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Die aktuelle Diskussion um die Ausgestaltung der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung und die zum Teil harsche Kritik von Politikern am Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in jüngster Zeit lenkt den Blick auf den Einfluss von Ökonomen auf die Wirtschaftspolitik. Hier stellt sich nun die Frage, welche forschenden Volkswirte und Nicht-Ökonomen Einfluss in der Öffentlichkeit und auf die Wirtschaftspolitik haben. Die Autoren präsentieren sowohl das FAZ-Ökonomenranking als auch Umfrageergebnisse unter Abgeordneten und leitenden Mitarbeitern in Ministerien des Bundes und der Länder zu Nicht-Ökonomen, deren Medieneinfluss ebenfalls untersucht wird. Für die beiden Analysejahre 2013 und 2014 zeigt sich eine – überraschend – hohe Stabilität der Ergebnisse des FAZ-Ökonomenrankings.

Der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die politische Praxis und die Öffentlichkeit scheint mit etlichen Schwierigkeiten verbunden zu sein. So beklagen nicht wenige Ökonomen schon lange, dass ihr Rat in Politik und Öffentlichkeit nur begrenzt Gehör finde und kaum eine direkte Wirkung entfalte. Auch bleibt der Anteil der Aussagen wissenschaftlicher Experten in den Medien unterhalb der Wahrnehmungsschwelle für das breitere Publikum und entfaltet so kaum Wirkung. Zudem zeigen sich Politiker als potenzielle Empfänger wissenschaftlicher Politikberatung nur begrenzt zufrieden mit dem Beratungsprozess. Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Rede zum Treffen der Ökonomie-Nobelpreisträger in Lindau die Kritik an der Beratungstätigkeit der Volkswirtschaftslehre bekräftigt.1

Heutzutage wird für die praktische wirtschaftspolitische Analyse und Beratung ein mangelnder Realitätsbezug und bisweilen auch limitierte Prognosefähigkeit als hinderlich angesehen. Auch wird die Begrenztheit des Wissens über makroökonomische Zusammenhänge und Rückwirkungsschleifen politischer Maßnahmen bisweilen zu wenig deutlich gemacht.2 Ein Teil dieser Debatte dreht sich insbesondere darum, ob und inwieweit Volkswirte überhaupt in der Lage sind, hilfreiche wirtschaftspolitische Beratung anzubieten. Diese Frage wurde bereits vor einem Jahr in mehreren Beiträgen beleuchtet.3 Der vorliegende Beitrag aktualisiert die empirischen Befunde, überprüft ihre Robustheit und ergänzt sie mit neuer Empirie: der Bedeutung von Nicht-Ökonomen als Berater der Wirtschaftspolitik.

Das FAZ-Ökonomenranking

Einen breiten Ansatz, um die Rezeption der ökonomischen Wissenschaft in Politik und Öffentlichkeit – mithin ihre Wirkung – zu erfassen, stellt das 2013 erstmals in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) veröffentlichte Ökonomen-Ranking dar.4 Die erste Fortschreibung, auf Basis einer leicht geänderten Methodik, erschien ein Jahr später.5 Zudem wurde das Ranking 2014 auch für die Schweiz und für Österreich erstellt und dort in der Neuen Zürcher Zeitung bzw. Die Presse veröffentlicht. An der Konzeption und Erstellung des Rankings haben 2013 und 2014 neben den drei genannten Tageszeitungen, das Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Econwatch – Gesellschaft für Politikanalyse, der Wissenschaftsverlag Elsevier, das Medienanalyseinstitut Media Tenor International und die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) unter Beteiligung von Justus Haucap und Tobias Thomas mitgewirkt. 2014 wurde die Befragung auf Anregung von Gert G. Wagner auf Politiker und leitende Ministerialbeamte auf Landesebene erweitert, nachdem 2013 nur Bundespolitiker und leitende Beamte in Bundesministerien befragt worden waren. Außerdem wurde auch die Bedeutung von Nicht-Ökonomen erfragt.

Grundidee des FAZ-Ökonomenrankings ist, anders als im Handelsblatt-Ranking, vor allem die Rezeption der Arbeiten von Ökonomen zu würdigen, also die Rezeption in der Wissenschaft (gemessen durch Zitationen in Fachjournalen) sowie in der Politik (gemessen durch eine Umfrage) und der breiteren Öffentlichkeit (gemessen durch Zitationen in den Medien). Das Gesamtranking setzt sich dementsprechend aus drei Säulen zusammen: dem Forschungs-, dem Politik- und dem Medienranking. Einbezogen werden nur Ökonomen, deren eigene Forschung wenigstens eine minimale Rezeption in der Wissenschaft erfährt. Ökonomen, deren gesamtes Werk nicht wenigstens fünf Mal in den letzten fünf Jahren zitiert worden ist (einschließlich eigener Zitate), wurden als wissenschaftlich irrelevant nicht in das Gesamtranking aufgenommen, wohl aber in die Teilrankings Politik und Medien. Ebenso wurden Ökonomen, die nicht wenigstens fünf Punkte entweder im Politikranking oder alternativ im Medienranking erreichen konnten, aufgrund derzeit fehlender Relevanz außerhalb der Wissenschaft nicht in das Ranking aufgenommen. Das Gesamt­ranking zeigt demnach nur Ökonomen, die aktuell sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wissenschaft zumindest eine gewisse Wirkung erzielen.

Für das Forschungsranking wurde anders als im Handelsblatt-Ranking nicht die Zahl der Publikationen eines Forschers gezählt, sondern die Zitation der Arbeiten. Während 2013 der sogenannte h-Index herangezogen wurde,6 wurde 2014 die absolute Zahl der Zitationen der in der Datenbank Scopus7 erfassten Arbeiten eines Autors in den letzten fünf Jahren genutzt. Sowohl der h-Index als auch die absolute Zahl an Zitationen haben als Maße ihre Vor- und Nachteile. Kritik an der Verwendung des h-Indexes wurde vor allem von Wohlrabe geäußert, der drei Dinge kritisierte: Erstens berücksichtigt der 2013 berechnete h-Index nur Zitationen von Publikationen, die ab 1996 veröffentlicht wurden.8 Dies ist richtig, gilt aber genauso für die Gesamtzahl der Zitationen, da die Datenbank Scopus bisher noch relativ wenige Zitationen aus den Jahren vor 1996 erfasst hat. Die Jahrgänge vor 1996 sollen jedoch in Zukunft kontinuierlich in die Datenbank eingepflegt werden. Für das Ranking 2014 wurde hingegen der Zeitraum der erfassten Zitationen bewusst auf fünf Jahre (2009 bis 2013) verkürzt, da es im Ranking um den aktuellen Einfluss und nicht um etwaige historische Leistungen gehen soll.

Der zweite von Wohlrabe geäußerte Kritikpunkt war, dass der 2013 verwendete h-Index keine Beiträge in Sammelbänden und keine Monographien berücksichtige.9 Dies stimmt für das Ranking 2014 nicht mehr ganz, da Scopus durchaus eine – wenngleich überschaubare – Zahl vor allem englischsprachiger Sammelbände und Handbücher enthält.10 Bei der Konzeption des Ökonomenrankings wurde auch die Verwendung anderer Datenbanken erwogen, wie etwa die des Institute for Scientific Information Thompson, auf deren Grundlage der Social Sciences Citation Index (SSCI) ermittelt wird, die aber wesentlich weniger Zeitschriften und überhaupt keine Monographien enthält, die RePEc-Daten oder Daten von Google Scholar. Die RePEc-Daten haben jedoch den entscheidenden Nachteil, dass die Qualität der Daten stark von der Pflege durch die Autoren selbst abhängt und somit einerseits Indikatoren durch eine sorgfältige Pflege des eigenen Datenbestandes verbessert werden können oder andererseits durch eine mangelnde Zuwendung möglicherweise sehr forschungsstarker Ökonomen leiden. Dies ist bei Scopus ausgeschlossen, da nur ultimativ publizierte Beiträge erfasst werden, nicht aber Working Paper (wie bei RePEc). Google Scholar schließlich erfasst Zitationen viel zu ungenau, da z.B. die oftmals abgedruckten Listen vormals erschienener Working Paper aus derselben Reihe von Google Scholar irrtümlich als Zitation erfasst werden.

Als dritten wesentlichen Kritikpunkt verweist Wohlrabe darauf, dass die absolute Zahl an Zitationen selbst bei gleichem h-Index sehr unterschiedlich sein kann.11 Dies trifft nicht zu, wenn man die absolute Zahl der Zitationen statt des h-Index verwendet. Aus unserer Sicht ist eine Schwäche bei der absoluten Zahl der Zitationen nun aber, dass sogenannte „One-Hit-Wonder“, die mit einem einzigen Artikel viele Zitationen auf sich ziehen, aber ansonsten wenig Relevantes produziert haben, begünstigt werden. Insbesondere Survey-Artikel bringen viele Zitationen. Eine händische Analyse der ersten 25 Plätze im Forschungsranking 2013 hat jedoch ergeben, dass es für die Platzierung dieser Spitzenforscher nahezu irrelevant ist, ob h-Index oder die Gesamtzahl der Zitationen verwendet wird, sodass die Verzerrung durch „One-Hit-Wonder“ bestenfalls bei den unteren Plätzen auftaucht. Die Kritik aufgreifend haben wir 2014 daher die Gesamtzahl der Zitationen betrachtet.

Die erstens zehn Plätze im Forschungsranking belegen die in Tabelle 1 genannten Forscher. Mit Holger Görg findet sich nur ein Wissenschaftler eines außeruniversitären Forschungsinstituts unter den Top 10 der so ermittelten Spitzenforscher im deutschsprachigen Raum. Unter den Top 25 sind mit Werner Güth, Ludger Wößmann und Dietmar Harhoff lediglich drei weitere Wissenschaftler an Forschungsinstituten beschäftigt. Unter den Top 50 finden sich immerhin 13 Ökonomen, die nicht an Universitäten tätig sind, wobei einige (z.B. Helmut Lütkepohl, DIW Berlin) den Großteil ihrer heute zitierten Arbeiten noch an Universitäten verfasst haben. Insgesamt deutet das Ranking darauf hin, dass der Großteil der international rezipierten ökonomischen Spitzenforschung an Universitäten erbracht wird, wenn auch keinesfalls ausschließlich.

Tabelle 1
FAZ-Ökonomenranking 2014, Teilranking „Forschung“1
Rang Name Organisation Zitate
1 Ernst Fehr Universität Zürich 10407
2 Urs Fischbacher Universität Konstanz 5066
3 Didier Sornette ETH Zürich 4033
4 Bruno S. Frey CREMA Basel 3768
5 Armin Falk Universität Bonn 2099
6 Klaus Schmidt LMU München 1882
7 Alois Stutzer Universität Basel 1658
8 Oliver Gassmann Universität St. Gallen 1461
9 Axel Ockenfels Universität zu Köln 1436
10 Holger Görg Institut für Weltwirtschaft 1418

1 Im deutschsprachigen Raum ansässige Ökonomen. Die FAZ listet auf Platz 7 Lino Guzzella von der ETH Zürich, der aufgrund der Politikumfrage in der Schweiz genannt wird. Da Guzzella jedoch Professor für Thermo­tronik ohne erkennbaren Bezug zur Ökonomie ist, wurde er an dieser Stelle aus der Tabelle aussortiert.

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-forschung-2014-13136175.html (FAZ 2014).

Für das Medienranking hat das Medienanalyseinstitut Media Tenor International ausgewertet, wie häufig welche Ökonomen in den vergangenen zwölf Monaten in den sogenannten Leitmedien mit fachlichen Einschätzungen genannt wurden.12 Platz 1 im Teilranking Medien belegt Hans-Werner Sinn (vgl. Tabelle 2). Neben Sinn arbeiten mit Marcel Fratzscher, Clemens Fuest, Michael Hüther und Christoph Schmidt vier weitere Ökonomen aus den Top 10 in außeruniversitären Forschungseinrichtungen; insgesamt vier an Leibniz-Instituten. Alle fünf der oben genannten Top-10-Medienstars leiten das jeweilige Institut. Daneben wird in den Medien insbesondere auf Bankenvolkswirte gehört: Vier der Ökonomen auf den ersten zehn Plätzen sind oder waren Chefvolkswirte von Banken. Die ersten deutschsprachigen Ökonomen ohne Instituts- oder Bankanbindung sind mit 33 Zitaten Peter Bofinger (Würzburg) und Lars P. Feld (Freiburg) auf Platz 20, die beide Mitglieder des Sachverständigenrates für Wirtschaft sind. Auf Platz 27 folgt unter den universitären Ökonomen Ferdinand Dudenhöffer (Duisburg-Essen) mit 29 Zitaten. Forschungsstarke Ökonomen tauchen nur vereinzelt in den Medien auf.13

Tabelle 2
FAZ-Ökonomenranking 2014, Teilranking „Medien“
Rang Name Organisation Zitate
1 Hans-Werner Sinn ifo Institut 215
2 Marcel Fratzscher DIW Berlin 173
3 Jörg Krämer Commerzbank 125
4 Michael Hüther IW Köln 123
5 Clemens Fuest ZEW Mannheim 106
6 Thomas Piketty Paris School of Economics 79
7 Christoph Schmidt RWI Essen 57
8 Thomas Mayer Flossbach von Storch Research 56
9 Jörg Zeuner KfW 54
10 Carsten Brzeski ING Diba 51

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-medien-2014-13136170.html (FAZ 2014).

Für das Politikranking haben Mitarbeiter des DICE, Econwatch und die ZBW im Sommer 2013 und 2014 mit einer Online-Befragung14 Abgeordnete und hochrangige Mitarbeiter von Ministerien (Referatsleiter oder höher) zur Politikberatung durch Ökonomen befragt. Für die Umfrage 2014 wurden auch die Mitglieder der 16 Landesparlamente und Mitarbeiter von Landesministerien einbezogen.15 Bei den Ökonomen, deren Rat von Abgeordneten und Ministerialbeamten für die eigene Arbeit besonders geschätzt wird, handelt es sich durchweg um auch über die Medien bekannte Ökonomen (vgl. Tabelle 3). Platz 1 belegt – wie im Medien-Teilranking – Hans-Werner Sinn. Sechs der Top-10-Platzierten sind in außeruniversitären Instituten tätig. Zu diesem Ranking muss einschränkend gesagt werden, dass es nur auf Angaben von 129 Antwortenden beruht. Die Namen der zehn bestplatzierten Ökonomen wurden – über alle fünf Platzierungsmöglichkeiten – von nur 24 Befragten (für Sinn) bis 9 Befragten (für Hüther, Rürup und Schmidt) genannt. Der statistische Unsicherheitsbereich ist also beachtlich. Äußerst wünschenswert wäre daher, dass die Beteiligung an der Umfrage in den kommenden Jahren deutlich steigt.

Tabelle 3
FAZ-Ökonomenranking 2014, Teilranking „Politik“
Rang Name Organisation Punkte
1 Hans-Werner Sinn ifo Institut 98
2 Peter Bofinger Universität Würzburg 83
3 Clemens Fuest ZEW Mannheim 63
4 Rudolf Hickel Emeritus (Universität Bremen) 53
5 Gustav A. Horn IMK Düsseldorf 52
6 Marcel Fratzscher DIW Berlin 49
7 Lars P. Feld Universität Freiburg 44
8 Michael Hüther IW Köln 32
9 Bert Rürup Emeritus (TU Darmstadt) 31
10 Christoph Schmidt RWI Essen 28

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-politik-2014-13136171.html (FAZ 2014).

Im Gesamtranking wurden die Teilrankings jeweils gewichtet. Zudem wurden in das Gesamtranking nur Ökonomen aufgenommen, die an einer Institution in Deutschland, Österreich oder der Schweiz arbeiten und sowohl im Forschungsranking als auch mindestens in einem der anderen Rankings überhaupt mit wenigstens fünf Zitaten bzw. Punkten erscheinen.16 Im Gesamtranking sind also – anders als in den Teilrankings – nur Ökonomen aufgeführt, die zugleich forschen oder zumindest deren Forschung noch zitiert wird, und die ihre Ergebnisse auch außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft verbreiten. Nach Bereinigung der drei Teilrankings um die Ökonomen, die nicht im Forschungsranking und im Medien- oder Politikranking wenigstens fünf Zitate bzw. Punkte erhalten haben, wurden auf dieser Basis Ranglisten erstellt.

Einem etwas modifizierten Vorschlag von Wohlrabe17 folgend, wurden die Zitate bzw. Punkte normalisiert, indem der in Deutschland (bzw. in Österreich und der Schweiz, jeweils separat) tatsächlich erreichte Maximalwert unter den im Gesamtranking verbliebenen Ökonomen mit 250 Rankingpunkten bewertet wurde und Werte der anderen Ökonomen dazu ins Verhältnis gesetzt wurden. So hat Hans-Werner Sinn sowohl die meisten Medienzitate (215) als auch die meisten Politikpunkte (98) aller Ökonomen in Deutschland, so dass diese Werte (215 Medienzitate bzw. 98 Politikpunkte) mit jeweils 250 Rankingpunkten bewertet werden. Zudem hat Hans-Werner Sinn 371 Forschungszitate. Im Verhältnis zu den 1436 Forschungszitaten von Axel Ockenfels, die hier als 250 Rankingpunkte zählen, erhält Hans-Werner Sinn daher 64,5 Rankingpunkte aufgrund seiner Forschungszitate. Die Gesamtpunktzahl für Hans-Werner Sinn ergibt sich dann als 2 x 64,5 + 250 + 250 = 629. Durch die Normalisierung anhand der Maximalwerte wird im Gegensatz zum 2013er-Ranking auch der Abstand zwischen den Plätzen berücksichtigt. Hätte ein Ökonom in allen drei Teilrankings Rang 1 belegt, hätte er die maximale Gesamtpunktzahl von 1000 Punkten erreicht.

Die Ergebnisse des Gesamtrankings in Tabelle 4 zeigen, dass keiner der Ökonomen in allen drei Teilrankings Platz 1 erreicht. Hans-Werner Sinn erreicht im Medien- und im Politikranking Platz 1. Im Forschungsranking belegt Axel Ockenfels den ersten Patz in Deutschland. Ein Ergebnis des 2014er Rankings ist, dass – wie auch 2013 – die wirtschaftspolitischen Beratungsinstitutionen in Deutschland wirtschaftspolitisch relevanten, messbaren Output haben: Zwei der Top-10-Ökonomen sind Mitglieder des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und sechs (2014) bzw. sieben (2013) sind an einem Leibniz-Institut tätig – davon 2014 je zwei beim ifo Institut und dem DIW Berlin. Einer der Bestplatzierten ist Direktor eines Max-Planck-Instituts. „Reine“ Universitätsprofessoren sind hingegen unter den Top 10 rar. Axel Ockenfels, Friedrich Schneider und Lars P. Feld sind die einzigen Ausnahmen. Lars P. Feld ist zugleich Mitglied der Sachverständigenrates für Wirtschaft und auch daher in Politik und Medien stark gefragt, Axel Ockenfels erreicht seine vordere Platzierung nahezu ausschließlich aufgrund seiner exzellenten Forschung.

Tabelle 4
FAZ-Ökonomenranking 2014 (Gesamtwertung)
Rang Name Organisation Rankingpunkte Forschung (x2) Medien Politik
1 Hans-Werner Sinn ifo Institut 629 64,5 250 250
2 Marcel Fratzscher DIW Berlin 579 126 201 125
3 Axel Ockenfels Universität Köln 508 250 8 0
4 Ludger Wößmann ifo Institut 429 208 10 3
5 Dietmar Harhoff MPI München 387 181 9 23
6 Clemens Fuest ZEW Mannheim 368 42 123 161
7 Friedrich Schneider Universität Linz 352 173 6 0
8 Lars P. Feld Universität Freiburg 342 96 38 112
9 Gert G. Wagner DIW Berlin 327 123 15 66
10 Christoph Schmidt RWI Essen 319 91 66 71

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-gesamt-2014-13136154.html (FAZ 2014).

Robustheits-Betrachtungen

Da die Zahl der Mediennennungen und erst recht die Zahl der Nennungen durch politische Entscheidungsträger recht klein ist, wird die statistische Basis für die Aussagekraft der hier verwendeten Indikatoren durch das Poolen der Daten für die bisher betrachteten Jahre, 2013 und 2014, gesteigert. Es ist klar, dass dadurch kurzfristige Entwicklungen aus den Daten herausgemittelt werden, aber insgesamt steigt die Validität der Befunde. Kurzfristige Entwicklungen erweisen sich im Übrigen als empirisch nicht besonders relevant, da die Unterschiede der Ergebnisse bei den Top-10-Ökonomen in 2013 und 2014 – trotz Unterschieden in der Methodik – erstaunlich gering sind. Beim Forschungsoutput sind die Unterschiede zwischen 2013 und 2014 relativ groß, da der Indikator bewusst gewechselt wurde (vom h-Index zur Zahl der Zitationen in den letzten fünf Jahren). Dennoch finden sich innerhalb des Teilrankings „Forschung“ fünf Spitzenforscher, die sowohl in den Top 10 des Jahres 2013 als auch 2014 sichtbar sind (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 5
FAZ-Ökonomenranking Teilranking „Forschung“
Rang 2013 Rang 2014 Rang 2013 & 2014
1 E. Fehr 1 E. Fehr 1 E. Fehr
2 B. S. Frey 2 U. Fischbacher 2 U. Fischbacher
3 U. Fischbacher 3 D. Sornette 3 B. S. Frey
  S. Gächter 4 B. S. Frey 4 A. Falk
5 A. Falk 5 A. Falk 5 H. Görg
  M. Fritsch 6 K. Schmidt 6 M. Fritsch
  H. Görg 7 A. Stutzer 7 A. Dreher
8 C. Böhringer 8 O. Gassmann 8 A. Ockenfels
  A. Dreher 9 A. Ockenfels 9 P. Egger
  W. Härdle 10 H. Görg 10 W. Härdle

Quellen: FAZ (2013 und 2014), eigene Berechnungen.

Beim Medienranking sind die Unterschiede zwischen beiden Jahren gering (vgl. Tabelle 6). Stabil unter den Top 5 liegen Hans-Werner Sinn, Jörg Krämer, Michael Hüther und Clemens Fuest. Deutlich erkennbar ist der Aufstieg von Marcel Fratzscher, der erst im Februar 2013 an das DIW wechselte und damit öffentlich sichtbar wurde. Ebenso erkennbar ist der Wechsel von Kai Carstensen vom ifo-Konjunkturchef (mit großer Medienbeachtung) zum Universitätsprofessor in Kiel. Während sich die Medienzitate von Marcel Fratzscher absolut (von 55 auf 173) mehr als verdreifachten, haben sie sich bei Kai Carstensen von 44 auf 18 mehr als halbiert. Betrachtet man statt des Mittelwertes der Rangplätze einfach die Summe der Medienzitate 2013 und 2014 (was hier im Gegensatz zum Forschungsranking aufgrund der unveränderten Methodik möglich ist), so schiebt sich Marcel Fratzscher aufgrund der Explosion seiner Medienzitate 2014 sogar auf Platz 3 vor. Auf Platz 8 liegt Ferdinand Dudenhöffer, der sich vor allem auf das Thema Automobilwirtschaft spezialisiert hat und in diesem Kontext von September 2012 bis August 2013 deutlich häufiger zitiert wurde als zwischen September 2013 und August 2014.

Tabelle 6
FAZ-Ökonomenranking Teilranking „Medien“
Rang 2013 Rang 2014 Rang 2013 & 2014
1 H.-W. Sinn 1 H.-W. Sinn 1 H.-W. Sinn
2 J. Krämer 2 M. Fratzscher 2 J. Krämer
3 M. Hüther 3 J. Krämer 3 M. Hüther
  C. Fuest   M. Hüther 4 C. Fuest
5 T. Mayer 5 C. Fuest 5 M. Fratzscher
6 F. Dudenhöffer 6 T. Piketty 6 T. Mayer
7 C. Brzeski 7 C. Schmidt 7 C. Brzeski
8 M. Fratzscher 8 T. Mayer 8 J. Zeuner
9 K. Carstensen 9 J. Zeuner 9 U. Kater
10 U. Kater 10 C. Brzeski 10 L. P. Feld

Quellen: FAZ (2013 und 2014), eigene Berechnungen.

Wie beim Medienranking ist auch beim Politikranking in der Spitze große Stabilität zu beobachten (vgl. Tabelle 7). In beiden Jahren liegen Hans-Werner Sinn, Clemens Fuest und Peter Bofinger an der Spitze. Lars P. Feld, Gustav Horn und Michael Hüther gehören in beiden Jahren zu den Top 10 und kommen alle drei im Durchschnitt auf den Rangplatz 6,5, sodass sie sich Platz 4 in der Zwei-Jahres-Wertung teilen. Mit Ausnahme der beiden „Wirtschaftschaftsweisen“ Peter Bofinger und Lars P. Feld sind die anderen acht Ökonomen allesamt mit Wirtschaftsforschungsinstituten bzw. im Fall von Folkhard Isermayer einem Landwirtschaftsforschungsinstitut verbunden.

Tabelle 7
FAZ-Ökonomenranking, Teilranking „Politik“1
Rang 2013 Rang 2014 Rang 2013 & 2014
1 H.-W. Sinn 1 H.-W. Sinn 1 H.-W. Sinn
2 C. Fuest 2 P. Bofinger 2 C. Fuest
3 P. Bofinger 3 C. Fuest   P. Bofinger
4 F. Isermayer 4 R. Hickel 4 G. A. Horn
5 M. Hüther 5 G. A. Horn   L. P. Feld
6 L. P. Feld 6 M. Fratzscher   M. Hüther
7 T. Straubhaar 7 L. P. Feld 7 F. Isermayer
8 G. A. Horn 8 M. Hüther 8 T. Straubhaar
  P. Krugman 9 B. Rürup   M. Fratzscher
10 H. Flassbeck 10 C. Schmidt 10 W. Franz

1 Nur in Deutschland ansässige Ökonomen.

Quelle: FAZ (2013 und 2014), eigene Berechnungen.

Bedingt durch die Neuberechnung des Indikators für die Forschungsleistung sind die Verschiebungen im Gesamtranking etwas größer als in den Teilrankings für Medien und Politik. Aber auch das Gesamtranking zeichnet sich durch beachtliche Stabilität aus (vgl. Tabelle 8). Sechs der jeweils zehn bestplatzierten Ökonomen sind in beiden Jahren dieselben; sie finden sich allerdings durchweg auf unterschiedlichen Plätzen. Folgt man Schmidt, aus dem Moore und Themann,18 dann muss für gute forschungsbasierte Politikberatung zwar eine solide wissenschaftliche Grundlage, aber nicht zu jedem Zeitpunkt auch viel zitierte Forschung vorliegen. Wir haben deswegen zu Testzwecken das Gesamtranking (beispielhaft für 2014) mit einem reduzierten Gewicht für die Forschungsleistung in den letzten fünf Jahren berechnet. Einmal mit einem Gewicht von 1/3 des Gesamtgewichts (standardmäßig geht die Forschungsleistung mit 50%-Gewicht in den Gesamtindikator ein); und einmal mit einem Gesamtgewicht von nur 20% (d.h. die Gewichte von Medien- und Politik-Indikatoren gehen dann mit jeweils 40% ein). Zudem haben wir berechnet, wie das Ranking aussähe, wenn es fast nur auf die Forschung ankäme (80%), während das Auftreten in Politik und Medien (je 10%) eher schmückendes Beiwerk wäre.

Tabelle 8
FAZ-Ökonomenranking (Gesamtwertung)
Rang 2013 Rang 2014 Rang 2013 & 2014
1 L. P. Feld 1 H.-W. Sinn 1 M. Fratzscher
2 C. Schmidt 2 M. Fratzscher 2 H.-W. Sinn
3 M. Fratzscher 3 A. Ockenfels 3 L. P. Feld
4 K. Konrad 4 L. Wößmann 4 C. Schmidt
5 H.-W. Sinn 5 D. Harhoff 5 C. Fuest
6 C. Kemfert 6 C. Fuest 6 A. Ockenfels
7 J. Wasem 7 F. Schneider   L. Wößmann
8 C. M. Buch 8 L. P. Feld   D. Harhoff
9 C. Fuest 9 G. G. Wagner 9 K. Konrad
10 G. G. Wagner 10 C. Schmidt 10 G. G. Wagner/ C. Kemfert

Quelle: FAZ (2013 und 2014), eigene Berechnungen.

Tabelle 9 zeigt, dass durch eine Reduzierung des Gewichts der Forschungsleistung die für die Politikberatung eingerichteten Leibniz-Institute die ersten zehn Plätze dominieren. Nur Axel Ockenfels, Peter Bofinger, Lars P. Feld und Dietmar Harhoff können sich als Nicht-Leibnizianer dort platzieren. Bei einer starken Gewichtung der Politik- und Mediensäule (Modell III) können sich unter den Top 25 nur sieben Ökonomen platzieren, die nicht an außeruniversitären Instituten beschäftigt sind (Peter Bofinger, Lars P. Feld, Axel Ockenfels, Friedrich Schneider, Jürgen Wasem, Justus Haucap und Volker Wieland). Dies mag eine gute Nachricht für die Institute sein; ob dies auch eine gute Nachricht für die deutsche Universitätslandschaft ist, sollte diskutiert werden. Interessant ist, dass die außer­universitären Institute (der Leibniz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft) selbst dann dominieren, wenn die Forschung mit 80% sehr stark gewichtet wird, aber dennoch ein Minimum an darüber hinausgehendem gesellschaftlichem Engagement in Politikberatung oder Medien verlangt wird (je 10%). Unter den Top 10 in Modell IV sind mit Axel Ockenfels, Friedrich Schneider und Lars P. Feld nur drei Ökonomen, deren primärer Arbeitgeber eine Universität ist. Unter den Top 25 sind immerhin noch fünf weitere für außeruniversitäre Institute tätig. Natürlich kann aus diesen Befunden wenig über Kausalitäten abgeleitet werden. Offensichtich sind an den Instituten aber gute Forscher in leitenden Positionen tätig.

Tabelle 9
FAZ-Ökonomenranking 2014 (Gesamtwertung) mit unterschiedlichen Gewichtungen
Rang Standardgewichtung (F: 50%, P: 25%, M: 25%) Gewichtung II (F: 1/3, P: 1/3, M: 1/3) Gewichtung III (F: 20%, P: 40%, M: 40%) Gewichtung IV (F: 80%, P: 10%, M: 10%)
1 Hans-Werner Sinn Hans-Werner Sinn Hans-Werner Sinn Axel Ockenfels
2 Marcel Fratzscher Marcel Fratzscher Marcel Fratzscher Ludger Wößmann
3 Axel Ockenfels Clemens Fuest Clemens Fuest Dietmar Harhoff
4 Ludger Wößmann Axel Ockenfels Peter Bofinger Friedrich Schneider
5 Dietmar Harhoff Peter Bofinger Lars P. Feld Marcel Fratzscher
6 Clemens Fuest Lars P. Feld Christoph Schmidt Ottmar Edenhofer
7 Friedrich Schneider Christoph Schmidt Axel Ockenfels Gert G. Wagner
8 Lars P. Feld Ludger Wößmann Gert G. Wagner Hans-Werner Sinn
9 Gert G. Wagner Dietmar Harhoff Ludger Wößmann Lars P. Feld
10 Christoph Schmidt Gert G. Wagner Dietmar Harhoff Christoph Schmidt

F = Forschung. P = Politik. M = Medien.

Quelle: FAZ (2014), eigene Berechnungen.

Als letzter Robustheitstest soll statt einer Linearkombination der Rezeption in Forschung, Medien und Politik eine einfache nicht-lineare Verknüpfung der Form F · P · M betrachtet werden. Dadurch entsteht eine konvexe Funktion, die – positiv formuliert – eine „Ausgewogenheit“ der Stärken besonders belohnt oder – negativ ausgedrückt – die Spezialisierung auf eine Leistungskategorie („nur Forschung“, „nur Politikberatung“) besonders bestraft. Auf Platz 1 landet nach dieser Berechnung nach wie vor Hans-Werner Sinn mit 64,5 · 250 · 250 = 40 321 250 Punkten, gefolgt von Marcel Fratzscher, Clemens Fuest und Christoph Schmidt. Ganz vorn sind hier also vier Präsidenten von Wirtschaftsforschungsinstituten. Sodann folgen bis Platz 10 Lars P. Feld, Martin Hellwig, Claudia Kemfert, Gert G. Wagner, Dennis Snower und Claudia Buch. In dieser Berechnung zeigt sich eine ganz deutliche Dominanz der Forscher von Instituten. Berücksichtigt man, dass Claudia Buch bis sechs Monate vor der Erstellung des Rankings noch Präsidentin des IWH Halle war, so sind alle sechs Leibniz-Wirtschaftsforschungsinstitute in den Top 10 vertreten, das DIW Berlin sogar dreimal. Bei dieser multiplikativen Verknüpfung fällt auch besonders auf, dass von den Top 100 des Ökonomen-Gesamtrankings über die Hälfte (nämlich 53) in einer Spalte eine Null stehen haben und somit entweder null Medienrezeption erfahren oder keinen Politikeinfluss haben – bei letzterem natürlich auch wegen der geringen Teilnehmerzahl der Umfrage. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass es einige deutliche Verschiebungen im Ranking geben würde, wenn die 2014 neu eingeführte Normalisierung der Forschungspunkte nicht anhand der 1436 Zitate von Axel Ockenfels (Platz 9 im Forschungsranking) erfolgt wäre, sondern anhand der 10407 Zitate von Ernst Fehr (Platz 1 im Forschungsranking). Peter Bofinger wäre dann im Gesamtranking auf Platz 5 (statt auf Platz 12), Martin Hellwig auf Platz 7 (statt 16) und Dennis Snower auf Platz 10 (statt 25). Dagegen wäre Axel Ockenfels auf Platz 11 (statt 3), Dietmar Harhoff auf Platz 12 (statt 5), Ludger Wößmann auf Platz 16 (statt 4) und Friedrich Schneider auf Platz 21 (statt 7).

Einfluss von Nicht-Ökonomen

Bei der Politik-Umfrage 2014 wurde nicht nur nach den einflussreichen Ökonomen gefragt, sondern auch nach einflussreichen Nicht-Ökonomen. Die Frage lautete konkret: „Gibt es über die oben genannten Ökonomen hinaus noch weitere Wissenschaftler, die keine Ökonomen sind, deren Rat oder Publikationen Sie für Ihre Arbeit schätzen?“. Wie für die Ökonomen konnten fünf Namen genannt werden. Für die Analyse erfolgte die Gewichtung analog zu der für die Ökonomen (5 Punkte für eine Nennung auf Platz 1 und 1 Punkt für Platz 5).

Insgesamt wurde von 159 Befragten Angaben zu wenigstens einem Nicht-Ökonomen gemacht. Insgesamt wurden 455 mal Namen von Nicht-Ökonomen (auf den Plätzen 1 bis 5) gemacht, davon insgesamt 164 verschiedene Wissenschaftler, jedoch 130 Namen nur einmal. Im Vergleich dazu haben die 208 Befragten, die mindestens einen Ökonomen genannt haben, 794 Namen genannt, und zwar – fast identisch – 161 unterschiedliche, aber immerhin werden von den 161 Ökonomen fast doppelt so viele (59) mehr als einmal genannt wie von den 164 genannten Nicht-Ökonomen (nämlich 34). Wegen der sehr kleinen Fallzahlen für Nennungen weisen wir nur die ersten fünf Plätze aus (vgl. Tabelle 10). An der Spitze der Nicht-Ökonomen stehen der Historiker Herfried Münkler und die Soziologin Jutta Allmendinger (mit insgesamt jeweils sechs) Nennungen. Genannt wird auch der verstorbene Ralf Dahrendorf. Bei den ersten fünf Persönlichkeiten fällt auf, dass – wie auch bei den Ökonomen – Professoren, die auch in außeruniversitären Instituten tätig sind, stark vertreten sind (Allmendinger: Wissenschaftszentrum Berlin WZB; Scharpf: Max-Planck-Institut für Gesellschaftspolitik).

Tabelle 10
Politikranking für Nicht-Ökonomen
Rang Name Diziplin Institution Punkte
1 Herfried Münkler Geschichts- wissenschaft HU Berlin 25
2 Jutta Almendinger Soziologie WZB Berlin 24
3 Fritz Scharpf Rechts- und Politikwissenschaft MPI Köln 18
4 Ralf Dahrendorf Soziologie LSE London 17
5 Frank Nullmeier Politikwissenschaft Uni Bremen 14

Quelle: ZBW-Survey, eigene Berechnungen.

Diese Umfrage erlaubt natürlich keine Aussage über den Einfluss von Nicht-Ökonomen auf die gesamte Politik, da die Umfrage mit klarer Fokussierung auf Wirtschaftspolitik erfolgte. Was die Erhebung allerdings erlaubt, ist das Gewicht von nicht-ökonomischen Wissenschaftlern für wirtschaftspolitische Expertise abzuschätzen. Bei der Zahl der Punkte/Nennungen von Nicht-Ökonomen ist somit zu berücksichtigen, dass die Umfrage sich vom Titel her ausdrücklich auf Ökonomen und deren Bedeutung bezog. Die Umfrage gibt keine Antwort auf die Politikrelevanz von Wissenschaftlern im Allgemeinen, sondern nur auf die Frage nach der zusätzlichen Bedeutung, die Nicht-Ökonomen für die Wirtschafts- und Sozialpolitik haben.

Weiterhin zeigt eine Analyse von Mediadaten, wie es um den Einfluss in der Politik im Allgemeinen und speziell der Wirtschaftspolitik nicht nur von Ökonomen, sondern von Wissenschaftlern generell bestellt ist (vgl. Tabelle 11). Grundlage ist die Analyse von sämtlichen Personen in 19 deutschen Leitmedien. Im Zeitraum des Ökonomenrankings wurden insgesamt 7692 Personen 62 130 mal zitiert. Die Analyse beschränkt sich auf die 1084 Personen, die achtmal oder mehr als achtmal zitiert wurden. Damit werden 48 964 der Zitate insgesamt erfasst und analysiert. Betrachtet man nur die Nicht-Ökonomen unter den Wissenschaftlern, so ergibt sich das in Tabelle 11 dargestellte Bild. Ganz oben stehen der Raumfahrer Alexander Gerst und die Demoskopin Renate Köcher.

Tabelle 11
Die zehn meistgenannten Nicht-Ökonomen in deutschen Meinungsführermedien
Rang Name Organisation Medienzitate
1 Alexander Gerst European Space Agency 39
2 Renate Köcher Institut für Demoskopie Allensbach 20
3 Franz Walter Universität Göttingen 16
  Hans-Jürgen Papier LMU München 16
5 Hans-Herbert von Arnim Hochschule Speyer 14
6 Heinrich-August Winkler HU Berlin 11
  Guido Steinberg Stiftung Wissenschaft und Politik 11
  Thomas Schüller Universität Münster 11
  Volker Perthes Stiftung Wissenschaft und Politik 11
  Ulrich Battis HU Berlin 11

Quellen: Media Tenor, eigene Berechnungen.

Schlussfolgerungen

Das FAZ-Ökonomenranking, das neben der Forschungsleistung von Ökonomen auch ihre Wirkung in Politik und Öffentlichkeit in den Blick nimmt, zeigt, dass es nur wenige forschende Ökonomen gibt, die sowohl in der Forschung als auch in Politik und Öffentlichkeit gleichzeitig signifikant rezipiert werden. Auch wenn man argumentiert, dass für den aktuellen Einfluss auf Politik und Entscheidungsträger die Forschungsleistung nicht so wichtig ist, da für gute Beratung zwar eine solide wissenschaftliche Grundlage unabdingbar ist, aber nicht zu jedem Zeitpunkt auch vielzitierte Forschung vorliegen muss, (so wie im FAZ-Ökonomenranking mit 50% Gewicht der Forschung für den Gesamtindikator angenommen), und man das Gewicht der Forschungsleistung (= Zitate in den letzten fünf Jahren) für den Gesamtindikator reduziert, ändert sich am Ranking an der Spitze nur wenig. Will man die Wirkung wirtschaftswissenschaftlich fundierter Politikempfehlungen in Politik und Öffentlichkeit erhöhen, ist mehr Einsatzwille notwendig – und zwar sowohl auf der Angebotsseite in der Wissenschaft als auch auf der Nachfrageseite in Politik und Medien. Voraussetzung dafür ist, dass relevante Forschungsergebnisse in verständliche Sprache übersetzt werden.19 Neben mehr Medienkompetenz von Wissenschaftlern selbst können hier Intermediäre wie Institute, Denkfabriken, Stiftungen und Medien eine wichtige Rolle spielen.


Für hervorragende Unterstützung bei der Durchführung der Umfrage, deren Daten diesem Beitrag zugrunde liegen, danken wir der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft und ganz besonders Elisabeth Flieger.

  • 1 A. Merkel: Rede der Bundeskanzlerin zum 5. Treffen der Nobelpreisträger [der Wirtschaftswissenschaften in Lindau], Berlin 2014, http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Rede/2014/08/2014-08-20-lindau.html.
  • 2 Vgl. M. Hüther: Reformen für eine wirksamere wissenschaftliche Politikberatung, in: T. Thomas, S. Cassel, Econwatch-Policy Brief, Nr. 01/2014.
  • 3 Vgl. u.a. J. Haucap, M. Mödl: Zum Verhältnis von Spitzenforschung und Politikberatung: Eine empirische Analyse vor dem Hintergrund des Ökonomenstreits, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 14. Jg. (2013), Nr. 3-4, S. 346-378; dies.: Entwickeln sich wirtschaftswissenschaftliche Forschung und Politikberatung auseinander? – Warum engagieren sich nicht mehr ökonomische Spitzenforscher in der Politikberatung?, in: Wirtschaftsdienst, 93. Jg. (2013), H. 8, S. 507-511; J. Haucap, T. Thomas: Wissenschaftliche Politikberatung: Erreicht der Rat von Ökonomen Politik und Öffentlichkeit?, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 3, S. 180-186.
  • 4 O.V.: Auf diese Forscher hört das Land, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5.9.2013, S. 11.
  • 5 O.V.: Auf diese Wirtschaftsforscher hört das Land, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6.9.2014, S. 11.
  • 6 Vgl. J. E. Hirsch: An Index to Quantify an Individual’s Scientific Research Output, Proceedings of the National Academy of Sciences, 2005, Nr. 102, S. 16569-16572.
  • 7 Scopus ist eine Datenbank des Elsevier-Verlages und die größte Zitat- und Abstract-Datenbank der Welt mit 21 000 Zeitschriften, darunter viele europäische, sowie einer Reihe von Sammelbänden. Für das FAZ-Ranking wurden die Jahrgänge von 1996 bis 2013, basierend auf dem Datenstand vom 1.8.2014, berücksichtigt.
  • 8 K. Wohlrabe: Eine Kritik am FAZ-Ökonomenranking 2013, in: ifo Schnelldienst, 67. Jg. (2014), Nr. 13, S. 65.
  • 9 Ebenda.
  • 10 Scopus hat zudem angekündigt, die Datenbestände in den nächsten Jahren kontinuierlich auszuweiten.
  • 11 Ebenda.
  • 12 Insgesamt wurden von Media Tenor International zwischen dem 1.9.2012 und dem 31.8.2013 in den Politik-, Wirtschafts- und Finanzteilen von 32 deutschen Leitmedien alle 3506 Zitate deutscher Ökonomen ausgewertet. Folgende Medien waren Grundlage der Auswertung: Bild-Zeitung, Die Welt, FAZ, Frankfurter Rundschau, Handelsblatt, Süddeutsche, taz, Die Zeit, Focus, Spiegel, FAZ Sonntagszeitung, Welt am Sonntag, Wirtschaftswoche, Capital, Manager Magazin, ARD Tagesschau und Tagesthemen, ZDF Heute und Heute Journal, Bericht aus Berlin, Berlin direkt, Fakt, Frontal 21, Kontraste, Monitor, Panorama, Plusminus, Report (BR), Report (SWR) sowie WISO.
  • 13 Vgl. hierzu auch G. G. Wagner: Politikberatung wird überschätzt, in: Capital, 20.9.2013, http://www.capital.de/meinungen-newsbeitrag/politik-beratung-wird-ueberschaetzt.html.
  • 14 Die Befragung 2013, die fünf inhaltliche Fragen umfasste, wurde vom 11.7.2013 bis zum 25.8.2013 durchgeführt. Insgesamt beteiligten sich 321 Personen an der Befragung – davon 267 Führungskräfte aus Bundesministerien und 54 Mitglieder des Bundestages. Die Frage nach Ökonomen beantworteten 111 Teilnehmer. Die Befragung 2014, die vier inhaltliche Fragen umfasste, wurde vom 18.6.2014 bis zum 18.7.2014 durchgeführt. 160 Personen haben die Befragung im Internet geöffnet – davon 62 Führungskräfte aus Bundes- und 50 aus Landesministerien, darüber hinaus neun Mitglieder des Bundestages und 39 Mitglieder von Landtagen. 154 haben Fragen beantwortet, die Frage nach Ökonomen beantworteten 129 Teilnehmer.
  • 15 Die Befragten konnten Namen von bis zu fünf Ökonomen nennen. Der oder die erstgenannte bekam in der Auswertung dann fünf Punkte, der oder die fünftgenannte einen Punkt.
  • 16 Im Jahr 2013 war das Minimum ein Zitat bzw. ein Punkt – dies erschien jedoch ex post zu gering, da bei nur einem Zitat oder einer einzigen Nennung nicht von einer relevanten Wirkung ausgegangen werden kann.
  • 17 K. Wohlrabe, a.a.O.
  • 18 C. M. Schmidt, N. aus dem Moore, M. Themann: Mission Impossible? Zur Verbindung von Politikberatung und „Spitzenforschung“, in: Wirtschaftsdienst, 93. Jg. (2013), H. 8, S. 511-515.
  • 19 Vgl. auch A. Merkel, a.a.O.

Title:What Influence Do Researchers Have in the Media and in Economic Policy?

Abstract:The “FAZ Economists Ranking”, which considers not only economists’ research output but also their political and public influence, shows that there are very few economists currently doing research that has been taken up widely in the research community, in the media and by policy makers. The paper presents sensitivity analyses and evidence about the influence of non-­economists. One could argue that the quality of research output does not significantly determine the impact of research on policy, media and decision makers. However, even if one reduces the weight of the quality of research output in the overall indicator, the rankings change only minimally. Furthermore, compared to economists, the influence of non­-economists on economic policy is marginal.


DOI: 10.1007/s10273-015-1780-4

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