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Die gegenwärtige Finanzordnung beinhaltet eine starke Umverteilung von Finanzmitteln zwischen Bund und Ländern und unter den Ländern. Es gibt aber auch Elemente der Steuerautonomie. So besteht für die Länder seit 2007 die Möglichkeit, den Satz der Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Macht ein Land von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann es im bestehenden Finanzausgleich, wie aktuelle Aufsätze zeigen, zu einer Übernivellierung kommen. Da die anstehende Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs zahlreiche Änderungen der Regeln zur Umverteilung vorsieht, untersuchen die Autoren, ob es auch im künftigen Finanzausgleich zu einer Übernivellierung kommen wird.

Ein Aspekt, der bei der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 2020 verschiedentlich diskutiert wurde, ist das Ausmaß der Umverteilung der Finanzmittel. Wie Büttner und Görbert in dieser Zeitschrift feststellen, führt die geplante Abschaffung des Umsatzsteuervorwegausgleichs zu einer Konzentration der Umverteilung auf zwei anstelle von drei Stufen.1 In der Folge vergrößern sich die sogenannten Verbleibsbeträge – also die Mittel, die bei einem Anstieg der Steuereinnahmen im Land verbleiben – bei der Körperschaftsteuer, der Erbschaftsteuer und zum Teil auch bei der Lohnsteuer. Mithin können die Länder bei diesen Steuerarten in Zukunft einen größeren Anteil von zusätzlich erwirtschafteten Einnahmen einbehalten. Allerdings gilt das nicht für die Einnahmen bei den Gemeindesteuern. Hier ist im neuen System gerade für die ostdeutschen Länder mit eigentümlichen Konstellationen zu rechnen, in dem Sinne, dass ein Mehr an Steuereinnahmen vor Umverteilung zu insgesamt weniger Einnahmen nach Umverteilung führt.

Solche Fälle von Übernivellierung sind im Finanzausgleich indes schon gegenwärtig angelegt. Büttner und Krause zeigen, dass die bestehenden Regelungen eine Übernivellierung bei der Grunderwerbsteuer herbeiführen.2 Dies liegt daran, dass die im Finanzausgleich veranschlagten Einnahmen einen durchschnittlichen Steuersatz unterstellen. Allerdings ist dieser Durchschnittswert von 3,5% auf mittlerweile 5,28% massiv angestiegen, nachdem den Ländern 2007 Steuersatzautonomie zugestanden wurde. Nicht weniger als 25-mal ist der Steuersatz seit 2007 angehoben und kein Mal gesenkt worden. Für die Länder aber, die von ihrem verfassungsgemäßen Recht Gebrauch gemacht haben, den Steuersatz nicht zu erhöhen, werden inzwischen deutlich mehr Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer im Länderfinanzausgleich angerechnet, als sie tatsächlich erzielen. Besonders gravierend ist die Übernivellierung für Sachsen. Den Berechnungen von Büttner und Krause zufolge führt bei den Einnahmeverhältnissen des Jahres 2015 ein Anstieg bei der Bemessungsgrundlage zu einem Rückgang an Transferzahlungen, der größer ist als die tatsächlichen Einnahmen.3 Konkret verliert das Land diesen Berechnungen zufolge bei einem Anstieg der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer so viel Transferzahlungen, dass die Einnahmen insgesamt deutlich zurückgehen.

Übernivellierung im künftigen System?

Da nun eine Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 2020 auf den Weg gebracht wurde, stellt sich die Frage, ob diese Übernivellierung auch im künftigen System fortbesteht. Wir haben daher anhand der aktuellsten Daten für den Finanzausgleich, die sich auf das Jahr 2016 beziehen, die Verbleibsquoten für die Grunderwerbsteuer im bestehenden wie auch im künftigen System ermittelt.

Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Sie enthält verschiedene Messgrößen für die einzelnen Bundesländer, die nach dem Steuersatz und der Einwohnerzahl sortiert sind. Bei Ländern mit niedrigem Steuersatz liegt das Aufkommen unter der Steuerkraft – bei Sachsen und Bayern sehr deutlich, bei Ländern mit hohem Steuersatz ist das Ergebnis umgekehrt (siehe z.B. den Fall Nordrhein-Westfalens). Die Umverteilungswirkung des bestehenden Finanzausgleichs ist in Spalte 5 anhand der sogenannten Verbleibsquote abgebildet. Sie gibt den Anteil von Mehreinnahmen aus der Grunderwerbsteuer an, der dem jeweiligen Land nach Umverteilung im Finanzausgleich verbleibt. Diese Werte sind anhand einer kontrafaktischen Simulation ermittelt, die die Einnahmen eines Landes aus Steuern und erhaltenen Transfers bzw. nach Abzug der geleisteten Transfers für einen Anstieg der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer berechnet. Spalte 6 zeigt die entsprechenden Werte unter Berücksichtigung der ab 2020 geltenden neuen Regeln des Finanzausgleichs.

Tabelle 1
Eckwerte zur Verteilung der Grunderwerbsteuer 2016
Land Steuersatz 2016
in %
Steuerkraft
pro Einwohner in Euro
Aufkommen
pro Einwohner in Euro
Verbleibsquote in %
Status quo Nach Reform
(1) (2) (3) (4) (5) (6)
Sachsen 3,5 103,04 70,04 -37,89 -28,22
Bayern 3,5 203,80 138,53 17,88 26,69
Hamburg 4,5 283,20 247,19 1,68 30,25
Bremen 5,0 154,25 149,73 -1,62 5,66
Mecklenburg-Vorpommern 5,0 107,61 104,48 -0,65 6,50
Thüringen 5,0 56,82 54,63 -0,13 6,97
Sachsen-Anhalt 5,0 70,75 68,63 0,05 7,14
Rheinland-Pfalz 5,0 117,43 113,99 2,53 9,33
Niedersachsen 5,0 118,07 114,59 7,52 13,82
Baden-Württemberg 5,0 151,33 146,71 37,26 43,60
Berlin 6,0 268,48 312,10 18,07 23,87
Hessen 6,0 185,49 215,30 43,06 48,99
Saarland 6,5 92,65 116,82 21,75 27,29
Brandenburg 6,5 102,11 127,14 21,95 27,46
Schleswig-Holstein 6,5 162,39 204,80 23,07 28,36
Nordrhein-Westfalen 6,5 131,32 164,94 34,99 58,64
Ländergesamtheit 5,28 151 151    

Anmerkungen: Unterstellt ist jeweils eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage um einen Betrag, der bei durchschnittlichem Steuersatz zu Mehreinnahmen von 1 Mio. Euro führt.

Quellen: Vorläufige Abrechnung des Finanzausgleichs für das Jahr 2016; T. Büttner, M. Krause, a.a.O.; und eigene Berechnungen.

Abbildung 1 zeigt die Verbleibsquoten der Spalten 5 und 6 sortiert nach der Höhe im bestehenden Finanzausgleich. Wie von Büttner und Krause im Detail erläutert wird, ist die Verbleibsquote tendenziell größer je größer die Einwohnerzahl des Landes und je höher die Finanzkraft eines Landes ist.4 Zusätzlich spielt bei der Grunderwerbsteuer auch der Steuertarif eine Rolle. Für vier Länder ergeben sich im bestehenden System negative Verbleibsquoten. Insbesondere in Sachsen ist die Verbleibsquote sehr gering. Hier führen zusätzliche Einnahmen bei der Grunderwerbsteuer zu deutlichen Mindereinnahmen nach Umverteilung. Ein Plus der Steuereinnahmen von 1 Mio. Euro führt nach Umverteilung zu Mindereinnahmen von netto 380 000 Euro, da die Transfers um 1,38 Mio. Euro zurückgehen.

Abbildung 1
Verbleibsquoten im bestehenden und künftigen Finanzausgleich
in %
31023.png

Quellen: Vorläufige Abrechnung des Finanzausgleichs für das Jahr 2016 und eigene Berechnungen.

Im künftigen Finanzausgleich steigen die Verbleibsquoten durchweg an, was letztlich die Folge der Abschaffung des Umsatzsteuervorwegausgleichs ist. Allerdings bleibt die gravierende Übernivellierung für Sachsen erhalten. Hier beträgt der ermittelte Nettoverlust bei einem zusätzlichen Aufkommen von 1 Mio. Euro immerhin noch knapp 280 000 Euro.

Es bleibt also festzustellen, dass die Übernivellierung bei der Grunderwerbsteuer auch im neuen Finanzausgleich fortbesteht. Auch in Zukunft wird ein Land, das sich für einen niedrigen Steuertarif bei der Grunderwerbsteuer entscheidet, im Finanzausgleich bestraft. Der Gesetzgeber bleibt von daher gefordert, die Anrechnung der Grunderwerbsteuer im Finanzausgleich zu ändern. Sinnvoll erscheint die Fixierung des Anrechnungssteuersatzes auf ein Niveau von 3,5% oder darunter.

  • 1 T. Büttner, T. Görbert: Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs: Umverteilungs- und Verbleibseffekte, in: Wirtschaftsdienst, 96. Jg. (2016), H. 11, S. 818-824.
  • 2 Vgl. T. Büttner, M. Krause: Föderalismus im Wunderland: Zur Steuerautonomie bei der Grunderwerbsteuer, ifo Working Paper, Nr. 235, ifo Institut, 2017; sowie J. Boysen-Hogrefe: Steigende Grunderwerbsteuersätze, Verhaltensreaktionen und der Länderfinanzausgleich, Kiel Working Papers, Nr. 2069, Kiel Institute for the World Economy (IfW), 2017.
  • 3 T. Büttner, M. Krause, a.a.O.
  • 4 T. Büttner, M. Krause, a.a.O.

Title:Treatment of Revenues from the Real Estate Transfer Tax in the New Fiscal Equalisation System

Abstract:Fiscal Equalisation in Germany provides substantial fiscal redistribution between federal and state and among state governments. However, there is also a degree of tax autonomy for the individual German states. Since 2007, states can adjust their local rate of the Real Estate Transfer Tax. However, if they keep the rate low, they may suffer revenue losses due to fiscal redistribution. The paper considers whether this effect will also be present in the new rules for fiscal equalization which will come in to effect in 2020.


DOI: 10.1007/s10273-017-2144-z

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