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Die Globalisierung und damit die weitere Vertiefung der wirtschaftlichen Integration werden von verschiedenen Seiten infrage gestellt. In vielen Ländern sind protektionistische Tendenzen zu erkennen. Die Folgen der US-Steuerreform und die Auswirkungen auf den internationalen Steuerwettbewerb werden detailliert betrachtet.

Die Globalisierung der Wirtschaft gehört zu den prägenden ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Der internationale Handel von Gütern und Dienstleistungen ist lange deutlich schneller gewachsen als die globale Wirtschaftsleistung. Für grenzüberschreitende Investitionen gilt Ähnliches. Seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise ist dieser Prozess aber ins Stocken geraten. Die weitere Vertiefung der wirtschaftlichen Integration stößt auf Kritik, Protektionismus breitet sich aus. Ein besonders drastisches Beispiel ist die gegen Freihandel gerichtete außenhandelspolitische Agenda des US-Präsidenten Donald Trump. Aber auch die Entscheidung der britischen Bevölkerung, die EU zu verlassen sowie die Widerstände gegen neue Handels- und Investitionsabkommen wie TTIP und CETA in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten sind Zeichen wachsender Skepsis gegenüber weiterer wirtschaftlicher Integration. Die Debatte über die Vor- und Nachteile der Globalisierung wirft vielfältige und komplexe ökonomische und politische Fragen auf. Unter dem Aspekt der Steuerpolitik stellen sich die Fragen, ob es so etwas wie protektionistische Steuerpolitik gibt, ob und in welchem Umfang die aktuelle Reform der Unternehmensbesteuerung in den USA als protektionistisch anzusehen ist und was zu tun ist, um Fehlentwicklungen in der internationalen Steuerpolitik zu vermeiden.

Protektionistische Politik und Steuerpolitik in offenen Volkswirtschaften

Protektionismus wird üblicherweise definiert als eine Politik, die heimische Produzenten vor ausländischer Konkurrenz schützt, beispielsweise durch Importzölle oder Exportsubventionen. Deshalb steht das Zurückdrängen von Zöllen seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der Arbeit der Welthandelsorganisation (WTO). Spezielle Verbrauchsteuern und Subventionen können ähnliche Wirkungen wie Zölle entfalten. Deshalb existieren in der EU sowohl eine Beihilfenkontrolle als auch Vereinbarungen darüber, welche speziellen Verbrauchsteuern zulässig sind und welche nicht. Wenig umstritten ist, dass Zölle zum Schutz heimischer Produzenten in der Regel wirtschaftlichen Schaden anrichten. Bei speziellen Verbrauchsteuern und Subventionen ist die Lage komplizierter. Diese können zum einen so eingesetzt werden, dass inländische gegenüber ausländischen Produzenten privilegiert werden, aber sie können zum anderen auch ganz anderen Zielen dienen, wie beispielsweise der Korrektur von Externalitäten im Umweltbereich.

Während sich die Debatte über Protektionismus auf den Schutz heimischer Produzenten und die Abschottung heimischer Märkte konzentriert, gestaltet sich das Thema des Konflikts in der Steuerpolitik zwischen den Interessen einzelner Länder und den gemeinsamen Interessen aller Länder breiter. Das wird daran deutlich, wenn man die Ziele herkömmlicher protektionistischer Politik mit den Zielen nationaler Steuerpolitik in offenen Volkswirtschaften vergleicht. Zu den klassischen Zielen nationaler Steuerpolitik in offenen Volkswirtschaften gehört es, das heimische Steueraufkommen zu schützen und dabei nationale Besteuerungsrechte zu wahren und auszuweiten sowie das Attrahieren mobiler Unternehmen. Fehlentwicklungen werden in der Debatte über internationale Steuerpolitik meistens darauf zurückgeführt, dass Regierungen nationale wirtschaftliche Interessen verfolgen, aber dabei vernachlässigen, dass ihre Politik sich möglicherweise auf den Wohlstand anderer Volkswirtschaften auswirken könnte. Entsprechend ist es in der Analyse der internationalen Steuerpolitik üblich, zwischen global und national optimaler Steuerpolitik zu unterscheiden. Koordinierungsbedarf wird häufig unter der Prämisse abgeleitet, dass Regierungen die national optimale Steuerpolitik wählen, die von der global optimalen Politik abweichen kann.

Klassische protektionistische Politik ist in der Regel dadurch charakterisiert, dass die Interessen heimischer Produzenten oder ihrer Beschäftigten höher gewichtet werden als die Interessen heimischer Konsumenten. Das führt zu Maßnahmen, die aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive selbstschädigend sind. Heimische Produzenten durch Zölle vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, führt üblicherweise dazu, dass die Kosten für heimische Konsumenten höher sind als der Nutzen für heimische Produzenten oder Arbeitnehmer. Dass es dazu kommt, kann man mit politökonomischen Argumenten erklären, etwa damit, dass Produzenteninteressen besser organisierbar sind als Konsumenteninteressen. Aber es geht hier nicht darum, dass ein Land seinen Wohlstand auf Kosten anderer Länder erhöht.

Überschneidungen zwischen Zielen protektionistischer Politik und üblichen Zielen nationaler Steuerpolitik gibt es dort, wo die Steuerpolitik versucht, die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen auf internationalen Märkten zu erhalten oder zu steigern oder wenn es darum geht, Marktmacht auszuüben. Ein Argument für Importzölle lautet beispielsweise, dass sie ein Instrument sein können, um monopsonistische Marktmacht eines Landes in Güter- oder Faktormärkten zu nutzen. Während eine einzelne Nachfrage keine oder nur geringe Marktmacht hat, kann der Staat durch Importzölle die Marktmacht des gesamten Landes bündeln. Bevor man so etwas jedoch versucht, sollte bedacht werden, dass auch andere Länder Marktmacht haben und Gegenmaßnahmen ergreifen können. Ein weiteres Beispiel sind strategische Maßnahmen zur Förderung nationaler Champions, die in oligopolistischen Märkten mit Unternehmen aus anderen Ländern konkurrieren. Auch hier gilt, dass eine solche Politik mit Gegenmaßnahmen rechnen muss.

Im Kontext der US-Steuerpolitik wird immer wieder kritisiert, dass die Besteuerung von im Ausland erzielten Gewinnen die Wettbewerbsfähigkeit multinationaler Unternehmen mit Sitz in den USA beeinträchtigt, weil andere Länder Auslandsgewinne ihrer Unternehmen von der inländischen Besteuerung freistellen. Das ist nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund dafür, dass die Besteuerung von Auslandsgewinnen mit der im Dezember 2017 beschlossenen US-Steuerreform abgeschafft wird. Übereinstimmende Ziele klassischer protektionistischer Politik und gängiger internationaler Steuerpolitik könnten auch darin bestehen, eine Verlagerung von Produktion – und damit von Arbeitsplätzen – aus dem Ausland ins Inland zu erreichen. Diese Wirkung können Importzölle haben, wenn ausländische Produzenten sich entscheiden, Zollschranken zu „überspringen“, indem sie dort produzieren, wo sie ihre Absatzmärkte haben. Solche Produktionsverlagerungen ergeben sich auch daraus, wenn im Inland Steuern auf Unternehmensgewinne gesenkt werden und ausländische Unternehmen aus diesem Grund dort mehr investieren.

Ist die bestimmungslandorientierte Unternehmensbesteuerung protektionistisch?

Die steuerpolitische Diskussion in den USA ist seit der Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump sehr stark von protektionistischen Tönen geprägt. Trump hat in seiner Wahlkampagne immer wieder auf den Niedergang von Industriestandorten in den USA hingewiesen. Er hat versprochen, nicht nur Freihandelsabkommen aufzukündigen oder den Abschluss neuer Abkommen zu verweigern, sondern das Steuersystem so zu ändern, dass Industriearbeitsplätze in die USA zurückkehren. In diesem Kontext ist die Idee der „bestimmungslandorientierten Cash-Flow-Unternehmensteuer“ in den Mittelpunkt der Reformdebatte gerückt.

Der wichtigste Unterschied zwischen den existierenden Steuern auf Unternehmensgewinne und der bestimmungslandorientierten Steuer liegt im Grenzausgleich. Derzeit werden Exporte zwar von der Umsatzsteuer freigestellt, aber nicht von inländischen Ertragsteuern. Erträge aus Exporten sind im Exportland steuerpflichtig, gleichzeitig sind im Importland Ausgaben für importierte Güter für Zwecke der Ertragsbesteuerung abzugsfähig.

Bei der Umstellung auf eine Bestimmungslandorientierung würde sich das ändern. Einnahmen aus dem Export von Gütern wären von der Ertragsbesteuerung im exportierenden Land freigestellt. Kosten, die mit der Produktion der Güter verbunden sind, wären aber nach wie vor abzugsfähig. Umgekehrt wären im Importland Ausgaben für Importe nicht mehr abzugsfähig. Während Trump und Teile der Republikanischen Partei sich vom Übergang zur Bestimmungslandorientierung eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit von US-Unternehmen versprachen, stießen diese Pläne im Ausland, insbesondere in Europa, auf Kritik. Die geplante Reform wurde als protektionistisch und unvereinbar mit Regeln der WTO gebrandmarkt. Diese Vorwürfe überzeugen nur teilweise. Es ist zwar gerechtfertigt, eine Politik zu kritisieren, die unilateral Grundregeln der internationalen Besteuerung über den Haufen wirft. Die Einführung einer bestimmungslandorientierten Unternehmensteuer ist aber ökonomisch äquivalent zu einer Kombination aus drei Maßnahmen: Abschaffung der herkömmlichen Unternehmensbesteuerung, Einführung einer Umsatzsteuer und Senkung von Abgaben auf Arbeitseinkommen.

Eine Reform, die diese drei Maßnahmen umsetzt, würde man als grundlegende Veränderung des Steuersystems betrachten, aber nicht als protektionistisch. So hat beispielsweise Deutschland im Zeitraum von 1998 bis 2008 eine Reihe von Steuerreformen durchgeführt, die eine Senkung von Unternehmensteuern und Sozialversicherungsbeiträgen mit einer Erhöhung der Umsatzsteuer kombinierten. Ein wichtiges Ziel war es, die Attraktivität Deutschlands als Standort für Investitionen zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen.

Ist die aktuelle US-Steuerreform protektionistisch?

Letztlich hat sich die US-Steuerpolitik gegen das Modell der bestimmungslandorientierten Unternehmensteuer entschieden. Die im Dezember 2017 beschlossene Steuerreform ist kaum weniger radikal. Sie bringt jedoch kein grundlegend neues steuerpolitisches Konzept. Es ist eher so, dass die US-Steuerpolitik dem seit vielen Jahren international vorherrschenden Trend folgt, niedrige Steuersätze mit der Ausweitung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und Maßnahmen gegen die internationale Gewinnverlagerung zu verbinden.

Insgesamt besteht die Reform aus drei Elementen: Erstens erhebliche Entlastungen bei der persönlichen Einkommensbesteuerung, zweitens eine Senkung der Besteuerung von Erbschaften (Nachlässen) und drittens die Reform der Unternehmensbesteuerung. Die folgenden Überlegungen konzentrieren sich auf den dritten Aspekt. Die wichtigsten Entlastungsmaßnahmen in diesem Bereich sind:1

  • Der Steuersatz auf Unternehmensgewinne (Körperschaftsteuer des Bundes) sinkt von 35 % auf 21 %. Damit verlassen die USA die Position als Land mit dem höchsten Unternehmensteuersatz in der OECD und rücken ins Mittelfeld; sie liegen allerdings niedriger als alle großen OECD-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens.
  • Abschaffung des Anrechnungssystems für die Besteuerung von Auslandsgewinnen und Übergang zum Freistellungsverfahren. Künftige im Ausland erzielte Gewinne von US-Konzernen sind bei Überweisung in die USA nicht mehr steuerpflichtig (Umstellung vom Anrechnungs- auf das Freistellungsverfahren). Bislang im Ausland erzielte und akkumulierte Gewinne werden einer einmaligen Besteuerung zu reduzierten Steuersätzen (8 % bei Investitionen in illiquide Anlagegüter und 15,5 % bei Finanzmitteln) unterworfen, unabhängig davon, ob sie in die USA überwiesen werden oder nicht.
  • Sofortabschreibung für Investitionen. Für Investitionsgüter (mit Ausnahme von Gebäuden) wird eine Sofortabschreibung eingeführt.
  • Sonderregime für Einkünfte aus immateriellen Wirtschaftsgütern mit Auslandsbezug. Es werden Sonderregeln für die Besteuerung von Einkünften aus immateriellen Wirtschaftsgütern eingeführt (global intangible low-taxed income, GILTI). Unternehmen, die in den USA künftig Patente ansiedeln, die im Ausland genutzt werden und Einnahmen erzielen, müssen auf diese Einnahmen nicht 21 % Steuern zahlen, sondern nur 13,125 %.

Dem stehen allerdings einige Steuerverschärfungen gegenüber:

  • Beschränkung des Zinsabzugs. Der Nettozinsaufwand von Unternehmen ist nur noch bis zu einer Höhe von 30 % des (US-steuerlichen) Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sofort abzugsfähig. Der überschießende Betrag geht in den Zinsvortrag ein. Das gilt unabhängig davon, ob die Zinsen an verbundene Unternehmen oder Dritte gezahlt werden. Ab dem Jahr 2022 wird die 30 %-Grenze sogar auf das EBIT (also den Ertrag vor Zinsen und Steuern) bezogen, die Abschreibungen fallen somit weg, was die Regelung noch einmal deutlich schärfer werden lässt. Sie wird damit auch restriktiver als die deutsche Zinsschrankenregelung.
  • Keine Sofortabschreibung für bestimmte Ausgaben für Forschung und Entwicklung mehr. Bestimmte Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die bislang sofort als Kosten abzugsfähig waren, müssen aktiviert und dann über fünf Jahre abgeschrieben werden (Regelung gilt ab 2022).
  • Hinzurechnungsbesteuerung für bestimmte Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften: Zwar werden Auslandsgewinne im Prinzip von der US-Besteuerung freigestellt, aber das gilt nicht für Einnahmen ausländischer Tochtergesellschaften aus immateriellen Wirtschaftsgütern (GILTI), wenn sie in Niedrigsteuerländern anfallen. Besteuert wird die Hälfte der Gewinne in der ausländischen Tochtergesellschaft, soweit diese nicht als marktübliche 10 %ige Rendite aus abnutzbaren materiellen Wirtschaftsgütern (depreciable tangible property) anzusehen sind. Gewinne aus der Industrieproduktion im Ausland werden also nicht erfasst. Der Steuersatz auf GILTI wird zunächst 10,5 % und später 13,125 % betragen. Die Hinzurechnungsbesteuerung wird nicht angewendet, wenn die effektive Ertragssteuerbelastung im Zielstaat mindestens 90 % der US-Steuer beträgt.
  • Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmen als Maßnahme gegen Steuervermeidung. Mit der „Base Erosion and Anti Abuse Tax“ (BEAT), die auch „Base Erosion Minimum Tax“ (BEMT) genannt wird, soll die US-Steuerbemessungsgrundlage geschützt und die Steuervermeidung eingedämmt werden. Tatsächlich können aber abhängig von ihrer Struktur alle Unternehmen betroffen sein, die in großem Umfang bestimmte Leistungen von Konzernunternehmen aus dem Ausland empfangen und dafür beispielsweise Zins- und Lizenzzahlungen leisten. Die Mindestbesteuerung greift, wenn ein Unternehmen in den USA seinen steuerpflichtigen Gewinn über derartige Zahlungen so weit mindert, dass eine bestimmte US-Steuerquote unterschritten wird. Dann erfolgt eine „Mindestbesteuerung“, die im Zeitraum von 2018 bis 2026 von 5 % auf 12,5 % ansteigt. Ausgenommen werden Zahlungen für den Wareneinkauf (costs of goods sold). Außerdem fallen nur Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von über 500 Mio. US-$ unter die BEAT-Regeln.

Folgen für Außenhandel und internationale Kapitalflüsse

Welche Folgen hat die US-Steuerreform für den Außenhandel und für die internationalen Kapitalbewegungen? Die wichtigste Wirkung dürfte darin liegen, dass erhebliche steuerliche Anreize entstehen, gewinnträchtige Investitionen und damit auch Arbeitsplätze in die USA zu verlagern. Es wird außerdem interessanter, die Steuerplanung so zu ändern, dass künftig mehr Gewinne in den USA ausgewiesen und versteuert werden. Zu den größten Verlierern der Reform könnten die Steueroasen zählen, in denen die US-Unternehmen derzeit ihre Auslandsgewinne horten und in denen sie Patente und andere immaterielle Wirtschaftsgüter ansiedeln. Viele Unternehmen werden diese Aktiva abziehen.

Protektionistische Elemente im Sinne einer Belastung grenzüberschreitender Transaktionen sind zwar durchaus vorhanden, halten sich aber in Grenzen. Die Einschränkungen für die Abzugsfähigkeit von aus dem Ausland importierten Leistungen können den Dienstleistungshandel beeinträchtigen. Aber einige deutlich protektionistischere Maßnahmen, die ursprünglich diskutiert wurden, z. B. eine Importsteuer auf mehr oder weniger alle aus dem Ausland eingeführten Güter, sind nicht umgesetzt worden.

Protektionistische Wirkungen können zweifellos von Doppelbesteuerungseffekten ausgehen, deren Auftreten durch die US-Steuerreform wahrscheinlicher geworden ist. Sollten beispielsweise in den USA Zinszahlungen, die im Empfängerstaat als Einkommen klassifiziert und entsprechend besteuert werden, nicht zum Abzug zugelassen werden, dann kommt es zu einer Doppelbesteuerung dieser Zinseinkommen. Dadurch werden grenzüberschreitend tätige Unternehmen gegenüber rein national tätigen benachteiligt. Das wird dadurch nicht besser, dass einige grenzüberschreitend tätige Unternehmen durch internationale Gewinnverlagerung mit dem Ziel der Steuervermeidung Vorteile gegenüber nationalen Unternehmen haben können. Die von Doppelbesteuerung betroffenen Unternehmen sind nicht notwendigerweise die Unternehmen, die Möglichkeiten der Steuervermeidung nutzen können.

Schlussfolgerungen

Die Ausbreitung protektionistischer Tendenzen macht auch vor der Steuerpolitik und dabei auch vor der Ertragsbesteuerung nicht halt. Vor allem in den USA wurden im Vorfeld der Steuerreform sehr weitgehende protektionistische Maßnahmen diskutiert. Dazu gehörte weniger die Einführung einer bestimmungslandorientierten Unternehmensteuer, sondern eher die Diskussion über Maßnahmen wie ein generelles Abzugsvorbot für Importe (ohne Freistellung von Exporten) sowie die geringe Bereitschaft, eine globale Perspektive und die Interessen anderer Staaten einzubeziehen. Letztlich ist dieser Aspekt allerdings doch stärker berücksichtigt worden als viele erwartet haben.

Die beschlossene US-Steuerreform enthält viele international nicht abgestimmte Maßnahmen, mit denen die Besteuerungsansprüche der USA ausgedehnt werden. Dabei muss es zwangsläufig zu Kollisionen mit den Besteuerungsansprüchen anderer Länder kommen. Eine Doppelbesteuerung ist nicht auszuschließen. Derartige Maßnahmen sind allerdings keine Erfindung der aktuellen US-Steuerpolitik. Viele Länder, auch Deutschland, führen immer mehr solcher Maßnahmen ein. Der Preis dieser unkoordinierten Politik besteht in einer Behinderung grenzüberschreitender wirtschaftlicher Aktivität, einer Verzerrung von Investitionen und einer unsystematischen Steuerlastverteilung. Die Alternative dazu besteht darin, sowohl im Rahmen der Standardsetzung der OECD als auch bilateral zu einer besser koordinierten Steuerpolitik zurückzukehren, die der Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen einen angemessenen Rahmen gibt, statt sie zu behindern.

  • 1 Einige der im Folgenden genannten Maßnahmen sind bis 2025 befristet. Es spricht jedoch viel dafür, dass sie darüber hinaus verlängert werden.

Title:Tax Policy as an Instrument for Protectionism?

Abstract:Globalisation and the further deepening of economic integration that it involves are called into question from several angles. Protectionist measures can be seen in many countries. This paper discusses the issue of protectionist tax policy and links this debate to the current US tax reform.


DOI: 10.1007/s10273-018-2269-8