedriger als ein Jahr zuvor. Dies ist besonders problematisch, weil die damit verbundenen Baukosten je Wohnung um 75% höher liegen als im Geschosswohnungsbau. Aber auch hier dürfte sich die Lage im neuen Jahr leicht ändern. Bisher war die Produktion, die sich vor allem in den Ballungsgebieten und ihrem Umland konzentriert, überwiegend im höherpreisigen Marktsegment und – damit verbundenen – hohen Baukosten angesiedelt. Trotz steigender Einkommen der privaten Haushalte ist deren Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft allerdings begrenzt. Dies dürfte dazu führen, dass im neuen Jahr vermehrt Mietwohnungen auf den Markt kommen, die geringere Baukosten aufweisen.

Auf die Zahl der Fertigstellungen hat dies allerdings keinen Einfluss. Inklusive der Umbaumaßnahmen im Bestand dürfte die Zahl aller fertiggestellten Wohnungen im Vorjahr bei etwa 240 000 Einheiten gelegen haben, für das neue Jahr gehen wir von einer weiteren Zunahme auf gut 260 000 Einheiten aus. Die Umsätze des Bauhauptgewerbes in dieser Sparte dürften um etwa 2,5% zulegen.

Wirtschaftsbau: keine große Belebung zu erwarten

Im Wirtschaftsbau sind die Erwartungen an das neue Jahr deutlich verhaltener. Die Indikatoren signalisieren bestenfalls ein leichtes Wachstum:

  • Baugenehmigungen (Baukosten), Januar bis Oktober 2014: +1,4%,
  • Auftragseingang, Januar bis Oktober 2014: +1,3%,
  • Auftragsbestand, Ende September 2014: +5,1%.

Zudem sind diese Werte noch vom guten Jahresbeginn geprägt. So legten z.B. die Baugenehmigungen im 1. Quartal noch um 16% zu, im 2. Quartal stagnierten sie, um dann im 3. Quartal um 10% zurückzugehen. Ähnlich verlief die Entwicklung bei den Auftragseingängen, auch wenn hier im 3. Quartal mit einem minimalen Wachstum ein leichter Hoffnungsschimmer zu verzeichnen war.

Das deutlichste Genehmigungsplus verzeichneten im vergangenen Jahr die Fabrik- und Werkstattgebäude mit 15%. Dies muss zwar vor dem Hintergrund des schwachen Ergebnisses im Jahr 2013 gesehen werden, zeigt aber auch, dass der Produktionsstandort Deutschland weiterhin das Vertrauen der Investoren genießt. Schwach entwickelt haben sich dagegen genehmigungsseitig die „Dienstleistungsbereiche“. Bei Handels- und Lagergebäuden war nur Stagnation zu verzeichnen, bei den Bürogebäuden sogar ein zweistelliger Rückgang. Der Zufluss ausländischen Kapitals in Zeiten anhaltender Eurokrise kommt eher Transaktionen im Bestand zugute als dem Neubau.

Kommt es aber durch anhaltend niedrige Ölpreise tatsächlich zu einem kleinen „Konjunkturprogramm“ für Deutschland und legen die Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes im Jahresverlauf 2015 zu, könnte die Entwicklung im Wirtschaftsbau dynamischer verlaufen, als sich derzeit vorhersagen lässt. Investoren reagieren zunehmend kurzfristiger auf Marktsignale, dies lässt für unsere Prognose „Luft nach oben“. Aus heutiger Sicht erscheint allerdings 2015 im Wirtschaftsbau ein nominales Umsatzwachstum von 1% realistisch.

Öffentlicher Bau: Sorgenkind trotz leichten Wachstums

Trotz des witterungsbedingt starken 1. Quartals war die Grundtendenz bei den Vorlaufindikatoren insgesamt negativ:

  • Baugenehmigungen (Baukosten), Januar bis Oktober 2014: -25,2%,
  • Auftragseingang, Januar bis Oktober 2014: -2,2%,
  • Auftragsbestand, Ende September 2014: -1,1%.

Allerdings darf man diese Werte nicht überinterpretieren. Aufgrund des Haushaltsprinzips der Jährlichkeit standen die Ausgaben für Baumaßnahmen bei den Gebietskörperschaften schon zu Jahresbeginn 2014 fest. Die hohe Produktion im 1. Quartal sorgte gegen Jahresende dafür, dass nur noch wenige Aufträge auf den Markt kamen. Die 2013 zu beobachtende „Jahresendrallye“ ist daher im Vorjahr ausgeblieben. Aus dem gleichen Grund ist auch die Tendenz für 2015 nicht so negativ, wie die Zahlen auf den ersten Blick vermuten lassen.

Nach der Schätzung vom November sollen im neuen Jahr die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden das Vorjahresergebnis nochmals um 20 Mrd. Euro übertreffen. Damit entsteht weiterer finanzpolitischer Handlungsspielraum, der – zumindest auf kommunaler Ebene – auch zu steigenden Bauausgaben führen dürfte. So rechnet der Deutsche Städtetag in seiner Prognose mit einem Ausgabeplus bei den Baumaßnahmen von 2%.

Unbefriedigend bleibt die Lage dagegen auf Bundesebene und hier vor allem bei den unzureichenden Investitionen in die Verkehrswege. Zwar sind im nunmehr verabschiedeten Bundeshaushalt 2015 etwa 330 Mio. Euro mehr für die Investitionslinie Verkehr vorgesehen. Diese kommen allerdings ausschließlich den Schienenwegen zugute. Zudem werden die damit verbundenen Investitionen der Deutschen Bahn AG im Wirtschaftsbau verbucht. Für die Bundesfernstraßen stehen dagegen sogar weniger Mittel als im Vorjahr zur Verfügung. Die dringend notwendige Sanierung vieler Autobahnbrücken lässt sich damit jedenfalls nicht energisch angehen. Mit insgesamt 10,8 Mrd. Euro an Investitionen wird im Verkehrssektor insgesamt das bedarfsdeckende Niveau weiter deutlich verfehlt.

Aufgrund der leicht positiven Entwicklung bei den Gemeinden, auf die etwa 55% der öffentlichen Bauausgaben entfallen, rechnen wir für das neue Jahr in dieser Sparte im deutschen Bauhauptgewerbe mit einem Umsatzplus von 2%. Insgesamt ist für das Bauhauptgewerbe 2015 mit einem nominalen Umsatzplus von 2% zu rechnen. Damit wird zwar das Vorjahresergebnis nicht erreicht, der Wachstumstrend bleibt allerdings intakt.

Neue Akzente in der Wirtschaftspolitik setzen

In ihren Gutachten vom Ende des vergangenen Jahres haben sowohl die Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaftsforschungsinstitute als auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung deutliche Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung geübt. Sie führen aus, dass die Beschlüsse zur Energiewende, beim Mindestlohn, zur Rentenpolitik und zur Mietpreisbremse zwar jeweils für sich allein genommen nicht besonders problematisch wirken, jedoch in ihrer Addition geeignet sind, das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in den Standort Deutschland zu beschädigen und dadurch auch die Investitionstätigkeit zu bremsen.

Diesem Befund ist zuzustimmen. Bereits seit gut einem Jahr wird über die schwache Investitionstätigkeit – sowohl der öffentlichen Hand als auch der gewerblichen Wirtschaft – in Deutschland debattiert. Wenn auch Uneinigkeit über das Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Investitionslücke besteht, so ist doch eines klar: Die Investitionen im Inland bleiben schon seit Jahren deutlich hinter dem zurück, was – auch mit Blick auf die demografische Entwicklung – vonnöten wäre, um Deutschland für die Zukunft fit zu machen.

Unsere Botschaft an die Politik ist daher klar: Der öffentliche Investitionsstau muss auf allen Gebietskörperschaftsebenen endlich energisch angegangen werden. Wenn in einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft mehr als die Hälfte der Firmen angibt, in ihrer Geschäftstätigkeit durch Mängel in der Infrastruktur behindert zu werden, ist dies ein Alarmsignal erster Güte, das auch die Politik nicht mehr überhören kann. Nachdem die große Koalition in ihrem ersten Jahr vor allem beschlossen hat, soziale Wohltaten zu verteilen, müssen nun Investitionen folgen.

Nur auf diesem Wege kann auch die deutsche Wirtschaft ermuntert und angeregt werden, wieder mehr am Standort Deutschland zu investieren. Denn: Das gesamte Investitionsniveau vieler Konzerne mit Sitz in Deutschland ist nach wie vor hoch. Nur: Es wird vornehmlich in anderen Regionen dieser Welt investiert und nicht am Standort Deutschland. Aus diesem Grund darf auch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht dazu genutzt werden, Ausnahmen bei der Erbschaftsbesteuerung abzuschaffen und so vor allem die noch im Inland investierenden Familienbetriebe stärker zu belasten. Stattdessen sollte diese Steuer abgeschafft werden.

  • 1 Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2014, Berlin 2014, S. 11.
  • 2 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2014/15, Textziffern 1 und 4.
 

Das Automobiljahr 2015: technologische, wettbewerbs- und handelspolitische Herausforderungen

Das Automobiljahr 2014 war durch erhebliche Unsicherheiten und geopolitische Konflikte geprägt: Stichworte hierfür sind die Krisen in der Ukraine und Russland sowie im Nahen Osten. Hinzu kam, dass in einigen wichtigen europäischen Ländern der Konjunkturmotor stotterte. Doch es gab auch positive Aspekte: Der westeuropäische Markt legte erstmals nach vier Jahren Rückgang wieder um gut 4% – auf über 12 Mio. Pkw – zu. Die neuen EU-Länder wuchsen sogar durchschnittlich zweistellig (+12%). China blieb mit einem Plus von 10% auf Wachstumskurs. Der US-Markt für Light Vehicles (Pkw und Light Trucks) ist 2014 um rund 6% auf gut 16,4 Mio. Einheiten gewachsen. Er hat sich noch dynamischer entwickelt als erwartet und wieder Vorkrisenniveau erreicht. Der russische Light-Vehicle-Markt war natürlich schwach, auch Brasilien hat den Rückwärtsgang eingelegt. Doch am Gesamtbild ändert das wenig. Der Pkw-Weltmarkt legte auch 2014 zu, weil die drei großen Regionen – Westeuropa, USA, China – wuchsen. Damit konnten Rückgänge auf anderen Märkten mehr als ausgeglichen werden.

Von großer Bedeutung für die deutschen Automobilhersteller und Zulieferer war natürlich die Entwicklung des westeuropäischen Marktes. Der deutsche Marktanteil beträgt dort 50%. Die Wachstumsrate in Westeuropa insgesamt überdeckte die Tatsache, dass die EU-Länder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorankamen. In Deutschland betrug 2014 das Marktvolumen bei den Neuzulassungen 3,04 Mio. Einheiten, ein Plus von 3%. 4,3 Mio. Pkw wurden exportiert (+2%). 5,62 Mio. Einheiten rollten von den deutschen Bändern – ein Plus von mehr als 3%. Für die deutsche Automobilindustrie war 2014 also durchaus ein erfolgreiches Jahr – Export, Produktion, Umsatz und auch Beschäftigung legten zu.

Der Pkw-Weltmarkt wird nach Prognosen des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) 2015 erneut um 2% wachsen. Allerdings wird die bisher hohe Drehzahl auf den wichtigen Märkten etwas zurückgenommen. Für China erwartet der VDA ein Plus von 6%. Der US-Markt wird um 2% wachsen. Auch Westeuropa wird vorankommen – allerdings mit geringerer Dynamik. Großbritannien hat sein Vorkrisenniveau erreicht und daher kaum noch Spielraum nach oben. Für Italien und Frankreich erwartet der VDA nur ein leichtes Plus. Und für den deutschen Markt rechnet der VDA mit einer Seitwärtsbewegung, also einem leichten Zuwachs. Die Pkw-Inlandsproduktion wird 2015 voraussichtlich um 2% steigen, die Auslandsproduktion der deutschen Konzernmarken um 5% zulegen. Beim Export erwartet der VDA 2015 ein leichtes Wachstum um 2%. Die Beschäftigung am Standort Deutschland wird stabil bleiben.

Der Hochlauf der Elektromobilität braucht flankierende Maßnahmen

Bei den Elektrofahrzeugen wurde 2014 in Deutschland erstmals ein fünfstelliges Marktvolumen erreicht: Die Neuzulassungen von Elektroautos (rein batterie-elektrischer Antrieb, Range Extender, Plug-in-Hybrid) stiegen bis Oktober 2014 um 68% auf knapp 10 400 Einheiten.

Wie der aktuelle Electric Vehicle Index (EVI) von McKinsey zeigt, hat Deutschland in den vergangenen vier Jahren beim Angebot von Elektroautos den größten Fortschritt aufzuweisen. 2014 haben die deutschen Hersteller 17 Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt gebracht. 2015 kommen zwölf weitere hinzu. Das Ziel „Leitanbieter“ ist erreicht. Doch vom zweiten Ziel, Deutschland als „Leitmarkt“ für Elektromobilität zu etablieren, ist noch weit entfernt – trotz hoher Zuwachsraten. Dabei gibt es im Inland nahezu alle notwendigen Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dieses Potenzial gilt es umzusetzen. Die Zeit drängt. Das Elektromobilitätsgesetz soll im Frühjahr 2015 verabschiedet werden. Es umfasst z.B. die Nutzung von Busspuren und bevorzugte Parkplätze. Das ist ein erster Schritt, dem rasch weitere Maßnahmen folgen müssen. Wenn der Markthochlauf bis 2017 wie geplant erfolgen soll, müssen die Anreize so gesetzt werden, dass sie in den nächsten drei Jahren auch greifen.

Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) empfiehlt die Einführung einer Sonderabschreibung für Unternehmen, die Elektroautos anschaffen. Die Kosten sollten im ersten Jahr zu 50% von der Steuer absetzbar sein. Der VDI begrüßt diesen Vorschlag ausdrücklich, denn damit wird der Kauf von Elektrofahrzeugen auch für Flottenmanager wirtschaftlich attraktiv. Auf der Seite der Firmenwagennutzer gibt es ja bereits den Nachteilsausgleich. Die Politik sollte den Vorschlag rasch aufnehmen und umsetzen. Zudem kann eine Beschaffungsinitiative wichtige Impulse setzen: Öffentliche Unternehmen sowie Bund, Länder, Städte und Gemeinden sollten bei der Erneuerung ihrer Fuhrparks mit gutem Beispiel vorangehen. Ebenfalls notwendig ist ein Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur. Zwar wird ein Großteil der Autofahrer den Strom zu Hause oder an der Arbeitsstätte laden. Doch der Erfolg der Elektromobilität hängt entscheidend davon ab, dass das Nachladen einfach und jederzeit unterwegs möglich ist. Der bisherige Bestand an Ladepunkten reicht dafür nicht aus. Erforderlich ist eine standardisierte, leicht zugängliche und anbieterunabhängige Ladeinfrastruktur.

Innovationstreiber beim vernetzten Fahrzeug

Das Auto erlebt eine digitale Evolution. Die IT wird mit rasantem Tempo in die neuen Autos integriert. Studien zur Fahrzeugvernetzung prognostizieren, dass bereits in zwei Jahren mindestens 80% aller verkauften Neuwagen vernetzt sein werden.

Künftig wissen Fahrzeuge über Ampelphasen und Baustellen Bescheid, werden von vorausfahrenden Fahrzeugen vor Gefahrensituationen, Hindernissen oder Glatteis gewarnt und können entsprechend reagieren. Die deutschen Hersteller und Zulieferer arbeiten konsequent an der Weiterentwicklung bestehender Assistenzsysteme, um das Autofahren effizienter, komfortabler und sicherer zu machen.

Die deutsche Automobilindustrie hat den Anspruch, beim Thema „Vernetzung des Fahrzeugs“ Innovationstreiber zu sein. Dafür setzt sie seit langem auf intensive Forschung und Entwicklung. Allein in den kommenden drei bis vier Jahren werden die deutschen Hersteller und Zulieferer 16 Mrd. Euro bis 18 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung zum vernetzten und automatisierten Fahren investieren.

Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken

Der Industriestandort Deutschland hat in den letzten Jahren an Vorsprung eingebüßt. Die Energiekosten sind im internationalen Vergleich hoch – und wir sehen mit Sorge, dass sie weiter steigen. Auch die Lohnstückkosten gehen wieder nach oben. Sozialpolitische Maßnahmen wie der Mindestlohn oder die Rente mit 63 belasten den Produktionsstandort zusätzlich. Zu diesem kritischen Ergebnis kommt auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Gutachten 2014/15: Zuerst muss die Effizienz der Wirtschaftsprozesse sichergestellt werden, anschließend können Verteilungsergebnisse über das Steuer- und Transfersystem verändert werden – und nicht umgekehrt. Deshalb ist jetzt eine neue politische Weichenstellung, eine klare Priorität für Wachstum und Beschäftigung, dringend notwendig.

Am Beispiel der zahlenmäßig größten Herstellergruppe lässt sich die Herausforderung für den Industriestandort Deutschland benennen: Die Zulieferer haben sich seit der Krise zu neuer Stärke im internationalen Vergleich entwickelt. Sie zeichnen sich durch Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit aus. Zugleich stehen sie vor großen internationalen Herausforderungen. Inzwischen müssen sich auch die Mittelständler verstärkt damit auseinandersetzen, den großen Herstellern oder deren großen Zulieferern in die Auslandsmärkte zu folgen und dort vor Ort zu produzieren. Diese Doppelaufgabe – hohe Auslastung und Entwicklung im Inland und zunehmende Fertigung an Auslandsstandorten – ist alles andere als leicht. Die Politik muss mit richtigen Entscheidungen für wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen in Deutschland dazu beitragen, die Zulieferer­standorte auch in der kommenden Dekade zu sichern.

Diese politische Prioritätensetzung erwartet die Industrie ebenfalls von der neuen EU-Kommission in Brüssel. Auch dort muss die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Maßstab für politische Entscheidungen werden. Natürlich müssen auch die einzelnen EU-Staaten ihre Hausaufgaben machen. Wer, wie Frankreich, Zugang zu europäischen Investitionsgeldern will, muss auch Reformen im eigenen Land anpacken. Nicht die höhere Staatsquote schafft dauerhaft Wachstum und Beschäftigung, das erreichen nur erfolgreiche und exportstarke Unternehmen, gerade auch solche des Mittelstands.

Ein Blick auf China und die USA zeigt, dass der weltweite Standortwettbewerb immer schärfer wird. Jede künftige CO2-Regulierung in Brüssel muss sich stärker an einer Balance zwischen Ökologie und Ökonomie orientieren. Neue Regulierungen dürfen Innovationen nicht strangulieren. Im Gegenteil, sie müssen stimulieren.

Freihandelsabkommen TTIP entschlossen vorantreiben

Aus Sicht der deutschen Automobilindustrie ist das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA von strategisch wichtiger Bedeutung. Es geht dabei nicht nur um den Abbau von Zöllen, die allein für die Automobilindustrie eine jährliche Belastung von 1 Mrd. Euro darstellen. Es geht vielmehr um die Chance, mit einem transatlantischen Freihandelsabkommen heute Normen und Standards zu setzen, die später auch weltweit gelten können. Experten haben errechnet, dass die bestehenden Doppelregulierungen und bürokratischen Hürden zwischen der EU und den USA einem Zoll von 26% entsprechen. Die Beseitigung dieser nicht-tarifären Handelshemmnisse wäre ein echtes Konjunkturprogramm. Die EU und die USA sollten daher die TTIP-Verhandlungen zügig vorantreiben. Ein solches Abkommen wäre ein starkes und wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Europa – und zudem von geostrategischer Bedeutung für die Handlungsfähigkeit der beiden wichtigsten Kontinente des westlichen Wertesystems.

 

Verhaltener Aufwärtstrend in der chemischen Industrie

Die Erwartungen der chemisch-pharmazeutischen Industrie an das Jahr 2014 haben sich nicht ganz erfüllt. Nach einem zunächst guten Start stieg die Chemieproduktion in Deutschland im Jahresverlauf nur um 1,5%. Ursache war die internationale Großwetterlage für das Chemiegeschäft, die sich im Verlauf der Monate immer weiter eintrübte. Europa konnte zwar wie erhofft die Rezession überwinden, der Aufwärtstrend blieb aber kraftlos. Auch viele Schwellenländer enttäuschten mit niedrigem Wachstum. Das blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Exportnation Deutschland. Der größte Kunde der Chemiebranche – die verarbeitende Industrie – musste im zweiten Quartal einen konjunkturellen Dämpfer hinnehmen. Vor diesem Hintergrund wuchs die Nachfrage nach Chemikalien im In- und Ausland weniger stark als der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zu Jahresbeginn erwartet hatte.

Die Herstellung von Petrochemikalien und Polymeren sank 2014 um 2,5%. Noch schlechter entwickelte sich das Geschäft mit anorganischen Grundstoffen: Die Produktion von Industriegasen, Düngemitteln und anderen Anorganika ging um 4,5% zurück. Damit mussten alle Grundstoffsparten die Produktion drosseln. Im Gegensatz dazu belebten sich die Geschäfte mit Fein- und Spezialchemikalien im Jahresverlauf. Im Vergleich zu 2013 ergab sich für dieses Segment ein Produktionsplus von 4%. Bei den konsumnahen Chemikalien wurde das Produktionsniveau des Vorjahres um 1,5% übertroffen.

Gute Jahreswerte im Pharmageschäft

Vor dem Hintergrund der anhaltend schwachen Weltkonjunktur und einer Ausweitung der Fördermengen gaben im Jahresverlauf die Preise für Rohöl deutlich nach. Im Durchschnitt verbilligte sich Rohöl um 10%. Da zeitgleich der Euro gegenüber dem US-Dollar abwertete, fiel die Kostenentlastung bei den Rohstoffen der Chemie deutlich niedriger aus. Rohbenzin – der wichtigste Rohstoff der Branche – verbilligte sich 2014 nur um 2%. Um die Kapazitäten ausreichend auslasten zu können, gaben die Unternehmen die gesunkenen Rohstoffpreise an die Kunden weiter. Deshalb sanken die Chemikalienpreise im Gesamtjahr 2014 um 1%.

Wegen der rückläufigen Preise konnte die chemisch-pharmazeutische Industrie ihren Gesamtumsatz 2014 trotz gestiegener Produktionsmengen nur leicht ausweiten. Mit insgesamt 193,6 Mrd. Euro lag der Branchenumsatz um 1,5% höher als ein Jahr zuvor. Der Inlandsumsatz stieg 2014 um 2% auf 77,8 Mrd. Euro. Demgegenüber erhöhte sich der Auslandsumsatz nur um 1% auf 115,8 Mrd. Euro.

Das Geschäft mit den europäischen Staaten konnte 2014 leicht zulegen (+1,0%). Auch der Umsatz mit den osteuropäischen Ländern entwickelte sich positiv (+2,0%). Die direkten Auswirkungen der Russland-Ukraine-Krise auf die deutsche Chemie hielten sich bis zum Jahresende in Grenzen. Die Chemie- und Pharmaexporte in die Region waren 2014 zwar stark rückläufig (Russland: -6%, Ukraine: -20%). Insgesamt erhalten diese beiden Länder aber nur rund 4% der deutschen Chemieexporte. Dabei ist der Anteil der Ukraine mit 0,7% deutlich kleiner als der Anteil Russlands mit 3,3%.

Trotz der schwachen wirtschaftlichen Dynamik haben die deutschen Chemieunternehmen 2014 weiter Beschäftigung aufgebaut. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche stieg gegenüber dem Vorjahr um 1%. Die deutsche Chemieindustrie beschäftigt damit zu Jahresbeginn 2015 442 500 Mitarbeiter.

Perspektiven 2015

Die Chemieunternehmen schätzen ihre aktuelle Geschäftslage überwiegend positiv ein. Die Branche rechnet aber dennoch nicht mehr mit einer raschen Belebung der Konjunktur in den kommenden Monaten. Die wirtschaftliche Stabilisierung der Eurozone schreitet – wenn auch zögerlich – voran. Damit zieht die Nachfrage auf dem Heimatmarkt Europa insgesamt an. Der Auslandsumsatz der deutschen Chemieunternehmen mit Kunden in Europa legt seit dem zweiten Halbjahr 2014 wieder zu. Dieser Trend dürfte sich in diesem Jahr fortsetzen.

Vor diesem Hintergrund geht der VCI für 2015 von einem moderaten Aufwärtstrend für die deutsche Chemie aus und erwartet einen Zuwachs der Chemieproduktion um 1,5%. Die Erzeugerpreise dürften leicht sinken (-0,5%). Der Branchenumsatz wird so voraussichtlich um 1,5% auf 196,5 Mrd. Euro steigen, wobei der Inlandsumsatz (+1,0%) etwas schwächer wächst als das Auslandsgeschäft (+1,5%).

Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Chemie stärken

Der weitere Aufwärtstrend der Chemiekonjunktur kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der internationale Wettbewerb für die Branche immer intensiver wird. Noch ist Deutschland zwar ein attraktiver und wettbewerbsfähiger Chemiestandort, was eine vergleichende Analyse, die Oxford Economics im September 2014 veröffentlicht hat, belegt.1 Aber die Studie zeigt auch, dass der Chemiestandort Deutschland im internationalen Vergleich schon seit längerer Zeit an Wettbewerbsfähigkeit verliert, wenn man seinen Anteil am globalen Exportmarkt betrachtet. Dieser Trend hat sich seit 2008 sogar verstärkt. Und auch bei den Investitionen zeigt sich ein ähnlich beunruhigendes Bild: Während die USA und China von 2008 bis 2013 ihre Investitionen nahezu verdoppelten, wuchsen sie in Deutschland nicht mehr.

Dafür gibt es ökonomische und politische Ursachen: die schwache wirtschaftliche Entwicklung auf unserem Heimatmarkt Europa sowie die hohen Wachstumsraten der Chemie im Raum Südostasien – aber eben auch ungenügende industriepolitische Rahmenbedingungen in Deutschland. Um für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen, sieht der VCI daher Handlungsbedarf für die Bundesregierung auf zwei Feldern: Sie sollte einerseits die Innovationsfähigkeit der Chemieunternehmen stärken und andererseits für bezahlbare Energie sorgen.

Forschungsförderung ausbauen

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat ihre Forschungsbudgets im vergangenen Jahr erneut aufgestockt. Insgesamt gaben die Unternehmen 2014 rund 10,5 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung aus. Das waren 5% mehr als im Vorjahr. Aber die internationale Konkurrenz schläft nicht. Insbesondere im asiatischen Raum steigen die Forschungsausgaben und die Patent­anmeldungen zur Chemie seit Jahren mit großer Dynamik.

Die Bundesregierung unterstützt die Innovationskraft der Wirtschaft mit der Hightech-Strategie. Das ist eine gute und richtige Maßnahme auf hohem finanziellen Niveau und mit einem breit angelegten Programm. Es sind aber noch mehr Schritte möglich und nötig, damit der Standort für die chemische Industrie noch innovationsfreundlicher wird.

So würde die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung zusätzliche Forschungsaufwendungen der Unternehmen und mehr Wirtschaftswachstum in Deutschland stimulieren. Zwei Drittel der 34 OECD-Länder gewähren diesen Bonus bereits und erzielen damit gute Erfolge. Außerdem muss Deutschland eine mutigere Gründerkultur etablieren. Dazu gehört mehr Akzeptanz für das unternehmerische Risiko, damit junge Unternehmen ihre Ideen erfolgreich umsetzen können.

Energie bezahlbar lassen

Das zweite wichtige Thema zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Chemie sind die Energiepreise. Die Energiepolitik in Deutschland bereitet dem VCI große Sorgen. Die Energiewende hat zu Kostensteigerungen geführt, die internationale Wettbewerber nicht haben. Trotz Entlastungsregelungen – die nur gut 140 von rund 2000 Unternehmen in Anspruch nehmen können – hat die deutsche Chemie 2014 fast 1 Mrd. Euro an EEG-Umlage gezahlt. Diese Belastung schultert im Wesentlichen der Mittelstand. Für kleine und mittlere Chemie-Unternehmen hat die jüngste EEG-Reform keinerlei Entlastung gebracht. Die minimale Verringerung der EEG-Umlage ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Dabei ist ein Ausweg aus der Kostenspirale nach oben denkbar: Mit einer alternativen Finanzierung der Energiewende – z.B. über den Bundeshaushalt – könnten die Förderzusagen des EEG eingehalten werden, ohne den Strompreis in die Höhe zu treiben.

Der VCI plädiert aber auch für einen grundsätzlichen Strategiewechsel in der deutschen Energie- und Klimapolitik. Diese muss viel stärker mit der europäischen Linie in Einklang gebracht werden. Mit Blick auf den Beschluss des Europäischen Rates von Anfang Oktober 2014 ist ein politischer Alleingang kaum mehr sinnvoll. Das gilt konkret für das Anfang Dezember verabschiedete neue nationale Aktionsprogramm zu Klimaschutz und Energieeffizienz.

Mit der geplanten Minderung der Treibhausgase bis 2030 um 40% (Basis 1990) hat sich die EU ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt. Die politische Messlatte für die Klimabilanz der deutschen Chemie hängt damit extrem hoch: Zusätzlich zu ihrer bisherigen Vorleistung von fast -50% (Basis 1990) soll die Branche künftig eine weitere Reduktion um 22 Prozentpunkte auf eine Minderungsquote von 70% erbringen. Dabei tragen Energiewirtschaft und Industrie bereits heute, genau wie die Chemiebranche, durch den EU-Emissionshandel überproportional zu den CO2-Minderungen bei. Derzeit ist nicht erkennbar, wie die deutsche chemische Industrie für diese zusätzlichen Ziele eine technische und wirtschaftliche Lösung realisieren kann. Es müssen andere relevante CO2-Verursacher mit in das System des EU-Emissionshandels einbezogen werden, um die Aufgabe gerechter zu verteilen, z.B. Wohnen oder Verkehr.

Klimaschutz ist aber vor allem eine globale Aufgabe. Die EU muss sich jetzt mit aller Kraft dafür einsetzen, dass bei der Weltklimakonferenz Ende 2015 in Paris ein globales Abkommen mit vergleichbaren Reduktionsanforderungen verabschiedet wird. Nur wenn es gelingt, auch international alle wichtigen Emittenten einzubeziehen, laufen die Belastungen nicht gegen die Wettbewerbsfähigkeit Europas. In dieser Hinsicht ist die vorbereitende Klimakonferenz in Peru enttäuschend verlaufen. Während Deutschland und Europa die anspruchsvollsten Klimaziele der Welt haben, bleiben die Zusagen der anderen großen Emittenten wie den USA und China weiterhin vage. Die deutsche Vorreiterrolle hat in Lima keine Nachahmer gefunden. Die weiterhin dramatische Steigerung der Emissionen in China und die eher dürftigen Minderungszusagen der USA bis 2030 gegenüber 1990 sind weit davon entfernt, die notwendigen gleichen Rahmenbedingungen beim Klimaschutz weltweit zu erreichen, die wir aus ökologischen und ökonomischen Gründen dringend brauchen. Klimaschutz funktioniert aber nur gemeinsam und nur mit den Lösungsbeiträgen der Wirtschaft. Insbesondere Produkte und Verfahren der chemischen Industrie spielen dafür eine zentrale Rolle.

  • 1 Bericht des VCI auf Basis einer Studie von Oxford Economics: Die Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts Deutschland im internationalen Vergleich: Rückblick und Zukunftsperspektiven, 26.9.2014, http://bit.ly/1xOKVEy (7.1.2015).
 

Elektroindustrie treibt Industrie 4.0 voran

Seitdem sich die Weltwirtschaft aus der Finanzkrise gelöst hat, sind die Erwartungen für das globale Wachstum zu Beginn jedes Jahres zunächst recht optimistisch gewesen. Häufig kam etwas dazwischen, insbesondere geopolitische Krisen, allen voran diesmal die Ukraine, sowie die immer noch viel zu fragile Erholung im Euroraum. Zudem entwickeln sich viele Schwellenländer nicht mehr so dynamisch. So baut China sein Wirtschaftsmodell um, in Richtung auf weniger Investitionen und Exporte, mehr Konsum und Dienstleistungen. Die global aufgestellte deutsche Elektroindustrie mit ihren mehr als 1,5 Mio. Beschäftigten weltweit ist aber wie kaum eine andere Branche in die internationalen Produktions- und Wertschöpfungsnetzwerke eingebunden. Entsprechend schlagen für die Weltwirtschaft relevante Entwicklungen auch auf die heimische Elektroindustrie durch.

Ergebnis für 2014 im Rahmen des Erwarteten

Trotz der 2014 immer ungünstiger gewordenen globalen Rahmenbedingungen hat die deutsche Elektrobranche von Januar bis Oktober ihre reale um Preiseffekte bereinigte Produktion um 2,6% gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum steigern können. Der nominale Umsatz der Unternehmen (der auch Dienstleistungen und Handelsware einschließt) hat in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres ebenfalls um 2,6% auf 141,3 Mrd. Euro zugelegt. Zwischen Januar und September 2014 stiegen die Exporte (inklusive Re-Exporte) um 3,7% gegenüber dem Vorjahr auf 122,0 Mrd. Euro. Trotz starker monatlicher Schwankungen lag die Entwicklung der Elektroindustrie unter dem Strich damit im Rahmen der moderaten Erwartungen.

Die Sektoren der Elektroindustrie haben sich auch 2014 sehr unterschiedlich entwickelt. So haben die Erlöse des mit Abstand größten Fachzweigs der Automation von Januar bis Oktober des vergangenen Jahres mit 38,5 Mrd. Euro stagniert. Die Energietechnik setzte mit 10,3 Mrd. Euro ebenfalls gleich viel um wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die elektronischen Bauelemente konnten ihre Erlöse in den ersten zehn Monaten 2014 dagegen um 10,6% gegenüber dem Vorjahr auf 15,7 Mrd. Euro steigern. Auch die Fahrzeugelektrik legte um 8,5% auf 7,5 Mrd. Euro zu. Bei den Schienenfahrzeugen, die allerdings besonders stark von Großaufträgen beeinflusst sind, gab es sogar ein Umsatzplus von 42,3% gegenüber dem Vorjahr auf 5,7 Mrd. Euro. Bei den Gebrauchsgütern haben sich die Erlöse zwischen Januar und Oktober um 0,6% auf 14,2 Mrd. Euro erhöht. In der elektromedizinischen Technik wurde mit 7,7 Mrd. Euro dagegen 1,0% weniger umgesetzt als im Vorjahr.

Exporte: China nunmehr Abnehmer Nummer eins

Mit 79,7 Mrd. Euro wurden im Zeitraum von Januar bis September 2014 immer noch knapp zwei Drittel aller Branchenausfuhren in Europa abgesetzt. Sie lagen dabei 3,6% höher als vor einem Jahr. Überdurchschnittlich hohen Zuwachs gab es hier im Exportgeschäft mit Großbritannien (um 8,9% auf 6,4 Mrd. Euro) sowie mit Osteuropa (um 5,4% auf 20,0 Mrd. Euro). Die Elektroausfuhren in den Euroraum beliefen sich in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres auf 37,2 Mrd. Euro. Sie betrugen damit knapp die Hälfte der Branchenexporte nach Europa bzw. fast ein Drittel der gesamten Ausfuhren. Ihren Vorjahresstand haben sie um 3,7% übertroffen. Dabei haben sich die Elektroexporte in die kleineren Euroländer – wie Irland (plus 27,0% auf 722 Mio. Euro), die Niederlande (plus 7,4% auf 5,6 Mrd. Euro) oder Spanien (plus 10,6% auf 3,6 Mrd. Euro) – besser entwickelt als die Ausfuhren in die großen Länder Frankreich (plus 3,3% auf 8,4 Mrd. Euro) und Italien (plus 0,9% auf 5,3 Mrd. Euro).

Die meisten Exporte gingen von Januar bis September 2014 nach China. Dieses nahm mit 11,0 Mrd. Euro um 15,0% höhere Elektroausfuhren aus Deutschland auf als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und hat damit die USA – dorthin nahmen die Ausfuhren um 2,3% auf 10,0 Mrd. Euro zu – als größten Abnehmer abgelöst. Auch die Exporte nach Asien insgesamt haben mit einem Zuwachs von 7,8% auf 26,3 Mrd. Euro weit überdurchschnittlich zugelegt. Die Ausfuhren nach Südostasien stiegen sogar um 9,3% auf 21,3 Mrd. Euro. Die Elektroexporte nach Japan gingen allerdings um 4,7% auf 2,0 Mrd. Euro zurück.

Die Branchenausfuhren nach Lateinamerika haben ihren Vorjahreswert zwischen Januar und September 2014 mit 3,2 Mrd. Euro um 4,2% verfehlt. Im Exportgeschäft mit der gesamten Gruppe der Schwellenländer gab es ein Plus von 3,9% auf 42,3 Mrd. Euro. Es war, anders als in den zurückliegenden Jahren, kaum höher als der Anstieg der Ausfuhren in die Industrieländer, die um 3,6% auf 79,7 Mrd. Euro zulegten. Bemerkenswert ist, dass die Elektroexporte in die übrigen BRICS-Länder neben China allesamt rückläufig waren (Brasilien -8,7% auf 1,1 Mrd. Euro, Russland -21,3% auf 3,2 Mrd. Euro, Indien -1,4% auf 1,3 Mrd. Euro, Südafrika -18,7% auf 878 Mio. Euro).

Der Welthandel, der stets ein Treiber der globalen Wirtschaft war, ist 2014 erneut nur unterdurchschnittlich gewachsen (mit 3,8% statt 5,3% im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2013). Zahlreiche Handelspartner der EU – da­runter China, Russland und Indien – haben zudem protektionistische Maßnahmen tendenziell weiter ausgebaut. In einer im November 2014 veröffentlichten Gemeinschaftsstudie haben die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und der ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elek­tronikindustrie hingegen herausgestellt, dass Freihandel das Wachstum der deutschen Elektroindustrie antreibt.1 Die bisherigen Freihandels- und Assoziierungsabkommen der EU haben die Branchenausfuhren in die jeweiligen Partnerländer spürbar befördert. Weitere Handelsabkommen der EU – aktuell mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) – sollten also vorangetrieben werden.

Der russische Elektromarkt ist nach dem deutschen der zweitgrößte in Europa. Im Zeitraum von 2000 bis 2012 haben sich die Exporte der deutschen Elektroindustrie nach Russland auf 5,8 Mrd. Euro mehr als vervierfacht – die Gesamtausfuhren stiegen um 50%. 2012 war das Land bereits der neuntgrößte Abnehmer deutscher Elektroausfuhren. Sowohl in Bezug auf die Größe als auch auf die Dynamik der Entwicklung ist Russland für Deutschland also von Relevanz. Entsprechend belief sich der Bestand an Direkt­investitionen der deutschen Elektrobranche in Russland zuletzt auf 1,3 Mrd. Euro – bei einem Gesamtbestand von 61,1 Mrd. Euro. Allerdings waren die Elektroausfuhren nach Russland bereits 2013 (und damit vor der Eskalation der Ukraine-Krise) rückläufig, nicht zuletzt beeinflusst durch Wechselkurseffekte. 2014 hat sich dieser Rückgang verstärkt. In den ersten drei Quartalen des Jahres ist das Land auf Platz 13 im Abnehmer-Ranking zurückgefallen.

Nochmals mehr Beschäftigte

Die Zahl der inländischen Mitarbeiter betrug zuletzt 846 000. Das sind 7000 mehr als Ende 2013 sowie 48 000 mehr als Ende Februar 2010, dem Tiefstand nach der 2009er Krise. Mehr als ein Fünftel der Branchenbeschäftigten sind Ingenieure, drei Fünftel Fachkräfte. Zu den inländischen Mitarbeitern kommen 692 000 Auslandsbeschäftigte dazu. Der Fachkräftemangel bleibt ein Hindernis.

Ausblick

Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass die Weltwirtschaft 2015 um 3,8% und damit etwas stärker als im Vorjahr wächst.2 Für die Eurozone ist der Ausblick mit +1,3% zwar moderat, aber immerhin wird überhaupt Wachstum erwartet. Die Aussichten des IWF für die deutsche Wirtschaft liegen bei +1,5%.

Trotzdem bleiben Risiken, die nicht nur die Geopolitik betreffen. In Deutschland haben die bisherigen sozialpolitischen Projekte der großen Koalition (Mindestlohn, Rente mit 63, Mütterrente, Mietpreis-Begrenzung, Maut-Debatte) mehr auf Umverteilung als auf Wachstum gesetzt. Wichtige Handelspartner der Elektrobranche in Europa kämpfen immer noch mit den Folgen der Eurokrise. Vor allem die Krisenländer der südlichen Peripherie müssen Reformen vorantreiben. Auch Deutschland muss reformwillig bleiben, mehr in öffentliche Infrastruktur (Breitbandausbau) und Bildung investieren und private Investitionen anregen.

Alles in allem ist der ZVEI vorsichtig optimistisch, dass die deutsche Elektroindustrie auch 2015 wächst. Zwar sind die Auftragseingänge von Januar bis Oktober 2014 nur um 0,6% gegenüber dem Vorjahr gestiegen (aus dem Ausland kamen 0,5% mehr Bestellungen, im Inland betrug der Zuwachs 0,8%). Laut der jüngsten Konjunktur–umfrage des ZVEI von Mitte November 2014 erwarten aber 72% der befragten Elektrounternehmen 2015 einen Umsatzanstieg von 2% oder mehr. Insgesamt liegen die Erwartungen für 2015 damit ähnlich wie die für 2014.

2015 erwarten wir, dass das Wachstum der Elektroindustrie von der Energiewende und der Digitalisierung getrieben wird. Insbesondere mit Industrie 4.0 steht eine gewaltige Aufgabe an: Es geht um nichts weniger als die Digitalisierung kompletter Wertschöpfungsnetzwerke. Industrie 4.0 ist wiederum nur ein Teilaspekt der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Das Projekt muss schnell vorangetrieben werden, da die USA und China durch ihre Markmacht eigene Standards etablieren können. Also müssen alle Akteure in Deutschland und in Europa an einem Strang ziehen. Bei der Energiewende setzt der ZVEI auch 2015 den Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Energieeinsparung. Wenn wir hier vorankommen, kann aus der Wende auch ein Exportschlager werden.

  • 1 Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen) Volkswirtschaft/Research und ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (Hrsg.): Freihandelsabkommen – Wichtige Triebfeder für die Deutsche Elektroindustrie, Frankfurt a.M., November 2014.
  • 2 International Monetary Fund (IMF): World Economic Outlook, Oktober 2014.
 

Maschinen- und Anlagenbau: in Wartestellung

Wie in den beiden Vorjahren mussten Konjunkturauguren 2014 nahezu weltweit ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum teils kräftig zurücknehmen. Die Volkswirte des Ver­bands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ma­chen hier keine Ausnahme. Statt eines hoffnungsvollen Plus von 3% steht seit Jahresmitte 2014 für die reale Produktion von Maschinen und Anlagen in Deutschland ein Zuwachs von 1% im Tableau.

Dabei hatte das Jahr recht erfreulich begonnen. Im weiteren Verlauf aber ging der Maschinenbaukonjunktur spürbar die Luft aus, und nicht nur ihr. Die Weltkonjunktur hatte weitaus weniger Fahrt aufgenommen als erwartet. Wesentliche Ursache hierfür waren so nicht vorhersehbare Belastungen durch geopolitische Risiken, allen voran die Ukraine-Krise und die grundlegenden Verstimmungen mit Russland. Speziell in Deutschland verärgerten die ersten politischen Schritte der Großen Koalition die Investoren, dämpften deren Wachstumserwartungen und führten zu einem Abriss des gerade erst in Gang gekommenen Investitionsprozesses. Erfreulicherweise bewahrheiteten sich Befürchtungen, die deutsche Wirtschaft würde in eine zumindest technische Rezession (ein schrumpfendes BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen) abgleiten, dann doch nicht. Auch der Maschinenbau konnte im dritten Quartal wieder Plusraten schreiben.

In den ersten zehn Monaten des Jahres 2014 übertraf die deutsche Maschinenbauproduktion ihr Vorjahresniveau um 1%. Ein kleiner Zuwachs ist vorbehaltlich der noch ausstehenden amtlichen Werte für die Monate November und Dezember sowie allfälliger Korrekturen der Vormonate also realisierbar. Womit nach fünf Jahren die bisherigen Rekordwerte für Umsatz und Produktion zumindest wieder eingestellt werden dürften.

Diese an sich erfreuliche Nachricht darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in vielen Unternehmen noch nicht wirklich rund läuft. Wie immer gibt es im vielfältigen Maschinen- und Anlagenbau Gewinner wie Verlierer. Letztlich wird man mit Durchschnittswerten niemandem gerecht, weder denen, die nach der Krise schnell wieder auf die Erfolgsspur kamen, noch jenen, die mit Strukturproblemen kämpfen und ihre Kapazitäten den neuen Bedingungen anpassen müssen. Mehr als jedes vierte Maschinenbauunternehmen beurteilte seine Kapazitäten im Oktober als „mehr als ausreichend“. Fast jeder dritte Befragte gab an, mehr produzieren zu können, wenn es denn ausreichend Aufträge gebe. Ein Aufschwung sieht anders aus.

Maschinenausfuhr: Russland verstellt den Blick auf Positives

Das Exportgeschäft war neben der nur schwer in Gang kommenden Inlandsnachfrage sicher die Achillesferse des deutschen Maschinenbaus. Die weltweite Konjunktur lief nicht rund genug, dass Unternehmen verstärkt in neue Maschinen und Anlagen investierten und so ihren deutschen Lieferanten von Investitionsgütern wirkungsvoll auf die Sprünge halfen. Umso erfreulicher ist, dass die deutschen Maschinenexporteure 2014 dennoch ein kleines Plus erzielen konnten.

Mit den USA, aber auch wichtigen Euro- bzw. die EU-Partnerländern – Großbritannien, Ungarn, Tschechien, Belgien, Niederlande, selbst Spanien – präsentierten sich wichtige Kunden mit Zugewinnen. Im Falle einiger EU-Nachbarstaaten setzt dieses Plus zwar häufig auf einem recht bescheidenen Vorjahresniveau auf. Doch kann es wegen des hohen Gewichts des europäischen Heimatmarktes an den gesamten deutschen Maschinenbauexporten – 41% der Maschinenausfuhr gehen in die EU-Partnerländer – einige Rückgänge kompensieren. So gingen die Lieferungen ins sonstige Europa um ein Zehntel zurück. Als Belastung für die Ausfuhrbilanz erwies sich allen voran die politische und wirtschaftliche Krise in und mit Russland. Anzeichen der wirtschaftlichen Schwäche hatte es zwar schon 2013 gegeben. Im Jahresverlauf 2014 kam dann jedoch eine unheilvolle Spirale aus Exportsanktionen, Importverboten, Ölpreisverfall, Kapitalflucht, Abwertung des Rubel und Leitzinserhöhung in Gang, die den für die russische Wirtschaft unverzichtbaren Import von Investitionsgütern drastisch einschränkten. Leider steht nicht allein Russland für schlechte Nachrichten. Die deutschen Maschinenausfuhren nach Brasilien und Indien verliefen nicht minder enttäuschend. Einzig China verteidigt aktuell den Ruf der BRIC-Staaten als Wachstumsgaranten. Dank der mittlerweile umgesetzten Volumina liefert die Volksrepublik selbst bei niedrigeren Wachstumsraten gemeinsam mit den Exportzuwächsen in Südostasien wieder einen nennenswerten Stabilisierungsbeitrag für die deutschen Maschinenexporte nach Asien.

Maschinenproduktion 2015: zögerliche Belebung

Die aktuelle Konjunkturdiskussion wird auch im deutschen Maschinen- und Anlagenbau tendenziell noch eher von Risiken als von Chancen geprägt. Zugegeben: Es gibt zahlreiche Unsicherheiten. Der Konflikt mit Russland ist ungelöst. Hier muss sich die Industrie auf weitere Rückgänge einstellen, sowohl im direkten Handel mit Russland und der Ukraine als auch in deren Umfeld. Eine gegebenenfalls früher als erwartet einsetzende und stärker akzentuierte Leitzinserhöhung der US-amerikanischen Notenbank schürt Ängste vor einem abermaligen Kapitalabfluss aus den Schwellenländern. Der politische Dissens über die Fortsetzung des Reformkurses im Euroraum birgt die Gefahr wieder aufkommender Unsicherheiten der wirtschaftlichen Akteure.

Dennoch: Nach drei Jahren einer eher lustlosen Seitwärtsbewegung gibt es durchaus solide Signale dafür, dass die deutsche Maschinenbaukonjunktur nun doch in Gang kommt. Die Auslandsbestellungen sind schon auf Wachstumskurs, wenn auch mit der Einschränkung, dass einige großvolumige Aufträge die Entwicklung in der Breite bislang noch etwas überzeichnen. Immerhin: Ein Anfang ist gemacht, und die Erholung hat Potenzial.

Auf der Habenseite steht neben den Konsolidierungsfortschritten in Europa vor allem der sich in den USA fortsetzende Prozess der Industrialisierung. Die Finanzierungsbedingungen bleiben mit wenigen Ausnahmen weiterhin günstig. Zudem stimulieren die niedrigen Rohstoffpreise trotz der Belastungen für die Rohstoff-Förderländer die Weltwirtschaft im Allgemeinen und zahlreiche auf Ölimporte angewiesene Schwellenländer. Schließlich hilft der gesunkene Außenwert des Euro dem deutschen Exportweltmeister Maschinenbau. Mit zunehmend stabileren Nachfrageimpulsen aus dem Auslandsgeschäft dürfte dann auch in Deutschland wieder vermehrt in Maschinen und Anlagen investiert werden.

Kurz: Bei allen Risiken spricht einiges dafür, dass es für den deutschen Maschinenbau 2015 konjunkturell, wenn auch moderat, besser laufen wird. Gefragt sind Geduld und Ausdauer sowie eine gehörige Portion Stressresistenz. Die VDMA-Produktionsprognose lautet daher auf +2% reales Wachstum. In der rein statistischen Betrachtung dürfte hierzu noch ein kleiner statistischer Überhang helfen.

Zukunftsperspektive Maschinenbau – Erfolgsmuster, Trends, Handlungsfelder

Der Maschinenbau ist Garant für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland. Die starke Position heute birgt jedoch die Gefahr, aus dem Gefühl der Überlegenheit anstehende Herausforderungen zu unterschätzen. Es macht insofern Sinn, sich regelmäßig einen Überblick über die bisherigen Erfolgsmuster zu verschaffen und diese mit Blick auf die künftigen Trends und möglichen Handlungsfelder zu überprüfen.

Im Rahmen einer vom VDMA gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey & Company erstellten und mittlerweile veröffentlichten Studie „Zukunftsperspektive Deutscher Maschinenbau“1 wurden 2014 mittels einer Umfrage und Experteninterviews zunächst wesentliche Erfolgsmuster identifiziert, die aktuell Profitabilität und Wachstum des Maschinenbaus beeinflussen. Vornehmliche Wachstumsquelle ist, so ein zentrales Ergebnis, dessen Internationalisierung. Global aufgestellte Unternehmen, also solche, die überwiegend im Ausland produzieren, sind dabei im Mittel um 2 Prozentpunkte profitabler als Unternehmen, die sich überwiegend auf den Export aus Deutschland heraus beschränken. Unternehmen, die sich als Premiumanbieter bezeichnen, wachsen zwar schneller, sind aber nur dann signifikant profitabler, wenn Sie den überwiegenden Teil ihrer Wertschöpfung im Ausland erzeugen. Als grundlegende Erfolgsfaktoren wurden ferner operative Exzellenz und ein stringentes Geschäftsmodell identifiziert.

In einem nächsten Schritt wurden die Trends von den Teilnehmern nach deren Relevanz gewichtet und die hierdurch zu erwartenden Chancen und Risiken sowie der Stand der individuellen Vorbereitung bewertet. Drei von vier Befragten sehen die steigende Nachfrage nach kundenspezifischen System- und Integrationslösungen als Top-Trend, dicht gefolgt von der Verlagerung der Nachfrage in Länder außerhalb Europas. Im weiteren Ranking genannt wurden die steigende Bedeutung von Aftersales und Service, der zunehmende Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer und die wichtiger werdenden Wettbewerbsfaktoren am Standort Deutschland. Trends, die als Chancen wahrgenommen werden, haben dabei eine höhere Relevanz als solche, die vor allem mit Risiken verbunden werden. Zudem sehen sich die Unternehmen im Durchschnitt gut auf die wichtigsten Trends vorbereitet. Jedes zweite befragte Unternehmen geht aber davon aus, dass sich sowohl die Vor- als auch die Nachteile des Standorts Deutschland in Zukunft noch stärker als bisher auf Profitabilität und Wachstum der Maschinen- und Anlagenbauer auswirken werden.

Legt man die Erfolgsmuster und die Industrietrends in einem dritten und letzten Schritt übereinander, ergeben sich sechs zentrale Handlungsfelder für den Maschinenbau. Aufgrund der sehr individuellen Ausgangssituation in den einzelnen Unternehmen werden sie von den Autoren weniger als Schnittmuster denn als Anregungen verstanden. Im Aftersales- und Servicegeschäft liegen für viele Unternehmen noch unerschlossene Potenziale. Gerade in Verbindung mit Industrie 4.0 sind neue Geschäftsmodelle denkbar. Der Wunsch nach individualisierten Lösungen kann, so ein weiteres Handlungsfeld, nur dann profitabel verwirklicht werden, wenn er mit Standardisierung und Modularisierung des Angebots sowie neuen Geschäftsmodellen einhergeht. Eine Selbstverständlichkeit sollte die kontinuierliche Optimierung des Produkt- und Portfoliowertes durch kundenwertorientierte Innovation und kontinuierliche Reduzierung der Produktionskosten sein. Gleiches gilt für ein stringentes, risikoorientiertes Projektmanagement im Lösungsgeschäft. Weil für viele kleine und mittlere Unternehmen Deutschland oft der einzige Produktionsstandort ist und bleibt, müssen sie kontinuierlich die Exzellenz in der heimischen Wertschöpfung ausbauen. Denn nur so lassen sich die Qualitäts- und Produktivitätsvorteile des Standorts Deutschland erhalten.

Fazit: Gerade aus der Position der Stärke heraus sind die Weichen für die Zukunft zu stellen! Diese Aufforderung gilt in gleicher Weise für die politisch Verantwortlichen. Denn sie tragen als Gestalter wesentlicher Rahmenbedingungen eine große Verantwortung für die auf Gedeih und Verderb an eben diesen Standort Deutschland gebundenen Unternehmen und Arbeitsplätze.

  • 1 VDMA, McKinsey & Company: Zukunftsperspektive deutscher Maschinenbau: Erfolgreich in einem dynamischen Umfeld agieren, Juli 2014, http://www.vdma.org/zukunftsperspektive (8.1.2015).
 

Handel 2015: Dämpfer im Großhandel, Konsum stützt Einzelhandel

Im Handel hat sich die Stimmung spürbar eingetrübt. Die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate verschlechtern sich deutlich – vor allem im Großhandel und bei den Handelsvertretern (vgl. Abbildung 1). Das zeigt die DIHK-Konjunkturumfrage aus dem Herbst 2014 mit mehr als 6000 Antworten aus dem Handel.1 Auch im Einzelhandel lässt die Zuversicht angesichts der unsicheren politischen Rahmenbedingungen leicht nach. Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung aus Unternehmenssicht ist eine schwächere Inlandsnachfrage. Zudem nehmen die Sorgen um die Fachkräftesicherung zu.

Abbildung 1
Geschäftserwartungen (Saldo Besser-/Schlechter-Anteile)
in Prozentpunkten
45734.png

Quelle: Deutscher Industrie- und Handelskammertag.

Erwartungen im Detail: Zuversicht schwindet

Die schwierige konjunkturelle Gangart hat im Handel vielfach für Zurückhaltung gesorgt. Jeder fünfte Händler erwartet bessere Geschäfte (19%) – im Frühsommer 2014 waren es noch 30%. Umgekehrt befürchten mittlerweile 16% der Händler eine Geschäftseintrübung nach 12% im Frühsommer. Fast zwei Drittel erwarten für die kommenden Monate insgesamt stagnierende Geschäfte (65%). Der Saldo der „besser“- und „schlechter“-Anteile rutscht somit von 18 auf nur noch 4 Prozentpunkte.

Im Großhandel sind die Erwartungen regelrecht eingebrochen (Saldorückgang um 21 auf 4 Prozentpunkte). Die starken Rückgänge zeigen sich in allen Bereichen des Großhandels, lediglich bei Nahrungs-/Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren ist nur ein leichtes Minus zu verzeichnen (Saldorückgang um 3 auf 1 Prozentpunkt). Die Kfz-Händler zeigen sich mittlerweile unter dem Strich sogar pessimistisch (Saldoverschlechterung um 20 auf -3 Prozentpunkte).

Im Einzelhandel trübt sich die Stimmung nur leicht ein (Saldorückgang um 6 auf 4 Prozentpunkte). Einige Sparten können sogar bessere Salden verzeichnen: Zum Jahresende 2014 haben Spielwaren- und Buchhändler ihre Erwartungen nach oben geschraubt (Saldozuwachs von 0 auf 7 Prozentpunkte). Auch der Einzelhandel mit Geräten der Informations- und Kommunikationstechnologie erreicht auf hohem Niveau noch eine leichte Steigerung (von 10 auf 11 Prozentpunkte). Bevölkerungs- und Beschäftigungszuwächse sowie steigende Realeinkommen bieten auch im laufenden Jahr grundsätzlich gute Konsumperspektiven. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) prognostiziert immerhin einen Kaufkraftzuwachs von 1,3% für 2015. Der deutliche Energiepreisrückgang lässt mehr Geld im Portemonnaie der Konsumenten. Zugleich ist Sparen angesichts der niedrigen Zinsen wenig attraktiv, so dass zusätzliches Potenzial für den Konsum besteht.

Grundsätzlich ist zu erwarten, dass im Handel die Digitalisierung der Geschäftsprozesse weiterhin zu einem erheblichen Strukturwandel führt. Zurzeit ist vor allem der Einzelhandel vom veränderten Käuferverhalten betroffen. In bestimmten Segmenten (z.B. Textil, Elektronik, Buch) werden bereits 20% des Umsatzes über den Online-Handel erzielt. Dieser Wandel hat auch Einfluss auf die traditionellen Standorte des Facheinzelhandels. Die Konkurrenz aus dem Netz ist vor allem für den Einzelhandel in den Innenstädten eine enorme Herausforderung. Aber auch der Großhandel muss digitale Prozesse, vor allem im Vertrieb, in den Blick nehmen. In den USA ist Amazon inzwischen mit einem Business-to-Business-Portal (B2B-Portal) gestartet und wird dort zu einer ernsthaften Konkurrenz für etablierte Großhändler.

Risiken: Anspannung bei der Inlandsnachfrage, Durchschnaufen bei Energie- und Rohstoffpreisen

Der gesamte Handel schätzt das Geschäftsrisiko Inlandsnachfrage mit 61% mittlerweile wieder bemerkenswert hoch ein (Frühsommer 2014: 57%, vgl. Abbildung 2). Der Kfz-Handel (67%) sieht hier das größte Risikopotenzial, im Einzelhandel sind es 59%.

Abbildung 2
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung im Handel
in %
46735.png

JB = Jahresbeginn, FS = Frühsommer, HB = Herbst.

Quelle: Deutscher Industrie- und Handelskammertag.

Wieder steigende Energie- und Rohstoffpreise bleiben aus Sicht der Händler zweitgrößtes Geschäftsrisiko. Die Kosten für die Kühlung von Nahrungsmitteln oder fürs Heizen sind gerade im Lebensmittelhandel nicht zu unterschätzen. Zumindest hat sich die Belastung aber gegenüber dem Frühsommer 2014 entspannt. 40% nennen aktuell dieses Risiko (nach zuvor 45%). Niedriger hatte der Anteil zuletzt 2010 gelegen – ebenfalls eine Phase, in der Nachfragerisiken dominierten und infolgedessen die Weltmarktpreise für Rohstoffe niedrig lagen. Außerdem belastet momentan der heimische Sonderfaktor „Energiewende“ die Unternehmen nicht mehr ganz so stark: Zumindest 2015 sinkt die EEG-Umlage leicht. Zudem haben auch im Handel viele Unternehmen in den letzten Jahren enorme Anstrengungen in puncto Energieeffizienz unternommen, um den steigenden Stromkosten entgegenzuwirken. Entwarnung kann aber nicht gegeben werden. Bis 2020 drohen weitere Steigerungen der EEG-Umlage. Hinzu kommen die Kosten des Netzausbaus bzw. der Netzerneuerung, die zunehmend zum Treiber der Strompreise werden.

An Relevanz gewinnt aus Sicht der Handelsunternehmen das Geschäftsrisiko „wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen“ (Anstieg von 37% auf 39%). Zahlreiche verabschiedete Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag gehen sofort oder in absehbarer Zeit mit Kostenbelastungen für die Unternehmen einher. Belastungen wie der gesetzliche Mindestlohn oder die Zunahme der personalpolitischen Regulierungsdichte schlagen hier besonders durch. Handelsbetriebe werden als letztes Glied zunehmend mit bürokratischen Informations- und Dokumentationspflichten belastet. In Familienunternehmen kommen durch das Urteil zur Erbschaftsteuer Sorgen um den Fortbestand der mittelstandfreundlichen Regelungen hinzu.

Investitionsbereitschaft: im Großhandel rückläufig, Einzelhandel expansiv

Die unsicheren Zukunftsaussichten führen auch im Handel zur Zurückhaltung bei Investitionsplänen. Der Saldo liegt nur noch leicht mit 5 Prozentpunkten im Plus (Frühsommer 2014: 8 Prozentpunkte, vgl. Abbildung 3). Traditionell geht eine höhere Risikoeinschätzung der Wirtschaftspolitik mit einer sinkenden Investitionsneigung einher. Im Vergleich zur Industrie zeigt sich die Investitionsbereitschaft allerdings insgesamt relativ robust. Im Einzelhandel verbessern sich die Investitionsabsichten sogar etwas. Das macht Hoffnung, dass keine dauerhafte Schwäche der Binnennachfrage zu erwarten ist. Für Erweiterungsinvestitionen gibt es derzeit im Handel jedoch wenig Anlass – ihr Anteil sinkt von 28% auf 25%. Ersatz bleibt mit 63% mit Abstand häufigster Investitionsgrund.

Abbildung 3
Investitionspläne (Saldo Höher-/Geringer-Anteile)
in Prozentpunkten
45743.png

Quelle: Deutscher Industrie- und Handelskammertag.

Angesichts der deutlichen Eintrübung der Absatzperspektiven fällt der Rückgang der Investitionspläne bisher glimpflich aus. Eine Stabilisierungswirkung geht dabei von den außerordentlich guten Finanzierungsbedingungen aus. Sie ermutigen gerade im Handel viele Unternehmen, anstehende Investitionen – vor allem aus Ersatzbedarf ­– tatsächlich vorzunehmen. Die Bedeutung der Finanzierung als Risikofaktor geht weiter zurück und erreicht mit nur noch 11% im Handel ein neuerliches Rekordtief seit der erstmaligen Erhebung zu Jahresbeginn 2010.

Beschäftigungsaufbau deutlich verhaltener

Ihren Personalaufbau verlangsamen die Händler spürbar (vgl. Abbildung 4). Während 12% der Handelsunternehmen mehr Personal als bisher einstellen wollen, rechnen jetzt 13% mit einem Beschäftigungsabbau. 75% wollen ihre Belegschaft unverändert beibehalten. Der resultierende Saldo von -1 Prozentpunkt deutet unter dem Strich erfahrungsgemäß auf ein leichtes Stellenplus hin. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet mit etwa 15 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen im Handel.

Abbildung 4
Beschäftigungspläne (Saldo Höher-/Geringer-Anteile)
in Prozentpunkten
45753.png

Quelle: Deutscher Industrie- und Handelskammertag.

Im Vergleich zum Frühsommer lassen die Händler somit eher Vorsicht walten – der Saldorückgang um 6 Prozentpunkte bedeutet die größte Verschlechterung der Beschäftigungsabsichten im Vergleich der Wirtschaftszweige. Besonders stark schrauben die Händler in Ostdeutschland ihre Beschäftigungspläne zurück (um -8 auf -3 Prozentpunkte). Der Einzelhandel macht dank der relativ robusten Konsumentwicklung vergleichsweise wenig Abstriche (Saldoverschlechterung um 3 auf -2 Prozentpunkte). Hingegen fährt der Kfz-Handel seine Pläne deutlich herunter. Hier sinkt der Saldo im Vergleich zur Vorumfrage um deutliche zehn auf nunmehr -11 Prozentpunkte. Lichtblick ist der Großhandel mit landwirtschaftlichen Grundstoffen und lebenden Tieren (Saldoanstieg um 5 auf 0 Prozentpunkte). Im Einzelhandel steigt der Saldo der Investitionsabsichten im Bereich der Accessoires (Schuhe, Taschen, Uhren, Schmuck).

Fachkräfte selbst in Flaute knapp

Bemerkenswert ist, dass sich trotz konjunktureller Eintrübung und steigender Reallöhne der Fachkräftemangel sogar weiter verschärft. 31% der Händler sehen dieses Risiko für die kommenden Monate – vor vier Jahren waren es lediglich 12%. Im Einzel- sowie im Kfz-Handel bewerten die Unternehmen dieses Risiko noch höher. Verschärft werden die ungünstigen Auswirkungen der Demografie auf die Personalpolitik inzwischen durch die Rente mit 63.

Einen belastenden Anstieg der Arbeitskosten befürchten unverändert 37% der Handelsunternehmen. Einzel- sowie Kfz-Handel werten das Risiko deutlich höher (42% bzw. 45%). Zwar entspannt sich mit dem Verlangsamen der Konjunktur auch die hohe Nachfrage nach zusätzlichen Arbeitskräften, und auch der Lohndruck in Tarifverhandlungen dürfte etwas nachlassen. Allerdings findet der gesetzliche Mindestlohn bereits seit 2014 Niederschlag, weil die Unternehmen sich darauf einstellen mussten. Betroffen sind vor allem Handelsunternehmen im Osten. In den neuen Ländern nennt mittlerweile jeder zweite Händler steigende Arbeitskosten als Geschäftsrisiko (Vorumfrage: 47%). Zudem sorgen sich abzeichnende Regulierungen der Arbeitszeit, wie z.B. der aktuell diskutierte Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit oder das Recht zur Rückkehr zur Vollzeit aus einer Teilzeitbeschäftigung, für Unsicherheit.

  • 1 DIHK: Konjunktur ausgebremst – Ergebnisse der DIHK-Konjunkturumfrage bei den Industrie- und Handelskammern, Herbst 2014, http://www.dihk.de/ressourcen/downloads/dihk-konjunkturumfrage-10-2014/at_download/file?mdate=1414503008749 (8.1.2015).
 

Versicherungsbranche: Niedrigzins prägt auch das Jahr 2015

Für die Versicherungswirtschaft bringt das Jahr 2015 vielfältige Herausforderungen. Die verbindende Klammer ist der Niedrigzins. Dieser zieht erstens direkte Konsequenzen für die Erträge und Kapitalanlagestrategien der Versicherungsunternehmen nach sich. Zweitens hat er gravierende indirekte Folgen für die Sparkultur: Es ist nicht mehr zu übersehen, dass gerade viele Jüngere davor zurückschrecken, für ihr Alter finanziell vorzusorgen. Die exzessive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bringt damit das Fundament ins Wanken, auf das sich unsere alternde Gesellschaft stützen muss – und die Versicherungswirtschaft steht vor der großen Aufgabe, dieser Tendenz entgegenzuwirken. Und schließlich ist der Niedrigzins auch ein wichtiger Einflussparameter im Solvency-II-Regelwerk, auf das sich die Unternehmen in den zwölf verbleibenden Monaten bis zum Start 2016 mit Hochdruck vorbereiten.

Geldpolitik kann Krisenursachen nicht bekämpfen

Als Reaktion auf die globale Finanzkrise und die darauf folgende Staatsschuldenkrise im Euroraum hat die EZB – ähnlich wie die Zentralbanken in anderen Industrieländern – ihre Geldpolitik stark expansiv ausgerichtet. Damit hat sie zweifellos einen wichtigen Beitrag zur Krisenbekämpfung geleistet. Mittlerweile wirken die Instrumente jedoch nicht mehr: Die Geldpolitik hat die Symptome der Krise gelindert, ihre Ursachen konnte und kann sie aber nicht aus der Welt schaffen, wie das Beispiel Japan zeigt. Dort ist es der lang anhaltenden, sehr expansiven Geldpolitik zum Trotz nicht gelungen, die wirtschaftliche Schwäche des Landes zu überwinden.

Auch in der Eurozone haben sich die Hoffnungen auf eine konjunkturelle Belebung bislang kaum erfüllt. Anfang 2015 – also gut fünf Jahre nach dem Einschwenken auf den Niedrigzinskurs – sind die Auswirkungen der Krisen weiterhin präsent. Zwar kommen aus einigen Euroländern positive Signale, insgesamt verläuft der konjunkturelle Erholungsprozess aber nur sehr schleppend. Eine Rückkehr zu höheren Wachstumsraten ist derzeit nicht in Sicht. Während einerseits die erhofften Wirkungen der Niedrigzinspolitik ausbleiben, treten andererseits ihre unerwünschten Nebenwirkungen immer deutlicher zu Tage: Der künstlich niedrige Zins für risikolose Anlagen verzerrt die Entscheidungen von Kapitalanlegern und Sparern. Die forcierte Suche nach Anlagen mit höherer Rendite birgt die Gefahr späterer Marktverwerfungen – mit potenziell fatalen Folgen für Normalverdiener und Normalvermögende.

Sparkultur in Gefahr

Mit dem Niedrigzins geht aber ein noch gravierenderes Risiko für die Sparkultur einher: Je länger die Niedrigzins­phase andauert, desto mehr Menschen dürften ganz auf das Sparen verzichten. Noch legen etwa drei von vier privaten Haushalten regelmäßig Geld zurück, wie aus einer repräsentativen Umfrage der Deutschen Bundesbank hervorgeht. Allerdings lassen die Sparanstrengungen nach: Lag die Sparquote zwischen 2000 und 2009 noch bei durchschnittlich 9,9%, ist sie nach der globalen Finanzkrise merklich auf derzeit rund 9,1% gesunken. Ein wichtiger Grund für die nachlassende Sparbereitschaft dürfte das Niedrigzinsumfeld sein.

Auch bei Lebensversicherungen ist diese Entwicklung spürbar. Zwar ist die Beitragsentwicklung bislang weitgehend stabil – hier dürfte sich positiv niederschlagen, dass Lebensversicherungen im Vergleich mit anderen Anlageformen noch immer eine attraktive Verzinsung bieten können. Die Auswirkungen der niedrigen Zinsen zeigen sich aber bereits deutlich in Strukturveränderungen innerhalb der Lebensversicherungsnachfrage: Verträge gegen laufende Beitragszahlung, mit denen langfristig ein Altersvorsorgevermögen aufgebaut werden kann, verlieren an Attraktivität. Deutlich abzulesen ist dies in der schwächeren Dynamik bei Riester-Verträgen. Demgegenüber verzeichnen Verträge gegen Einmalbeitrag, die in erster Linie von der Generation der über 50-Jährigen abgeschlossen werden, Zuwächse. Diese Entwicklung ist auch ein Symptom der sinkenden Vorsorgebereitschaft jüngerer Jahrgänge. Hier gilt es gegenzusteuern: Jüngere können die zu erwartenden Versorgungslücken bei der gesetzlichen Rente nur ausgleichen, wenn sie frühzeitig mit der privaten Vorsorge beginnen. Angesichts der Stagnation bei der staatlich geförderten privaten bzw. betrieblichen Altersvorsorge sind neue Impulse, beispielsweise eine Dynamisierung der seit Jahren unveränderten Höchstfördergrenze, notwendig.

Kapitalanlage auf neuen Pfaden

Sparen und Investieren sind bekanntlich zwei Seiten einer Medaille. Daher haben die niedrigen Zinsen folgerichtig Konsequenzen für die Kapitalanlagestrategie der Versicherungsunternehmen. Die Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts und strenge aufsichtsrechtliche Vorgaben stellen hohe Anforderungen an die Sicherheit der Kapitalanlagen: Selbst bei extremen Entwicklungen an den Kapitalmärkten müssen Unternehmen ihre Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen ohne Einschränkungen jederzeit erfüllen. Dementsprechend investiert die Assekuranz überwiegend in festverzinsliche Papiere hoher Qualität, während risikoreichere Anlagen wie beispielsweise Aktien ein geringeres Gewicht im Anlageportfolio haben.

Bisher können die Versicherer noch auf ältere und damit höher verzinsliche Papiere in ihren Portfolios zurückgreifen und damit im Vergleich zum aktuellen Marktzins noch deutlich höhere Renditen erzielen. Der Niedrigzins schlägt sich allerdings bei der Neu- und Wiederanlage der Versicherer voll nieder. Um auch in Zukunft auskömmliche Erträge zu erwirtschaften, sind daher Anpassungen in der Kapitalanlagestrategie erforderlich.

Grundlegende strategische Änderungen sind mit den Anpassungen allerdings nicht verbunden. Insbesondere für die Lebensversicherer verbietet sich vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit ausgesprochenen Leistungsgarantien – der durchschnittliche Garantiezins im Versicherungsbestand beträgt derzeit noch rund 3,1% – eine deutlich stärkere Investition in risikoreichere Anlagen. Die Versicherer investieren aber zunehmend in Papiere mit einer längeren Laufzeit, da diese eine höhere Rendite bieten.

Eine zusätzliche Option sind von der Finanzmarktentwicklung weitgehend entkoppelte langfristige Investitionsmöglichkeiten. Hier bieten sich insbesondere Investitionen in Infrastruktur und Erneuerbare Energien mit langen Nutzungsdauern sowie planbaren und stabilen Rückflüssen an. Geeignete Projekte sind allerdings knapp, und auch die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Infrastrukturinvestitionen müssen erst noch geschaffen werden. Die Versicherungswirtschaft begrüßt daher ausdrücklich die Initiative der Bundesregierung, die privaten Kapitalgebern eine stärkere Beteiligung an der Finanzierung von Infrastrukturprojekten ermöglichen soll.

Auf der Zielgeraden zu Solvency II

Änderungen an der Kapitalanlagestrategie können die sinkenden Anlageerträge im Niedrigzinsumfeld zwar abfedern, langfristig aber nicht vollständig ausgleichen. Um die Garantiezusagen dauerhaft erfüllen zu können, sorgen die Lebensversicherer vor:

  • Die Zinszusatzreserve, die Lebensversicherer bereits seit 2011 aufbauen, wird bis Ende 2014 voraussichtlich auf 20 Mrd. Euro angestiegen sein.
  • Das im Sommer 2014 verabschiedete Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) hat die Risikotragfähigkeit im Niedrigzinsumfeld wesentlich gestärkt. Zu den beschlossenen Maßnahmen gehört insbesondere die reformierte Beteiligung der Lebensversicherten an den Bewertungsreserven in festverzinslichen Wertpapieren des Versicherers. Dadurch wird eine faire Verteilung der verfügbaren Reserven zwischen den Versichertengenerationen erreicht.
  • Eine weitere Maßnahme des LVRG ist die Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 1,25% und damit eine Anpassung der im Neugeschäft ab 2015 gewährten Zinsgarantien. Bei den Lebensversicherungen im Bestand bleibt selbstverständlich der bei Vertragsbeginn festgelegte Rechnungszins weiter gültig.
  • Ergänzend zu den traditionellen Lebensversicherungsprodukten haben einige Versicherer neue Produkte mit veränderten Garantiemodellen auf den Markt gebracht, die alternative Rendite-Risiko-Profile für die Kunden anbieten. Die Lebensversicherer sind zudem auch bestrebt, vorhandene Kosteneinsparpotenziale noch stärker zu realisieren.

Wesentliche Schritte sind damit schon gegangen worden, um die deutsche Lebensversicherungsbranche zukunftsfähig zu machen. Dies bestätigen auch die im November 2014 vorgelegten Ergebnisse der „Vollerhebung Leben“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin in Vorbereitung der grundlegenden Reform der Versicherungsaufsicht durch Solvency II bis 2016. Die BaFin bescheinigt den Lebensversicherern Stabilität. Die Ergebnisse zeigen allerdings auch, dass die Branche weitere Maßnahmen ergreifen muss, wenn die Niedrigzinspolitik andauert.

Strukturreformen schaffen Vertrauen und Wachstum

Um eine nachhaltige Beschädigung der Sparkultur abzuwenden und die Stabilität der Versicherungsbranche und der Volkswirtschaft insgesamt zu gewährleisten, brauchen wir einen behutsamen Ausstieg aus der Niedrigzinsphase. Vor einer weiteren Lockerung der Geldpolitik – wie dem jetzt diskutierten breit angelegten Ankauf von Staatsanleihen – ist dringend abzuraten. Denn je weiter die EZB die monetären Schleusen öffnet, desto länger wird eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung der Eurozone auf sich warten lassen: Zentrale Voraussetzung für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektiven der Eurozone ist die Rückkehr von Vertrauen im privaten Sektor. Immer weitere geldpolitische Maßnahmen der EZB, die mit immer mehr Risiken und einem ungewissen Ausgang verbunden sind, können dieses Vertrauen nicht aufbauen. Notwendig ist es vielmehr, durch konsequente Fortführung der Strukturreformen im Euroraum zügig die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen.

Title:Economic Expectations of the German Economy for 2015

Abstract:Last year did not show the expected distinct recovery from the ongoing euro crisis. For the coming year 2015 the representatives of the economic sectors are concerned about global uncertainties as the weak economy in the crisis stricken euro countries, geo-political risks and the loss of momentum in the emerging countries. On the other hand there are favourable prospects. Export demand is fuelled by the falling euro currency rate, low commodity prices act as an economic stimulus and low interest rates offer good financing conditions but are challenges for the insurance industry.


DOI: 10.1007/s10273-015-1772-4

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