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Debatten über Armut gehören zum Grundrauschen des wirtschaftspolitischen Diskurses. Die Frage, wie Armut definiert und gemessen wird, ist dabei nur selten zu vernehmen. Vor allem die Abgrenzung relativer Armut, die den Armutsbegriff innerhalb der EU maßgeblich prägt, ist aus Sicht des Autors willkürlich und wissenschaftlich nicht fundiert. Daher fordert der Autor eine Neujustierung bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Armut und wirbt für die Erkenntnis, dass es keine überzeugende und verbindliche Definition von Armut geben kann.

„Armut“ ist ein medialer Dauerbrenner. Inzwischen vergeht kaum ein Monat, in dem nicht über wissenschaftliche Befunde dazu berichtet wird. Weil Armut allgemein als inakzeptable soziale Gegebenheit empfunden wird, nehmen die Medien dieses Thema nur zu gern auf – und oft geht die Berichterstattung, sei es direkt oder sei es unterschwellig, mit einer Anklage an die Gesellschaft einher. Die Skandalisierung von in Deutschland angeblich weit verbreiteten sozialen Missständen gründet sich allerdings nur auf der Binnensicht. In scharfem Kontrast steht dazu offenbar die Wahrnehmung von außen. So erlebt Deutschland seit etwa vier Jahren einen starken Zustrom an Zuwanderern, die es über viele Länder hinweg und durch halb Europa gerade hierherzieht, um einen Antrag auf Asyl zu stellen. Es drängt sich daher der Eindruck auf, dass man es mit verschiedenen Realitäten zu tun hat bzw. mit der Wahrnehmung davon. Das ins Auge stechende Paradoxon soll zum Anlass genommen werden, das in der Forschung wie in der Politik verbreitete Verständnis von Armut kritisch zu hinterfragen.

Absolute und relative Armut

Um etwas zu begreifen, sind Begriffe nötig. Wie sich am Beispiel von Armut zeigt, reicht das häufig nicht aus: Es ist auch eine Definition erforderlich. Eine Nominaldefinition, um die es hier geht, kann zwar willkürlich gewählt sein. Um Vagheit und somit Verwirrung in der öffentlichen wie in der wissenschaftlichen Debatte zu vermeiden, sollte die Definition aber eindeutig sein und den intendierten Sachverhalt hinreichend umreißen. Weil die Definition zur Erklärung dienen soll, ist auch immer Theorie im Spiel oder müsste es eigentlich sein.

Die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) hat die Minderung von Armut – gleich weder Art – als erstes Ziel auf ihre Agenda für eine nachhaltige Entwicklung gesetzt, gleichwohl liegt aber das Hauptinteresse auf der extremen Armut.1 Die Definition veränderte sich über die Zeit. Früher sei extreme Armut dann gegeben gewesen, wenn im Haushaltskontext eine Person weniger als 1 US-$ pro Tag zur Verfügung hatte.2 In anderer Abgrenzung sind es 1,25 US-$; es wird aber auch darauf verwiesen, dass die Armutsgrenze international bei 1,90 US-$ liege.3 Die UNO orientierte sich dabei an der Weltbank, die die Grenze ab 2008 bei 1,25 US-$ und ab 2015 bei 1,90 US-$ festsetzte; dabei handelt es sich um kaufkraftbereinigte Beträge. Hier geht es um absolute Armut, also um das Mindeste an materiellen Ressourcen, die für das Leben zwingend erforderlich sind.

Die genannten Beträge mögen in vielen Entwicklungsländern das Existenzminimum sichern. In den Industriestaaten würden jedoch 1,90 US-$ pro Tag bei weitem nicht für Nahrung und Unterkunft ausreichen. Das ist aber auch ohne Bedeutung, denn hier wurde der subsistenztheoretische Ansatz mehr und mehr in den Hintergrund geschoben. Stattdessen steht schon längst nur noch relative Armut im Fokus: also eine Ausstattung an Ressourcen, die im Vergleich zu einem gewissen gesellschaftlichen Standard als unzureichend angesehen wird.

Vorläufer einer solchen Sichtweise war etwa de Tocqueville, der schon vor 170 Jahren beobachtete, dass der Pauperismus4 im wohlhabenden England als ein anderer als in Spanien und insbesondere als in Portugal aufgefasst werden müsse. So lebte in den Gemeinden im inneren Englands ein Sechstel der Bevölkerung von staatlicher Fürsorge, während es in Portugal, wo Armut viel stärker verbreitet war, ein weit geringerer Teil (ein Fünfundzwanzigstel) war.5

Die Hinwendung zum Begriff der relativen Armut in den westlichen Industriestaaten beruht auf gesellschaftlichen Veränderungen. Notwendige Voraussetzung war eine zunehmende Güterproduktion und ein damit verbundender wachsender Wohlstand in der Gesellschaft. Hinzu kamen soziale und politische Auseinandersetzungen um die Verteilung des Produktionsergebnisses, womit ein sich immer mehr ausweitender staatlicher Interventionismus verbunden war.

In den Anfangsjahren der Bundesrepublik war ausgeprägte Einkommensschwäche – insbesondere im Alter – durchaus kein seltenes Phänomen. Zur Zeit des Wirtschaftswunders und in den darauffolgenden 1960er Jahren mit weitgehender Vollbeschäftigung schien Armut von selbst zu verschwinden oder sich zumindest auf kleine Randgruppen zu beschränken. Erst in den 1970er und insbesondere in den 1980er Jahren kam das Thema wieder auf – angestoßen vor allem durch die Soziologie und die Politologie.6 Denn die damals stark steigende Unterbeschäftigung und die um sich greifende Langzeitarbeitslosigkeit führten dazu, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung in eine wirtschaftlich schwierige Situation geriet. Das Prekariat war nicht mehr nur ein Randphänomen, und es wurde zunehmend Objekt wissenschaftlichen Interesses.

Die Armutsdefinition der EU: Armut …

Auf offizieller politischer Ebene wurde Armut zunächst vor allem von der EU thematisiert. Im Jahr 1985 beschloss der Ministerrat: „Als verarmt sind jene Einzelpersonen … anzusehen, die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar sind.“7 Eine breiter gefasste Definition erfolgte knapp 20 Jahre später: „Von Armut spricht man, wenn Personen über ein so geringes Einkommen und so geringe Mittel verfügen, dass ihnen ein Lebensstandard verwehrt wird, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als annehmbar gilt. Ihrer Armut wegen können sie zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt sein – Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, schlechten Wohnverhältnissen, unzureichender gesundheitlicher Betreuung und Hindernissen im Aus-und Weiterbildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeitbereich. Sie sehen sich häufig an den Rand gedrängt und von der Teilnahme an Aktivitäten (wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Art) ausgeschlossen, die für andere Menschen die Norm sind. Auch kann ihr Zugang zu Grundrechten eingeschränkt sein.“8

Da es um relative Armut geht, wird ein Orientierungsmaßstab benötigt: Referenz ist gemäß der EU-Definitionen die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit bzw. deren Lebensweise oder Lebensstandard. Gesellschaft ist jedoch etwas Abstraktes; sie gliedert sich – je nach Ansicht – in Klassen, Schichten oder soziale Milieus und somit in unterschiedliche Lebenswelten und -stile sowie Verhaltensweisen. Dies wird völlig ausgeblendet. Zudem wird angenommen, dass es einen gesellschaftlichen Konsens oder zumindest eine mehrheitlich verbreitete Meinung darüber gibt, was als „annehmbarer“ Lebensstil anzusehen ist. Weil aber die Gesellschaft keine homogene Masse ist, dürften sich die Einschätzungen über das, was als annehmbarer Lebensstandard zu gelten hat, unterscheiden.

Abbildung 1
Armutsrisikoquoten der erwachsenen Bevölkerung 2016 nach unterschiedlichen Berechnungsverfahren
Armutsrisikoquoten der erwachsenen Bevölkerung 2016 nach unterschiedlichen Berechnungsverfahren

Quelle: Sozio-ökonomisches Panel (V33).

Tatsächlich fallen nach einer Umfrage im Auftrag der EU-Kommission9 die Ansichten in der Bevölkerung darüber auseinander, was Armut überhaupt ist. Danach ist ein knappes Viertel der Auffassung, dass dann Armut bestünde, wenn man wegen knapper finanzieller Mittel „nicht uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“ könne. Fast genauso groß ist der Anteil jener, die eher einem Verständnis von absoluter Armut zuneigen und sie dann als gegeben sehen, wenn keine hinreichenden Nahrungsmittel und keine Unterkunft verfügbar sind. Ein weiteres Fünftel stuft Personen dann als arm ein, wenn sie von Wohlfahrtsorganisationen oder vom Staat unterstützt werden. Es gibt aber auch solche, die Armut überhaupt nicht an der materiellen Lage festmachen, sondern am Status (8 %).

Es sei noch erwähnt, dass die EU-Definition ungewöhnliche Kausalitäten enthält. So werden Arbeitslosigkeit und Niedrigeinkommen als Benachteiligungen angesehen, die sich aus der Armut ergeben. Eher dürfte der Zusammenhang genau gegenteilig sein: Armut ist nicht Ursache, sondern Folge von Arbeitslosigkeit und geringem Einkommen. Überdies sind Arbeitslosigkeit und Niedrigeinkommen keine Benachteiligungen, sondern Ergebnis des Marktes.

… und Armutsgefährdung

Im Rahmen der Lissabon-Strategie von 2000 beschloss der EU-Ministerrat „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.“10 Dabei sei „die Beseitigung der Armut entscheidend voranzubringen“11. Da Armut aber vage definiert war, musste eine konkrete Operationalisierung her. Eine Wissenschaftlergruppe wurde beauftragt, Indikatoren zu entwickeln, um Armut und soziale Ausgrenzung zu erfassen.12 2001 wurde die Untergruppe „Indikatoren“ des Ausschusses für Sozialschutz gegründet, die bis heute an der Entwicklung von Kennziffern arbeitet. Sie setzt sich aus Mitarbeitern nationaler Ministerien zusammen.13 Im selben Jahr wurden beim Treffen des Ministerrats im belgischen Laeken entsprechende Indikatoren vorgelegt. Die sogenannten Laeken-Indikatoren setzen sich aus Primär- und Sekundärindikatoren zusammen. Dazu zählt etwa Langzeitarbeitslosigkeit oder die Schulabbrecherquote (Primärindikatoren) oder der Anteil der Bevölkerung mit geringer Bildung (Sekundärindikator).14 Im Zentrum steht aber das Einkommen. Dabei wird allerdings nicht Armut operationalisiert, sondern – in verschiedenen Varianten – Armutsgefährdung. Herausragender Indikator ist die Armutsgefährdungsquote, also der Anteil sogenannter armutsgefährdeter Personen an der Bevölkerung. Sie ist auch die wichtigste Kennziffer in der Armutsforschung15 sowie in der regelmäßigen, im Rahmen der EU vereinbarten Berichterstattung der nationalen statistischen Ämter.16

Dieses Vorgehen ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich:

  • Armut in ihrer relativen Form wird nur allgemein und vage definiert – da eine konkrete Definition und genaue Operationalisierung wohl auch nicht möglich ist. Da aber die Referenz im Unklaren bleibt, lässt sich Armutsgefährdung überhaupt nicht bestimmen. Denn sie müsste von tatsächlicher Armut abgegrenzt werden – die aber nicht konkret gefasst ist.
  • Wenn in Berichten und Studienergebnissen Armutsgefährdungsquoten genannt werden, dann ist gemeint, dass ein bestimmter Anteil der Bevölkerung ein Einkommen hat, das unterhalb der sogenannten Armutsgefährdungsgrenze liegt. Alle Personen, für die das zutrifft, sind demnach einem Armutsrisiko ausgesetzt. Nach dieser Logik gibt es jedoch nur Armutsgefährdete, aber keine tatsächlich Armen.
  • Der Begriff der Armutsgefährdung ist unglücklich gewählt. Denn so ziemlich jeder ist der Gefahr zu verarmen ausgesetzt. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Haftpflichtforderung zu erfüllen ist oder eine mit hohen Kosten verbundene Krankheit eintritt, deren Aufwendungen nicht versichert sind. Abgesehen von besonderen Ereignissen gilt generell: Wer permanent über die eigenen Verhältnisse lebt, wird irgendwann in finanzielle Schwierigkeiten geraten und ist daher gefährdet.

Als armutsgefährdet gelten üblicherweise solche Personen bzw. Haushalte, deren Einkommen geringer ist als 60 % des mittleren, bedarfsgewichteten Einkommens in den jeweiligen Staaten der EU.17 Die Festlegung auf 60 % des Einkommens ist willkürlich, denn es gibt keine wissenschaftliche Begründung dafür, warum gerade dieser Prozentsatz gewählt wird und nicht beispielsweise 48 % oder 67,25 %. Mit der Bedarfsgewichtung soll der Größe und der Zusammensetzung der Privathaushalte Rechnung getragen werden; deren Einkommen wird damit ins Verhältnis zum Bedarf, also zu den Ausgaben gesetzt. Die erste Person erhält den Faktor „1“, jede weitere Person ab 14 Jahren „0,5“ und Personen unter 14 Jahren „0,3“. Das gesamte verfügbare Haushaltseinkommen wird durch die Summe der Faktoren geteilt. Ob die Faktoren für die zweite Person und weitere Haushaltsmitglieder tatsächlich deren Bedarf widerspiegeln, ist aber fraglich, denn auch deren Festlegung ist willkürlich und nicht wissenschaftlich fundiert.

Unzulänglicher nationaler Maßstab

Problematisch ist überdies die Orientierung am jeweiligen nationalen Einkommensniveau. Abgesehen davon, dass von der Sozialstruktur, also mit Blick auf unterschiedliche Schichten oder soziale Milieus, abstrahiert wird, werden faktisch auch regionale Einkommensunterschiede ausgeblendet. Da es um relative Armut geht, ist aber für die Individuen nicht das nationale Einkommensniveau entscheidend, sondern das Einkommen in ihrer Lebensumwelt – also das in ihrer Region. Die regionalen Unterschiede sind erheblich. So belief sich das verfügbare Einkommen je Einwohner nach den Angaben aus der Datenbank von Eurostat im Jahr 201118 in Mecklenburg-Vorpommern auf 75 % des deutschen Durchschnitts, Sizilien erreichte 71 % des nationalen Niveaus, der Nordosten Rumäniens schaffte nur 71 % des Landesergebnisses,19 Extremadura kam auf 77 % des spanischen Durchschnitts und die Überseegebiete lagen bei 66 % des Durchschnitts in Frankreich. Wird der nationale Maßstab verwendet, besteht die große Gefahr, dass weniger die vermeintliche Armutsgefährdung, sondern vor allem regionale wirtschaftliche Rückständigkeit und Einkommensschwäche erfasst wird.20

Welche Verzerrungen bei der Verwendung nationaler Armutsrisikoquoten auftreten, lässt sich am Beispiel Deutschlands demonstrieren. Wird die Armutsrisikoquote wie üblich – also auf Basis der nationalen Schwelle der Armutsgefährdung – berechnet, ergibt sich nach den Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) für Ostdeutschland ein viel höherer Wert als für die alten Bundesländer (vgl. Abbildung 1). Werden allerdings regional spezifische, also für Ost und West jeweils eigene Schwellen zum Maßstab genommen, fällt die Quote im Westen geringfügig höher aus, im Osten aber viel geringer. Im Osten wäre dann der Anteil der Armutsgefährdeten nicht viel höher als der gesamtdeutsche Durchschnitt. Die Quote für die Bundesrepublik insgesamt wäre knapp einen Prozentpunkt niedriger als bei der Rechnung für Deutschland insgesamt.

Armut und Vermögen

Unter den Laeken-Indikatoren fehlt eine wichtige Größe: das Vermögen. Denn Vermögen bzw. der völlige Mangel an Besitz wird im Alltagsverständnis auch mit Armut verbunden – und nicht nur ein geringes Einkommen. Ob und in welchem Maße Arme bzw. armutsgefährdete Personen Vermögen haben, lässt sich auch anhand der SOEP-Daten ermitteln. Allerdings liegen entsprechende Daten nur bis zum Jahr 2012 vor; abgegrenzt werden die armutsgefährdeten Personen ebenfalls gemäß der EU-Definition.

Abbildung 2
Vermögens-Struktur der armutsgefährdeten und nicht armutsgefährdeten Personen im Jahr 2012
Vermögens-Struktur der armutsgefährdeten und nicht armutsgefährdeten Personen im Jahr 2012

Quelle: Sozio-ökonomisches Panel (V33).

Erwartungsgemäß haben die armutsgefährdeten Personen relativ häufig kein Nettovermögen oder unter dem Strich sogar Schulden: Für mehr als die Hälfte trifft das zu (vgl. Abbildung 2). Ein weiteres Sechstel hat nur spärliche Rücklagen (bis 10 000 Euro). Der Rest kommt auf ein höheres Vermögen: Ein weiteres Sechstel hat mindestens 50 000 Euro, ein Zehntel mehr als 100 000 Euro. Mit Blick auf die Vermögen ist mithin ein kleiner Teil der armutsgefährdeten Personen keineswegs arm – jedenfalls dem Alltagsverständnis nach.

Wird die Vermögensgrenze bei 50 000 Euro festgelegt, zeigt sich, dass besonders viele Rentner und Pensionäre über mindestens diesen Betrag an Besitz verfügen (vgl. Abbildung 3). Das erklärt sich daher, dass es Zeit braucht, um Vermögen zu bilden. Entsprechend finden sich am anderen Ende der Skala Personen in einer Ausbildung (Schüler, Studenten und Auszubildende), von denen kaum welche 50 000 Euro und mehr besitzen. Unter den Armutsgefährdeten ist der Anteil jener mit einem solchen Vermögen durchweg – zum Teil sehr viel – kleiner als unter den übrigen Personen. Aber immerhin kommt fast ein Drittel der Rentner unter ihnen auf den besagten Betrag, unter den Erwerbstätigen ist es fast ein Fünftel. Unter den armutsgefährdeten Arbeitslosen gibt es indes kaum welche mit einem nennenswerten Vermögen.

Abbildung 3
Anteil der Personen mit einem Nettovermögen von mindestens 50 000 Euro im Jahr 2012
Anteil der Personen mit einem Nettovermögen von mindestens 50 000 Euro im Jahr 2012

1 Ohne Auszubildende sowie ohne erwerbstätige Schüler und Studenten.

Quelle: Sozio-ökonomisches Panel (V33).

Andere Vorstellungen von Armut

Nach einem anderen Ansatz werden Personen oder Haushalte dann als arm eingestuft, wenn sie Sozialleistungen erhalten, weil sie selbst keine oder nur so geringe Einkommen beziehen, die nach der Gesetzgebung für den Lebensunterhalt nicht ausreichen.21 Diese Definition würde aber wohl den Intentionen der Sozialgesetzgebung widersprechen, denn die Unterstützungsleistungen sollen ein „Leben in Würde“ gewährleisten, nicht aber Hilfe in Armut sein. Vom Ansatz her unterscheidet sich diese Definition allerdings kaum von der der EU; lediglich bei der Festlegung der Armutsschwelle dürften andere Werte gefunden werden.

Ein über die materiellen Ressourcen hinausgehender Ansatz stammt von Sen, der „Armut als Mangel an Verwirklichungschancen“ ansieht.22 Nach seiner Theorie, der die Perspektive eines Entwicklungslandes anzumerken ist, sollten nicht Mittel wie Einkommen im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern die Freiheiten, die es den Menschen erlauben, ihre selbst gesteckten Ziele zu erreichen und somit ihre Potenziale auszuschöpfen. Armut soll nicht beschrieben werden (wie durch die Höhe der Einkommen), vielmehr sollen ihre Ursachen erfasst werden. Ob Verwirklichungschancen genutzt werden können, hängt zwar oft vom Einkommen oder Vermögen ab, es kommen aber andere Faktoren hinzu – wie das Alter, Traditionen, das Geschlecht, die Wohnortregion sowie der Zugang zu einer guten Ausbildung und Gesundheitsfürsorge. Und es gibt Konstellationen, in denen zwar hinreichendes Einkommen oder Vermögen vorhanden sind, aber dennoch Verwirklichungschancen nur eingeschränkt genutzt werden können.

Eine wachsende Bedeutung – auch angesichts von Kritik an der problematischen und auf das Einkommen konzentrierten Armutsdefinition – hat in der Bundesrepublik der Lebenslagen-Ansatz erhalten. Starke Ähnlichkeiten dazu weist der Deprivations-Ansatz von Townsend auf.23 Demnach wird „Armut … im Wesentlichen als ein Mangel an Mitteln und Möglichkeiten verstanden, das Leben so zu leben und zu gestalten, wie es in unserer Gesellschaft üblicherweise auf Basis des historisch erreichten Wohlstandsniveaus möglich ist.“24

Welche Indikatoren herangezogen werden, um Armut im Rahmen des Lebenslagen-Ansatzes zu erfassen, variiert allerdings recht stark. Denn es gibt kein allgemein anerkanntes theoretisches Konzept darüber, welche Lebensbereiche relevant sind und daher einbezogen werden müssten – und entsprechend existieren auch keine verbindlichen Mangelindikatoren. Eigentlich besteht nur Einigkeit darüber, dass das Einkommen nicht ausreicht und weitere Indikatoren herangezogen werden müssen. „Mehrdimensionalität“ heißt das häufig verwendete Schlagwort. Entsprechend ist schon bei der EU mit der Unterscheidung in Primär- und Sekundärindikatoren verfahren worden, und die Bundesregierung verwendet neben der Armutsrisikoquote noch die Entwicklung der Einkommensungleichheit in der Gesellschaft, das Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit sowie die Zahl der Bezieher von Hartz IV und der Grundsicherung im Alter.25 Da dem keine empirische Theorie – eine Gesellschaftstheorie schon gar nicht – zugrunde liegt, ist die Auswahl willkürlich. Als Maßstab wird wiederum ein vermeintlich übliches, durchschnittliches Lebenshaltungsniveau verwendet.

Elaborierter sind Versuche, Entbehrung (Deprivation) beim Lebensstandard qua Erhebung direkt zu ermitteln. So kann danach gefragt werden, ob es möglich ist, bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen, die als grundlegend anzusehen sind – etwa Behandlungskosten zu zahlen, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden, oder die Wohnung hinreichend zu heizen. Es hat sich gezeigt, dass solche Entbehrungen oft nicht mit Einkommensarmut einhergehen; nur für ein Drittel der Personen mit einem „Armutsrisiko“ traf das zu.26

Die Klassifizierung durch die Forschung und die Politik ist das eine. Stimmt sie aber auch mit der Selbsteinschätzung der Individuen überein, fühlen sich also die vermeintlich Armen auch tatsächlich materiell und mit Blick auf ihren Lebensstandard unzureichend versorgt oder zurückgesetzt? Dieser Frage wird in der Armutsforschung kaum nachgegangen. Bei einer der wenigen Studien, die sich damit beschäftigte, stellte sich das Ergebnis ein, dass der allergrößte Teil derjenigen, die als deprivationsarm oder als „einkommensarm“ eingestuft wurden, mit ihrem Lebensstandard durchaus zufrieden waren. Auf einer Schulnotenskala gaben mehr als 80 % jener, die entweder deprivations- oder einkommensarm waren, an, dass ihr Lebensstandard mindestens befriedigend sei; von denen, für die beides zutraf, war es mehr als die Hälfte.27

Die Daten des SOEP weisen in die gleiche Richtung, denn hier war 2016 nach eigener Auswertung die Mehrheit jener, denen nach EU-Definition ein Armutsrisiko zuzuschreiben war, mit ihrem Haushaltseinkommen eher zufrieden.28 An dieser Stelle sei auf einen weiteren Aspekt hingewiesen. Nach dem SOEP machten im selben Jahr Studenten knapp ein Zehntel der Armutsgefährdeten in Deutschland aus. Studenten können wohl als ein besonderes soziales Milieu mit einer spezifischen Lebenswelt aufgefasst werden. Es ist davon auszugehen, dass sie größtenteils keinem Armutsrisiko unterliegen, sondern nach abgeschlossenem Studium eher zu den Gutverdienern zählen werden.

Abbildung 4
Einschätzung eines als gerecht empfundenen Anteils am Lebensstandard im Jahr 2016
Einschätzung eines als gerecht empfundenen Anteils am Lebensstandard im Jahr 2016

Quelle: ALLBUS; eigene Berechnungen.

Aus der Sozialpsychologie stammt die Theorie der relativen Deprivation,29 bei der es um die als unfair empfundene Verletzung von Erwartungen30 im Vergleich zu einer Referenzgruppe geht. Im Kern geht es also darum, ob sich jemand sozial ungerecht behandelt fühlt. Weil bei Armut der Lebensstandard im Fokus steht, stellt sich die Frage, ob sich die armutsgefährdeten Personen in dieser Hinsicht gerecht behandelt fühlen. Erwartungsgemäß ist das bei ihnen nach den Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) weniger häufig als bei jenen der Fall, deren Einkommen oberhalb der Armutsgefährdungsgrenze liegt. Aber immerhin knapp die Hälfte der armutsgefährdeten Personen meint, einen gerechten Anteil am Lebensstandard zu haben; ähnlich viele glauben, „etwas“ weniger als ihnen zusteht zu erhalten (vgl. Abbildung 4). Dass ihr Anteil am Lebensstandard „viel“ zu gering sei, meint nur ein Siebtel.

Fazit

Schon die Definition der UNO von absoluter Armut ist angreifbar. Im Falle von relativer Armut, die in den Industriestaaten im Vordergrund steht, sind die Definitionen durchweg wenig überzeugend. Das gilt insbesondere für die Definition der EU, der auch ein großer Teil der empirischen Armutsforschung in Deutschland folgt und die aus einer Vielzahl von Blickwinkeln stetig neue Ergebnisse über das Ausmaß „armutsgefährdeter“ Personen in Deutschland präsentiert.

Auch wenn von einem multidimensionalen Ansatz die Rede ist, so steht doch die Armutsrisikoschwelle im Vordergrund. Die Festlegung ihrer Höhe und die in ihre Ermittlung einfließende Bedarfsgewichtung sind rein willkürlich gewählt; es gibt dafür weder empirische noch theoretische Begründungen. Für die weiteren, zur Armutsmessung verwendeten Indikatoren des EU-Konzepts gilt Ähnliches. Sie stehen theoretisch unverbunden nebeneinander. Vermögen werden völlig außer Acht gelassen, obwohl es – wie gezeigt – durchaus vermögende „Arme“ gibt.

Die Verwendung eines nationalen Maßstabs birgt die große Gefahr, dass eher regionale Unterschiede in der Wirtschaftskraft in den EU-Mitgliedstaaten erfasst werden als Armut. Die Orientierung an einem nationalen Durchschnitt hat auch zur Folge, dass Klassen, Schichten oder soziale Lebenswelten ausgeblendet werden – und somit Unterschiede in den Lebensstilen und den Lebenswelten. Entscheidend für die Individuen ist aber nicht ein nationaler Durchschnitt, sondern ihre Lebenswelt. Relative Armut und Ausgrenzung wird daher nicht gegenüber einem abstrakten Durchschnitt empfunden, die Referenz ist vielmehr die Region oder das Stadtquartier, der Bekanntenkreis, die Arbeitskollegen oder die Mitschüler der Kinder. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass nicht wenige derjenigen, die qua EU-Definition als „armutsgefährdet“ einzustufen sind, mit Blick auf ihr Einkommen nicht unzufrieden sind und sich nicht ungerecht behandelt fühlen. Die Ausrichtung am nationalen Durchschnitt folgt eher einem einfach zu handhabenden, atheoretischen Empirismus.

Die Festlegung von Armuts- oder Armutsrisikogrenzen beruht immer auf Werturteilen. Daher wird zu Recht eine gründliche Diskussion darüber gefordert, was in der Gesellschaft unter Armut zu verstehen ist.31 Diese findet aber kaum statt. Vielmehr gibt es die offizielle Definition der EU, an die sich viele Forscher bei ihrer Arbeit halten. Die von ihnen präsentierten Ergebnisse werden von den Medien gern aufgegriffen, denn Berichte über vermeintliche soziale Missstände erreichen einen hohen Aufmerksamkeitswert – insbesondere wenn ihnen der Nimbus der Wissenschaft anhaftet. Und mit den Ergebnissen wird versucht, Politik zu gestalten – wiederum je nach den eigenen Wertvorstellungen.

Vielleicht sollte der inzwischen politisch stark aufgeladene Begriff von Armut ganz vermieden werden – weil immer von Interessen geleitete Werturteile im Spiel sein werden und weil wohl auch keine überzeugende und allgemeinverbindliche Definition möglich ist. Wenn es nur um das Einkommen geht, sollte stattdessen „Einkommensschwäche“ verwendet werden. Der Armutsforschung sei angeraten, weniger den Blick auf Armutsrisikoschwellen und -quoten zu richten und mehr die Ursachen von Einkommensschwäche, Entbehrung und auch die tatsächliche Ausgrenzung zu untersuchen. Dabei ginge es dann etwa um Arbeitslosigkeit, Ausbildung und Erziehung – immer unter der Perspektive sozialer Milieus und spezifischer Lebenslagen.

  • 1 Vgl. United Nations: Sustainable Development, Goals. Goal 1: End poverty in all its forms everywhere, http://www.un.org/sustainabledevelopment/poverty/ (16.1.2018).
  • 2 Vgl. United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization: Learning to live together. Poverty, http://www.unesco.org/new/en/social-and-human-sciences/themes/international-migration/glossary/poverty/ (16.1.2018).
  • 3 Vgl. United Nations, a. a. O.
  • 4 Pauperismus bezeichnet die Massenarmut des 19. Jahrhunderts.
  • 5 Vgl. A. de Tocqueville: Das Elend der Armut. Über den Pauperismus, Berlin 2007, S. 9 f.
  • 6 Vgl. unter anderem J. Roth: Armut in der Bundesrepublik. Untersuchungen und Reportagen zur Krise des Sozialstaats, Reinbek 1971; und S. Leibfried, F. Tennstedt: Die Politik der Armut und die Spaltung des Sozialstaats, Frankfurt a. M. 1985.
  • 7 Zitiert nach W. Strengmann-Kuhn, R. Hauser: International vergleichende Armutsforschung, in: E.-U. Huster, J. Boeckh, H. Mogge-Grotjahn (Hrsg.): Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Das Maß der Armut: Armutsgrenzen im sozialstaatlichen Kontext, Wiesbaden 2008, S. 133-150.
  • 8 Vgl. Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung und Soziales: Gemeinsamer Bericht über die soziale Eingliederung, Brüssel 2004, S. 12.
  • 9 Vgl. TNS Opinion and Social: Bericht Armut und soziale Ausgrenzung, Euro-Barometer Spezial, Nr. 321, S. 10.
  • 10 Vgl. Europäischer Rat: Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Lissabon, 23.-24.3.2000, Absatz 5, http://www.europarl.europa.eu/summits/lis1_de.htm (16.1.2018).
  • 11 Ebenda, Absatz 32.
  • 12 Vgl. A. Atkinson, B. Cantillon, E. Marlier, B. Nolan: Social Indicators: The EU and Social Inclusion, Oxford 2002.
  • 13 Vgl. Europäische Kommission, Beschäftigung, Soziales und Integration: Politikfelder und Tätigkeiten. Untergruppe „Indikatoren“, http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=830&langId=de (16.1.2018).
  • 14 Vgl. P. Krause, D. Ritz: EU-Indikatoren zur sozialen Inklusion in Deutschland, in: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 75. Jg. (2006), H. 1, S. 152-173.
  • 15 Vgl. unter anderem Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: DIW Glossar. Armut, https://www.diw.de/de/diw_01.c.411565.de/presse/diw_glossar/armut.html (16.1.2018).
  • 16 Vgl. Statistisches Bundesamt: 19,7 % der Bevölkerung Deutschlands von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, Pressemitteilung vom 9.11.2017.
  • 17 Vgl. die Definition der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Armut und soziale Ausgrenzung, http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de/A1armutsgefaehrdungsquoten.html (16.1.2018).
  • 18 Neuere Daten sind derzeit nicht verfügbar.
  • 19 Hier ist die Verwendung des Begriffs „Armutsgefährdung“ schon zynisch, denn in Rumänien galten 2016 Personen bei einem Einkommen von weniger als 4 Euro pro Tag als armutsgefährdet.
  • 20 Mitunter werden allerdings auch Armutsgefährdungsquoten ausgewiesen, die anhand der Einkommen in den Regionen berechnet wurden (vgl. Fußnote 17). Sie spielen aber in der Berichterstattung der EU sowie in der deutschen Armutsforschung kaum eine Rolle.
  • 21 Vgl. unter anderem A. Tschoeppe: Neues Bedarfsmessungssystem für die Regelsätze in der Sozialhilfe nach § 22 BSHG, in: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 67. Jg. (1987), H. 12, S. 433-442.
  • 22 Vgl. A. Sen: Ökonomie für den Menschen. Wege zur Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft, München 2002, S. 110.
  • 23 Vgl. P. Townsend: Deprivation, in: Journal of Social Policy, 16. Jg. (1987), H. 2, S. 125-146.
  • 24 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Lebenslagen in Deutschland. Der fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, August 2017, http://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a306-5-armuts-und-reichtumsbericht.html (22.3.2018).
  • 25 Ebenda.
  • 26 Vgl. G. Lipsmeier: Potentiale und Probleme des Deprivationsansatzes in der Armutsforschung, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 32. Jg. (2001), H. 4, S. 3-29.
  • 27 Ebenda, S. 25.
  • 28 Die Zufriedenheit wird auf einer Skala von 0 („ganz und gar unzufrieden“) bis 10 („ganz und gar zufrieden“) erfasst. Von den Personen mit einem Armutsrisiko gaben 59 % Werte von 5 bis 10 an.
  • 29 Vgl. unter anderem S. A. Stouffer: The American Soldier. Adjustment During Army Life, Princeton 1949; W. G. Runciman: Relative Deprivation and Social Justice: A Study of Attitudes to Social Inequality in Twentieth-Century England, Berkeley 1966.
  • 30 Vgl. J. S. Adams: Inequality in Social Exchange, in: Advances in Experimental Social Psychology, Nr. 2/1965.
  • 31 R. Hauser: Das Maß der Armut: Armutsgrenzen im sozialstaatlichen Kontext. Der sozialstaatliche Diskurs, in: E.-U. Huster, J. Boeckh, H. Mogge-Grotjahn (Hrsg.), a. a. O., S. 94-117.

Title:Poverty – Misery of a Term

Abstract:Poverty is a frequent topic in the media and in politics, but the definition of poverty is not satisfactory. The European ­Commission’s poverty of risk concept ignores social and regional income discrepancies, assets are disregarded, and real poverty is not defined. Other definitions show that poverty is difficult to grasp in practice. There are also differing opinions on and definitions of poverty in the population. A lot of those people who were defined as at risk of poverty according to the EU concept are not poor in reality and not unsatisfied with their income . This lack of clarity has led to the proposal to replace the term “poverty” with “low income”. Future research should place greater weight on determining the causes of low incomes.


DOI: 10.1007/s10273-018-2284-9