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Die Zinsen in Deutschland erreichen bereits seit mehreren Jahren historische Tiefststände. Tatsächlich ist der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank, gemessen an verschiedenen Taylorregeln, für Deutschland bereits seit Langem deutlich zu niedrig. Dies stellt ein Risiko für die Finanzsystemstabilität dar. Wie stark sich dies in Deutschlands bankbasiertem Finanzsystem materialisiert, hängt auch davon ab, inwieweit die Niedrigzinsen an Bankkunden durchgereicht wurden. Die Untersuchung des Autors deutet darauf hin, dass die gesunkenen Leitzinsen in der Niedrigzinsphase schneller und stärker an Bankkunden weitergegeben wurden als zuvor. Zudem zeigt sich, dass die Aufschläge der Banken auf den Leitzins in der Niedrigzinsphase signifikant zurückgegangen sind – mit negativen Folgen für die Profitabilität deutscher Banken.

Die Zinsen in Deutschland sind seit 2008 rückläufig und befinden sich bereits seit mehreren Jahren auf historischen Tiefstständen. Grund für die niedrigen Zinsen ist die drastische Absenkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) als Antwort auf den gravierenden Konjunktureinbruch im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zum Jahreswechsel 2008/2009. So ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands 2009 um über 5½% zurück. Während die deutsche Volkswirtschaft sich anschließend zügig von der Krise erholte, fielen aufgrund der Staatsschuldenkrise weite Teile des übrigen Euroraums konjunkturell deutlich zurück. Da die EZB ihre Geldpolitik am gesamten Euroraum ausrichtet, hielt sie die Leitzinsen weiter auf niedrigem Niveau und senkte diese sogar noch weiter bis zur Nullzinsgrenze. Den Verlautbarungen der EZB zufolge ist auch in näherer Zukunft nicht mit einer Rückkehr zu höheren Leitzinsen zu rechnen, da sie ihre, über die Niedrigzinsen hinausgehenden, geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen, wie den Ankauf von Wertpapieren, noch bis mindestens zum Jahresende 2017 fortsetzen will. Angesichts gut ausgelasteter gesamtwirtschaftlicher Kapazitäten, sehr niedriger Arbeitslosigkeit und sprudelnder Steuereinnahmen ist davon auszugehen, dass das Leitzinsniveau für Deutschland bereits seit Längerem deutlich zu niedrig ist. Stellt man darüber hinaus in Rechnung, dass die Inflation in Deutschland in den vergangenen Jahren mit Ausnahme einiger Monate durchweg positiv war, wenn auch unterhalb der Zielmarke der EZB, so ist der reale Leitzins bereits seit Jahren negativ.

Zinsen sind wichtige Preise in einer Marktwirtschaft. Sie bringen die gesamtwirtschaftliche Ersparnisbildung und die Investitionswünsche in Übereinstimmung und stellen die effiziente Allokation der Ersparnisse in produktive Verwendungen sicher. Werden Zinsen über längere Zeit nach unten verzerrt, besteht die Gefahr von Fehlallokationen in einem Umfang, der zu einer Gefährdung für die gesamtwirtschaftliche Stabilität sowie die Stabilität des Finanzsystems werden kann.1 Zu nennen sind hier insbesondere kreditfinanzierte Vermögenspreisblasen beispielsweise bei Wertpapieren oder Immobilien2 sowie eine höhere Risikobereitschaft der Banken.3 Ersteren dürfte spätestens bei einer Normalisierung der Leitzinsen die Luft ausgehen, mit möglichen Verwerfungen im Finanzsystem. Zudem beklagen die deutschen Banken rückläufige Zinserträge durch das Auslaufen höher verzinster Altkredite und geringere Zinsmargen4 bei Neukrediten. Die deutschen Banken haben das zum Teil durch verstärkte Fristentransformation kompensiert, was ihr Zinsänderungsrisiko erhöht. Auch hier stellt eine (rasche) Normalisierung der Leitzinsen eine Gefahr für die Stabilität des deutschen Bankensystems dar.5 Diese Sichtweise wird auch von den Ergebnissen einer gemeinsamen Umfrage der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter 1500 kleineren und mittelgroßen deutschen Kreditinstituten gestützt.6 Danach dürften sowohl ein weiteres Anhalten des Niedrigzinsumfeldes als auch eine Normalisierung der Leitzinsen die befragten Institute deutlich belasten.

Angemessenes Leitzinsniveau?

Wie gravierend das Problem der Niedrigzinsen aus deutscher Sicht ist, soll im Folgenden kurz anhand von Taylorzinsen aufgezeigt werden. Mit ihrer Hilfe kann geschätzt werden, welches Leitzinsniveau für Deutschlands makroökonomische Situation „angemessen“ ist. Der Leitzins it ist dabei eine Funktion der Inflation(-serwartungen)7 πt sowie der Produktionslücke ỹt:

Dabei bezeichnet rt den gleichgewichtigen Realzins und πZiel die Zielinflationsrate. Die Parameter α und β stellen die Gewichtung der Inflationslücke und Produktionslücke dar. 1993 schlägt Taylor eine Gleichgewichtung mit den Werten 0,5 für beide Parameter vor.8 Einige Jahre später empfiehlt er hingegen an anderer Stelle eine höhere Gewichtung der Produktionslücke mit α = 0,5 und β = 1,0.9 Die Parameterwerte können auch empirisch ermittelt werden. Da Zentralbanken Zinsänderungen üblicherweise in kleineren Schritten vornehmen, wird Gleichung (1) um einen Zinsglättungsparameter ergänzt. Die Schätzgleichung lautet dann wie folgt:

Dabei bezeichnet θ den zusätzlichen Glättungsparameter und ε den Störterm. Die Schätzung der Parameter erfolgt mit der nichtlinearen Kleinstquadratmethode auf Basis von Jahresdaten von 1974 bis 1998. Die dergestalt geschätzte Taylorregel modelliert somit das Zinssetzungsverhalten der Deutschen Bundesbank vor Einführung des Euro.

Bei der Ermittlung der Taylorzinsen besteht sowohl über die Parameter α, β und θ als auch über das zu verwendende Inflationsmaß Unsicherheit. Darüber hinaus ist die Produktionslücke eine unbeobachtbare Größe, die mit verschiedenen Verfahren geschätzt werden kann. Um dieser Unsicherheit Rechnung zu tragen, werden verschiedene Maße für die Inflation und die Produktionslücke herangezogen. Für die Inflation werden der Deflator des BIP sowie der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI)10 verwendet. Für die Produktionslücke finden zwei Schätzgrößen der Europäischen Kommission Anwendung. Eine wird mithilfe des Hodrick-Prescott-Filters ermittelt, die andere mithilfe einer gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion des Cobb-Douglas-Typs.11 Für die Berechnung sowie Schätzung der Taylorzinsen werden jährliche Daten für Zinsen, Inflation und Produktionslücke von der AMECO-Datenbank der Europäischen Kommission verwendet. Der gleichgewichtige Realzins beträgt dabei konstant 1,3%. Diese Rate entspricht dem geschätzten, durchschnittlichen Wachstum des Produktionspotenzials Deutschlands von 1995 bis 2015 gemäß der Schätzung der Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.12 Im Falle der empirisch ermittelten Parameter entspricht die Konstante dem geschätzten, gleichgewichtigen Nominalzins. Die Zielinflationsrate entspricht dabei dem von der Deutschen Bundesbank regelmäßig bekannt gegebenen, unvermeidbaren Preisanstieg. Insgesamt ergeben sich zwölf verschiedene Taylorzinsen aus der Kombination der verschiedenen Messgrößen und Konzepte (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1
Schätzergebnisse Taylorregeln
  Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4
Konstante 5,61*** 5,88*** 6,11*** 6,25***
(11,52) (13,47) (15,43) (16,80)
Glättungsparameter 0,40*** 0,31*** 0,35*** 0,27**
(4,21) (2,96) (3,55) (2,72)
Inflationslücke HVPI   1,11***   1,03***
  (3,61)   (3,37)
Inflationslücke BIP-Deflator 0,94***   0,86***  
(3,60)   (3,57)  
Produktionslücke HP-Filter     0,72*** 0,57***
    (3,72) (2,65)
Produktionslücke Produktionsfunktion 0,79 *** 0,60**    
(3,26) (2,32)    
Strukturbruch 1992 in Konstante -1,24*** -1,85*** -1,72*** -2,18***
(2,68) (4,51) (4,06) (6,34)
Beobachtungen 25 25 25 25
adjust. R2 0,85 0,83 0,86 0,87

Anmerkungen: *** 99% Signifikanzniveau, ** 95% Signifikanzniveau; absolute, robuste (Newey-West) t-Werte in Klammern.

Quelle: eigene Darstellung und Berechnungen.

Abbildung 1 fasst die Ergebnisse zusammen. Sie stellt die mittlere Abweichung des tatsächlichen Leitzinses (EZB-Hauptrefinanzierungssatz) von den verschiedenen Taylorzinsen dar. Darüber hinaus wird die Bandbreite der Taylorzinsen als größte positive sowie größte negative Abweichung des Leitzinses vom Taylorzins abgebildet. Es zeigt sich, dass die Leitzinsen bis 2010 in etwa angemessen für die gesamtwirtschaftliche Situation Deutschlands waren. Ab 2011 ist das Leitzinsniveau allerdings, unabhängig davon welche Taylorregel und welche Messgrößen man zugrunde legt, im Durchschnitt um über 2½ Prozentpunkte zu niedrig. Unterstellt man die Prognose der Europäischen Kommission vom Februar 2017 für Produktionslücke und Inflation, so dürfte sich der Abstand zum geldpolitisch neutralen Zinsniveau im laufenden und im kommenden Jahr sogar auf etwa 3,3 Prozentpunkte erhöhen, sofern die Leitzinsen nicht spürbar angehoben werden.13

Abbildung 1
Abweichung der Leitzinsen von Taylorzinsen
in Prozentpunkten
Abweichung der Leitzinsen von Taylorzinsen in Prozentpunkten

Anmerkungen: Jahresdaten; Minimum, Maximum und Mittelwert der Differenz des Hauptrefinanzierungssatzes der Europäischen Zentralbank und verschiedener Taylorzinsen in Prozentpunkten; 2017 und 2018 Prognosen (schattiert).

Quelle: eigene Darstellung und Berechnungen.

Der Zinskanal in der Niedrigzinsphase

In dem überwiegend (haus-)bankbasierten deutschen Finanzsystem spielt das Verhalten der Banken die zentrale Rolle für die Transmission der geldpolitischen Impulse über den Zinskanal. Eine unvollständige oder zeitlich stark verzögerte Weitergabe der Leitzinssenkungen schmälert die Effektivität der Geldpolitik, mindert aber gleichzeitig auch die Gefahren, die aus den extremen Niedrigzinsen erwachsen können. Ziel dieser Untersuchung ist es empirisch zu ermitteln, inwieweit die niedrigen Leitzinsen von den Geschäftsbanken an Privat- und Geschäftskunden sowohl im Aktiv- als auch im Passivgeschäft weitergereicht wurden und ob sich die Zinstransmission nahe und an der Nullzinsgrenze von der vor der Niedrigzinsphase unterscheidet. Die sehr niedrigen Zinsen werden zu einem potenziellen Problem für die Stabilität des Finanzsystems, wenn sie eine starke Stauchung der Zinsmarge bewirken, weil die Einlagenzinsen bereits an die Nullzinsgrenze stoßen, die Kreditzinsen aber aufgrund des Wettbewerbsdrucks weiter zurückgehen.

Empirisches Modell und Daten

Zur Untersuchung der Zinsübersetzung durch Banken werden verschiedene Zinsen der Geschäftsbanken itBank in Abhängigkeit vom Leitzins itLeit modelliert (Gleichung 3). Der Parameter βTrans gibt dabei an, in welchem Maße die Geschäftsbanken veränderte Notenbankzinsen kontemporär an ihre Kunden weitergeben. Im Falle einer vollständigen Durchleitung nimmt βTrans den Wert 1 an. Der Parameter α lässt sich als durchschnittlicher Aufschlag der Bankenzinsen auf den Leitzins interpretieren.14 Dieser besteht dabei aus mehreren Komponenten. Zum einen decken die Banken über diesen Aufschlag ihre Betriebskosten und zum anderen verlangen sie bei Kreditzinsen eine Risikoprämie. Zudem ergibt sich bei unvollständigem Wettbewerb ein Gewinnaufschlag.

Empirisch wird die Zinstransmission in einem Fehlerkorrekturmodell umgesetzt (Gleichung 4). Gleichung (3) (ohne Konstante) stellt dabei die langfristige Gleichgewichtsbeziehung dar. Dieses Verfahren hat, neben der Vermeidung von Scheinregression aufgrund von Nichtstationarität, den Vorteil, die lang- und kurzfristige Beziehung von Bank- und Leitzinsen sowie deren kurzfristige Dynamik explizit zu modellieren.

Dabei bildet βTrans weiterhin die kurzfristige Übersetzung von Leit- in Bankzinsen ab, während γ den Anpassungsparameter an das langfristige Gleichgewicht bezeichnet. Ist γ signifikant kleiner als 0, so liegt eine langfristige Gleichgewichtsbeziehung und mithin eine Kointegrationsbeziehung beider Zinssätze vor. Die Parameter bi und βi beschreiben die kurzfristige Dynamik der Zinssätze und ut bezeichnet den Störterm. Um zu prüfen, ob sich die Zinstransmission in der Niedrigzinsphase verändert hat, enthält Gleichung (4) zwei weitere Terme. Dt bezeichnet dabei eine Dummyvariable, die den Wert 1 ab Mai 2009 annimmt und sonst 0 ist. Der Parameter αNZ misst somit die Veränderung des Zinsaufschlages in der Niedrigzins­phase und der Parameter βTrans_NZ die Abweichung des Parameters der kurzfristigen Zinstransmission von seinem Wert vor der Niedrigzinsphase.

Gleichung (4) wird mit der zweistufigen Kleinstquadratmethode nach Engle und Granger15 geschätzt. Darüber hinaus wird das Modell auf weitere Strukturbrüche vor und während der Niedrigzinsphase untersucht. Dazu wird der Test auf Strukturbruch zu unbekanntem Zeitpunkt von Andrews und Plowberger16 mit P-Werten nach Hansen17 verwendet. Die von dem Test identifizierten Brüche werden anschließend ebenfalls mit entsprechenden Dummyvariablen modelliert. Darüber hinaus wird mit dem Maß von Krasker und Welsch18 auf Ausreißer getestet und identifizierte Ausreißer entfernt.

Datengrundlage für die Zinsen der Geschäftsbanken bilden die monatlichen Zinsstatistiken (Neugeschäft) der EZB und der Deutschen Bundesbank. Die EZB-Zinsstatistiken für Monetäre Finanzinstitute (MFI) beginnen allerdings erst im Jahr 2003. Um den Stützzeitraum auf die gesamte Periode der Währungsunion zu erweitern, werden die EZB-Daten mit Daten der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank bis zum Januar 1999 zurückgeschrieben. Dazu wird jeweils das Zinsniveau aus dem Januar 2003 mit den absoluten Veränderungen der entsprechenden Zinssätze der Bundesbankstatistik zurückgerechnet.19 Aufgrund methodischer Unterschiede bei der Datenerhebung sind die Zinssätze der MFI- und der Bundesbank-Zinsstatistik aber nur eingeschränkt vergleichbar. Die Zuordnung der jeweiligen Reihen erfolgt auf Grundlage der Vorschläge der Deutschen Bundesbank.20 Als Leitzins wird der Hauptrefinanzierungssatz der EZB verwendet.

Privatkunden

An dieser Stelle wird zunächst die Durchleitung von Leitzinsen an private Haushalte untersucht. Dazu werden drei Zinssätze herangezogen: kurzfristige Einlagenzinsen,21 Konsumentenkreditzinsen22 und Hypothekenzinsen23. Betrachtet man den Verlauf der Zinsen für Sichteinlagen, so lässt sich feststellen, dass sich diese in der Niedrigzins­phase den Leitzinsen stark angenährt haben (vgl. Abbildung 2). Die zuvor bestandene Spreizung, nach der die Einlagenzinsen im Durchschnitt etwa 1,6 Prozentpunkte unterhalb des Leitzinses lagen, ist kaum mehr existent. Das drastisch gesunkene Leitzinsniveau wurde hier offenbar erstmals vollständig an die privaten Einleger weitergereicht. Vor der Niedrigzinsphase erfolgte die Weitergabe sowohl bei steigenden als auch fallenden Leitzinsen offenbar nur partiell. Dies zeigt sich an der Differenz zwischen Leit- und Einlagenzins, die vor der Niedrigzinsphase zwischen 0,8 und 2,8 Prozentpunkten schwankte.

Abbildung 2
Leit-, Kredit- und Einlagenzinsen (Privatkunden, Neugeschäft)
in %
Leit-, Kredit- und Einlagenzinsen (Privatkunden, Neugeschäft)

Anmerkungen: Monatsdaten; Niedrigzinsphase schattiert.

Quelle: Deutsche Bundesbank, Europäische Zentralbank; eigene Darstellung.

Anders stellt sich die Situation bei den Konsumentenkrediten dar. Hier scheint sich die bereits zuvor bestehende Spread zwischen Leit- und Bankenzins in der Niedrigzins­phase vergrößert zu haben. Offenbar wurden die niedrigeren Finanzierungskosten nur in geringem Umfang an die Kreditnehmer weitergereicht. Allerdings scheint auch vor der Niedrigzinsphase die Weitergabe veränderter Notenbankzinsen bei Konsumentenkrediten kaum erfolgt zu sein. Hingegen stellt sich der Zusammenhang zwischen Leit- und Hypothekenkreditzinsen, trotz längerer Zinsbindungsfristen, augenscheinlich deutlich enger dar. Die Spreizung zum Leitzins scheint zwar 2009 bis 2011 etwas höher zu sein als im historischen Mittel, seitdem scheint diese aber wieder ungefähr auf Vorkrisenniveau zu liegen.

Tabelle 2
Schätzergebnisse Zinstransmission zu Privatkunden
  Einlagen Konsumenten­kredite Hypotheken­kredite
α 0,10*** 6,11*** 1,04***
(7,51) (22,46) (5,91)
y -0,19*** -0,85*** -0,24***
(8,22) (22,40) (5,99)
βTrans 0,33*** 0,03 0,23***
(32,61) (1,40) (7,81)
βTrans_NZ -0,01 0,44*** 0,17***
(0,76) (7,87) (3,43)
αNZ -0,01 -0,57*** -0,17***
(0,32) (7,57) (3,40)
weitere Strukturbrüche (α) in der Niedrigzinsphase (mm/JJ) -0,03*** (2/2012) (5,09) 0,73*** (6/2010) (12,81) -0,11*** (2/2010) (4,75)
-0,02*** (11/2012) (3,09) -0,51*** (3/2012) (14,56) -0,18*** (7/2011) (6,62)
-0,02*** (2/2015) (4,11) -0,26*** (3/2015) (6,20) -0,12*** (1/2015) (4,83)
- -0,21*** (8/2016) (7,32) -0,04*** (5/2016) (3,11)
Σ Strukturbrüche (α) -0,07 -0,82 -0,62
Beobachtungen 216 216 216
adjust. R2 0,86 0,74 0,61

Anmerkungen: *** 99% Signifikanzniveau; absolute, robuste (Newey-West) t-Werte in Klammern.

Quelle: eigene Darstellung und Berechnungen.

Ob es sich bei den grafisch beobachteten Veränderungen tatsächlich um signifikante, strukturelle Veränderungen in der Zinsübersetzung handelt, wird im Folgenden anhand des zuvor vorgestellten Untersuchungsrahmens überprüft. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen24 bestätigen weitgehend die ersten Eindrücke (vgl. Tabelle 2). Bei allen Zinsarten findet eine kontemporäre Übertragung von Leitzinsänderungen nur eingeschränkt statt, wie die Schätzer für βTrans von deutlich kleiner als 1 zeigen. Im Falle der Konsumentenkredite ist dieser nicht einmal signifikant von null verschieden. Leitzinsanpassungen werden in der kurzen Frist folglich gar nicht an Konsumentenkreditnehmer weitergereicht. In der Niedrigzinsphase hat sich dies jedoch geändert. Während sich bei den Einlagenzinsen der kurzfristige Reaktionskoeffizient nicht signifikant verändert hat, ist er im Falle beider Kreditzinsen signifikant höher. Bezüglich des Aufschlags auf die Leitzinsen besteht ein deutlicher Niveauunterschied zwischen beiden Kreditzinsen. Sowohl bei den Konsumenten- als auch den Hypothekenkrediten ist die Zinsmarge in mehreren Schritten signifikant zurückgegangen, wie mehrere negative Strukturbrüche in den Absolutgliedern zeigen.25 Für eine Veränderung der Langfristbeziehung zwischen Leit- und Bankzinsen findet sich hingegen keine empirische Evidenz. Bei allen untersuchten Zinsarten zeigte der Andrews-Plowberger-Test keine signifikanten Brüche im γ-Parameter an.

Aus Sicht der Banken kommen ihre Erträge sowohl im Einlagen- als auch Kreditgeschäft mit Privatkunden unter Druck. Zum einen ist eine zinsgünstigere Refinanzierung über das Einlagengeschäft im Vergleich zur Refinanzierung über die Zentralbank oder den Geldmarkt nicht mehr möglich. Zwar können sich die Banken gegenwärtig zinsfrei bei der EZB refinanzieren, wäre die vorherige Zinsdifferenz allerdings erhalten geblieben, lägen die Einlagenzinsen bereits deutlich unterhalb der Nullzinsgrenze. Zum anderen sind die Aufschläge der Kreditzinsen auf den Leitzins signifikant zurückgegangen. Allerdings sind diese insbesondere bei den Konsumentenkrediten weiterhin sehr hoch.

Abbildung 3
Leit-, Kredit- und Einlagenzinsen (Geschäftskunden, Neugeschäft)
in %


Leit-, Kredit- und Einlagenzinsen (Geschäftskunden, Neugeschäft)

Anmerkungen: Monatsdaten; Niedrigzinsphase schattiert.

Quellen: Deutsche Bundesbank, Europäische Zentralbank; eigene Darstellung.

Geschäftskunden

In diesem Abschnitt wird die Weitergabe von Leitzinsen an Geschäftskunden untersucht. Dazu werden drei Zinssätze herangezogen: kurzfristige Einlagenzinsen,26 Kreditzinsen kleiner Kreditvolumina27 und Kreditzinsen größerer Kreditvolumina.28 Betrachtet man die Verläufe von Einlagenzinsen und Leitzinsen, so lässt sich feststellen, dass diese offenbar sehr eng korrelieren (vgl. Abbildung 3). Eine deutliche Spreizung zwischen beiden Zinssätzen, wie bei privaten Einlegern vor der Niedrigzinsphase, bestand zu keiner Zeit und Änderungen des Notenbankzinses wurden scheinbar direkt an die gewerblichen Einlagenkunden weitergegeben. Am aktuellen Rand liegen die Einlagenzinsen sogar knapp unterhalb der Nullzinsgrenze. Hintergrund dürfte die negative Verzinsung der Einlagefazilität der EZB sein, die offenbar zumindest zum Teil an Geschäftskunden weitergereicht wird. Die Zinsen für klein- wie großvolumige Unternehmenskredite weisen hingegen einen deutlichen Aufschlag gegenüber dem Leitzins auf. Dieser scheint im Zeitablauf zudem nicht sehr stark zu schwanken, was für eine recht zeitnahe Übersetzung von geänderten Notenbankzinsen in Geschäftsbankenzinsen spricht.

Tabelle 3
Schätzergebnisse Zinstransmission zu Geschäftskunden
  Einlagen Unternehmenskredite
  (klein) (groß)
α 0,13*** 1,15*** 1,31***
(10,30) (8,84) (6,30)
y -0,46*** -0,31*** -0,41***
(8,60) (8,61) (6,29)
βTrans 0,90*** 0,44*** 0,49***
(127,31) (23,88) (16,63)
βTrans_NZ -0,03 0,24*** 0,27***
(0,99) (4,03) (3,22)
αNZ 0,15*** -0,15*** -0,17*
(2,93) (3,15) (1,82)
weitere Strukturbrüche (α) in der Niedrigzinsphase (mm/JJ) 0,15*** (6/2010)(7,46) -0,10*** (10/2009)(2,60) -0,23*** (1/2010)(5,25)
-0,16*** (3/2012)(8,19) -0,25*** (7/2011)(6,40) -0,25*** (7/2011)(5,09)
0,10*** (5/2013)(6,16) 0,09** (6/2013)(2,45) 0,157** (5/2013)(2,35)
0,13*** (11/2013)(4,56) -0,12*** (12/2014)(4,83) -0,20*** (10/2014)(4,27)
-0,07*** (2/2016)(8,21) - -0,13*** (1/2016)(5,99)
Σ Strukturbrüche (α) 0,29 -0,54 -0,82
Beobachtungen 216 216 216
adjust. R2 0,86 0,57 0,29

Anmerkungen: *** 99% Signifikanzniveau, ** 95% Signifikanzniveau, * 90% Signifikanzniveau; absolute, robuste (Newey-West) t-Werte in Klammern.

Quelle: eigene Darstellung und Berechnungen.

Die Regressionsanalysen29 zur Übersetzung von Zinsen von Geschäftskunden kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Untersuchungen bei Privatkunden (vgl. Tabelle 3). Auch hier findet bei allen drei Zinsarten nur eine teilweise kontemporäre Weitergabe von Zinsänderungen statt, bei den Einlagenzinsen ist sie allerdings fast 1:1.30 Bei allen drei Zinsarten ist die kurzfristige Weitergabe von geänderten Notenbankzinsen aber deutlich ausgeprägter als bei Privatkunden. Bei den Kreditzinsen ist diese in der Niedrigzinsphase zudem signifikant stärker geworden. Bei den Einlagenzinsen gab es, wie auch bei privaten Einlagen, keine signifikante Veränderung. Analog zu den Kreditzinsen für Privatkunden sind auch die Aufschläge auf den Leitzins in mehreren Schritten signifikant zurückgegangen. Die Langfristbeziehungen zwischen Leit- und Bankenzins blieben hingegen bei allen Zinsarten stabil. Hier zeigte der Andrews-Plowberger-Test keine signifikanten Brüche im γ-Parameter an.

Zusammenfassung und Ausblick

Diese Untersuchung hat gezeigt, dass die Notenbankzinsen, gemessen an verschiedenen Taylorregeln, für die gesamtwirtschaftliche Situation Deutschlands bereits seit über sechs Jahren deutlich zu niedrig sind. Dies birgt Risiken für die gesamtwirtschaftliche Stabilität sowie die Stabilität des Finanzsystems.

Wie stark sich diese Risiken in Deutschlands bankbasiertem Finanzsystem materialisieren, hängt auch davon ab, inwieweit die Niedrigzinsen von den Geschäftsbanken an ihre Kunden weitergereicht werden. Die hier durchgeführten Analysen deuten darauf hin, dass die gesunkenen Leitzinsen sogar stärker an Bankkunden weitergegeben wurden, als dies vor der Niedrigzinsphase der Fall war, wobei die Weitergabe an gewerbliche Kunden vor und während der Niedrigzinsphase stärker war als an Privatkunden. Die kurzfristige Weitergabe war aber bei allen untersuchten Zinsarten sowohl vor als auch während der Niedrigzinsphase unvollständig. Zudem haben die Untersuchungen ergeben, dass die Kreditzinsaufschläge der Banken auf den Leitzins in der Niedrigzinsphase signifikant zurückgegangen sind; mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Profitabilität deutscher Banken.

Für eine strukturelle Veränderung der langfristigen Beziehung zwischen Bankzinsen und Leitzins gibt es hingegen keine Evidenz. Dies dürfte aus Sicht der Geldpolitik zwar erfreulich sein, da der Zinskanal auch in der Niedrigzinsphase stabil zu sein scheint. Aber die verstärkte kurzfristige Weitergabe der Niedrigzinsen sowie die gesunkenen Zinsmargen geben eher Anlass zur Sorge, da dadurch die Risiken, die aus den zu niedrigen Zinsen erwachsen, eher zugenommen haben.

Ein Vergleich von Hagemann und Wohlmann zeigt,31 dass die Zinsweitergabe in der Niedrigzinsphase in Deutschland stärker ausgeprägt war als im Gros der übrigen Eurostaaten. So gingen die Zinsen für private und gewerbliche Kreditnehmer in Deutschland und Frankreich deutlich stärker zurück als im Durchschnitt des Euroraums. In Italien und Spanien hingegen sanken diese nur unterdurchschnittlich. Als wesentliche Ursachen dafür identifizieren die Autoren Differenzen hinsichtlich der Bonität und Verschuldung von Kreditnehmern sowie der konjunkturellen Entwicklung und Inflation. Die deutlichen Unterschiede beim Preisauftrieb bewirkten zudem, dass die Divergenzen in realer Rechnung noch ausgeprägter sind als in nominaler.

Da die Niedrigzinsphase auf absehbare Zeit anhalten dürfte, sind die Ergebnisse dieser Untersuchung von hoher Aktualität und Bedeutung für die Wirtschaftspolitik. Da die (harte) Nullzinsgrenze erst im März 2016 erreicht wurde, liegen für diesen Extremfall der Niedrigzinsphase erst wenige Beobachtungen vor. Zukünftige Untersuchungen könnten daher prüfen, ob sich dadurch weitere Änderungen in der Zinsübersetzung ergeben haben. Auch wurden in dieser und anderen bisherigen Untersuchungen weitere Sonderfaktoren während der Niedrigzins­phase, wie die verschärfte Regulierung, die Auswirkungen32 der unkonventionellen Geldpolitik, Kapitalflucht in die als sicher empfundenen deutschen Staatsanleihen sowie mögliche strukturelle Faktoren im deutschen Bankensystem kaum untersucht.

Der Autor bedankt sich bei der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein für die finanzielle Förderung dieser Untersuchung; darüber hinaus bei Dr. Carsten-Patrick Meier für die Bereitstellung der Zeitreihe zum unvermeidlichen Preisanstieg.

  • 1 Für eine ausführliche Diskussion der gesamtwirtschaftlichen Ursachen und Folgen der Niedrigzinsphase vgl. J. Boysen-Hogrefe, F. Fichtner, M. Hüther, N. Jannsen, O. Landmann, M. Schrooten: Niedrige Zinsen – gesamtwirtschaftliche Ursachen und Folgen, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 9, S. 611-630, https://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2014/9/niedrige-zinsen-gesamtwirtschaftliche-ursachen-und-folgen/ (11.8.2017).
  • 2 Vgl. C. Borio, P. Lowe: Asset Prices, Financial and Monetary Stability: Exploring the Nexus, BIS, Working Paper, Nr. 114, 2002; M. Bordo, J. Landon-Lane: Does Monetary Policy Cause Asset Price Booms? Some Historical Evidence, NBER Working Paper, Nr. 19585, 2013.
  • 3 Vgl. M. D. Delis, G. P. Kouretas: Interest rates and bank risk-taking, in: Journal of Banking & Finance, 35. Jg. (2011), H. 4, S. 840-855.
  • 4 Die Begriffe Zinsmarge, Zinsspanne sowie Zinsaufschlag werden im Rahmen dieser Untersuchung synonym verwendet und bezeichnen die Differenz zwischen dem jeweiligen Bankzins und dem Leitzins.
  • 5 Vgl. Deutsche Bundesbank: Finanzstabilitätsbericht 2016, Frankfurt a.M. 2016.
  • 6 Vgl. Deutsche Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Ergebnisse der Umfrage zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld, 18.9.2015, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/BBK/2015/2015_09_18_bafin_bbk.html (20.7.2017).
  • 7 Zur Ex-post-Bewertung der Angemessenheit der Geldpolitik wird die tatsächliche Inflation in Gleichung (1) eingesetzt. Zur Ableitung des angemessenen, zukünftigen Leitzinspfades werden Inflationsprognosen der EU-Kommission vom 13.2.2017 in Gleichung (1) eingesetzt.
  • 8 Vgl. J. B. Taylor: Discretion Versus Policy Rules in Practice, Carnegie-Rochester Conference, Series on Public Policy, 39, 1993, S. 195-214.
  • 9 Vgl. J. B. Taylor: A Historical Analysis of Monetary Policy Rules, in: J. B. Taylor (Hrsg.): Monetary Policy Rules, Chicago 1999, S. 319-348.
  • 10 Für die empirisch ermittelten Taylorzinsen wurde der nationale Verbraucherpreisindex verwendet.
  • 11 Vgl. K. Havik, K. McMorrow, F. Orlandi, C. Planas, F. Raciborski, W. Röger, A. Rossi, A. Thum-Thysen, V. Vandermeulen: The Production Function Methodology for Calculating Potential Growth Rates & Output Gaps, in: European Economy, Economic Papers, Nr. 535, 2014.
  • 12 Vgl. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert, Frühjahrsgutachten 2016.
  • 13 Neben den Nullzinsen erhöhen weitere unkonventionelle Maßnahmen der EZB den geldpolitischen Expansionsgrad zusätzlich. Dies findet bei dem Vergleich von Taylorzinsen und tatsächlichen Leitzinsen allerdings keine Berücksichtigung. Ein Maß, das diese berücksichtigt, sind die sogenannten Schattenzinsen. Vgl. dazu J. C. Wu, F. D. Xia: Measuring the Macroeconomic Impact of Monetary Policy at the Zero Lower Bound, in: Journal of Money, Credit and Banking, 48. Jg. (2016), H. 2-3, S. 253-291.
  • 14 Genau genommen entspricht die Konstante dem Zinsaufschlag bei einem Leitzins von Null. Ist der Zinsaufschlag unabhängig vom Niveau des Leitzinses, so ist er konstant, sofern Leitzinsänderungen in vollem Umfang weitergegeben werden.
  • 15 Vgl. R. F. Engle, C. W. J. Granger: Co-Integration and Error Correction: Representation, Estimation, and Testing, in: Econometrica, 55. Jg. (1987), H. 2, S. 251-276.
  • 16 Vgl. D. W. K. Andrews, W. Plowberger: Optimal Tests when a Nuisance Parameter is Present Only Under the Alternative, in: Econometrica, 62. Jg. (1994), H. 6, S. 1383-1414.
  • 17 Vgl. B. E. Hansen: Approximate Asymptotic P-Values for Structural Change Tests, in: Journal of Business and Economic Statistics, 55. Jg. (1997), H. 1, S. 60-67.
  • 18 Vgl. W. S. Krasker, R. E. Welsch: Efficient Bounded-Influence Regression Estimation, in: Journal of the American Statistical Association, 77. Jg. (1982), H. 379, S. 595-604.
  • 19 Dieses Verfahren vermindert die Wahrscheinlichkeit eines Strukturbruchs im Niveau beim Übergang von der Bundesbank-Zinsstatistik zur MFI-Zinsstatistik.
  • 20 Vgl. Deutsche Bundesbank: Gegenüberstellung der Instrumentenkategorien der MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft) und der Erhebungspositionen der früheren Bundesbank-Zinsstatistik, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Geld_und_Kapitalmaerkte/Zinssaetze_Renditen/gegenueberstellung.pdf?__blob=publicationFile (11.8.2017).
  • 21 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszins täglich fälliger Sichteinlagen privater Haushalte gemäß MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft, deutscher Beitrag). Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für Sichteinlagen von Privatkunden mit höherer Verzinsung gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 22 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszinssatz (einschließlich Kosten) von Konsumentenkrediten an private Haushalte gemäß MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft, deutscher Beitrag). Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für Ratenkredite von 36 bis 60 Monaten und von 5000 Euro bis 15 000 Euro gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 23 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszins von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte mit anfänglicher Zinsbindung von über fünf bis zehn Jahren (Neugeschäft, deutscher Beitrag) gemäß MFI-Zinsstatistik. Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke zu Festzinsen auf zehn Jahre gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 24 Die Rückschreibung der MFI-Zinsstatistik mit Daten der Bundesbank-Zinsstatistik scheint bei allen Zinsarten problemlos zu funktionieren. In keinem Fall identifizierte der Andrews-Plowberger-Test signifikante Strukturbrüche beim Übergang von einer Datenquelle auf die andere im Januar 2003. Im Falle der Konsumentenkreditzinsen weist die MFI-Reihe allerdings eine Saisonkomponente auf (signifikant niedrigere Zinsen im Dezember). Diese Saisonfigur, die sich zudem im Jahr 2012 signifikant abschwächt, wurde mithilfe einer Saisondummy modelliert.
  • 25 Die Strukturbrüche in den Konstanten können neben strukturellen ökonomischen Veränderungen in der Weitergabe des Zinsniveaus auch dem Umstand geschuldet sein, dass seit März 2016 erstmals Beobachtungen für Leitzinsen von Null (und seit September 2014 von fast Null) vorliegen. Die Schätzungen für die Konstante lagen somit vorher außerhalb des Wertebereichs der empirischen Beobachtungen.
  • 26 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszins von Einlagen nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften mit vereinbarter Laufzeit bis ein Jahr gemäß MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft, deutscher Beitrag). Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für Festgelder mit vereinbarter Laufzeit von einem Monat, von 500 000 Euro bis unter 2,5 Mio. Euro gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 27 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszinssatz von Krediten an nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften bis 1 Mio. Euro und anfänglicher Zinsbindung über fünf Jahre gemäß MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft, deutscher Beitrag). Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für langfristige Festzinskredite an Unternehmen und Selbstständige von 100 000 Euro bis unter 500 000 Euro gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 28 Ab Januar 2003: effektiver Jahreszinssatz von Krediten an nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften über 1 Mio. Euro und anfänglicher Zinsbindung über fünf Jahre gemäß MFI-Zinsstatistik (Neugeschäft, deutscher Beitrag). Zurückgeschrieben mit dem durchschnittlichen, effektiven Jahreszins für langfristige Festzinskredite an Unternehmen und Selbstständige von 500 000 Euro bis unter 5 Mio. Euro gemäß Bundesbank-Zinsstatistik.
  • 29 Die Rückschreibung der MFI-Zinsstatistik mit Daten der Bundesbank-Zinsstatistik scheint bei allen Zinsarten problemlos zu funktionieren. In keinem Fall identifizierte der Andrews-Plowberger-Test signifikante Strukturbrüche beim Übergang von einer Datenquelle auf die andere im Januar 2003.
  • 30 Ein χ²-Test lehnt die Nullhypothese βTrans = 1 auf dem 99% Signifikanzniveau ab.
  • 31 Vgl. D. Hagemann, M. Wohlmann: Die Transmission über den Zinskanal: von der Geldpolitik zur Kreditnachfrage, in: Wirtschaftsdienst, 97. Jg. (2017), H. 4, S. 299-303.
  • 32 D. Hagemann, M. Wohlmann, a.a.O., zeigen, dass die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen zu einer deutlichen Verflachung der Zinsstrukturkurve im Euroraum insgesamt geführt haben.

Title:How Strong and Fast Were the Low Interest Rates Passed on to Bank Customers in Germany?

Abstract:In this paper it is shown that the ECB’s main refinancing rate, measured by various Taylor-rules, has for the past decade been far too low for Germany. That entails risks for the stability of Germany’s financial system. How strong these risks materialise depends on the extent to which German banks pass on the low policy rates to their customers. In this paper, the interest rate pass-through in Germany in the low interest era is investigated using error-correction models for various bank interest rates. The results indicate a stronger short-term pass-through as well as diminished interest rate margins that weigh on banks’ profits. However, there is no evidence for structural changes in the long-term relationship between policy rates and banks’ interest rates. While the latter might be soothing for monetary policy makers, the former is rather a reason for concern.

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DOI: 10.1007/s10273-017-2206-2