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Der Diesel- wird im Gegensatz zum Benzinkraftstoff deutlich subventioniert. Dies führt zu verfehlten Anreizwirkungen bei der CO2-Reduktion. Würde man beide Kraftstoffarten bei gleichem Steueraufkommen entsprechend ihres CO2-Ausstoßes besteuern, würde Benzin billiger und Diesel teurer werden. Eine solche Reform würde für mehr als zwei Drittel der privaten Haushalte eine finanzielle Entlastung bedeuten. Insbesondere die einkommensschwächeren Haushalte würden profitieren, sodass die Sozialverträglichkeit gewährleistet wäre.

Deutschlands Autofahrer werden zunehmend mit den problematischen Auswirkungen der nationalen Verkehrspolitik konfrontiert. Die öffentliche Debatte wird von der branchenweiten Manipulation der Abgasmessungen dominiert, die die Verbraucher mit Dieselfahrverboten und die Automobilhersteller mit Milliardenklagen bedroht. Aufgrund der jahrelangen Verletzung europäischer Schadstoff-Grenzwerte geht die EU-Kommission auch gerichtlich gegen Deutschland vor.1 Sogar die selbstgesteckten Ziele zur CO2-Reduktion und zum Markthochlauf der Elektromobilität werden aller Voraussicht nach verfehlt werden.

Zurückführen lassen sich diese Entwicklungen zu einem erheblichen Teil auf die verfehlte Anreizwirkung der bestehenden Energiesteuersubvention des Diesels mit rund 0,22 Euro/l. Zusammen mit den Imagekampagnen zum „sauberen Diesel“ und der Betonung seiner Bedeutung für den Klimaschutz durch die Bundesregierung wurde eine verzerrte Verbraucherperspektive der tatsächlichen Umweltbelastung von Kraftstoffen geschaffen. Der Kostenvorteil des Diesels begründet sich nicht nur im häufig geringeren Kraftstoffverbrauch, sondern auch in der ungleichen Besteuerung an der Zapfsäule. Denn die seit 2003 gültigen Energiesteuersätze implizieren höhere Steuersätze für die von Benzinmotoren verursachten Emissionen. Bei Benzin (28,1 ct/kg) wird CO2 um 61 % höher besteuert als bei Diesel (17,5 ct/kg) – und zwar unabhängig davon, welche der beiden Antriebstechnologien effizienter ist.2 Gleichzeitig wird mit dem Dieselantrieb eine Technologie subventioniert, die umso mehr Vorteile hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs aufweist je größer, schwerer und leistungsstärker das Fahrzeug ist – und damit wiederum umso umweltschädlicher.

Diese verkehrspolitische Strategie ermöglichte der deutschen Automobilindustrie durch ihren Technologievorsprung beim Diesel zwar ein margenstarkes Geschäftsmodell. Gleichzeitig führte sie jedoch zu einer geringen Bereitschaft für Investitionen in alternative Antriebskonzepte wie dem Elektroauto. Die resultierenden Probleme für Umwelt, Verbraucher und Wirtschaft lassen selbst führende Köpfe der Automobilindustrie den Sinn der Dieselsubvention öffentlich hinterfragen.3 Neben dem steigenden umweltpolitischen Handlungsdruck besteht für den Technologie­standort Deutschland zusätzlich das Risiko einer einseitigen Positionierung auf den Verbrennungsmotor. Um beides zu adressieren ist ein technologieneutrales Steuerungskonzept gesucht, das die bestehenden Marktverzerrungen auflöst und stattdessen freien Wettbewerb um die emissionsärmsten Fahrzeuge ermöglicht. Aus Umweltperspektive bietet sich eine Besteuerung nach dem CO2-Gehalt der unterschiedlichen Kraftstoffarten an. In Ergänzung zum Europäischen Emissionshandel hätte eine derartige Emissionssteuer für das Treibhausgas CO2 die Anpassung der Energiesteuersätze und damit auch die Abschaffung der Dieselsubvention zur Folge. Die EU-Kommission hatte bereits 2011 einen entsprechenden Reformentwurf der Energiesteuerrichtlinie vorgelegt und dessen Auswirkungen umfangreich untersuchen lassen.4 Inwiefern die Steueränderungen für Benzin und Diesel in Deutschland sozialverträglich wären, wurde bisher jedoch nicht überprüft. Daher werden hier die Auswirkungen einer entsprechenden Energiesteuerreform auf die privaten Haushalte quantifiziert.

Tabelle 1
Reformgewinner und -verlierer nach sozioökonomischen Merkmalen
  Zahl der Haushalte   Haushaltsdurchschnitt
Absolut (Mio.) Relativ
(%)
Anteil an Haushalten
im Quartil (%)
  Zahl der Personen Netto-
einkommen (Euro)
Netto-äquivalenz-
einkommen (Euro)
Jahresfahrleistung
Absolut (km) mit Diesel-Pkw (%)
Reform- gewinner1                  
1. Quartil 4,1 20 73   2,0 1400 900 11 500 0
2. Quartil 6,3 30 77   2,0 2200 1500 12 700 0
3. Quartil 4,8 23 63   1,9 2800 1900 12 800 1
4. Quartil 5,5 27 59   1,7 4200 3100 13 700 1
Insgesamt 20,7 100 68   1,9 2700 1900 12 700 1
Reform- verlierer1                  
1. Quartil 1,5 15 27   2,8 1700 900 19 900 91
2. Quartil 1,9 19 23   2,9 2800 1500 23 200 89
3. Quartil 2,8 28 37   2,5 3300 2000 23 800 91
4. Quartil 3,8 38 41   2,1 4800 3200 26 700 89
Insgesamt 9,9 100 32   2,5 3500 2200 24 200 90

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

In der Regel belasten Steuern auf Kraftstoffe in Hocheinkommensländern wie Deutschland Haushalte mit geringen Einkommen stärker.5 Umweltpolitische Maßnahmen, die Erhöhungen der Kraftstoffsteuer mit sich bringen, verschärfen diesen Effekt entsprechend.6 Studien, in denen die Steuersätze für Diesel stärker angehoben werden als für Benzin, identifizieren einen regressiven Reformeffekt, jedoch auch einen überproportionalen Anstieg der Steuerbelastung reicherer Haushalte.7 Progressive Effekte auf die Verteilung der Kraftstoffsteuer lassen sich meist nur für Reformvorhaben finden, in denen die reformbedingten Steuermehreinnahmen durch andere staatliche Instrumente aufkommensneutral an die Haushalte zurückgeführt werden.8 Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die Abschaffung der Dieselsubvention in Deutschland durch eine an den CO2-Emissionen orientierte Erhöhung der Energiesteuer für Diesel eine progressive Verteilungswirkung hat, wenn Benzin in gleichem Maße steuerlich entlastet wird.

Energiesteuerreform für Benzin und Diesel

In Deutschland leisten die privaten Haushalte für die Benutzung ihrer Pkw unterschiedliche Abgaben. Für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ist das neben der Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) im Wesentlichen die im Kraftstoffpreis enthaltene Energiesteuer. Das Energiesteuergesetz definiert Steuersätze in Höhe von 0,6545 Euro/l auf Benzin und 0,4704 Euro/l auf Diesel. Darauf werden jeweils noch 19 % Umsatzsteuer erhoben. Damit ergeben sich energiesteuerbedingte Abgaben je Liter Kraftstoff in Höhe von 0,7789 Euro bei Benzin und 0,5598 Euro bei Diesel. Die für die Verbraucher erkennbare Differenz der Kraftstoffpreise ist somit hauptsächlich auf den Effekt der Energiesteuer zurückzuführen. Zusätzlich haben Fahrzeughalter die Kfz-Steuer nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz zu entrichten, die ebenfalls zwischen den Motortypen unterscheidet. Für Diesel-Pkw gelten höhere Kfz-Steuersätze. Bei Pkw mit einer Erstzulassung vor dem 1. Juli 2009 wird der Kfz-Steuersatz durch die Schadstoffklasse und das Volumen des Motor-Hubraums definiert. Bei neueren Fahrzeugen wird sie ausschließlich anhand der kilometerbezogenen CO2-Emissionen bemessen.

Tabelle 2
Reformgewinner und -verlierer nach Pkw-Merkmalen im Haushaltsdurchschnitt
  Zahl Pkw   Anteil von ... (%)   Pkw-Durchschnitt   CO2-Emissionen
  privat genutzten Dienstwagen großen Pkw darunter Großraum-Vans   Motorleistung (PS) Pkw-Alter (Jahre)   Absolut (g/km) Absolut (t/Person pro Jahr)
Reform-gewinner1                      
1. Quartil 1,1   0 15 1   99 10,9   175 1,1
2. Quartil 1,1   0 19 2   105 9,1   175 1,2
3. Quartil 1,2   2 24 7   109 8,5   185 1,3
4. Quartil 1,2   2 38 4   120 8,3   185 1,6
Insgesamt 1,2   1 25 3   109 9,1   180 1,3
Reform-verlierer1                      
1. Quartil 1,4   6 63 18   114 9,8   190 1,4
2. Quartil 1,4   3 46 16   115 6,9   170 1,5
3. Quartil 1,4   12 58 7   133 6,2   180 1,9
4. Quartil 1,5   17 55 4   136 6,2   185 2,4
Insgesamt 1,4   11 55 9   128 6,9   180 2,0

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Das untersuchte Reformkonzept umfasst eine Anpassung des Verhältnisses zwischen den Energiesteuersätzen für Diesel und Benzin an das Verhältnis der jeweils in einem Liter gespeicherten Menge an CO2.9 Durch die Verbrennung eines Liters Diesel wird im Vergleich zu Benzin rund 15 % mehr CO2 emittiert. Demnach ist der Steuersatz für Diesel entsprechend höher auszugestalten. Solange Dieselmotoren effizienter sind als die von Benzinern, weisen sie durch diesen technologieneutralen Ansatz weiterhin die geringere kilometerbezogene Energiesteuer auf. Die Kfz-Steuer und die Umsatzsteuer werden in ihrer derzeitigen Form beibehalten. Im Sinne einer vollständigen Vergleichbarkeit der Pkw-Besteuerung werden sie in den Untersuchungsergebnissen mitberücksichtigt.

Ein Ansatz zur Festlegung der neuen Steuersätze bietet die Orientierung am Status quo. Zum einen könnte der Steuersatz für Diesel konstant gehalten und für Benzin von rund 0,65 Euro auf 0,41 Euro gesenkt werden, was Steuermindereinnahmen zur Folge hätte. Zum anderen könnte der Steuersatz für Benzin konstant gehalten und der Steuersatz für Diesel von rund 0,47 Euro auf 0,75 Euro je Liter erhöht werden. Letzteres würde in erhöhten Steuereinnahmen resultieren. Um die Effekte eines veränderten Steueraufkommens auszuschließen, kommt eine dritte Variante in der vorliegenden Studie zur Anwendung. Die neuen Energiesteuersätze wurden so berechnet, dass sie unter Berücksichtigung des bisherigen Benzin- und Dieselverbrauchs der privaten Haushalte und unter der Annahme eines unveränderten Nachfrageverhaltens steueraufkommensneutral sind. In der Folge beträgt der Energiesteuersatz im Reformszenario für Benzin 0,5497 Euro/l und für Diesel 0,6336 Euro/l. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Umsatzsteuer sinken also die energiesteuerbedingten Abgaben im Vergleich zum Status quo für einen Liter Benzin um rund 0,12 Euro auf 0,6541 Euro. Die energiesteuerbedingten Abgaben für einen Liter Diesel steigen hingegen auf 0,7539 Euro/l, was einem Anstieg der Dieselpreise um rund 0,19 Euro entspricht.

Daten und Methodik

Zur Analyse der steuerlichen Auswirkungen der Reform auf die privaten Haushalte in Deutschland wird deren individuelle Energiesteuerbelastung anhand der jeweiligen Antriebstechnologie, der Jahresfahrleistung und des Kraftstoffverbrauchs ihrer Pkw simuliert, und zwar je einmal mit den Steuersätzen des bestehenden Rechts und des Reformszenarios. Der auf die Energiesteuer entfallende Anteil der Umsatzsteuer wird dabei im Folgenden stets mitberücksichtigt. Als Indikator für die gesamte Pkw-bezogene Steuerlast eines Haushalts wird die kombinierte Steuerlast aus Energie- und Kfz-Steuer ausgewiesen. Es wird der direkte Erstrundeneffekt (Morning-After-Effekt) der Energiesteuerlast simuliert. Anpassungen der individuellen Pkw-Nutzung, wie etwa Änderungen der Fahrleistung oder der Ersatz durch andere Pkw, sowie Rückkoppelungseffekte durch weitere Steuern werden dabei nicht berücksichtigt.

Als Analyseinstrument wurde am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) ein arithmetisches Mikrosimulationsmodell entwickelt. Das Modell simuliert die Energie- und Kfz-Steuer für den Pkw-Bestand privater Haushalte in Deutschland. Mikrosimulationsmodelle sind für die empirische Analyse von Aufkommens- und Verteilungswirkungen durch Gesetzesreformen besonders geeignet.10 Als Datengrundlage dient das Deutsche Mobilitätspanel (MOP). Die Daten werden vom Institut für Verkehrswesen des Karlsruher Instituts für Technologie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums seit 1994 jährlich erhoben. Zentrale Elemente des MOP sind das Mobilitätsverhalten und die Pkw-Nutzung, insbesondere der Kraftstoffverbrauch und die Fahrleistung. Das Design des MOP als Panelerhebung ermöglicht zudem die Analyse von Verhaltensänderungen im Zeitverlauf.

Für das in dieser Studie verwendete Mikrosimulationsmodell wurde die zum Zeitpunkt der Berechnung aktuellste Erhebungswelle verwendet. Sie umfasst 1697 für Deutschland repräsentative Haushalte des Berichtszeitraums 2015, für die im Berichtszeitraum 2016 zudem 1553 Pkw-spezifische Tankbücher erhoben wurden.11 Das Nettoeinkommen jedes Haushalts liegt differenziert nach zehn Einkommensgruppen vor. Ein numerischer Wert des Nettoeinkommens wird auf Basis der Verteilung der Nettoeinkommen in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 imputiert.12 Daraufhin werden die Haushalte anhand ihres Nettoäquivalenzeinkommens den Einkommensquartilen der Gesamtbevölkerung zugeordnet, um eine Vergleichbarkeit der finanziellen Situation zu ermöglichen.13

Abbildung 1
Gesamtfahrleistung nach Kraftstoff und Einkommensquartilen
Gesamtfahrleistung nach Kraftstoff und Einkommensquartilen

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Die 30,6 Mio. Haushalte in Deutschland mit im Inland gemeldeten Benzin- oder Diesel-Pkw stellen die Grundgesamtheit der Untersuchung dar. Nicht von der Reform betroffen sind Haushalte ohne Pkw, weshalb sie in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt werden. Als Pkw zählen sowohl Privatwagen als auch Dienstwagen, die in der Regel vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und privat genutzt werden dürfen. Kraftfahrzeuge zur Beförderung von Gütern, wie z. B. Kleintransporter von Handwerkern, gelten als Lkw. Sie sind damit nicht Teil der Untersuchung, auch wenn sie von der Steueränderung betroffen wären. Taxen hingegen werden berücksichtigt, sofern sie dauerhaft den Haushalten zur Verfügung stehen. Für diese Pkw ergibt sich die in Abbildung 1 dargestellte Gesamtfahrleistung von Benzin und Diesel nach Einkommensquartilen. Sowohl die gesamte Pkw-Nutzung als auch die Gesamtfahrleistung der Diesel-Pkw steigt demnach mit dem Einkommensquartil. Die Fahrleistung von Benzin-Pkw weist hingegen keinen eindeutigen Trend auf. Für die distributive Wirkung des Reformvorschlags ist vor allem die Relation von Benzin und Diesel bedeutsam. In den unteren beiden Quartilen wird mit Benzin etwa doppelt so viel gefahren wie mit Diesel-Pkw, während in den oberen beiden Quartilen die Gesamtfahrleistung nach Kraftstoffart ähnlich hoch ist.

Reformgewinner und -verlierer

Die von der vorgeschlagenen Energiesteuerreform betroffenen Haushalte lassen sich durch die Änderung ihrer Energiesteuerlast eindeutig der Gruppe der Reformgewinner oder der Reformverlierer zuordnen. Haushalte mit ausschließlich Diesel-Pkw sind Reformverlierer, da für sie nur der erhöhte Diesel-Steuersatz zum Tragen kommt. Entsprechend sind Haushalte mit ausschließlich Benzin-Pkw Reformgewinner. In Haushalten mit sowohl Diesel- als auch Benzin-Pkw entscheidet das Verhältnis des in Liter gemessenen Jahresverbrauchs der beiden Kraftstoffe, ob die Steuereinsparung oder die Mehrbelastung überwiegt.14

Die Reform führt in 68 % der von ihr betroffenen Haushalte zu finanziellen Einsparungen (vgl. Tabelle 1). Für Haushalte der unteren Einkommenshälfte liegt der Gewinneranteil bei 75 %, während er für Haushalte in der oberen Einkommenshälfte 61 % beträgt. In absoluten Zahlen gemessen gehören rund 10 Mio. Haushalte unterhalb wie auch oberhalb des Einkommensmedian zu den Reformgewinnern. Gleichzeitig verlieren durch die Reform weniger als halb so viele Haushalte in der unteren wie in der oberen Einkommenshälfte.15 Das durchschnittliche Haushaltnettoeinkommen der Reformverlierer liegt mit 3500 Euro weit über den 2700 Euro der Reformgewinner. Auch unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße weisen die Verlierer ein höheres Nettoäquivalenzeinkommen auf. Damit belastet die Reform insbesondere Haushalte, die sich in einer vergleichsweise guten Einkommenssituation befinden. Diese einkommensabhängige Reformwirkung lässt sich durch strukturelle Unterschiede der Pkw und ihrer Nutzung erklären. Die Verliererhaushalte legen im Mittel 90 % ihrer durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung von 24 200 km mit Diesel-Pkw zurück. Demgegenüber kommen die Gewinnerhaushalte auf eine rund halb so hohe Fahrleistung, von der sie im Durchschnitt lediglich 1 % mit Diesel-Pkw fahren. Sowohl bei den Gewinnern als auch bei den Verlierern steigt die durchschnittliche Fahrleistung mit dem Einkommen.

Potenzielle Gründe hierfür finden sich durch einen Vergleich verbrauchsrelevanter Fahrzeugmerkmale in Tabelle 2.16 Grundsätzlich verfügt ein durchschnittlicher Gewinnerhaushalt über weniger Pkw als ein Verliererhaushalt. Die Pkw der Verlierer sind mit durchschnittlich 6,9 Jahren 2,2 Jahre jünger als die der Gewinner. Es ist anzunehmen, dass diese neueren Pkw gleichzeitig mit technologisch fortschrittlicheren und damit emissionsärmeren Motoren ausgestattet sind. Ihre stärkere Motorisierung (128 PS gegenüber 109 PS) und der höhere Anteil großer Pkw (55 % gegenüber 25 %) führen jedoch zu entsprechend höheren CO2-Emissionen.17 Den Verlierern werden ihre Pkw rund zwölfmal häufiger vom Arbeitgeber als Dienstwagen zur privaten Nutzung bereitgestellt. Der hohe Dieselanteil unter den Dienstwagen überrascht an dieser Stelle nicht. Im Kontext der vorgeschlagenen Reform legt er die begründete Annahme nahe, dass ein Teil der Verliererhaushalte die Erhöhung der Energiesteuer nicht selbst tragen müsste.

Unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Haushalte lässt sich bei den Gewinnern für den Anteil großer Fahrzeuge, die durchschnittliche Motorleistung und die durchschnittlichen CO2-Emissionen ein Anstieg mit dem Einkommen feststellen. Unter den Verliererhaushalten hingegen sind die Pkw mit den höchsten CO2-Emissionen im untersten Einkommensquartil zu finden, während die Pkw des 2. Quartils am wenigsten CO2 emittieren. Eine mögliche Erklärung dafür liefert die Fahrzeuggröße. Nach der verwendeten Fahrzeugklassifikation ist der Anteil großer Pkw im untersten Einkommensquartil mit 63 % am höchsten und im 2. Quartil mit 46 % an niedrigsten. Die für Familien attraktiven Großraum-Vans sind in den beiden Quartilen der Verlierer besonders häufig vertreten. Unter Berücksichtigung der Jahresfahrleistung und der Personenzahl ergibt sich für die jährlichen personenbezogenen CO2-Emissionen ein einheitliches Bild: Je besser die Einkommenssituation, desto stärker belastet eine einzelne Person das Klima. Die individuellen CO2-Emissionen der Verlierer übertreffen die der Gewinner um durchschnittlich 48 %. Bedingt wird dies vor allem durch die höheren Fahrleistungen der Verliererhaushalte.

Tabelle 3
Emissionsbezogener Energie- und Kfz-Steuersatz im Haushaltsdurchschnitt
  Steuersatz (Euro/g CO2)
  Energiesteuer Energie- und Kfz-Steuer
  Status quo Reform Status quo Reform
Reformgewinner1        
1. Quartil 335 280 440 390
2. Quartil 335 280 425 370
3. Quartil 335 280 455 400
4. Quartil 335 280 460 410
Insgesamt 335 280 445 390
Reformverlierer1        
1. Quartil 220 280 380 440
2. Quartil 220 280 330 390
3. Quartil 220 280 335 395
4. Quartil 220 280 350 410
Insgesamt 220 280 345 405
Alle Haushalte1        
1. Quartil 305 280 425 400
2. Quartil 310 280 400 375
3. Quartil 290 280 410 400
4. Quartil 290 280 415 410
Insgesamt 295 280 410 395

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Als Indikator für die monetäre Bewertung der Umweltbelastung wird die Energie- und Kfz-Steuerlast der Haushalte in Bezug zu der von ihnen emittierten Menge an CO2 gesetzt. Der durchschnittliche Energiesteuersatz für 1 t CO2 liegt bei 295 Euro. Tabelle 3 verdeutlicht die erhebliche Diskrepanz zwischen Reformgewinnern und -verlierern. Verliererhaushalte zahlen durchschnittlich 220 Euro/ t CO2, während die Gewinnerhaushalte mit durchschnittlich 335 Euro einen um 51 % höheren Energiesteuersatz aufweisen. Die Kfz-Steuer verringert diesen Unterschied auf 27 %, gleicht ihn jedoch nicht aus. Somit wird aus Klimaperspektive nur etwa die Hälfte der Dieselsubvention in der Energiesteuer durch die Kfz-Steuer kompensiert. Der höhere Dieselanteil in den oberen Einkommensquartilen begründet die Unterschiede des durchschnittlichen emissionsbezogenen Steuersatzes. In der unteren Einkommenshälfte ist mit durchschnittlich 306 Euro/t CO2 ein höherer Energiesteuersatz zu zahlen als in der oberen Einkommenshälfte (290 Euro/t CO2). Aus dieser Perspektive weist die Energiesteuer einen regressiven Steuersatz auf. Die Berücksichtigung der Kfz-Steuer reduziert den regressiven Effekt, auch wenn sie eine Verschiebung des höchsten Steuersatzes ins 1. Quartil bewirkt. Die eingangs vorgestellte Energiesteuerreform bedeutet hingegen per Definition für jeden Haushalt einen einheitlichen emissionsbezogenen Steuersatz von 280 Euro/t CO2. Die Gesamtwirkung beider Steuern wird in diesem Fall nur durch den leicht progressiven Effekt der Kfz-Steuer bedingt.

Distributive Wirkung der Energiesteuerreform

Im Jahr 2015 zahlten Haushalte in Deutschland durchschnittlich 820 Euro Energiesteuern für Diesel und Benzin (vgl. Tabelle 4). Bisher trägt ein durchschnittlicher Verliererhaushalt jährlich 210 Euro mehr zum Energiesteueraufkommen bei als ein Gewinnerhaushalt. Die Reform verstärkt diese Diskrepanz und führt für Verliererhaushalte zu einer durchschnittlichen Mehrbelastung von 240 Euro. Im Gegensatz dazu werden die Reformgewinner im Durchschnitt um 120 Euro entlastet. Zusammen mit der Kfz-Steuer ergibt dies im Durchschnitt jährliche Steuerlasten von 1600 bzw. 800 Euro. Die durchschnittliche Steuerentlastung der Gewinner um 12 % fällt damit geringer aus als die durchschnittliche Mehrbelastung der Verlierer um 19 %. Um die Auswirkungen auf die individuelle finanzielle Situation der Haushalte zu veranschaulichen wird in Tabelle 5 die Steuerlast in Relation zum verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen gesetzt. Entsprechend steigt der Anteil von Energie- und Kfz-Steuern am Einkommen für Verlierer von 3,8 % auf 4,5 % und sinkt für Gewinner von 3,3 % auf 2,9 %.

Tabelle 4
Jährliche Energie- und Kfz-Steuerlast im Haushaltsdurchschnitt
  Jährliche Steuerlast (Euro) Durchschnittliche Änderung der Steuerlast (%)
Kfz-Steuer Energiesteuer Energie- und Kfz-Steuer
Status quo Re-
form
Status quo Re-
form
Energiesteuer Energie- u. Kfz-Steuer
Reformgewinner1            
1. Quartil 140 670 560 810 700 -16 -13
2. Quartil 150 750 630 890 780 -16 -13
3. Quartil 180 740 630 920 810 -16 -12
4. Quartil 200 830 700 1030 900 -16 -12
Insgesamt 170 750 630 920 800 -16 -12
Reformverlierer1            
1. Quartil 390 840 1040 1230 1430 29 17
2. Quartil 340 880 1090 1220 1440 28 19
3. Quartil 400 920 1180 1330 1580 29 20
4. Quartil 420 1070 1340 1500 1760 28 18
Insgesamt 400 960 1200 1360 1600 28 19
Alle Haushalte1            
1. Quartil 210 710 690 920 900 -4 -5
2. Quartil 190 780 740 970 930 -6 -5
3. Quartil 260 810 830 1070 1090 1 -1
4. Quartil 290 930 960 1220 1250 2 0
Insgesamt 240 820 820 1060 1060 -1 -2

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Tabelle 5
Anteil der Energie- und Kfz-Steuerlast am Nettoeinkommen im Haushaltsdurchschnitt
  Anteil der Steuerlast am Haushaltsnettoeinkommen (%)
Energiesteuer Energie- und Kfz-Steuer
Status quo Reform Status quo Reform
Reformgewinner1        
1. Quartil 4,2 3,5 5,2 4,5
2. Quartil 2,9 2,5 3,5 3,1
3. Quartil 2,3 1,9 2,8 2,5
4. Quartil 1,8 1,5 2,2 1,9
Insgesamt 2,7 2,3 3,3 2,9
Reformverlierer1        
1. Quartil 4,3 5,5 7,5 8,7
2. Quartil 2,6 3,3 3,7 4,4
3. Quartil 2,4 3,1 3,5 4,2
4. Quartil 1,9 2,4 2,7 3,2
Insgesamt 2,6 3,2 3,8 4,5
Alle Haushalte1        
1. Quartil 4,2 4,1 5,8 5,6
2. Quartil 2,9 2,7 3,6 3,4
3. Quartil 2,3 2,3 3,1 3,1
4. Quartil 1,8 1,9 2,4 2,4
Insgesamt 2,7 2,6 3,5 3,4

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Über alle Haushalte betrachtet, weist die Energiesteuer ein Gefälle nach Einkommensquartilen auf, mit der geringsten Energiesteuerlast von 710 Euro am unteren und der höchsten Energiesteuerlast von 930 Euro am oberen Ende der Einkommensverteilung (vgl. Tabelle 4). Für die Kfz-Steuer ist ein ähnliches Gefälle festzustellen, allerdings mit der geringsten Steuerlast im 2. Quartil. Das Gefälle dreht sich, wenn die Steuerlast anteilig am Nettoeinkommen bemessen wird (vgl. Tabelle 5). Haushalte im 1. Quartil zahlen im Durchschnitt 5,8 % ihres Einkommens für Energie- und Kfz-Steuer, während die Belastung für Haushalte im 4. Quartil lediglich 2,4 % beträgt. Das bedeutet eine stärkere steuerliche Belastung einkommensschwacher Haushalte relativ zu deren Einkommen. Die aktuelle Ausgestaltung von Energie- und Kfz-Steuer wirkt demnach regressiv.

Die Reform führt zu einer Minderung der absoluten Energie- und Kfz-Steuerlast von Haushalten der unteren Einkommenshälfte um durchschnittlich 5 %. Für Haushalte in der oberen Einkommenshälfte ist hingegen mit -1 % bzw. 0 % kaum eine Änderung erkennbar. Die Aufkommensneutralität der Reform wird durch die überproportionale Mehrbelastung eines verhältnismäßig kleinen Teils der Haushalte mit hohen Einkommen, hohen Fahrleistungen und damit hohen absoluten Steuerlasten realisiert. Auf diese Weise ist es möglich, dass die über alle Haushalte gemessene durchschnittliche Energiesteuerentlastung 2 % beträgt. Entsprechend ist ein Umverteilungseffekt zugunsten einkommensschwächerer Haushalte festzustellen, der auch im sinkenden Anteil der Steuerlast am Nettoeinkommen aller Haushalte von 3,5 % auf 3,4 % in Tabelle 6 zu erkennen ist. Der regressive Effekt der Energiesteuer wird somit durch die Reform abgeschwächt.

Tabelle 6
Anteil der Energie- und Kfz-Steuerlast am Nettoeinkommen von Familien im Haushaltsdurchschnitt
  Anteil der Familien … (%)   Anteil der Energie- und Kfz-Steuerlast am Haushaltsnettoeinkommen (%)   Durchschnittliche Änderung der Energie- und Kfz-Steuerlast (%)
an allen Haushalten an Familien im Quartil   Familien Nicht-Familien
  Status quo Reform Status quo Reform   Familien Nicht-Familien
Reformgewinner1                    
1. Quartil 23 54   5,0 4,3 5,2 4,5   -13 -12
2. Quartil 25 63   2,9 2,5 3,7 3,2   -13 -13
3. Quartil 17 49   3,0 2,6 2,8 2,4   -12 -12
4. Quartil 10 53   1,6 1,5 2,3 2,0   -12 -12
Insgesamt 19 56   3,2 2,8 3,4 2,9   -13 -12
Reformverlierer1                    
1. Quartil 53 46   5,3 6,3 10,0 11,5   20 15
2. Quartil 48 37   3,5 4,1 3,8 4,7   16 22
3. Quartil 30 51   3,2 3,8 3,6 4,3   19 20
4. Quartil 13 47   2,6 3,1 2,7 3,2   21 18
Insgesamt 31 44   3,8 4,4 3,9 4,6   19 19
Alle Haushalte1                    
1. Quartil 31 100   5,1 5,2 6,1 5,8   2 -8
2. Quartil 30 100   3,1 3,1 3,7 3,5   -3 -7
3. Quartil 22 100   3,1 3,2 3,0 3,0   4 -2
4. Quartil 11 100   2,1 2,2 2,4 2,5   3 -0
Insgesamt 23 100   3,5 3,5 3,5 3,4   1 -3

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Familien

Tabelle 6 zeigt die unterschiedliche Verteilungswirkung der Energiesteuerreform bei Familien und Nicht-Familien. Als Familien gelten Haushalte mit Personen unter 18 Jahren. Energie- und Kfz-Steuern summieren sich im Status quo für beide Gruppen auf jeweils durchschnittlich 3,5 % des Haushaltsnettoeinkommens. Die Steuerlast der Familien steigt durch die Reform um durchschnittlich 1 %. Lediglich für Familien im 2. Quartil ist eine Entlastung um durchschnittlich 3 % zu verzeichnen. Im Vergleich dazu sinkt die Steuerlast aller Nicht-Familien um durchschnittlich 3 %. Zugleich verteilen sich Familien ungleich auf Reformgewinner und -verlierer. 31 % aller Verliererhaushalte und 19 % aller Gewinnerhaushalte sind Familien. Damit werden überproportional viele Familien schlechter gestellt, auch wenn mit 56 % die Mehrheit aller Familien finanziell entlastet wird. Diese unterschiedliche Struktur wird auf Quartilsebene besonders deutlich. Mehr als die Hälfte der Verlierer im einkommensschwächsten Quartil sind Familien (53 %), während sich die Gewinner dieses Quartils zu weniger als einem Viertel (23 %) aus Familien zusammensetzen. Würden Familien durch die Reform in gleichem Maße betroffen werden wie die übrigen Haushalte, dann wären in der Gewinner- und Verlierergruppe gleiche Anteile zu erwarten. Da dies nicht der Fall ist, sind Familien mit niedrigen Einkommen überproportional häufig Verlierer der Reform, selbst wenn die Mehrheit der Familien in diesen Einkommensquartilen finanziell entlastet wird.

Mobilitätskosten

Die entscheidende Perspektive für die Mobilitätskosten der Haushalte ist die Relation zwischen der Fahrleistung und den dafür anfallenden Kosten. Einen wesentlichen Teil dieser Kosten stellt die Energie- und Kfz-Steuerlast dar. Für die Berechnung des streckenbezogenen Steuersatzes wird sie daher ins Verhältnis zur Jahresfahrleistung des Haushalts gesetzt. Im Status quo zahlt ein Gewinnerhaushalt für eine Strecke von 100 km durchschnittlich 2,00 Euro bzw. 50 % mehr Energiesteuern als ein Verliererhaushalt (vgl. Tabelle 7).

Tabelle 7
Streckenbezogener Energie- und Kfz-Steuersatz im Haushaltsdurchschnitt
  Steuersatz (Euro/100 km)
Energiesteuer Energie- und Kfz-Steuer
Status quo Reform Status quo Reform
Reformgewinner1        
1. Quartil 5,85 4,90 7,65 6,75
2. Quartil 5,85 4,95 7,45 6,50
3. Quartil 6,15 5,20 8,50 7,55
4. Quartil 6,15 5,20 8,50 7,55
Insgesamt 6,00 5,05 8,00 7,05
Reformverlierer1        
1. Quartil 4,15 5,30 7,10 8,25
2. Quartil 3,75 4,75 5,60 6,60
3. Quartil 3,95 5,05 6,05 7,20
4. Quartil 4,05 5,15 6,60 7,65
Insgesamt 4,00 5,10 6,30 7,40
Alle Haushalte1        
1. Quartil 5,40 5,00 7,50 7,15
2. Quartil 5,40 4,90 7,05 6,55
3. Quartil 5,35 5,15 7,60 7,40
4. Quartil 5,30 5,20 7,70 7,60
Insgesamt 5,35 5,05 7,45 7,20

1 Quartile nach Nettoäquivalenzeinkommen.

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2013; Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, 2015; eigene Berechnungen.

Durch die bisherige Ausgestaltung der Energie- und Kfz-Steuer profitieren die Verliererhaushalte in Form geringerer streckenbezogener Steuern. Dieses Ergebnis passt zu ihren erheblich höheren Jahresfahrleistungen in Tabelle 1. Durch die einheitliche Besteuerung der CO2-Emissionen im Reformszenario wird die Differenz zwischen Gewinnern und Verlierern beinahe aufgehoben. Ihr durchschnittlicher streckenbezogener Energiesteuersatz fällt bzw. steigt um etwa 1 Euro auf rund 5 Euro je 100 km. Zusammen mit der Kfz-Steuer dreht sich das ursprüngliche Verhältnis sogar um. Der durchschnittliche Energie- und Kfz-Steuersatz für Verlierer ist mit 7,40 Euro je 100 km nach der Reform um 5 % höher als für Gewinner. Über alle Haushalte betrachtet sinkt die streckenbezogene Energiesteuer am deutlichsten in den unteren beiden Einkommensquartilen. Die besonders niedrigen CO2-Emissionen der Pkw im 2. Quartil spiegeln sich auch hier sowohl im niedrigsten Ausgangsniveau als auch in den größten Steuereinsparungen der Energiesteuer wider. Die Reform hebt die derzeitige Regressivität des streckenbezogenen Energiesteuersatzes auf und resultiert in einer über die Quartile tendenziell progressiven Verteilung, deren geringster Wert im 2. Quartil liegt.

Fazit

Die vorliegende Untersuchung simuliert die Auswirkungen einer technologieneutralen Besteuerung der CO2-Emissionen im Automobilverkehr, die eine Abschaffung der Dieselsubvention impliziert. Die aufkommensneutrale Energiesteuerreform dreht das Verhältnis der Steuersätze für Diesel und Benzin um. Dadurch steigen die Kosten an der Zapfsäule für 1 l Diesel um 0,19 Euro, während sie für Benzin um 0,12 Euro sinken. Gewinner der Reform sind Haushalte mit überwiegend benzinbetriebenen Pkw, während Verlierer hauptsächlich Diesel fahren.

Im Ergebnis bedeutet die Reform für mehr als zwei Drittel der privaten Haushalte eine finanzielle Entlastung. Die Energie- und Kfz-Steuer der einkommensschwächeren Hälfte aller Haushalte sinkt um durchschnittlich 5 %, während sich die Steuerlast der Haushalte mit hohen Einkommen kaum verändert. Auf den Kilometer bezogen zahlen einkommensschwächere Haushalte bisher die höchste Energiesteuer. Nach der Reform dreht sich die streckenbezogene Belastung zugunsten dieser Haushalte und bewirkt somit eine Umverteilung. Auch unter den Familien profitiert eine Mehrheit von 56 %. Gleichzeitig finden sich allerdings unter den Reformverlierern überproportional viele Familien, insbesondere Familien mit niedrigem Einkommen. Die Sozialverträglichkeit der Steuerreform ist daher durch gezielte Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung dieser Gruppe zu gewährleisten.

Durch die ökologische Neugestaltung der Energiesteuer wird die Klimaschädlichkeit der Pkw-Nutzung einheitlich besteuert. Solange Dieselmotoren effizienter sind als Benziner, fallen für sie auch weiterhin geringere Energiesteuern pro Kilometer an. Bisher werden jedoch die potenziellen effizienzbedingten Emissionseinsparungen des Diesels durch die Größe und Motorisierung der Pkw nivelliert. Aufgrund ihrer erheblich höheren Fahrleistungen emittieren Verliererhaushalte jährlich pro Person sogar 48 % mehr CO2. Durch die Reform profitieren vor allem Haushalte, die verhältnismäßig wenige und kleine Pkw mit geringen Fahrleistungen besitzen.

Ob und in welcher Höhe die Reform emissionsmindernde Effekte hätte, bedarf einer zusätzlichen Modellierung von Verhaltensanpassungen der Haushalte. Untersuchungen zu den Preiselastizitäten für Diesel und Benzin legen Auswirkungen auf die Fahrleistungen der Haushalte nahe.18 Zudem ist zu vermuten, dass die Anpassungsfähigkeit der Haushalte, wie z. B. der Ersatz des aktuellen Pkw, wesentlich durch ihre Einkommenssituation beeinflusst wird. Inwiefern der mögliche Rückgang des Dieselanteils im Pkw-Bestand Auswirkungen auf die CO2-Emissionen hätte, bleibt zu prüfen. In der Analyse unberücksichtigt bleiben die lokalen Schadstoffemissionen, wie z. B. Stickoxide und Feinstaub, sowie die Vorteile von Dieselmotoren bei der Langlebigkeit.

Eine größere Stichprobe würde zudem Analysen mit einem höheren Maß an Differenzierung ermöglichen und die Prognosegüte verbessern. So ließe sich auch die an Bedeutung gewinnende Entwicklung alternativer Kraftstoffe und Antriebsarten abbilden und im Kontext des Gesamtsteuersystems betrachten. Bereits der Abbau der deutschen Dieselsubvention könnte den Anfang der Trendwende hin zu umweltfreundlichen, kleinen und leichten Pkw bedeuten. Wie die Analyse zeigt, kann die sozialverträgliche Ausgestaltung einer entsprechenden Reform gewährleistet werden.

  • 1 Vgl. Europäische Kommission: EU-Kommission verklagt Deutschland und fünf weitere Mitgliedstaaten wegen Luftverschmutzung, 17.5.2018, https://ec.europa.eu/germany/news/20180517-luftverschmutzung-klage_de (18.5.2018).
  • 2 Der Unterschied ergibt sich durch die rund 15 % höheren CO2-Emissionen pro Liter Diesel (2,69 bzw. 2,33 kg/l) bei gleichzeitig geringerem Energiesteuersatz (47,04 bzw. 65,45 ct/l) im Vergleich zu Benzin: (65,45/2,33 ct/kg)/(47,04/2,69 ct/kg) - 1 = 0,61.
  • 3 Vgl. F. Afhüppe, S. Menzel: Dieser Wahnsinn ist vorbei, in: Handelsblatt vom 10.12.2017, http://www.handelsblatt.com/my/unternehmen/industrie/vw-chef-matthias-mueller-dieser-wahnsinn-ist-vorbei/20689360.html (16.3.2018).
  • 4 Vgl. Europäische Kommission: Zusammenfassung der Folgenabschätzung, Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, 2011, https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/resources/documents/taxation/sec_2011_410_summary_de.pdf (16.3.2018).
  • 5 Vgl. T. Sterner: Distributional effects of taxing transport fuel, in: Energy Policy, 41. Jg. (2012), S. 75-83.
  • 6 Vgl. M. Grub: Verteilungswirkungen der ökologischen Steuerreform auf private Haushalte: Eine empirische Analyse, in: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 69. Jg. (2000), H. 1, S. 17-37; vgl. D. Bernhofer, R. Brait: Die Verteilungswirkungen der Mineralölsteuer in Österreich, in: Wirtschaft und Gesellschaft – WuG, 37. Jg. (2011), H. 1, S. 69-93.
  • 7 Vgl. B. Bureau: Distributional effects of a carbon tax on car fuels in France, in: Energy Economics, 33. Jg. (2011), H. 1, S. 121-130; vgl. F. Flues, A. Thomas: The distributional effects of energy taxes, in: OECD Taxation Working Papers, Nr. 23, Paris 2015.
  • 8 Vgl. X. Labandeira, J. M. Labeaga, M. Rodríguez: An integrated economic and distributional analysis of energy policies, in: Energy Policy, 37. Jg. (2009), H. 12, S. 5776-5786; vgl. S. Bach, M. Beznoska, V. Steiner: Wer trägt die Steuerlast? Verteilungswirkungen des deutschen Steuer- und Transfersystems, in: DIW Berlin: Politikberatung kompakt, Nr. 114, Berlin 2016.
  • 9 Das Verhältnis entspricht dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Anpassung der Energiesteuerrichtlinie. Gleichzeitig wird damit das Verhältnis der Energiedichte der Kraftstoffe berücksichtigt. Vgl. Europäische Kommission: Zusammenfassung der Folgenabschätzung ..., a. a. O.
  • 10 Vgl. F. Bourguignon, A. Spadaro: Mircosimulation as a tool for evaluating redistribution policies, in: The Journal of Economic Inequality, 4. Jg. (2006), H. 1, S. 77-106.
  • 11 Vgl. Karlsruher Institut für Technologie: Deutsches Mobilitätspanel, http://mobilitaetspanel.ifv.kit.edu/128.php (16.3.2018).
  • 12 Für jede Einkommensgruppe werden die Haushalte der Stichprobe pseudo-randomisiert angeordnet, auf die Grundgesamtheit extrapoliert, einer ihrer Gewichtung entsprechenden Zahl an ebenfalls auf die Bevölkerung extrapolierten Haushalten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugeordnet und schließlich unter Bildung des Einkommensmittelwerts auf die ursprüngliche Stichprobengröße aggregiert.
  • 13 Das Nettoäquivalenzeinkommen ist eine anhand der Personenzahl gewichtete Form des Nettoeinkommens. Die Gewichtungsfaktoren wurden der neuen OECD-Skala entnommen.
  • 14 Die Änderung der Steuersätze impliziert, dass ein Haushalt, der sowohl über Benzin- als auch über Diesel-Pkw verfügt, zu den Reformgewinnern gehört, sofern sein Benzinanteil über dem Schwellenwert von rund 61 % liegt. Die überwiegende Zahl dieser Haushalte gehört zu den Reformverlierern.
  • 15 Da in den Auswertungen nur Haushalte mit mindestens einem Benzin- oder Diesel-Pkw berücksichtigt werden, unterscheidet sich die Zahl der Haushalte zwischen den Einkommensquartilen.
  • 16 Fahrzeugmerkmale von Haushalten mit mehreren Pkw werden durch die Mittelwerte der Fahrzeugmerkmale der ersten drei Pkw abgebildet.
  • 17 Alle Pkw der Fahrzeugsegmente Mittelklasse, obere Mittelklasse, Oberklasse, Geländewagen, SUV, Sportwagen, Großraum-Van, Utility und Wohnmobil werden als groß klassifiziert.
  • 18 Vgl. z. B. M. Frondel, C. Vance: More Pain at the Diesel Pump? An Econometric Comparison of Diesel and Petrol Price Elasticities, in: Journal of Transport Economics and Policy, 48. Jg. (2014), H. 3, S. 449-463.

Title:The End of the Diesel Subsidy: Distributional Effects of a CO2-based Energy Tax Reform

Abstract:This study analyses the effects of a revenue and technology neutral energy tax reform with tax rates based on CO2 emissions for households in Germany. The reform leads to an abolition of the current diesel subsidy, raising the price per litre of diesel by 19 cents and reducing it for petrol by 12 cents. The authors illustrate the socioeconomic differences between winners and losers and identify a progressive distributional effect with a tax relief for the majority. Even though most families benefit, the share of losers is disproportionately high. Households with eco-friendlier means of transportation benefit.


DOI: 10.1007/s10273-018-2334-3