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Das Kabinett hat den umstrittenen Gesetzentwurf zur Pkw-Maut im Dezember 2014 verabschiedet. Dabei wird eine Infrastrukturabgabe für die Straßenbenutzung erhoben und gleichzeitig eine Senkung der deutschen Kfz-Steuer in gleicher Höhe vorgenommen. Kritiker sehen hierin eine Ausländerdiskriminierung und damit europarechtliche Probleme.

Nachdem die CSU im Bundestagswahlkampf 2013 und in den nachfolgenden Koalitionsverhandlungen das Wahlkampfthema Pkw-Maut in den Vordergrund rückte, wurde eingewandt, dass der Gesetzentwurf ausländerdiskriminierend und deswegen auch europarechtswidrig sei. Begründet wurde dies damit, dass die Pkw-Maut – gewiss mit dem Blick auf den Widerstand des autofahrenden Wahlvolkes – mit einer kompensierenden Reduktion der Kraftfahrzeugsteuer auf in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge verbunden wurde. Dies aber würde bewirken, dass die Traglast1 der einzuführenden Pkw-Maut allein bei den Straßenbenutzern läge, die ihre Autos außerhalb Deutschlands zugelassen haben und die daher in Deutschland keiner Kfz-Besteuerung unterworfen sind. Eine solche Erhebungspraxis würde Straßenbenutzer, die außerhalb Deutschlands zugelassene Autos fahren, unzulässig diskriminieren.

Von rechtswissenschaftlicher Seite liegen gegensätzliche Stellungnahmen zu der Europarechtskonformität der geplanten Infrastrukturabgabe vor. Während Radke2 und Boehme-Neßler3 diese klar verneinen, wird sie von Hillgruber4 in einem vom BMVI beauftragten Gutachten klar bejaht.

Bei der Prüfung des Vorwurfs der Ausländerdiskriminierung bei der geplanten Dobrindt-Maut bzw. genauer Dobrindt-Vignette aus finanzwissenschaftlicher Sicht ergibt sich, dass – obwohl es gute Gründe gegen eine Pkw-Maut und insbesondere gegen den konkret gemachten Gesetzentwurf geben mag – der Vorwurf der Ausländerdiskriminierung aus einer Reihe zum Teil gewichtiger Gründe nicht ausreichend begründet sein dürfte, um die geplante Maut juristisch zu verhindern. Sollte es zu einem Verfahren gegen die Pkw-Maut kommen, müssten die juristischen Einwände, insbesondere jene, die eine Europarechtswidrigkeit der Maßnahme postulieren, im Lichte ökonomischer Logik geprüft werden, was voraussichtlich zur Verwerfung dieser Einwände führen wird.

Zum aktuellen Stand der Debatte

Die zentrale Frage ist, ob eine Diskriminierung potenziell vignettenpflichtiger Straßennutzer, die ihre Fahrzeuge im Ausland zugelassen haben, vorliegt. Zunächst sieht tatsächlich alles danach aus. Der seit dem 17.12.2014 als Regierungsentwurf vorliegende Dobrindt-Vorschlag ist genau genommen ein Paket aus zwei simultanen Maßnahmen.5 Er sieht vor, für alle Kraftfahrzeuge bis 3,5 t Gesamtgewicht eine Infrastrukturabgabe für die Nutzung des öffentlichen Straßennetzes in Deutschland zu verlangen. Die Zahlung der Infrastrukturabgabe erfolgt über den Kauf einer Vignette mit den Gültigkeitszeiträumen zehn Tage (10 Euro), zwei Monate (22 Euro) oder ein Jahr. Der Preis der Jahresvignette richtet sich dabei ähnlich wie beim Kfz-Steuertarif nach Kfz-Merkmalen wie Umweltfreundlichkeit, Alter und Hubraum. Es handelt sich also um eine zeitabhängige Straßennutzungsgebühr (Vignette), die begrifflich von einer entfernungsabhängigen Straßennutzungsgebühr (Maut) zu unterscheiden ist. Diese Pläne wurden dahingehend konkretisiert, dass nunmehr lediglich Bundesautobahnen und Bundesstraßen der Vignettenpflicht unterliegen und dass Ausländer zunächst nur auf Bundesautobahnen abgabepflichtig sein sollen.

Gleichzeitig mit der Einführung der Infrastrukturabgabe (Vignette) käme es zu einer Absenkung der Kfz-Steuer auf in Deutschland zugelassene Autos, die exakt die Höhe der Mehrbelastung durch die Vignette ausgleicht. Dies soll überdies unbürokratisch ohne weiteres Zutun deutscher Kfz-Halter erfolgen. Befreiungen von der Maut soll es für Kfz-Halter geben, die derzeit keine Kfz-Steuer zahlen, also für Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge Schwerbehinderter. Die Verknüpfung der Belastung mit der Entlastung zu einem Maßnahmenpaket macht den Dobrindt-Gesetzentwurf juristisch angreifbar. Es sei nicht in Abrede gestellt, dass das Paket nach einer Ausländerdiskriminierung aussieht und dass dies für sich genommen ein Problem des Maßnahmenpaketes ist, wobei es sich allerdings um ein politisches und kein rechtliches Problem handelt.

Kritik an den Vorschlägen einer Infrastrukturabgabe

Noch ehe überhaupt ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, hat das beschriebene Maßnahmenpaket heftige Kontroversen ausgelöst. Neben dem Einwand hoher Erhebungskosten und Bedenken von Datenschützern, die die gleichzeitige elektronische Überwachung der Vignetten und die Erfassung der Kennzeichen beargwöhnen, haben vor allem die vermuteten effektiven Verteilungswirkungen dieser Kontroverse Brisanz verliehen. Zu dem akademischen Streit um die Europarechtskonformität des Maßnahmenpakets kam die Kritik an den Verteilungswirkungen insbesondere von den Nachbarstaaten, die sich als Verlierer der Infrastrukturabgaben begreifen. So hat die damalige österreichische Verkehrsministerin Bures im Juli 2014 mit einer Einschaltung der Europäischen Kommission und nötigenfalls mit Klage vor dem EuGH gedroht.6 Der niederländische EU-Parlamentarier van de Camp forderte von der EU-Kommission „Standhaftigkeit“.7 Die Europäische Kommission ihrerseits hat sich zurückhaltend, ja sogar grundsätzlich affirmativ,8 zur deutschen Infrastrukturabgabe geäußert und lediglich eine nicht näher spezifizierte Angemessenheit des Verhältnisses von Infrastrukturnutzung und Kostenbeteiligung der Nutzer angemahnt.

Diskriminierung von Kurzzeit- und Wenignutzern

Formal enthält das Maßnahmenpaket Infrastrukturabgabe + Kfz-Steuertarifsenkung keine ungewöhnliche Diskriminierung von Ausländern, weil sowohl Inländer als auch Ausländer mit einer Vignette die Infrastrukturabgabe bezahlen und sowohl Ausländer als auch Inländer in den Genuss der Ausnahmeregelungen für Elektrofahrzeuge und Schwerbeschädigtenfahrzeuge kommen. Praktisch enthält der Gesetzentwurf hingegen die für Vignettenlösungen typische Diskriminierung von kurzzeitigen Nutzern, die tatsächlich tendenziell eine Ausländerdiskriminierung ist, sofern die Wahrscheinlichkeit einer kurzzeitigen Straßennutzung in Deutschland (z.B. im Zusammenhang mit Urlaubsreisen nach und durch Deutschland) für Ausländer viel höher ist als für deutsche Straßennutzer. Allerdings gilt wieder, dass formal auch deutsche Straßennutzer, die mit ihrem Kfz nur selten auf deutschen Straßen verkehren, diskriminiert werden. Interessanterweise ist diese Diskriminierung von deutschen Wenigfahrern sogar gravierender als bei ausländischen Kfz-Haltern, weil erstere zwangsweise die teuerste, nämlich die Jahresvignette kaufen müssen. Diese Diskriminierung von Kurzzeitnutzern öffentlicher Straßen über höhere Kosten pro Tag und damit implizit höhere Kosten pro Kilometer darf man zu Recht beklagen. Sie ist jedoch vielgeübte und bislang unbeanstandet gebliebene Praxis in etlichen Ländern Europas (vgl. Tabelle 1, linke Spalte).

Tabelle 1
Mautsysteme in Europa
Vignettenlö-sungen landesweite kilometerabhängige Straßenmaut auf Fernstraßen Mautpflicht für einen Teil des Straßennetzes ohne generelle Straßenmaut, aber Einzelabschnitte (Tunnel, Brücken, City) mautpflichtig ohne Maut
EU-Mitgliedstaaten
Bulgarien Lettland Österreich Rumänien Slowakei Slowenien Tschechien Ungarn






Frankreich Italien Kroatien Portugal Spanien



Griechenland Großbritannien Irland Polen Türkei



Belgien Dänemark Deutschland (2014) Litauen Niederlande Schweden




Estland Finnland Luxemburg Malta Zypern



Europäische Nicht-EU-Staaten
Moldawien Schweiz Norwegen Serbien Bosnien- Herzegowina Türkei Weißrussland

Albanien Island Montenegro

Andorra Liechtenstein Monaco Ukraine Vatikan



Quelle: in Anlehnung an www.tolltickets.com.

Die mit der Vignettenlösung typischerweise verbundene Diskriminierung aufgrund höherer durchschnittlicher Belastung je Einheit der Nutzung einer Infrastrukturleistung findet sich beispielsweise auch bei Kurtaxen, da die Einwohner eines Kurortes die Kureinrichtungen zum gleichen Preis häufiger genießen als die Kurgäste. Noch näher am Gegenstand dieser Untersuchung ist die Diskriminierung ausländischer Luftfahrtgesellschaften bei der Überquerung inländischen Luftraumes durch intransparente oder nicht kostengerechte Überfluggebühren („overflight charges“).

Im Falle der Maut-Vignetten besteht für mauterhebende Länder in der EU jedoch ein Ausländerdiskriminierungsverbot nach § 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dieses Verbot schließt versteckte Diskriminierung, die nicht expressis verbis an das Merkmal Staatzugehörigkeit anknüpft, aber faktisch eine Diskriminierung von Ausländern bewirkt, ein. Dass die „Dobrindt-Vignette“ eine solche versteckte Diskriminierung bei Kurzzeitnutzern des Straßensystems enthalten könnte, sei hier nicht in Abrede gestellt. Die EU fordert als Abhilfe für das Problem innerhalb von Vignettenlösungen die Einführung von Kurzzeitvignetten.9 Inwieweit das Angebot einer Zehntages-Vignette dieser Forderung schon entspricht und ob der Preis von 1 Euro pro Tag gemessen am Preis der Jahresvignette von ca. 7 Cent (z.B. VW Polo 1,2 TSI, Baujahr 2013) bis ca. 30 Cent (z.B. VW Golf V TDI, Baujahr 2003)10 pro Tag diese Antidiskriminierungsnorm erfüllt, ist eine Ermessensfrage. Sehr unwahrscheinlich scheint jedoch die Konformität mit dem Europarecht und die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei ausschließlichen Jahresvignetten, wie sie in der Schweiz, die freilich kein EU-Mitglied ist, zur Benutzung höherrangiger Straßen gefordert werden. Genauso unwahrscheinlich scheint allerdings auch die Europarechtskonformität der Preisstruktur der aktuell vorgeschlagenen Version der Dobrindt-Maut. Für einen VW Polo TSI, Baujahr 2013 würde eine Zwei-Monats-Vignette 20 Euro und eine Jahresvignette 24 Euro kosten. Dieses Beispiel deutet darauf hin, dass die Preisstruktur Angriffspunkte bietet, um Ausländerdiskriminierung, hier die Diskriminierung von ausländischen Haltern gegenüber inländischen Haltern eines VW Polo TSI, festzustellen. Ein weiterer Anhaltspunkt für Ausländerdiskriminierung könnte sich aus dem Vergleich des durchschnittlichen Preises einer Jahresvignette für in Deutschland zugelassene Autos in Höhe von ca. 88 Euro mit den Preisen für Jahresvignetten in Höhe von 103,04 Euro (Benziner) und 112,35 Euro (Diesel), die für im Ausland zugelassene Autos gelten, ergeben. Dieser Unterschied entsteht, weil für im Ausland zugelassene Autos lediglich auf die Zündungsart (Selbst- oder Fremdzündung) geschaut wird und keine weiteren für deutsche Autos geltenden Ermäßigungstatbestände wie Schadstoffklasse und Fahrzeugalter berücksichtigt werden. Dies zu rechtfertigen dürfte den Apologeten der Dobrindt-Vignette jedoch leicht fallen, da die Differenz unterhalb des Preises einer Abgasuntersuchung (gesetzlicher Preisrahmen 21,20 bis 52,20 Euro) liegt.

Dass eine Ausländerdiskriminierung aufgrund tendenziell unterschiedlicher Durchschnittspreise (Durchschnittspreis = Vignettenpreis/gefahrene Kilometer), die für Vignettenlösungen typisch sind, auch beim deutschen Pkw-Maut-System vorliegt, wird bei der Dobrindt-Maut jedoch kaum debattiert. Der Diskriminierungsvorwurf knüpft vielmehr an die zeitliche Koinzidenz, die Simultanität der beiden Maßnahmen Belastung durch Infrastrukturabgabe und Entlastung durch einen verringerten Kfz-Steuertarif an.

Ausländerdiskriminierung feststellbar?

Für die Vertreter der Diskriminierungsthese kommt es darauf an darzulegen, dass sich Be- und Entlastung für die Kfz-Halter in Deutschland persistierend aufheben. Es muss also bewiesen werden, dass ein dauerhafter Nexus zwischen diesen beiden finanzpolitischen Maßnahmen besteht. Würde die Infrastrukturabgabe heute eingeführt, nachdem vor etwa zwei Jahren eine Kfz-Steuersenkung bereits erfolgt ist oder bevor in zwei Jahren eine Kfz-Steuersenkung erfolgen wird, müsste Ausländerdiskriminierung ebenso feststellbar sein. Eine solche Verknüpfung von Maßnahmen aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, um europarechtswidrige Redistributionswirkungen nachzuweisen, hat zwei für die Vertreter der Diskriminierungsthese problematische Wirkungen:

  • Die Handlungsfähigkeit dezentraler finanzpolitischer Autoritäten würde zunehmend beschränkt, weil die Zahl der Maßnahmenkombinationen bzw. Pakete, die potenziell diskriminierende redistributive Wirkungen haben, mit der Zahl der kombinierbaren Maßnahmen gemäß den Gesetzen der Kombinatorik scharf ansteigt. Während bei der Überprüfung einzelner isolierter Maßnahmen auf diskriminierende Wirkungen (offene Diskriminierung) jede Maßnahme nur für sich auf ihre potenziell diskriminierenden redistributiven Wirkungen überprüft werden muss, führt der Zwang zur Synopsis der aggregierten Verteilungswirkungen mehrerer Maßnahmen (versteckte Diskriminierung) zur möglichen Feststellung vieler potenziell rechtswidriger Diskriminierungen, deren Zahl sehr viel höher ist, als die Zahl der Maßnahmen selbst. Dies hätte zur Folge, dass der finanzpolitische Handlungsspielraum einer staatlichen Autorität, die einem strengen Antidiskriminierungsrecht unterworfen ist, sklerotisierte oder gar ossifizierte.11
  • Noch problematischer ist die Erkenntnis, dass es nach der Logik der Vertreter der Diskriminierungsthese überhaupt keine Belastung von Ausländern geben kann, die nicht diskriminierend wirkt. Jede Belastung von Ausländern könnte irgendeiner Inländerentlastung gegenübergestellt werden und es ist nicht klar, nach welchem Kriterium solche Gegenüberstellungen rechtlich verwertbar sind, um die Maßnahmenkombination als diskriminierend zu qualifizieren und welche Kombinationen aus Inländerent- und Ausländerbelastung für legitim erachtet werden sollen. Dies wäre jeweils eine unbestimmte, der Kakophonie von Meinungen und Interessen ausgelieferte Ermessensfrage.

Die Vertreter der Diskriminierungsthese gehen scheinbar davon aus, dass, wenn die Belastung ausländische Kfz-Nutzer im Inland und die Entlastung inländische Kfz-Halter trifft, eine Diskriminierung der ersten Gruppe deswegen gegeben sein könnte, weil beide Gruppen zur Gruppe der Straßennutzer im Inland gehören. Das Problem, dass die Belastungsmaßnahme beide Gruppen belastet, die Entlastungsmaßnahme aber nur eine Gruppe begünstigt, kann leicht darauf zurückgeführt werden, dass die Reichweite beider Maßnahmen an den Jurisdiktionsgrenzen Deutschlands endet und ausländische Kfz-Halter daher naturgemäß nicht von der Entlastungsmaßnahme profitieren können, es sei denn, sie nutzen den reduzierten Kfz-Steuertarif für eine Zulassung ihres Autos im Jurisdiktionsbezirk Deutschland.

Streng genommen kann ein analoger Ausländerdiskriminierungsvorwurf wie im Falle des Dobrindt-Maßnahmenpaketes gegen alle Länder, insbesondere aber gegen touristisch attraktive oder im Außenhandel tangibler Güter hochverflochtene Länder erhoben werden, die Straßenbenutzungsgebühren eingeführt haben. Es könnte jedem dieser Länder vorgeworfen werden, die zusätzlichen Einnahmen durch Straßennutzer ausländischer Provenienz so zu verwenden, dass Inländer von diesen Einnahmen stärker profitieren als Ausländer. Das typischste Beispiel einer inländerbegünstigenden Verwendung wäre der Verzicht auf Steuererhöhungen bei Steuerarten, die regelmäßig nur Inländer entrichten (z.B. Grundsteuern) und die ganz überwiegend von Inländern getragen werden. Strukturell analog zur hier betrachteten Nichtberücksichtigung von Ausländern bei einer Steuerentlastung sind auch viele Formen der Entlastung von Inländern durch staatliche Subventionen oder Privatisierungen.12

Wenn man nichts gegen eine allgemeine, die Gesamtheit der Inländer breit streuend betreffende Entlastung mit Mitteln aus dem Export13 gebührenpflichtiger inländischer Straßennutzung einwenden wollte, ließen sich diese Einnahmen immer noch auf vielfältige Weise zur selektiven Entlastung der kleineren Gruppe der Autobesitzer verwenden, z.B.:

  • Senkung oder Nichteinführung nutzungsunabhängiger Abgaben auf den Autobesitz, die im Zusammenhang mit der öffentlichen Finanzpolitik staatlich beeinflussbar sind. Dazu gehören Kfz-Steuern oder auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Autokosten.
  • Beschränkung der Mauterhebung auf Teile des Straßennetzes, auf denen der Anteil ausländischer Nutzer besonders hoch ist, z.B. Transitrouten.14

Erschwerend steht den Vertretern der Diskriminierungsthese bei der Infrastrukturabgabe auch noch der Nonaffektationsgrundsatz des deutschen Haushaltsgrundsätzegesetzes (§ 7 HGrG) entgegen. Dieser Grundsatz der Gesamtdeckung unterbindet die haushalterische (nicht die politische) Zweckbindung einzelner Maßnahmen, weswegen ein direkter Nachweis der Verwendung der Einnahmen aus Vignettenverkäufen zur Kfz-Steuersenkung niemals gelingen kann, wenn eine Mittelverwendung nicht in der gesetzlichen Vorschrift steht, die die Abgabenerhebung regelt. Dafür dass eine Abgabenerhöhung expressis verbis zum Zwecke einer Abgabensenkung an anderer Stelle eingeführt worden ist, findet sich in der Steuergeschichte Deutschlands – soweit bekannt – kein Beispiel.

Zeitabhängige Vignette versus entfernungsabhängige Maut

Die Verteidiger einer Vignettenlösung werden argumentieren müssen, dass die Simultanität von allgemeiner Belastung und Inländerentlastung nicht ausreicht, um eine gewollte Diskriminierung ausländischer Kfz-Halter herbeizuführen oder dass die Simultanität zumindest eine den Ausländern gegenüber unbillige bzw. unsolidarische Infrastrukturpolitik hinreichend belegt. Neben dem Argument, wonach die Inblicknahme einer kumulierten Verteilungswirkung die dezentrale finanzpolitische Autorität in problematischer Weise einschränkt, könnte man auch versuchen, dem Reformpaket eine soziale Wünschbarkeit zu attestieren. Die Verteidiger werden dazu möglicherweise auf positive soziale Wohlfahrtswirkungen einer Reduktion der Kfz-Besitz-Besteuerung mit kompensierender Anhebung der Kfz-Benutzungs-Besteuerung oder auf die deutlichere Zweckbindung einer Infrastrukturabgabe gegenüber einer Kfz-Steuer verweisen und sich auf eine Reihe plausibler Argumente berufen:

  • Es ergeben sich (zumindest im Fall der entfernungsabhängigen Maut) dämpfende Wirkungen auf Autonutzungshäufigkeit und -verhalten.
  • Der Besitz eines Kfz verursacht im Vergleich zur Nutzung in der Regel die niedrigeren sozialen Kosten (externe Effekte), die politisch zu korrigieren sind. Ausnahmen mag es in dicht besiedelten Gebieten mit großer Parkraumknappheit geben. Allerdings ist in solchen Gebieten auch der Verkehrsraum regelmäßig knapp. Wo Park- und Verkehrsräume knapp sind, verursachen Nutzung und Besitz eines Autos höhere soziale Kosten als in dünner besiedelten Regionen, allerdings könnte diesem Problem effizienter mit einer für solche Gebiete spezifischen Finanzpolitik (z.B. lokale steuerliche Anreize für Investitionen in Parkhäuser oder Besteuerung der Parkraumnutzung) begegnet werden.
  • In einer Reihe vor allem osteuropäischer Länder, darunter die östlichen Nachbarländer Polen und Tschechien, aber auch in Frankreich wird der Besitz eines Kfz überhaupt nicht besteuert.15
  • Nutzungsunabhängige Autokosten entstehen bereits bei der Zulassung und technischen Überprüfung sowie (mit nur geringer Nutzungsabhängigkeit) bei der Versicherung eines Autos.
  • Die gegenwärtige Kfz-Steuer verzerrt neben der Entscheidung, welches Auto gekauft wird (Anreiz zur Wahl emissionsarmer Modelle als gewünschte Lenkungswirkung), auch die Entscheidung, ob ein Auto gekauft wird. Letztere Verzerrung ist gesetzgeberisch unintendiert und sozial unerwünscht. Die potenzielle Zusatzlast einer Steuer, die Einfluss auf die Investitionsentscheidung Autokauf oder Nichtkauf nimmt, dürfte größer sein, als die potenzielle Zusatzlast einer Abgabe, die lediglich auf den Umfang der Autonutzung Einfluss nimmt.

Freilich lässt sich der Zwang zum Kauf einer Jahresvignette, wie ihn der Dobrindt-Gesetzentwurf vorsieht, zumindest für inländische Kfz-Halter als de facto genauso nutzungsunabhängiger Autokosten-Bestandteil ansehen, wie die Kfz-Steuer. Deswegen könnte ein anhaltender Streit um die Europarechtskonformität der Dobrindt-Vignettenlösung dazu führen, dass der Gesetzentwurf in Richtung einer klarer nutzungsabhängigen Regelung geändert wird, die dann kaum noch etwas mit einer pauschalen Infrastrukturabgabe gemein hätte. Die Möglichkeit, dass die Jahresvignette nur als „Eisbrecher“ bzw. „Wegbereiter“ bei der Einführung von entfernungsabhängigen Straßennutzungsgebühren dienen könnte, indem sie die Autorfahrer lehre, dass Straßennutzung etwas koste und eine „Umsonst-Mentalität“ beende, wird z.B. von Sieg et al. gesehen.16 Dabei wird zwischen Politikwechseln erster, zweiter und dritter Ordnung unterschieden,17 wobei unter First-Order-Changes Reformen verstanden werden, die durch Modifikationen an bisherigen Instrumenten und mit Blick auf Erfahrungen aus der Vergangenheit erfolgen. Um Second-Order-Changes handelt es sich bei Reformen, bei denen bisherige Politikinstrumente zugunsten neuer bzw. alternativer Ansätze, jedoch wieder mit Blick auf Vergangenheitserfahrungen, aufgegeben werden. Third-Order-Changes schließlich erfolgen, wenn sich neben den Instrumenten und ihren Einsatzmodalitäten auch Politikziele selbst ändern und dies radikale Politikwechsel mit sich bringt. Demnach handelte es sich bei der Einführung der Infrastrukturabgabe um eine Maßnahme, die sich am ehesten als Basisinnovation im Bereich der Politikwechsel, also als Third-Order-Change einordnen lässt. Als Konsequenz aus dieser Einordnung ergibt sich die Erwartung, dass Second-Order- und First-Order-Changes innerhalb dieses neuen politischen Paradigmas folgen, nachdem der Widerstand gegen das Grundkonzept gebrochen bzw. durch soziales Lernen abgemildert ist. Ein Wechsel von der Infrastrukturabgabe zu nutzungsabhängigen Verkehrswegegebühren im Sinne eines Second-Order-Changes wäre eine Folgeinnovation im Bereich der Entwicklung der infrastrukturpolitischen Instrumentenwahl.

Allerdings böte auch eine nutzungsabhängige Maut Möglichkeiten, Inländer zu entlasten. Hier ist neben der Reduktion des Kfz-Steuertarifs z.B. an eine großzügige Abzugsmöglichkeit beruflich aufgewandter Straßennutzungsgebühren bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu denken. Eine solche Maßnahme hätte dann zumindest in der Tendenz eine ähnlich distributive Wirkung wie das Maßnahmenpaket zur Einführung einer Infrastrukturabgabe. Auch für den Aufschub einer „Inflationsbereinigung“ der Energiesteuer (Mineralölsteuer), deren Tarif als Mengensteuer ausgelegt ist,18 weshalb die Energiesteuer im Zuge voranschreitender Inflation permanent real deflationiert wird, könnten sich durch die Einführung nutzungsabhängiger Straßengebühren fiskalische Spielräume ergeben. Deren Ausnutzung wäre als Ausländerdiskriminierung zu werten, wenn man der Logik folgt, mit der die Vertreter der Diskriminierungsthese bei der Dobrindt-Vignette Diskriminierung festzustellen glauben.

Weiter werden die Verteidiger der Dobrindt-Vignette voraussichtlich darlegen, dass eine ähnlich kumulierte Verteilungswirkung wie im Fall der Doppelmaßnahme von vergangenen Steuerreformen ausgegangen ist, ohne dass hier je der Vorwurf der Ausländerdiskriminierung ins Feld geführt worden wäre. Zu denken ist hier vor allem an die Anstiege des Umsatzsteuersatzes in den Jahren 1993, 1998 und 2008 und an die quasi gleichzeitig vollzogenen Verringerungen des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer mit den Senkungen von 2000, 2001 und 2004. Soweit die deutsche Umsatzsteuer Ausländer stärker trifft als die deutsche Einkommensteuer müssten diese Reformen nach den Maßstäben der Kritiker in der Zusammenschau ebenso als Ausländerdiskriminierung aufgefasst werden wie die Dobrindt-Maut.

Vergleicht man die Größenordnungen der Mehrbelastungen ausländischer Deutschlandreisender durch Infrastrukturabgabe und Umsatzsteueranstieg lässt sich zumindest sagen, dass die Größenordnung ähnlich ist. Bezüglich der Infrastrukturabgabe werden Einnahmen durch den Verkauf von Vignetten an Ausländer in Höhe von 800 Mio. bis 900 Mio. Euro erwartet. Für die umsatzsteuerpflichtigen Konsum­ausgaben von Ausländern in Deutschland sei von den 71,9 Mio. Übernachtungen ausländischer Gäste 2013 in deutschen Beherbergungsbetrieben ausgegangen.19 Unterstellt man durchschnittliche Konsumausgaben von 100 Euro je Übernachtung für die Deckung der Aufenthaltskosten (die Übernachtungskosten selbst waren zumindest bis 2010 dem vollen Umsatzsteuersatz unterworfen) ergeben sich Umsätze von 7,19 Mrd. Euro. Der Anstieg des Umsatzsteuersatzes um 5 Prozentpunkte (14% auf 19%) im Zeitraum 1993 bis 2008 führte auf dieser Basis zu einer Mehrbelastung ausländischer Deutschlandreisender von ca. 360 Mio. Euro jährlich. Hinzu kämen die umsatzsteuerpflichtigen Ausgaben ausländischer Deutschlandreisender, die privat übernachten.

Tabelle 2
Mautsysteme in Europa
Von Basel nach München Streckenverlauf Entfernung Reisezeit
Route 1 (mit Vignette) A1 und A96 390 km 3 Std. 48 Min.
Route 2 (ohne Vignette) A5 und A8 471 km 5 Std. 16 Min.

Quelle: in Anlehnung an www.tolltickets.com.

Letztlich könnten auch Argumente der Steuerwettbewerbs- und der Optimalsteuertheorie von den Befürwortern des Dobrindt-Gesetzentwurfs ins Feld geführt werden. Ein zentrales Ergebnis der Steuerwettbewerbstheorie ist die Tendenz wettbewerblich agierender Steuerhoheiten zu einer sozial ineffizienten (zu niedrigen) Besteuerung mobiler Besteuerungsbasen. Verkehrsströme gehören ihrer Natur nach zu den mobilen Besteuerungsbasen, sofern sich unterschiedliche Wege der Raumüberwindung beschreiten lassen, wobei Steuerwettbewerb natürlich voraussetzt, dass die Verkehrswegealternativen durch unterschiedliche Steuerhoheitsräume verlaufen. Sowohl die Erhebung als auch die Nichterhebung von Maut kann zu ineffizienten Ausweichhandlungen führen. Wenn sich diese nicht durch Abschaffung oder Reduktion einer bestehenden Straßenmaut vermindern lassen, können sie auch durch die Einführung einer neuen oder Erhöhung einer bestehenden Straßenmaut in einem anderen Hoheitsgebiet eingedämmt werden. Um dies zu illustrieren seien zwei alternative Routen einer einmaligen Fahrt von Basel nach München betrachtet (vgl. Tabelle 2). Die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren in jenem Jurisdiktionsbezirk, durch den Route 2 hauptsächlich verläuft (Deutschland), hätte nun zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit einer verzerrten Routenentscheidung einzelner Reisender solange sinkt, bis die Gesamtkosten der Route 2 als Summe aus Fahrtkosten, Straßenbenutzungsgebühren und Opportunitätskosten der Reisezeit auf das Niveau der Gesamtkosten von Route 1 angestiegen sind. Dabei liegt der exakte Break-Even-Point, also die kritische Höhe einer deutschen Infrastrukturabgabe, dort, wo es zum Wechsel in die geografisch vorteilhafte Routenoption 1 kommt.

Fazit

Die vorliegende Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass für den im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf einer den bisherigen Kfz-Steuer-Tarif ergänzenden Infrastrukturabgabe, die von allen Straßennutzern in Deutschland erhoben würde, keine mittelbaren und rechtlich zu beanstanden Diskriminierungswirkungen feststellbar sind. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass das Maßnahmenpaket nicht wegen seiner Einzelmaßnahmen beanstandet wird, sondern wegen seiner Verteilungswirkungen als Paket. Dabei wiederum ist die Simultanität der Umsetzung beider Maßnahmen Stein des Anstoßes. Eine zeitliche Entflechtung der Umsetzung ist jedoch auf vielerlei Weise denkbar, nicht zuletzt auch im Wege einer schleichenden Zunahme der Belastung durch eine Vignette oder Maut und einer ebenso schleichenden Entlastung auf Seiten der Kfz-Steuer, z.B. als Folge einer Nichtanpassung des Kfz-Steuertarifs an die Geldwertentwicklung. Wenn aber eine schleichende Umsetzung beider Maßnahmen oder eine Umsetzung unter Einhaltung einer „Schamfrist“ zwischen Be- und Entlastung möglich ist, bleiben lediglich politische Einwände gegen das Maßnahmenbündel, nämlich die Unmittelbarkeit und Sichtbarkeit seiner effektiven Verteilungswirkung im Falle simultaner Umsetzung, übrig.

Zwar sprechen die kumulierten Verteilungswirkungen der Maßnahmen für die Existenz von Redistributionswirkungen, die eine alleinige Traglast bei den Straßennutzern, deren Fahrzeuge der deutschen Kfz-Steuer nicht unterworfen sind, vermuten lassen. Diese Straßennutzer wären im Wesentlichen Nichtdeutsche. Jedoch kann das Maßnahmenpaket als Teil einer ökonomisch plausiblen finanz- und infrastrukturpolitischen Strategie verstanden werden, deren Durchführung nicht unter Inkaufnahme einer massiven Beschränkung dezentraler Gestaltungsfreiheit durch eine zentrale (europäische) Kontrollinstanz beschränkt werden sollte. Eine Beschränkung dezentraler Autonomie liefe im vorliegenden Fall konsequenterweise auf eine allgemeinere Zentralisierung finanzwirtschaftlicher Kompetenz durch die Hintertür einer Antidiskriminierungsnorm hinaus. Dies wäre mit Blick auf die vielen Vorzüge einer föderalen Staatlichkeit unter dem Leitbild des Subsidiaritätsprinzips, also dem grundsätzlichen Vorrang dezentraler Gestaltungskompetenz, schwer zu legitimieren.

  • 1 Der Begriff Traglast bezeichnet eine individuelle oder kollektive Nutzeneinbuße durch eine Abgabe an die öffentliche Hand, meist im Zusammenhang mit einer Steuerzahlung. Sie liegt nicht nötigerweise beim Steuerzahler, der als Steuerentrichtungspflichtiger die Steuer praktisch an den Fiskus abführt, und auch nicht beim Steuerdestinatar, dem der Steuergesetzgeber die Nutzeneinbuße durch eine Steuer aufzulasten beabsichtigt. Vgl. N. Andel: Finanzwissenschaft, 4. Aufl., Tübingen 1998, S. 111.
  • 2 H. Rathke: Vereinbarkeit des Vorschlags einer Pkw-Maut bzw. Infrastrukturabgabe mit dem Unionsrecht, Ausarbeitung des Fachbereichs Europa, 2014.
  • 3 V. Boehme-Neßler: Pkw-Maut für EU-Ausländer? Europarechtliche Grenzen und Gestaltungsspielräume einer Straßenbenutzungsabgabe für EU-Ausländer, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 2014, S. 97-102.
  • 4 C. Hillgruber: Über die Vereinbarkeit der Einführung einer Infrastrukturabgabe für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t auf dem deutschen Bundesverkehrsstraßennetz mit dem Recht der Europäischen Union, 2014, http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/infrastrukturabgabe-gutachten.pdf?__blob=publicationFile (20.11.2014).
  • 5 Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, 2014c, http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/entwurf-infrastrukturabgabengesetz-neu.pdf?__blob=publicationFile (28.12.2014).
  • 6 Vgl. o.V.: Österreich kritisiert deutsche Maut-Pläne, in: Verkehrsrundschau vom 16.7.2014, http://www.verkehrsrundschau.de/oesterreich-kritisiert-deutsche-mautplaene-1377374.html (7.1.2015).
  • 7 Vgl. o.V.: Gegenwind für Dobrindt: Österreicher und Holländer drohen mit Maut-Klage, in: Focus vom 5.7.2014, http://www.focus.de/politik/deutschland/belastung-fuer-auslaendische-autofahrer-widerstand-gegen-deutsche-pkw-mautplaene-in-der-eu_id_3968630.html (7.1.2015).
  • 8 „Grundsätzlich stellt eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer, unter Beachtung der in der Richtlinie 1999/62/EG festgelegten Mindestsätze für Lastkraftwagen, bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer also keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar.“ Vgl. EU-Kommission: Parlamentarische Anfragen, Antwort des EU-Kommissars Kallas im Namen der Kommission vom 28.10.2013, Absatz 4, http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=P-2013-011520&language=DE (20.11.2014).
  • 9 Interessanterweise läuft diese Forderung der EU darauf hinaus, ausländische Kurzzeitnutzer inländischer Straßen zu schützen. Wenignutzer hingegen, deren Nutzungsprofil dadurch gekennzeichnet ist, dass sie ihr Auto zwar ganzjährig, aber nur für kurze Fahrten nutzen, werden durch Kurzzeitvignetten nicht geschützt. Vgl. EU-Kommission: Mitteilung der EU-Kommission vom 14.5.2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM (2012), 199, 2012, S. 3, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0199:FIN:DE:PDF (1.8.2014).
  • 10 Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, a.a.O.; eigene Berechnung.
  • 11 Vgl. zur institutionellen Sklerose M. Olson: Aufstieg und Niedergang von Nationen. Ökonomisches Wachstum, Stagflation und soziale Starrheit, Tübingen 1985.
  • 12 Als Beispiel für Privatisierungen, deren effektive Verteilungswirkungen mit gewisser Berechtigung als ausländerbelastend einzuschätzen sind, können Privatisierungen öffentlicher Wohnungen in Großbritannien im Zuge der Privatisierungswelle seit 1980 (vgl. C. Jones, A. Murie: The Right to Buy: Analysis & Evaluation of a Housing Policy, Oxford 2006) und in Osteuropa seit 1990 gelten. Hier haben regelmäßig die inländischen Altsassen von enorm günstigen Konditionen der Übernahme ihrer Staatswohnungen ins Privateigentum profitiert. Zeitgleich sind jeweils die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt für Nichteinheimische drastisch gestiegen.
  • 13 Als Export bezeichnet man eine Gütermenge, die Ausländern von Inländern zur Verfügung gestellt wird und die aus Sicht der Ausländer einen Import darstellt. Es ist dabei unerheblich, wo die Ausländer die Importgüter konsumieren. Beispielsweise ist Auslandstourismus Dienstleistungsexport, wobei die ausländischen Touristen Dienstleistungsimporteure sind und der Konsum der Dienstleistungen im Exportland stattfindet.
  • 14 Mit etwas Argwohn lässt sich die Mauterhebungspraxis in Spanien als tendenziell touristendiskriminierend deuten. Vgl. für eine Übersichtskarte, die zeigt, dass die Autobahnen im Bereich der touristisch bedeutsameren Küstenbereiche Spaniens regelmäßiger gebührenpflichtig sind als die Autobahnen in den übrigen Landesteilen, http://www.tolltickets.com/country/spain/viat.aspx (1.8.2014).
  • 15 Für eine europaweite Übersicht von Kfz-Kosten vgl. D. Kalinowska, H. Kuhfeld, U. A. Kunert, O. Rülicke: Die Abgaben auf Kraftfahrzeuge in Europa im Jahr 2005: Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen, DIW Berlin 2005, Bd. 12, S. 30 f.
  • 16 G. Sieget et al.: Pkw-Maut, Sonderabgabe oder Sonderfonds: Sinnvolle Instrumente zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur?, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), H. 11, 2014, S. 3-28.
  • 17 Vgl. P. A. Hall: Policy Paradigms, Social Learning, and the State, in: Comparative Politics, 25. Jg. (1993), Nr. 3, S. 278 f.
  • 18 Im Unterschied zu einer Wertsteuer, deren Bemessungsgrundlage durch Marktprozesse bewertet ist (z.B. Umsatzsteuer oder Einkommensteuer), knüpft die Bemessungsgrundlage einer Mengensteuer an einen physikalisch erfassbaren Tatbestand an. Im Fall der Energiesteuer ist dies regelmäßig das Volumen, die Masse oder der Energiegehalt von Energieträgern. Daher sind Mengensteuern „blind“ für Neubewertungen von Bemessungsgrundlagen im Zuge von Inflationsprozessen.
  • 19 Vgl. Statistisches Bundesamt: Inlandstourismus 2013: 1% mehr Gäste­übernachtungen, Pressemitteilung vom 10.2.2014, Nr. 045/14.

Title:Road Tolls and Discrimination Against Foreigners

Abstract:The German government’s recent plans to introduce road tolls (so-called infrastructure levies) have given rise to an intense debate over its distributional effects. Since the measure combines charges for all car drivers within the German road network with reductions in the tariff of the motor vehicle tax, which benefits German car owners only, strong objections continue to circulate. The article addresses the question whether such a package of infrastructure and tax policy measures can justifiably be blamed for causing discriminatory effects on foreigners. It is argued that while the burden of the measure is effectively imposed on non-German users of German roads, the combination of tax increases with tax cuts by a national government should – for the sake of a beneficial federal system – not be ruled out in response to unsubstantiated claims of discrimination.

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DOI: 10.1007/s10273-015-1774-2