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Der HWWI-Rohstoffpreisindex gewann auch im Juni hinzu. Damit stieg er im fünften Monat in Folge und notierte um 42,6% höher als im Monatsdurchschnitt Januar. 1Insgesamt wäre der Anstieg im Juni noch stärker ausgefallen, wenn gegen Ende des Monats die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen, die Rohstoffpreise nicht belastet hätte. Marktakteure auf den Rohstoffmärkten befürchteten, dass davon das Wachstum der Weltwirtschaft negativ betroffen werden könnte. Insgesamt stieg der HWWI-Rohstoffpreisindex im Juni aber vor allem aufgrund höherer Preise bei den Nahrungs- und Genussmitteln sowie bei den Energierohstoffen.

Rohöl

Produktionsausfälle trugen dazu bei, dass der Preis für die europäische Leitsorte Brent im Mai und Juni zeitweise auf über 50 US-$ pro Barrel stieg. Im Vergleich dazu lagen im Januar die Notierungen für Rohöl noch unter 30 US-$ und waren auf den tiefsten Stand seit über einer Dekade gefallen (vgl. Abbildung 1). In Kanada hatten im Verlauf des Monats Mai schwere Waldbrände dazu geführt, dass dort die Ölförderung zu einem großen Teil gestoppt werden musste. In Nigeria wurde die Ölförderung aufgrund von Unruhen heruntergefahren und erreichte einen so niedrigen Stand wie seit 22 Jahren nicht mehr. Aber auch im Irak und Libyen kam es zu Produktionsausfällen. Die Preisanstiege beim Öl wurden jedoch durch die höhere Ölproduktion in der gesamten OPEC gedämpft: Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Iran nach dem Wegfall von internationalen Sanktionen seine Ölförderung massiv erhöht hat. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) erreichte der Iran im Mai eine Ölproduktion von 3,64 Mio. Barrel pro Tag, so viel wie zuletzt im Juni 2011.2 Darüber hinaus ist es nach den Preisanstiegen beim Rohöl in den letzten Monaten auch für viele US-amerikanische Ölproduzenten wieder lukrativ, an den Markt zurückzukehren.

Abbildung 1
Rohöl der Sorte Brent

US-$ pro Barrel

30981.png

Quelle: HWWI.

Die OPEC-Länder entschieden sich auf ihrer Sitzung am 2. Juni 2016 in Wien gegen Förderkürzungen, so dass angebotsseitig kein weiterer Aufwärtsdruck beim Ölpreis entstand. Doch die steigende weltweite Rohölnachfrage, die zunehmend das bestehende Überangebot auf dem Ölmarkt aufnimmt, war zum großen Teil verantwortlich für weiter steigende Ölpreisnotierungen. So hat die internationale Energieagentur ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage im ersten Quartal 2016 von ursprünglich 1,2 Mio. auf 1,5 Mio. Barrel pro Tag angehoben. Während die europäische Leitsorte Brent sich im Juni um 4,5% gegenüber Mai verteuerte, stieg der Preis für das US-amerikanische WTI-Öl um 4% an. Gegen Ende des Monats Juni führte die Entscheidung in Großbritannien, die EU zu verlassen, zu größerer Unsicherheit auf dem Ölmarkt. Infolgedessen sank der Brentölpreis vorübergehend um 5,3%, erholte sich jedoch wieder und pendelte sich an den beiden letzten Handelstagen im Juni wieder bei rund 50 US-$ ein.

Industrierohstoffe

Nachdem die Preise für Industrierohstoffe drei Monate hintereinander angestiegen waren, gaben sie im Monatsdurchschnitt Mai und Juni nach. Insbesondere der Preis für Eisenerz sank in diesen beiden Monaten und lag im Juni um 13,8% niedriger als noch im April. Dagegen blieb der Index für NE-Metalle über denselben Zeitraum mit einem Plus von 0,1% nahezu unverändert. Doch die Entwicklung der einzelnen NE-Metalle im Index war sehr verschieden: Während sich Zink kräftig verteuerte, verbilligte sich Kupfer signifikant.

Der Zinkpreis stieg im Juni auf ein Einjahreshoch und notierte Ende des Monats bei über 2100 US-$ pro Tonne, was einem Plus von 45,6% gegenüber Mitte Januar 2016 entsprach, als für eine Tonne weniger als 1455 US-$ bezahlt wurde. Die Preisanstiege beim Zink sind vor allem auf ein knapperes Angebot zurückzuführen. Es wirken sich nun Produktionskürzungen aus dem Jahr 2015 aus, als größere Minen in Irland (Lisheen) und Australien (Century) geschlossen wurden. Auf dem Zinkmarkt besteht weiterhin Unsicherheit darüber, ob sich dieser Kapazitätsabbau in der näheren Zukunft noch fortsetzen könnte und wie sich die chinesische Nachfrage entwickelt.

Sowohl die Kupfer- als auch die Eisenerzpreise sanken vor allem aufgrund der nachlassenden Industrieproduktion in China, die geringere Impulse aus den wirtschaftlichen Förderprogrammen der chinesischen Regierung erhielt. Vor dem Mai hatte sich Eisenerz vier Monate hintereinander verteuert. Auch eine neue Regulierung an der chinesischen Rohstoffbörse Dalian Commodity Exchange trug zu den einsetzenden Preisrückgängen beim Eisenerz bei, da dessen Handel eingeschränkt wurde, um starken Preisausschlägen aufgrund von Spekulation vorzubeugen. Gleichzeitig wirkte auch der Angebotsüberhang auf dem Stahlmarkt preissenkend, da er die Aussichten für die zukünftige Eisenerznachfrage verschlechtert. Vor diesem Hintergrund verbilligte sich Eisenerz von Anfang Mai bis Mitte Juni um rund 26,5%. Grundsätzlich dürfte es auf die Entwicklung der Metallpreise dämpfend wirken, dass die chinesische Regierung plant, über eine engere Kreditvergabe den Überhang an Immobilien in Städten zu beseitigen. Eine geringe Auftragslage im Bausektor führt zu einer niedrigeren Nachfrage besonders nach Metallen wie Zink, Aluminium und Kupfer, aber auch nach Eisenerz.

Nahrungs- und Genussmittel

Seit Juni 2015 erhöhte sich der Index für Nahrungs- und Genussmittel um 10,4%. Besonders in den letzten Monaten waren beim Index Preisanstiege zu beobachten. Seit März 2014 war der Index für Nahrungs- und Genussmittel nicht mehr so stark gestiegen wie im Monatsdurchschnitt Mai (+7%) und auch im Juni war mit einem Plus von 5,6% ein starker Anstieg zu verzeichnen. So notierte er im Monatsdurchschnitt Juni 2016 im Vergleich zum vorangegangenen Februar um 21,3% höher. Im Februar war der Index für Nahrungs- und Genussmittel auf US-$-Basis noch auf einen Tiefstand wie zuletzt im Dezember 2008 gesunken (vgl. Abbildung 2). Zu den jüngsten Preisanstiegen trugen vor allem Sojabohnen, Reis, Mais, Zucker und Kaffee bei.

Abbildung 2
HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe
2010 = 100, auf US-$-Basis
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Quelle: HWWI.

Der Sojabohnenpreis lag im Laufe des Monats Juni mit über 1178 US-Cents je Scheffel so hoch wie zuletzt im Sommer 2014. Ernteausfälle aufgrund von starken Regenfällen in Südamerika wirkten bei den Sojabohnen preissteigernd. Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) geht daher in seinem Bericht vom Mai von einem globalen Abbau der Lagerbestände an Sojabohnen von rund 3,8 Mio. Tonnen für die Erntesaison 2015/2016 aus.3 Darüber hinaus wurde der Sojabohnenpreis im Juni durch eine gestiegene Nachfrage aus China nach Sojabohnenmehl für Tierfutter getrieben. Beim Getreide stiegen vor allem die Preise für Reis und Mais an. Während Reis im Juni um 15,3% höher notierte als noch im April, lag der Anstieg beim Mais für denselben Zeitraum bei 10,1%. Das Reisangebot ist betroffen von einer Trockenheit in Südostasien und das Maisangebot von ungünstigen Wetterverhältnissen in Brasilien. Gegen Ende Juni setzen aber beim Mais starke Preisrückgänge ein, als das US-amerikanische Agrarministerium mitteilte, die Anbaufläche für Mais sei in den USA kräftig gestiegen und die Maislagerbestände lägen über den Erwartungen.

Bei den Genussmitteln führten Nachrichten, Zucker könnte sich zunehmend verknappen, zu einem Preisanstieg. Während der Zuckerpreis im Monatsdurchschnitt Februar 2016 noch bei 13,3 US-Cent lag, notierte er im Juni bei 19,3 US-Cents. Der Kaffeepreis stieg auf ein Hoch, das zuletzt im Februar 2015 erreicht wurde. Hier trieben Befürchtungen die Preise, dass die starken Regenfälle in Brasilien, dem weltweit größten Produzenten von Arabica-Kaffee, die Qualität der geernteten Kaffeebohnen wesentlich beeinträchtigt haben könnten. Neben wetterbedingten Produktionsausfällen dürfte in den letzten Monaten aber auch das teurere Rohöl über höhere Düngemittel- oder Treibstoffkosten preissteigernd auf die Nahrungs- und Genussmittel gewirkt haben.

  • 1 Alle Wachstumsraten im Text wurden für den Industrieländerindex auf US-$-Basis berechnet.
  • 2 International Energy Agency (IEA): Oil Market Report, Juni 2016.
  • 3 United States Department of Agriculture (USDA): Oilseeds: World Markets and Trade, Mai 2016.


DOI: 10.1007/s10273-016-2009-x

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